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In der Serie “Netzwert Reloaded” verfolge ich jeden Montag, was das Team von Handelsblatt Netzwert vor exakt 10 Jahren über das digitale Geschäft schrieb. Alle Netzwert-Reloaded Folgen finden Sie hier.

Nicht alles war in jener wilden Zeit vor zehn Jahren besser. Manches aber schon. Es gibt Unternehmen, die waren damals in ihrer Denkweise und in ihren Ansätze so weit, wie man es sich heute wünschen würde.

Zum Beispiel gab es eine Reihe Großunternehmen, die ihre Mitarbeiter per Lockangebot in das digitale Zeitalter führen wollten. Einige, wie Bertelsmann, verschenkten Computer oder Laptops. Andere, darunter ABB, gaben diese zu eher symbolischen Preisen ab. Bei der WestLB gab es für 15 DM im Monat einen tragbaren Rechner, der nach 40 Monaten in das Eigentum überging. Die Hoffnung der Arbeitgeber: Über die Hardware findet der Mitarbeiter in die leichtere Computer- und Internet-Nutzung. Und das zahlt sich dann für das Unternehmen aus. In einer Zeit, da der Blackberry noch fern war, freuten sich gar Angestellte, auch von zuhause aus Mails verschicken zu können, die entweder dringen oder vergessen worden waren.

Überhaupt Medienkompetenz. Diesmal die non-digitale.

Jene Netzwert-Ausgabe berichtete auch von Profleet. Das Unternehmen bot als einer der ersten Flottenmanagement online an. Eine gute Idee – das Unternehmen existiert noch immer. Allerdings war Netzwert insgesamt ja nicht unkritisch gegenüber Startups. Also erwähnten wir den damaligen Haken der Firma: Sie hatte damals erst einen Kunden gewonnen. Kaum war der Artikel erschienen erreichte uns ein wütender Anruf des Geschäftsführers. Wie wir denn schreiben könnten, dass er nur einen Kunden habe. Wir wunderten uns: Stimmte das nicht? Doch – aber das können man doch nicht schreiben.

Steigerung der Medienkompetenz war aber nicht nur ein Anliegen für Menschen der Wirtschaft – auch Politiker brauchten Nachhilfe. Zum Beispiel der Grüne Cem Özdemir.

Im Januar 2000 war er im Gerede, weil er unberechtigt einen Zeitungsartikel über ihn auf seiner Homepage veröffentlicht hatte. Dass dies nicht erlaubt ist, hatte sich damals noch nicht recht herumgesprochen. Özdemir überwies nicht die von der Autorin geforderten 1000 DM – sondern nur 300. Die „taz“ habe der Autorin für den Artikel 148 DM Honorar gezahlt – da habe er doch mehr als 100 Prozent draufgelegt.

Auch anderenorts rang Özdemir mit der Digitalität. Im Gästebuch seiner Homepage bepöbelten sich Nazis und andere Leser. Das ließ sich kaum moderieren – weil der Politiker selbst das Community Management übernommen hatte. War er in Urlaub lief die Diskussion aus dem Ruder. Das alles war PR-technisch unglücklich. Denn Özdemir versuchte sich als web-affiner Politiker zu positionieren. Nicht nur durch politische Initiativen, sondern auch über seinen Online-Auftritt: Dort war geplant, dass Leser gratis SMS versenden konnten. Jede wurde dann versehen mit dem Anhang „Powered by Özdemir“. Ob diese Idee je umgesetzt wurde, weiß ich aber nicht mehr.

Die Fragen für das Interview mit meinem Kollegen Olaf Storbeck wollte er trotzdem lieber per Fax vorab haben.

Lesen Sie kommende Woche: Der Aufschrei der Sklaven.


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