Gestern erreichte mich eine Mail aus dem Hause Axel Springer Verlag, genauer der Vertriebsabteilung der Zwangsehe Welt/N24.
Um dieses Schreiben einordnen zu können, hilft es sich vor Augen zu halten, dass Axel Springer der größte Treiber eines Gesetzes mit dem Potential ist, die gesamte freie Meinungsäußerung im Web, vor allem aber unabhängige Medien wie Blogs mundtotzumachen: dem Leistungsschutzrecht.
Dieses Gesetz ist als gedämpfter Zombie in Deutschland von unserer technophoben aber verlagshörigen Bundesregierung tatsächlich in Kraft gesetzt worden. Bei einer Anhörung im Bundestag bezeichneten renommierte Experten dieses Gesetz als „Katastrophe“ oder „völligen Quatsch“.
Das hält weder Bundesregierung noch Verlage davon ab, nun auf ein europaweites Leistungsschutzrecht zu drängen – und im wild inkompetent umher flirrenden EU-Kommissar Günther Oettinger haben sie einen willfährigen Handlanger gefunden, der genausowenig wie andere Politiker willens (oder intellektuell in der Lage ist) digitale Experten anzuhören.
In den vergangenen Jahren habe ich hier in Indiskretion Ehrensache sehr viele Artikel hier veröffentlicht und für die Umtriebe von Springer-CEO Mathias Döpfner mehrfach klare Worte gefunden. Dieses Leistungsschutzgeld ist auch der Grund, warum ich seit 4 Jahren weder hier noch im Social Web auf Inhalte deutscher Verlage verlinke – und jedem aus rechtlichen Gründen rate, dies ebenfalls so zu handhaben.
Insofern darf man respektvoll anmerken, dass man bei Springer hart im Nehmen ist und mir trotzdem eine „Exklusive Einladung“ zukommen lässt, die ich nicht abschlagen können soll:
„Lieber Herr Thomas Knüwer,
durch Recherchen über interessante und individuelle Blogs haben wir Ihren Blog „Indiskretion Ehrensache“ gefunden.
Von Social Media über Technik bis Politik – genau wie Sie setzen auch wir uns kritisch mit dem aktuellen Weltgeschehen auseinander.
Ein authentischer Blog ist genau das, was wir suchen.
Deswegen äußern wir hiermit unser Interesse an einem gemeinsamen Projekt mit Ihnen und möchten Sie hiermit herzlich einladen, WELTplus kostenlos zu testen.
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auf welt.de/einloesen
Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
XX
Online Marketing Manager
WeltN24 GmbH“
Was ist da passiert? Frau XX ist das kleinste Glied in der Kette. Irgendein unterdurchschnittlich kompetenter Chef von ihr hat, vielleicht auf einer Konferenz gehört, dass Influencer Marketing der heiße Scheiß ist. Wie das genau funktioniert, das hat er ausgeblendet.
Seine Vasallen sollen nun Blogs recherchieren, haben aber noch nie welche gelesen (wenn sie überhaupt wissen, was das sein soll). Also suchen sie sich die Adressen bei News Aktuell, Zimpel oder Meltwater zusammen – deren Hilfskräfte die Adressdatenbanken ohne Rückversicherung mit den Bloggern gefüllt haben, wie Richard Gutjahr sehr schön aufgeschrieben hat.
Natürlich ignorieren jene Vasallen auch die andere Grundlage des Influencer Marketing: einfach mal zu gucken, ob der betreffende Autor schon mal mit Axel Springer in Konflikt geraten ist. Und dann raus mit der Mail – die natürlich bis auf den Namen des angeschriebenen (wer verwendet in Mails eigentlich Vorname und Nachname – wurde das automatisch generiert?) gleich sind.
So hat Markus Beckedahl jenes Angebot ebenfalls erhalten – hier klappte aber noch nicht mal das korrekte Eintippen seines Namens:
Genau so funktioniert Influencer Marketing dann eben nicht. Und natürlich ist die Aktion insgesamt bemerkenswert, nicht nur wegen des Leistungsschutzrechtes, sondern auch wegen der Jubelmeldungen in Sachen Paid Content aus dem Hause Axel Springer. Diese werden schon länger angezweifelt, verschenkt doch Welt.de seit Jahren Gratiszugänge an alle Xing-Premiummitglieder. Böse Zungen behaupten sogar, bei vielen deutschen Verlagen erklärten sich hohe E-Abozahlen vor allem daraus, dass die IVW zwar gut darin ist, Printauflagen zu messen – im Feld der Online-Abonnements jedoch über kein entsprechendes Kontrollinstrument verfügt.
Aber egal, die Mail war höflich formuliert und der Anstand gebietet eine höfliche Antwort. Frau XX erhielt heute morgen meine Antwort:
„Sehr geehrte Frau XX,
Kommentare
Ulf J. Froitzheim 27. Oktober 2016 um 10:50
Thomas, seit wann bietest Du Unterqualifizierten Jobs an?
Onkel Hotte 27. Oktober 2016 um 13:08
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Köstlich, habe lange nicht mehr so lange, laut und feucht gelacht, bitte mehr davon
Jojo 3. November 2016 um 21:32
„AUFBEREITET“ … herrlich, die verwenden anscheinend eine bekiffte Form von „wie-sagt-man-noch . de“ 😀
Die Antwortmail ist übrigens auch supi *daumenhoch*.
Liebe Grüße an dich
Jojo