Mathis Döpfner hat jetzt Zeit. Also, mehr als früher.
Denn böse Zungen behaupten, er sei jener Freund aus „Noch wach?“, dem brillanten Roman von Benjamin von Stuckrad Barre. Und wäre dies wahr, dann hätte er in seinem Konzern nicht nur die systematische, sexuelle Belästigung von Frauen geduldet, er hätte sie sogar gedeckt. Und dass kann ja nun wirklich nicht wahr sein.
Das Präsidialamt des Zeitungsverlegerverbandes BDZV aber hat Döpfner abgegeben, selbstverständlich geschah dies aus freiem Willen und ohne jeden Druck anderer Verleger. Vielleicht sind es wegen jener böswilligen Gerüchte auch ein paar Partyeinladungen weniger, auf jeden Fall steigt die gefühlte Taktung von textlichen Einlassungen des Springer-Chefs, vorgetragen in der hauseigenen „Welt“ und hinter einer Paywall.
Nun gibt es mit Döpfners Texten und öffentliche Äußerungen seit langen Jahren ein grundsätzliches Problem:
Man sollte ihnen kein Wort glauben.
2006 schrieb er, er glaube an das höchst fragwürdige „Rieplsche Gesetz“
2009 kündigte er einen „Welt Kompakt“-Relaunch an, der längst stattgefunden hatte. Und er behauptete, wenn die Nutzer nicht für Mobile Apps zahlten, würden tausende von Arbeitsplätzen in der Medienindustrie verschwinden. Ohnehin würde Springer bald nur noch Bezahlinhalte auf seinen Apps anbieten. Als Erfolgsmodell nannte er einen Bundesliga-Manager der „Bild“ – der bald darauf nicht mehr existierte.
2010 sah er keine Gefährdung des journalistischen Geschäftsmodells im Digitalen Zeitalter. Im gleichen Jahr warf er mit falschen Zitaten und Zusammenhängen nur so um sich. Außerdem forderte er alle Verleger dazu auf, Steve Jobs zu danken – weil das iPad die Medienindustrie retten würde.
2014 war er sich im Kampf gegen Google nicht zu schade, falsche Dinge zu behaupten.
2017 vergaß er innerhalb kurzer Zeit, was er gesagt hatte und zitierte wieder mal falsch.
2019 forderte er gegenüber der „NZZ“, positiver über Donald Trump zu berichten.
2021 hielt er Deutschland für einen autoritären Staat.
(Mehr zu Döpfners immer merkwürdigeren Aussagen auch hier.)
Und nun: Künstliche Intelligenz
Es war nur eine Frage der Zeit, bis Mathias Döpfner etwas zum Thema Künstliche Intelligenz veröffentlichen würde – Sonntag war es in der „Welt“ so weit. Überschrift: „Die Wiedergeburt der Zeitung“ – nein, ich denke mir das nicht aus.
Eigentlich könnte man über diesen Text schweigen, doch gibt es da ein Problem: Es existieren sehr viele Entscheiderinnen und Entscheider, die glauben, Döpfner sei kompetent in den Themen, über die er schreibt. Und so entstehen dann Mythen und Falschbehauptungen, die sich lange halten und einerseits der Medienbranche und dem Journalismus, andererseits dem Wirtschaftstandort und politischen Entscheidungen schaden.
Weshalb ein genauerer Blick auf dieses, in sich bemerkenswert inkonsistente Traktat lohnt, auch weil Döpfner selbst schreibt: „Es gibt keine bessere und tiefere Bindung zwischen einem Text oder einem Film und dem Lachen des Lesers oder Zuschauers.“
Lachen werden wir gleich recht viel, aber es ist jenes Lachen das sich einstellt, wenn man nicht wahrhaben will, was man da liest, und doch weiß, dass es wahr ist, es ist ein Lachen, geboren aus Hilflosigkeit.
Beginnen wir mit einem ernsten Problem: Wie so viele Entscheiderinnen und Entscheider hat sich Döpfner nicht mit der Funktionsweise generativer KI beschäftigt oder er hat dies, ist aber intellektuell überfordert.
Denn er schreibt:
„ChatGPT oder Bard sind Antwortmaschinen.“
Nein.
Sind sie nicht.
Generative KI ist keine Antwortmaschine
Sie sind Wahrscheinlichkeitsmaschinen, die aufgrund der Erkenntnisse aus Daten, mit denen sie trainiert wurden, mit einer einzustellenden Wahrscheinlichkeit zu erahnen versuchen, welches Wortteil oder welcher Pixel als Nächster die ihnen gestellte Aufgabe am besten erfüllen könnte.
(Im April versuchte ich das am Beispiel des ehemaligen „Welt“-Chefredakteurs Jan-Eric Peters zu erklären, wenn Sie das länger lesen möchten.)
Und das bedeutet eben auch, dass sie keinerlei Wissen im eigentlichen Sinne haben und man ihnen keine Fragen stellen sollte, um inhaltlich korrekte Antworten zu erhalten.
Trotzdem kann man das natürlich machen und der menschliche Affekt ist es, dies zu tun, weil wir Eingabefelder direkt mit Google assoziieren. Aber: Es ist falsch zu glauben, dass Generative KI-Systeme über Wissen verfügen.
Natürlich stimmt, was Döpfner dann schreibt:
„Auf fast alles haben sie beeindruckend intelligente Antworten.“
Nun ist es ja subjektiv, was einen beeindruckt, und wenn man umgeben ist, von Axel-Springer-ChefredakteurInnen sind die Maßstäbe in Bezug auf intelligente Antworten auch sicher nach unten verschoben.
Doch schon der nächste Satz bestätigt, dass Döpfner Generative KI schlicht nicht versteht:
„Natürlich müssen die zur Verfügung gestellten Informationen zuallererst wahr sein.“
Nein, darum geht es nicht. Die Systeme analysieren nur die Abfolge von Wortbestandteilen. Und bei der Ausgabe der Problemlösung hängt es davon ab, wie die Heat der Systeme eingestellt wurde. Diese Heat bestimmt, mit welchem Anteil ein System immer die gleiche Antwort generiert. Je höher die Heat, desto wahrscheinlicher, gleichzeitig sinkt dann aber auch die gefühlte Kreativität der Problemlösung.
Deshalb auch ist Döpfners Behauptung, „Ihre (die KI-Systeme, der Verf.) wenigen Fehler sind Übergangsphänomene.“
Nein, denn die Heat müsste dann auf dem höchsten Wert stehen und die Systeme würden eben keine kreativen Sprachversionen mehr generieren.
Und… „wenige“ Fehler? Das ist subjektiv sicher richtig, wenn man Herr über Axel Springer ist, auch hier sind die Vergleichsmaßstäbe sicher anders gegenüber Menschen, die Journalismus konsumieren.
Andererseits stellt sich aber auch die Frage, wie viel Döpfner von den Produkten des eigenen Hauses eigentlich weiß. Angesichts der aktuellen Turbulenzen um „Noch wach?“ hätte ich ihm auch davon abgeraten, den Satz zu schreiben „Emotionale Führung und Motivation… machen den Unterschied.“
Aber das nur nebenbei. Weiter schreibt er:
„Und es bleibt die Aufgabe von Journalisten, darauf hinzuweisen, wo Maschinen mitwirken und wann sie irren.“
Bemerkenswert.
Denn die Onlineausgabe der „Welt“ veröffentlicht seit Jahren KI-generierte Texte. So verwandelt sie Fußballdaten in Spielberichte von Partien, bei denen kein „Welt“-Mitarbeiter zugegen war. Dies wird aber für LeserInnen nur schwer durchblickbar verklausuliert mit den Worten:
„Dieser Artikel wurde automatisch von unserem Partner Retresco anhand von Spieldaten erstellt.“
Und was macht Retresco so den Tag über?
Fast manisch repetiert Döpfner die Mär von der „Antwortmaschine“:
„Schon bald werden die Maschinen überall auf der Grundlage von Echtzeitdaten antworten, in Text-, Audio- und Videoformaten.
Warum soll man noch eine Zeitung oder App lesen, wenn Antwortmaschinen sofort liefern, was man wissen will?“
Warum man eine Zeitung im Jahr 2023 lesen sollte? Das hat nun wirklich wenig mit dem Inhalt und mehr mit der für viele Menschen entspannend wirkenden Darreichungsform zu tun. Vor allem aber sollte Journalismus ja nicht nur das ausgeben, wonach er aktiv gefragt wird. Eine seiner essentiellen Aufgaben ist ja das Gegenteil: Menschen auf Themen zu bringen, von denen sie nicht mal wussten, dass sie existierten (weshalb sie auch nicht danach fragen).
Ersetzen wir „Antwortmaschine“ durch „Google“ wird klar, wie wenig reflektiert Döpfners Auslassungen sind. Denn natürlich existiert die „Antwortmaschine“ längst. Und aufgrund ihrer Konstruktion ist die schneller und präziser als eine generative KI diese Aufgabe je erfüllen könnte. Denn Daten in Echtzeit sind nun mal neue Daten und werden somit im Rahmen einer Wahrscheinlichkeitsrechnung weniger als Antwort in Erwägung gezogen.
Eigentlich aber soll es ja um Journalismus gehen, in dieser langen Eloge. Zu dem hatte Der Springer-CEO über die Jahre ein ambivalentes Verhältnis. So sagte er 2009 auf dem Podium des Monaco Media Forums:
„Die Krise der Medien ist auch eine Krise des Journalismus. Journalisten sind einfach nicht gut genug.“
Schon ein Jahr später war die Krise vorbei:
„Ich sehe nicht, warum Journalismus oder das Geschäftsmodell für Journalismus in der digitalen Ära gefährdet sein sollten.“
Nun scheint es, als hätte Döpfner eine Zeitmaschine bestiegen und sei zurückgereist ungefähr ins Jahr 2000:
„Worauf es also für Journalisten in Zukunft ankommt, sind Informationen, die noch nicht verfügbar sind. Gewinner sind die, die rausfinden, was nicht rauskommen sollte.“
Fetisch Exklusivmeldung
Auch vor über 20 Jahren schon sangen Zeitungsverlagsgeschäftsführer und ihre Chefredakteure das hohe Lied von der Exklusivmeldung und hielten sich dabei die Ohren zu um auszublenden, was ihnen die Digitalen versuchten einzuhämmern: Die Verfallszeit der Exklusivität einer Meldung nähert sich im digitalen Zeitalter der Null – maßgeblich schuld daran sind Verlage, die sich weigern, auf die Exklusivstorys anderer Verlage zu verlinken und sie stattdessen abschreiben.
Ganz wild wird es wenn Döpfner fabuliert von „KI-basierten Chefredakteuren als Avatare“ und „Videomoderatoren als Bots“, die es bald geben soll. Vermutlich meint er, dass KI-Systeme in einer virtuellen Welt den ungefähr zwei bis drei Lesern, die in diesen Welten abhängen, die Weltlage erklären, während vollständig digital erzeugte Nachrichtensprecher sie auf Youtube verlesen, was ziemlich exakt genauso viel Sinn macht, wie das Zeit verbringen in dem, was gemeinhin als Metaverse bezeichnet wird.
Immerhin, es folgen eine paar realistischere Zeilen:
„Offenkundig ist: KI wird viele Elemente der traditionellen Redaktionsabläufe unterstützen und Schritt für Schritt ersetzen. Textaggregation, also das Zusammenschreiben vorhandener Informationen, Faktenüberprüfung, orthografische Fehlerkorrektur, Übersetzung, Layout, Bildauswahl, die Bearbeitung von Texten und Produktion im klassischen Sinne – all das wird perspektivisch, und schneller als man denkt, von Maschinen erledigt.“
Manches davon ist richtig. KI wird sehr schnell zum Arbeitsinstrument werden bei allem, was nicht Wissen ist. So ist vorstellbar, dass ein vorhandener Text ohne menschliches Zutun in einfache Sprache umgewandelt wird und so eine größere Zielgruppe erreicht. Auch könnte ein deutsches Medium stante pede in jede andere Sprache übersetzt werden. Bei allem, was die Gestaltung von Sprache betrifft, wird generative KI zum alltäglichen Helfer werden.
Dass Döpfner aber „orthografische Fehlerkorrektur“ einwirft zeigt, dass er Hochtechnologie wie Microsoft Word eher selten zur Anwendung bringt.
Übrigens ist diese Formulierung ja wieder merkwürdig, denn sie klingt, als ob jede Form von Fehler durch Orthografie korrigiert würden. Aber die Liebe zum Detail hat zu diesem Zeitpunkt der Lektüre des Döpfner-Textes längst drei Packungen Paracetamol geschluckt und will sich vor den ICE Berlin – Hamburg werfen, der aber ein paar Stunden Verspätung hat.
Die Auswahl von Bildern könnte einst gelingen, ich bin mir aber nicht sicher, ob eine Vielzahl von ethischen Stolperfallen diese Option nicht dauerhaft ausschließt. Aber die Faktenüberprüfung? Nein, das wird mit generativer KI niemals eine gute Idee sein.
Wie wenig Döpfner von Redaktionsabläufen weiß, zeigt dieser Satz:
„Sportergebnisse, Wahlresultate, Börsenkurse oder Arbeitsmarktdaten werden beispielsweise schon jetzt hervorragend automatisch erstellt und analysiert.“
Wahlergebnisse werden „automatisch“ erstellt? Das wäre neu. Tatsächlich werden – Göttin sei Dank – Stimmen noch immer von Hand gezählt und dann von Hand in ein System eingegeben. Was der Springer-Großmufti meint ist, dass aus Daten heute automatisch Grafiken und Texte werden können.
Was bei dieser Automatisierung passiert, zeigt die oben erwähnte Zusammenarbeit von „Welt“ und Retresco an einem konkreten Beispiel (auf das ich aufgrund des Leistungsschutzrechtes leider nicht verlinken kann).
Am 22. April berichtete das Redaktionspaar, über die Fußball-Partie Preußen Münster gegen die U23 von Fortuna Düsseldorf. Vollkommen korrekt heißt es unter der Marke der „Welt“ unter anderem:
„Münster löste die Pflichtaufgabe mit Bravour. Das Hinspiel war mit einer herben 1:6-Abreibung aus Sicht von Düsseldorf zu Ende gegangen.
Noch bevor es in die Halbzeit ging, war Simon Scherder mit dem 1:0 für den SCP zur Stelle (41.)…
Als Referee Martin Ulankiewicz die Partie abpfiff, reklamierte der SC Preußen Münster schließlich einen 2:0-Heimsieg für sich.“
Nichts daran ist falsch.
Wenn Sie aber hier klicken, sehen Sie genau diesen Moment des Spiels, bei dem ich zugegen war:
Gut… war jetzt nen büschen mehr los, als der Artikel vermuten lässt.
Der Grund: Mit jenem Pfiff stand der Aufstieg des SC Preußen in die Dritte Liga fest, was der Bericht exakt gar nicht erwähnt.
Solche Berichte gibt es zuhauf bei Welt.de. Warum? Weil es den Markenverantwortlichen vollkommen egal ist, was Leserinnen und Leser vor die Augen kommt, es geht hier nur darum, möglichst viel Fläche für Onlinewerbung zu erzeugen.
Deshalb auch ist Döpfners Geschwafel von journalistischer Qualität nicht unterfüttert mit Realitätswahrnehmung oder gar Verstand.
Und er begeistert sich für die Chance, dass Zeitungen jetzt noch günstiger produziert werden könnten:
„Vor ein paar Monaten schon haben wir eine gedruckte Zeitung durch KI ohne Umwege aus dem Bestand digitaler Artikel gebaut… Das kann helfen, Zeitungen und Zeitschriften etwas länger rentabel zu produzieren als ohne KI.“
Darin läge tatsächlich eine Chance. Denn – auch das denke ich mir nicht aus – es wäre ja seit fast 20 Jahren möglich, für jeden Abonnenten eine individuelle, gedruckte Zeitung zu erzeugen und dies zu einem akzeptablen Preis. Dann bekäme ich, zum Beispiel, die Berichte über Preußen Münster, Theaterrezensionen aus Düsseldorf und Münster, plus die der wichtigsten Festivals, die Wein-Kolumne der „FAS“, Politiknachrichten von der Tagesschau, dazu ein wenig Wissenschaft und Unternehmensmeldungen vom „Handelsblatt“. Doch – das ginge und es wäre bezahlbar.
Aber Döpfner will ja nur das noch billiger produzieren, was heute schon nicht mehr gekauft wird – kein Verlag verzeichnet schnellere Auflagenstürze als Axel Springer.
Der Chef lebt halt in seiner eigenen Welt, das zeigte er auch mit dem Verbreiten selbstverständlich ironisch gemeinter Verschwörungstheorien.
So schreibt er, was seit 20 Jahren irgendwie wahr ist, aber nicht realisiert wird:
„Eine gute Geschichte bleibt eine gute Geschichte…
Eine gute Geschichte muss gut erzählt werden…
Wer Sprache liebt, mit ihr leidenschaftlich und behutsam umgeht, ihr mit Respekt begegnet und sie doch stets spielerisch herausfordert, hat einen unsterblichen Wettbewerbsvorteil.
Die Erstellung exklusiver Inhalte wird für den Erfolg von Verlagen noch entscheidender.
Das intellektuelle, kreative, journalistische Talent ist – wieder – der wichtigste Erfolgsfaktor eines Verlages.“
Das stimmt, wird aber eben in klassischen Medienhäusern kaum noch gelebt. Gerade online wird die Sprache immer langweiliger und für wundervoll geschriebene Reportagen bleiben weder Zeit noch Raum oder Recherchekosten, weil der Klick die oberste Werbewährung ist und nach der wird alles geplant.
Döpfner merkt nicht mal, wenn er sich selbst widerspricht. So folgt auf diese Passage ein Altherren-Witz. Ja, echt: ein Witz. Da sitzt ein Ehepaar und wirft sich Zahlen an den Kopf, bei jeder Zahl lachen sie. Die Zahlen stehen für Witze und das Ehepaar sagt, es komme halt darauf an, wie man diese Witze erzähle.
Diese Szene beschreibt nicht Sprachliebe oder -leidenschaft. Und sie beschreibt das Gegenteil der Geschichten, die ganz neu und originär sind. Merkt Döpfner aber nicht.
Widersprüche sind halt das Gemüse von Mathias Döpfner. Beispiel:
„KI hat keine Gefühle? Stimmt nicht. Jedenfalls kann KI Gefühle längst ziemlich gut und sogar situationsbedingt simulieren.“
Ja, was denn? Hat KI Gefühle oder simuliert es Gefühle? Oder Kreativität:
„KI hat keine Kreativität? Stimmt nicht. Wer sich mit maschinengemachter Musik und algorithmisch kreierten Gedichten oder Bildern befasst hat, muss das Gegenteil bestätigen.“
Nein, generative KI hat keine Kreativität und keine Gefühle – und eben auch kein Wissen. Generative KI ist aber sehr gut darin all das zu simulieren – und Döpfner geht ihr dabei auf den Leim.
So wie auch mancher Leser dem Springer-CEO auf den Leim gehen werden, wenn er endet mit den Worten:
„Am Ende steht: Inhalt pur. Die Nachricht. Mittelhochdeutsch: die Zeitung. Künstliche Intelligenz beförderte dann so etwas wie die Renaissance der ursprünglichen Idee von Journalismus. Oder die Wiedergeburt der Zeitung.“
Puh.
Auf MittelNIEDERdeutsch (aber seit wann kackt ein Mathias Döpfner Korinthen?) bezeichnet „tidinge“ zwar Nachrichten, aber natürlich keine Zeitung – die entstand erst hunderte von Jahren nach dem Niedergang dieser Sprache. Im Mittelhochdeutschen aber gibt es ein Wort für das, worüber sich Menschen gerne austauschen: Maere – woraus dann irgendwann Märchen wurde.
Und das passt dann ja doch wieder irgendwie ganz gut zu Mathias Döpfner.
Foto: Axel Springer SE CC BY-SA 4.0
Kommentare
Teekay 19. September 2023 um 8:26
Der Quatsch ist doch, dass WELT et al. ihren Traffic kaum/gar nicht durch die ach-so-tollen Stories, Recherchen und "Zeitungsinhalte" generiert. Die Schneiders, Poschardts oder Alphonsos treiben mit ihren billigen Meinungsbeiträgen die Klicks. Woran erinnert man sich, wenn man "WELT" hört? Ach ja, Christian Lindner’s Ehefrau ist Chefreporterin Politik…das weiss Döpfner natuerlich auch alles, aber er kann sich halt schlecht vorne hinstellen und sagen "AI-geil, KKR freut sich schon voll auf die Effizienzgewinne"…
Thomas Knüwer 19. September 2023 um 12:36
@Teekay: Haben Sie dazu Zahlen? Denn ich fürchte, Sie unterliegen einem menschlichen Defizit. Die von Ihnen erwähnten Autoren/Artikel fallen stark auf und werden viel kommentiert. Aber gleichzeitig fällt halt nicht auf, wie viele Abrufe billig zusammengestoppeltes SEO-Zeugs wie jener Fußballartikel generieren.
Calvero 19. September 2023 um 14:34
Der auf der Couch ist doch eher Julian Reichelt! KI kann also sogar Ironie!
In zehn Jahren wird der KI-Text von Döpfner in einer Reihe mit seiner Eloge auf das angeblich jemanden rettende ipad stehen.
Neulich gab es in JOURNALIST ein spannendes Experiment:
https://www.journalist.de/startseite/detail/article/101-prompts-fuer-die-bessere-seite-eins
Wer schon mal selbst eine perfekte Überschrift oder Bildunterschriften für ein Printmedium getextet hat weiß, was das für eine "Kunst" sein kann und welche Erfahrung es braucht.
Wo ich völlig sicher bin: Kein Zeitungsleser der alten Schule wird Geld für eine gedruckte Zeitung ausgeben, die automatisch durch eine KI aus Onlinetexten gelayoutet wurde.
PS: Danke für diesen aufwendigen Blogbeitrag. Täuscht der Eindruck, dass Bloggen aus der Mode kommt?
Thomas Knüwer 19. September 2023 um 23:20
Nö. Dem Bloggen geht es gut – da verweise ich auch gern auf mein anderes Hobby: die Goldenen Blogger.
Calvero 20. September 2023 um 13:43
Dann freue ich mich schon auf den nächsten Blogeintrag zum Relaunch von Handelsblatt.de und den herzlichen Worten des Chefredakteurs darüber. Wenn man nach "vielen Monaten intensiver Arbeit" mit einem renommierten Designer solche unscharfen Podcast-Bilder auf der Startseite anbietet, wirkt das schon überteuert. Handelsblatt+ scheint auch verschwunden zu sein, jetzt soll man in die App wechseln.
Mein Hinweis bzgl. den Blogaktivitäten hat den Hintergrund, dass ich beobachte, dass viele Meinungsträger lieber in Video oder Social Media sich mitteilen. Wann hat zuletzt ein klassischer Blogeintrag eine mediale Resonanz erzeugt?
Frank 19. September 2023 um 17:38
@Calvero: Ja, der Eindruck täuscht. Bloggen kommt nicht aus der Mode. Mit meinem RSS-Reader verfolge ich zahlreiche Blogs zu den unterschiedlichsten Themen.