Wie konnte das passieren?
Das ist für mich die Frage, die ich nicht beantworten kann.
Wie konnte das passieren?
Wie kann es sein, dass eine Konferenz, die sich drei Jahre lang Stück für Stück verbessert hat, so abstürzt?
Gemeint ist die Next, die heute und gestern erstmalig in Berlin stattfand. Was als Hausmesse der Multimediaagentur Sinner Schrader begann mauserte sich mit jedem Jahr mehr zu einer angenehmen Konferenz mit dem Schwerpunkt digitales Business. Nach dem gelungenen vergangenen Jahr sah ich sie auf dem Weg zur Augenhöhe mit der Pariser Le Web.
Und nun das.
Schon gestern Nachmittag standen die ersten Menschen herum und waren ratlos. Unfassbar langweilig war das Gebotene, uninspiriert und uninspirierend. „Game Changers“ war das Obermotto – doch abgesehen vom unterhaltsamen Psychologie-Professor Peter Lovatt (vom analphabetischen Ballett-Tänzer zum Psychologen – wow!) und dem spannenden Projekt Local Motors (User Generated Autos) waren wenig Spielveränderer zu entdecken.
Mehr noch: Es war überhaupt keine Linie zu erspähen. Magere 10 bis 15 Minuten hatten die einzelnen Redner – Tiefe war da nicht zu erwarten. Auch scheint ein Briefing kaum stattgefunden zu haben: Die meisten Auftritte waren Verkaufsveranstaltungen im Stile von Heizdeckenverkäufern kurz vor der Pensionierung.
Der zweite Tag hatte wenigstens ein paar bessere Momente.
Zum Beispiel Pablos Holman, dessen Arbeit bei Intellectual Ventures Lab einen Blick wert ist. Stefan Glänzer war wie immer glänzend, er sollte viel häufiger auf Podien sprechen.
Oder Peter Meier von Metaio, der einige spannende Augmented-Reality-Beispiele zeigte:
Unfreiwillig komisch dagegen Axel-Springer-Frau Donata Hopfen, die tote Links in den Iphone-Apps ihres Arbeitgebers als „Ausnahmen“ bezeichnete – Definitionssache. Ebenfalls unter skurril fällt weiterhin der Wepad-Macher Helmut Hoffer von Ankershoffen: Nicht einmal seine Mitarbeiter durften das Tablett vorführen, nur er selbst. Nach einer ersten Einführung ist mein Gefühl weiterhin negativ: Allein schon dass das Wepad in der Grundposition nur horizontal zu benutzen ist demonstriert eine gewisse Nutzerunfreundlichkeit – und deutet auf eine beschränkte Leistungsfähigkeit des Betriebssystems hin.
Doch das waren seltenen Höhepunkte. Mehltaustimmung herrschte oft genug, verstärkt durch Moderatoren mit wenig Interesse an den Vorträgen und wenig Lust, zu moderieren (lobenswerte Ausnahme: Katharina Borchert). Und die Technik: Mal quatschte ständig jemand auf einem anderen Mikrophonkanal rein, Apple-Laptops schienen nicht anschließbar, der Sound war mehrfach schwach, jede Präsentation wurde auf 16:9-Format gedehnt – und somit unansehnlich.
So blieben die Gespräche mit den Anwesenden. Die waren gut. Auch, weil die Örtlichkeit, eine Ex-Post-Verladestelle, und das Essen hervorragend waren.
Doch das reicht einfach nicht. Diese Ausgabe ist für die Idee der Next ein gewaltiger Rückschlag. Eben weil keine Idee erkennbar war. Häufig genug quittierten Anwesende Vorträge mit Achselzucken – was wollten die Redner sagen? Rätselhaft.
Es wäre toll, wenn Deutschland eine auf das digitale Business konzentrierte Konferenz bekäme als Ergänzung zur Re-Publica. Doch muss Sinner Schrader erheblich mehr Blut, Schweiß und Tränen in die Auswahl und das Einnorden der Redner legen. Ansonsten droht die Next10 die Last10 zu werden.
Kommentare
ring2 12. Mai 2010 um 18:36
Berlin halt. 😉
Tweets die Next10: no game, no change erwähnt — Topsy.com 12. Mai 2010 um 18:56
[…] Dieser Eintrag wurde auf Twitter von Thomas Knuewer, ifranz, 13. Stock, cdv, steffi_k und anderen erwähnt. steffi_k sagte: RT @tknuewer: #Next10 – ein Fazit https://www.indiskretionehrensache.de/2010/05/next10-no-game-no-change/ […]
next10: Fazit und Eindrücke vom Tag 2 « I like Polka Dots 12. Mai 2010 um 20:44
[…] drumherum und einiger guter Beiträge (mehr dazu unten) aus meiner Sicht gelohnt. Ich stimme aber Thomas Knüwer und anderen kritischen Stimmen zu, daß die next gegenüber den Vorjahren diesmal stark […]
We$Whatever (Ex-WePad): wer will das Erste? · blogdoch.net — jetzt wird zurückgeblogt 13. Mai 2010 um 1:37
[…] aus meiner Sicht glaubhaftere Meinung zu Gerät und Unternehmen sei hier noch hingewiesen: In seinem Artikel zur next 2010 schreibt Thomas Knüwer u. a.: Ebenfalls unter skurril fällt weiterhin der Wepad-Macher Helmut […]
Jens Best 13. Mai 2010 um 11:49
Some wanna change the game, some do.
Looking forward to PICNIC 2010 in Amsterdam in September.
Claus 13. Mai 2010 um 16:32
wie wahr, wie wahr – das war meine erste NEXT und wahrscheinlich dann auch gleich die letzte; ich persönlich hatte aber glück, weil ich Mittwochnachmittag ins KOSMOS rübergemacht habe – dort war der http://www.gruenderkongress.de des BMWi mit DATEV gesponsert und da war Aufbruch, da war Unternehmergeist, da waren junge Menschen mit neuen Idee die dafür das Erbe ihrere Oma aufs Spiel setzten – da war ich dann wier mit Berlin versöhnt.
Holger 13. Mai 2010 um 17:15
Leider kann ich den Eindruck nur bestätigen. Bin selten von einer Konferenz so enttäuscht (und vorzeitig) nach Hause gefahren. Dabei war das Thema App-Economy eigentlich gut gewählt. Die Beschränkung der Vorträge auf 10 Minuten war vielleicht der Knackpunkt, weil alles an der Oberfläche blieb.
Hype und Realität in den Medien 14. Mai 2010 um 8:02
[…] autoflagellantischen Anwandlungen der digitalen Szene auf der Next10-Konferenz waren bemerkenswert. Vielleicht, weil das ganze unter dem Motto “Game Changers” stand […]
Christian Rieger » Veranstaltungsformate in Gegenwart und Zukunft 14. Mai 2010 um 15:33
[…] Speakern. Letzteres hat auf der “next10″ offensichtlich nicht so ganz geklappt wie im Blog von Thomas Knüwer nachzulesen ist aber da ich nicht vor Ort war, enthalte ich mich hier meiner […]
Beobachtungen aus KW 19/2010 « Visuelle PR – Die Macht der Bilder 15. Mai 2010 um 5:43
[…] Vortragsqualität war durchwachsen, lässt sich auch durch Statements auf Twitter nachvollziehen. Blogger Thomas Knüwer zieht ein lesenswertes Resümee. […]
Axel metayer 16. Mai 2010 um 10:17
Man da bin ich ja ganz froh dass ich nicht zur Next nach Berlin gefahren bin.
next10 Berlin – Social Media und Mobile Apps als Game Changer « pxblog – Digital Insights, Innovationen und News aus der PXP Online Welt 16. Mai 2010 um 11:33
[…] negativen (und peinlichen) Aspekte der next10 zu schreiben (siehe zB und teilweise aussagekräftig: Next10: no game, no change), ich versuche aber die wirklich sehenswerten Vorträge […]
Prismablick (2): Social Media Links und News der Woche | 13. Stock Online Relations 17. Mai 2010 um 14:11
[…] dieser Woche die Business-Netzkonferenz Next unter dem Motto „Game Changer“ statt. Ein ziemlich vernichtendes Fazit zur Veranstaltung zog im Anschluss Thomas Knüwer auf seinem Blog Indiskretion Ehrensache, Felix […]
Flattr auf Indiskretion Ehrensache 1. Juni 2010 um 8:11
[…] die höchst positiven Reaktionen von Zuhörern, als Peter Sunde, einer der Flattr-Gründer auf der Next10 sprach, die “Taz” integrierte es auf ihrer Seite, außerdem verzeichnen einige der […]
Iphone- und Ipad-Apps deutscher Verlage 2. September 2010 um 13:28
[…] Textbausteine sind nicht verlinkt. Für die bei Springer zuständige Donata Hopfen sind das “Ausnahmen“. Bei Springer sind Ausnahmen anscheinend die […]
Wetab: Lebendig wie ein Norwegian Blue 14. September 2010 um 16:17
[…] zu dieser Zeit, Mitte Mai, durfte nur der etwas weltfremd erscheinende Neofonie-Chef Helmut Hoffer von Ankershoffen das Gerät …- nicht seine Mitarbeiter. Und Ankershoffen versteht keinen Spaß. Auch nicht, als der freie […]
Social Media Flashback KW 19 | marketingberater20.de 9. Januar 2011 um 14:43
[…] Zu Beginn gleich zwei Ereignisse, auf die ich hinweisen möchte. Zum einen auf die Next10, die am 11. und 12. Mail in Berlin stattfand. Unter dem Motto “Game Changers” traf sich die internationale Web-Szene, darunter Entscheidungsträger aus dem Medien, Technologie und Werbesektor, Agenturen, Service Provider, Investoren und Startups. Wer wie ich leider nicht dabei sein konnte, der möge sich die aufgezeichnete Lifestreams anschauen. Wer sich ein umfassenderes (persönliches) Bild machen möchte, liest die Eindrücke von Arne Kittler oder gar die von Thomas Knüwer. […]
Endlich ein Dialog mit Bodo Hombach? 14. Februar 2011 um 17:11
[…] nächste Next statt, jene Konferenz des Hauses Sinner Schrader, die sich Jahr für Jahr steigert um im vergangenen Jahr brutal abzustürzen. Das hat man wohl bei Sinner Schrader auch bemerkt und einiges geändert. So kann jedermann nun […]
We$Whatever (Ex-WePad): wer will das Erste? | blogdoch reloaded 23. April 2012 um 2:18
[…] aus meiner Sicht glaubhaftere Meinung zu Gerät und Unternehmen sei hier noch hingewiesen: In seinem Artikel zur next 2010 schreibt Thomas Knüwer u. a.: Ebenfalls unter skurril fällt weiterhin der Wepad-Macher Helmut […]