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Kürzlich verweigerte Weißrussland Gesine Dornblüth ein Einreisevisum. Dornblüth ist Moskau-Korrespondentin und behauptet im Interview mit ihrem Arbeitgeber von sich selbst:

„Ich habe dort auch Regierungskritikern in der Provinz eine Stimme gegeben. Gut möglich, dass dies die Behörden geärgert hat.“

Sie sagt auch:

„Das Einreiseverbot passt in das Bild eines autoritären Staatsführers, der brutal gegen jede Form der Kritik vorgeht, ganz egal, ob sie von Oppositionspolitikern, Menschenrechtlern oder Journalisten kommt.“

Was würde Dornblüth oder die Intendanz des Deutschlandfunks zum Berufsverbot für einen Journalisten sagen? Dass dies noch besser in das eines autoritären Staates passt?

Einem Staat wie Deutschland? Mit einem Sender wie dem Deutschlandfunk?

Denn wenn Mitarbeiter der öffentlich-rechtlichen Anstalt sich von nun an über solche Zustände in anderen Ländern erhitzen, dürfen wir ihnen tiefe Verlogenheit vorwerfen. Der Deutschlandfunk selbst agiert nämlich nicht unähnlich dem Regime Lukaschenko in Weißrussland. Da recherchiert für sie ein freier Journalist und berichtet kritisch über einen relativ unwichtigen Bereich der deutschen Politik: dem Sport. Er ist einer der wenigen weltweit der sich reinkniet in Themen wie Verbandsbestechlichkeit und Doping. Es ist die Art von Journalismus, wie er unabdingbar für eine funktionierende Demokratie ist.

Sein Name: Jens Weinreich. Er ist hart, unbequem, bestens verdrahtet und recherchiert tief.

Somit passt er natürlich nicht in die Welt von Bundesinnenminister Friedrich. Der will derzeit die olympische Medaillenvorgabe an die Sportverbände – eine Information, die in Großbritannien in aller Selbstverständlichkeit öffentlich ist – auf Kosten des Steuerzahlers mit einer teuren Anwaltskanzlei geheim halten.

Früher wäre ein Jens Weinreich ein Stachel im Fleisch der Mächtigen gewesen. Einer, den man nicht mag, aber was soll man tun.

Heute – sorgt man für ein Berufsverbot im Deutschlandradio. 

Gesine Dornblüth sagt weiter über Weißrussland:

„Unabhängiger Journalismus in Weißrussland hat es äußerst schwer. Mindestens ein Kollege sitzt derzeit wegen angeblicher Verleumdung Lukaschenkos im Gefängnis. Kritische Journalisten werden eingeschüchtert und daran gehindert, ins Ausland zu reisen. Dazu kommt wirtschaftlicher Druck. Im vergangenen Jahr wurden zwei unabhängige Zeitungen aufgrund banaler Formfehler mit hohen Geldstrafen belegt. Manchmal werden ganze Ausgaben beschlagnahmt. Die Kollegen, die dort dennoch kritisch berichten, verdienen Respekt.“

Wenn sie es ernst meint, wird sie heute ihren Intendanten anrufen und ein paar deutliche Worte loswerden – oder kündigen.


Kommentare


Jens Weinreich: 30-40 Prozent Verdienstausfall durch fragwürdige Kündigung – Webstreit 10. August 2012 um 17:55

[…] Zunächst einmal geht es darum, eine Öffentlichkeit über diesen Vorfall herzustellen. Dieses Vorhaben ist schon auf bestem Weg. […]

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nicht wundern 10. August 2012 um 18:13

Damit man sich keine Einzelnen greifen kann, gibt es Schutzorganisationen wie Gewerkschaften. Oder Kassenärztliche Vereinigungen damit man sich seinen Arzt auswählen kann und nicht zum Schwager seines Krankenkassen-Orts-Chefs ins Behandlungs-Zimmer muss wie es in Diktaturen womöglich der Fall ist.
Da aber (wie neulich berichtet wurde) das Überangebot an Bewerbern im Journalismus nicht gerade gering ist (und man lieber weiter ausbildet als z.b. dem vorhandenen Bestand neue Techniken beizubringen) wird sich das nicht ändern und Anruf bei der Redaktion reicht.

Dank Abmahnungen und Regularien und Trivialpatenten kann man z.b. auch nur wenig sinnvolles programmieren weil es keine Schutz-Organisationen gibt und Leute die etwas konstruktives legales nicht-content-„klauendes“ nicht mögen oder Tippfehler im Impressum finden vielleicht gerne die Gerechtigkeit vorbeischicken die sich dank der vielen Juristen in der Gesetzgebung jeder problemlos leisten kann.

Man kann sehr freundlich klare Kritik üben. Die Aufgabe ist, korrekt zu berichten. Und das geht auf viele Weisen. Wenn man will, das sich was zum Positiven verändert, sollte man so arbeiten, das die Berichte immer wirksamer werden und mehr Leute überzeugen. Das geht auch unaufgeregt und sachlich. Siehe manches Verhalten von Klitschko-Gegnern bei PR-Konferenzen bzw. Presseterminen vor dem Kampf. Klitschko hat das nicht nötig, verbal herumzupöbeln und siegt.
Wirksame Presse oder Oppositionelle die (ohne Steuergelder) Sachen gebacken kriegen, scheint es nicht viele zu geben. Crowdbasierter „Graswurzel-„Verbesserungs-Journalismus wäre mal was nettes und wäre recht einfach programmiert.
Einige Zeitungen sind politisch nur das Meinungs-Verbreitungs-Mittel der Verlegerfamilie. Die Kleinanzeigen haben teilweise mehr Gehalt als neoliberale, linke, rechte Forderungen die man fast identisch manchmal vermutlich schon in Zeitungen von 1949 finden kann. Verbesserungs-Journalismus ist wenig verbreitet. Agentur-Meldungen durchreichen und Faxe und Pressekonferenzen berichten ist ein Großteil.
Wenn man dank Gremien rausfliegen kann (wie jeder Fußballtrainer) findet man dank Gewerkschaft sicher wieder schnell einen neuen Job und Betätigungsfeld. Wenn dem nicht so ist, braucht man sich über Ersetzung und teilweise geringe Qualität in der Branche nicht zu wundern.

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Der Ruhrpilot | Ruhrbarone 11. August 2012 um 10:47

[…] und Deutschlandfunk zensieren kritischen Journalisten…Indiskretion Ehrensache sr_adspace_id = 1000007954907; sr_adspace_width = 300; sr_adspace_height = 250; […]

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“Hey, hör auf mich mit Pfannkuchen zu bewerfen!” | Erdbeerfleisch 12. August 2012 um 13:26

[…] für kritischen Journalisten im Deutschlandfunk? Haben wir ein derart ernsthaftes Pressefreiheitsproblem oder wird hier nur wieder eine Sau durchs Dorf gejagt? Die Debatte ist emotional sehr aufgeheizt […]

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zoom » Umleitung: Jens Weinreich zum Zweiten, zweimal Eurokrise, Rente, Blues, Peter Liese und die Homebase Sauerland. « 12. August 2012 um 22:26

[…] Berufsverbot für Jens Weinrich: Bundestag und Deutschlandfunk zensieren kritischen Journalisten … indiskretion […]

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Staatsradio « A Better Tomorrow 13. August 2012 um 14:19

[…] auch: Carta, taz, der Knüwer, Falk Lüke, Teilen Sie dies mit:E-MailFacebookDiggTwitterGefällt mir:Gefällt mirSei der Erste […]

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stephen k. 15. August 2012 um 15:44

Wo gibt es denn in Deutschland freien Journalismus, was soll das überhaupt sein? Nur wer wie ein Weinrich eben „bestens verdrahtet“ ist und ‚tief genug recherchieren kann‘ dank finanzieller Mittel, freier Zeit, Kontakten oder Zugängen, dem wird überhaupt zugebilligt, öffentlich eine Meinung haben und äußern zu dürfen.
Wer aber „nur“ tiefer nachdenkt und diese Einsichten publik werden lassen möchte, der hat Null Chance, da keine Lobby, keinen Namen, kein Vitamin B in den Verlagskreisen. Hört doch auf mit dem ganzen Märchen vom freien Journalismus: nu wer sich in seinem Meinen wichtig genug nimmt, so die Energie entwickelt, im Konzert dieser öffentlichen Meinungsbildungszirkus mitmischen zu wollen, der findet Gehör. Und wenn irgendwas von Belang wäre, was im Sportwesen geschieht, dann nicht eine Medaillenvorgabe, sondern wie willfährig creti und pleti sich vom sog. Sport betören lassen, wie gierig sie nach völlig unwichtigen Medaillen lechzen und diesem Nonsense eine Gewicht verleihen, das nur indizieren kann, wie geisteskrank unsere ganze Polis längst ist: dass man sich über Sport derweise Gedanken mache!
Aber das, das will niemand hören und wissen, das schreibt keiner der sog. invetigativen Journalisten, denn damit würde man ja seiner Kundschaft ans Bein pinkeln. Und das verkauft sich nicht gut, also lieber nach Medaillenvorgaben fahnden und sich darüber produzieren, so gaga das auch ist. Tja, und das wird auch keinem Fisch schmecken, also: zensieren? Wäre doch was, das auf der Linie unseres tollen freien Journalismus läge, um der Zynik der eigenen Vernunft zu begegnen, die für sich um Ruhe bittet, aber nur laut schreien will…

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Hofschranzenkultur in Sport und Politik « rundertischdgf 16. August 2012 um 20:54

[…] Erstellt August 16, 2012 von rundertischdgf in Deutschland. Hinterlasse einen Kommentar Was da jetzt mit dem Rausschmiß des Sportredakteurs Jens Weinreich aus dem Deutschlandfunk hochkocht, an die Oberfläche gespült wird, das ist kritischen und nonkonformen Kreisen ohnehin bekannt. Deshalb gilt für uns ja auch, nehme immer genau das Gegenteil an, was unsere Hofberichterstatter veröffentlichen oder Politiker so von sich geben, recherchiere selber. Die politische Einstellung von Jens Weinreich interessiert uns nicht, ob links oder rechts, das ist uns egal. Er hat wohl zuviel in der Politik um Innenminister Friedrich und den Sportfunktionären bei seiner Berichterstattung über Olympia herumgestochert. Deshalb wurde dieser Starreporter gestürzt. Der Fall Weinreich! […]

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