Trotizige Kinder können süß sein. Da stehen sie dann, die Arme verschränkt, die Mundwinkel nach unten gezogen und stampfen mit dem Fuß auf. „Nein, nein, nein“, grummeln sie und verkünden dann, was sie nicht wollen. Suppe essen, zum Beispiel, in die Bahn einsteigen oder den Weihnachtsmarkt ohne eine weitere Runde auf dem Karrussel verlassen.
Trotzige Erwachsene können mitleidserregend sein. Da sitzen sie dann, den Geist vor allen Alternativen verschlossen, die Mundwinkel nach unten gezogen und hauen mit der Faust auf den Tisch. „Nein, nein, nein“, brüllen sie und verkünden, was sie nicht wollen. Oft hat das dann mit der Anpassung an eine veränderte Umwelt zu tun.
Solche trotzigen Erwachsenen dürfen wir in diesen Tagen in der Zeitungswelt beobachten.
Zum Beispiel Alfred Neven DuMont. Einen seniorer Herr, der vieles, vieles erreicht hat und vor dessen Lebenswerk man Respekt haben möchte. Wenn, ja wenn, er sich nicht gebärden würde, wie ein trotziger alter Mann. Und trotzige alte Männer sind noch viel, viel trauriger anzuschauen als trotzige Erwachsene.
Allen bitteren Ernstes schrieb DuMont jüngst ein einer Art Tirade in all seinen Blättern:
„Die zum Teil dramatische Zeitungskrise in der westlichen Welt, die vor allem in Amerika wie ein Orkan gewütet hat, wurde hervorgerufen durch die Jugend, die sich der Elektronik zugewandt hat und sich vom gedruckten Wort abwendet.“
Ganz schrecklich. Die Jugend will ihr Wort nicht mehr gedruckt, sie will es elektronisch. Sie will Fortschritt. Schlimm. Fortschritt und Deutschland, das mag für ihn nicht mehr zusammen gehen. DuMont gibt ein jämmerliches Bild ab.
Bald wird vielleicht Claus Strunz, der Chefredakteur des „Hamburger Abendblatts“ in dieses Klagen einstimmen. Die Zeitung hat heute, so wie auch die Axel-Springer-Schwester „Berliner Morgenpost“ Teile ihrer Inhalte kostenpflichtig gemacht. Ohne Ankündigung für den Leser – der muss das halt mal schlucken.
Untermalt wird dies mit einem dumontnesken Text des Strunz-Stellvertreters (Warum schreibt der Chef eigentlich nicht selbst? Oder unterzeichnet zumindest mit?) Matthias Iken. Er enthält die übliche Mythen von der Gratiskultur und der Behauptung, es gebe keine andere Möglichkeit, als zu zahlen.
Viel zu verlieren haben die Blätter erstmal nicht. Man darf davon ausgehen, dass die Anzeigenakquise nicht zu irrwitzig hohen Erträgen in diesem Bereich geführt hat. Und somit gehen die Online-Anzeigeneinnahmen zunächst nur prozentual rasant nach unten. Doch natürlich wird die Maßnahme auch dazu führen, dass sich im Verlag das Gefühl entwickelt, man müsse sich nicht mehr viel Gedanken um Innovationen in der Online-Werbung kümmern.
Noch dazu, da diese Abo-Wand eine für Weicheier ist. Carta zeigt sehr schön, dass jeder die Bezahlung umgehen kann – weil das Abendblatt auf die Leser aus dem Reiche Google nicht verzichten wollte. Ob das „Abendblatt“ sich dem First-Click-free-Programm Googles angeschlossen hat, oder die Seite einfach so programmiert hat, ist egal. Fakt ist: Es zahlen die Dummen und Bequemen – was nicht so bös gemeint ist, wie es klingt. Jeder von uns zahlt für Bequemlichkeiten.
Bemerkenswert aber ist, dass Springer umsetzt, wovor viele warnen: Den alleinigen Zugang über ein Monatsabo. Das wird alle abschrecken, die nur mal eben einen Artikel lesen wollen. Warum kein Micropayment eingesetzt wird, obwohl es schon funktionierende Systeme für Zeitungen gibt – unklar, wie Turi2 gern schreibt.
Zunächst können wir uns aber sicher auf Jubelmeldungen einstellen. „Online-Abo ein voller Erfolg“ wird das Abendblatt bald schreiben ohne genaue Zahlen zu nennen. So ist das halt in der Verlagswelt. Und tatsächlich werden die Zahlungsbereitesten natürlich ein Abo abschließen. Und dann, nach einigen Wochen, wird niemand mehr hinzukommen.
So ähnlich verhält es sich mit einem anderen Paid-Content-Versuch des Mutterhauses: den Iphone-Apps.
Die dominieren derzeit die Itunes-Hitlisten. Und prompt feierte man sich selbst. Das Dumme nur: Die Nutzer sehen das anders.
Wer heute in den Itunes-Store schaut, entdeckt bei der „Welt“-App eine Bewertung von 2,5 der 5 möglichen Sterne – mau. Die Kritik der Nutzer zieht vor allem das Abo-Modell an, das nach Meinung vieler nicht explizit ausgewiesen ist. In der Tat ist es fragwürdig, eine solche App zunächst zu verkaufen – um nach einem Monat nochmal Geld zu verlangen. Geschickter wäre es, sie zunächst kostenlos zu halten und dann auf Abo umzustellen – und dieses Vorgehen zuvor natürlich zu kommunizieren.
Erst recht wäre es wünschenswert, wenn eine solche App so unendlich langsam und fehlerbehaftet ist wie die der „Welt“.
Sie ist wirklich optisch schön und hat einige tolle Ideen. Zum Beispiel einen Wecker, der mit jedem beliebigem Song weckt. Oder eine Weltkarte, auf der die Nachrichten verortet sind. Doch stürzt die Anwendung häufig ab. Und die Push-Nachrichten – also Schlagzeilen, die auf die Startseite des Iphone gesendet werden, unabhängig davon, ob die Anwendung läuft, oder nicht – kommen mal gar nicht, dann wieder viermal hintereinander.
Ich möchte behaupten: Diese Anwendung ist nicht vollständig marktreif. Aber sie hat eben Symbolcharakter. Denn wenn schon die erste Anwendung dieser Art nicht begeistert – werden die Kunden eine zweite kaufen?
Stefan Niggemeier hat das Traktat von „Abendblatt“-Vize Iken sehr hübsch auseinandergenommen. Und was in diesem Blog-Eintrag am Ende steht, das gilt irgendwie für alle Springer-Paid-Content-Aktivitäten. Zur Frage, ob den Lesern guter Journalismus nicht ein paar Cent am Tag wert sein sollten, schreibt er:
„Iken fragt:
Ist es zu viel verlangt, in Zeiten, wo aufgeschäumter Kaffee im Pappbecher drei Euro kostet oder das Telefonvoting für sinnbefreite Casting-Shows mindestens 50 Cent, für das Produkt Qualitätsjournalismus knapp 30 Cent am Tag zu bezahlen?
Was er offensichtlich nicht verstanden hat: Die Antwort auf diese Frage gibt nicht er. Die Antwort geben die Menschen, denen vielleicht tatsächlich der „Kaffee im Pappbecher” drei Euro wert ist, aber der Artikel aus dem „Abendblatt”, und sei er noch so aufwendig recherchiert, keine drei Cent. Weil sie der Kaffee glücklich macht, und sie sich nicht von irgendeinem dahergelaufenen Vize-Chefredakteur bei Springer erzählen lassen wollen, ob die Casting-Show, bei der sie mitfiebern und mitwählen, „sinnbefreit” ist.
Die einzige Chance, die der Journalismus hat, liegt darin, den Menschen etwas anzubieten, das sie lesen wollen. Das einen Wert hat für sie, weil sie sich gut informiert fühlen oder gut unterhalten oder beides. Das sie so gut und so wichtig finden, dass sie darauf nicht verzichten wollen und bereit sind, dafür etwas zu geben: Zu allererst ihre Zeit. Das ist der eigentliche Tausch, der da stattfindet: Leser belohnen Medien dadurch, dass sie ihnen Aufmerksamkeit schenken, ein rares Gut. Und vielleicht geben sie sogar Geld. Aber dazu lassen sie sich nur überzeugen durch ein Angebot, das ihnen Geld Wert ist — und vermutlich nicht durch das Gefühl, dass so Journalismus ja theoretisch wichtig ist und jemand dafür zahlen sollte. Und ganz sicher nicht durch einen Verkäufer, der ihnen Vorwürfe macht, dass sie ihr Geld für sinnlose Sachen wie „Kaffee in Pappbechern” ausgeben.“
Ach, wären die stellvertretenden Chefredakteure und Chefredakteure und Geschäftsführer und Verleger wenigstens richtige Verkäufer. Würden sie mit Begeisterung für ihr Produkt werben, man nähme ihnen vielleicht ein wenig was ab, weil man ihr Engagement belohnen will, selbst wenn es sich um Waren dreht, die man eigentlich nicht braucht.
So aber sitzen sie da wie trotzige Erwachsene und behaupten, die Welt habe so zu sein, weil sie diese so haben wollen.
Und so etwas ist mitleidserregend.
Im besten Fall.
Im schlimmeren ist es abstoßend.
Kommentare
georg 15. Dezember 2009 um 18:52
Am Ende des Tages ist Google wiederum der Gewinner.
Abendblatt.de: Die Paid-Content-Schranke hat eine Google-Hintertür — CARTA 15. Dezember 2009 um 18:53
[…] Wahrscheinlich ist diese “Hintertür” kein Zufall: Die Hintertür ist, wie der Verlag bestätigt, ein Feature: Die Leser, die “vorne” bei abendblatt.de reinkommen, sollen ein Abo lösen. Zugleich soll der Traffic über Google nicht abgeschnitten werden. Es handele sich um den bewußten Einsatz eines “Der erste Klick ist entgeltfrei”-Modells (vgl. hier [via]). […]
☠ ring2 15. Dezember 2009 um 19:33
Paid Content geht natürlich nur, wenn er einzigartig ist – auch in Hamburg…
Das sind alle Stationen des Stadtrad Hamburg im Überblick.
Quelle: StadtradHamburg.de – kostenfrei
Das hier ist der dazugehörige Artikel im Hamburger Abendblatt:
Quelle: abendblatt.de – kostenpflichtig
Hintergrund: Das Hamburger Abendbl…
Stecki 15. Dezember 2009 um 20:21
Wer nicht mit der Zeit geht, geht mir der Zeit. Das Abendblatt ist damit immerhin nun — so titelte ich in meinem Blog — unangefochtener Vorreiter beim Wettsterben 🙂
Warum die Paid-Content-Debatte in die Irre führt « TV… und so 15. Dezember 2009 um 20:56
[…] Thomas Knüwer: Trotz und Abendblatt […]
Klopfer 15. Dezember 2009 um 21:32
Ich weiß nicht, warum manche Micropayment für so genial halten. Als Leser will ich nicht für jeden Artikel einzeln bezahlen und dann fürchten müssen, dass ich ne Niere verkaufen muss, weil ich über Verlinkungen zu anderen interessanten Artikeln den Überblick darüber verloren hab, wie viel Geld ich eigentlich schon reingesteckt habe. (Das ist übrigens etwas, was mich auch davon abhält, bei Seiten wie RTLnow was für Online-Folgen zu bezahlen. Ich will eine Monatsflatrate, sonst nichts.) Ich zahl meinen Internetzugang nicht pro Minute oder per Kilobyte, also warum soll ich die Internetinhalte pro Artikel zahlen?
Und auf Seite der Publisher will man einigermaßen vorhersehbare Einnahmen haben. Micropayment ist Bullshit, wenn man von 30 Cent nur 11 oder so bekommt, weil der Rest vom Payment-Anbieter einbehalten wird.
malefue 15. Dezember 2009 um 22:03
und das gegenmodell? 50 abos abschließen?
ich habe jedenfalls keine einzelne quelle mehr für informationen. und die meisten user im netz werden es genauso halten. da ist die abo-regelung eben nicht flexibel genug. punkt.
Peter Zarger 15. Dezember 2009 um 22:34
Der Onkel Iken hat noch mal nachgelegt:
http://www.abendblatt.de/ratgeber/article1309614/Fuer-Abendblatt-Abonnenten-bleibt-der-Zugang-kostenlos.html
Verbohrt, selbstgerecht, ekelhaft. Was ich schon zu Herrn Neven DuMont (dem Junior) sagte: Sie hassen ihre Leser.
» Hui, das Springersche Hamburger Abendblatt macht … Nachtwächter-Blah 15. Dezember 2009 um 22:55
[…] das Springersche Hamburger Abendblatt macht den Vorreiter im nächsten Scheitern des Versuches, den Leuten für zusammengepfriemel…. Mal schauen, wie lange die durchhalten. (Ich hätte es ja lieber gesehen, wenn die Online-Bild […]
pell 15. Dezember 2009 um 23:10
Trotzig sind doch auch all die Menschen, die nach Veränderungen rufen, aber doch nicht recht wollen, dass sich im Internet irgendetwas ändert.
Konstantin Neven DuMont 15. Dezember 2009 um 23:11
@Peter Zarger: Ich liebe unsere Leser!
@all: Aller Anfang ist schwer. Es gibt eine Anzahl von Mitstreitern, die in naher Zukunft ausgereiftere Lösungen in der Öffentlichkeit vorstellen werden.
Peter Zarger 15. Dezember 2009 um 23:20
Herr Neven DuMont, Ihr Handeln entspricht nicht Ihren Worten.
Thomas Television 15. Dezember 2009 um 23:22
Auf meinem Blog habe ich geschreiben, warum die Paid Content Debatte in die Irre führt:
http://tinyurl.com/ye9n5p5
Aus meinem Blogpost kann man ableiten, dass es (mir) egal ist, ob und wie die Verlage Paid Content versuchen: es funktioniert oder eben nicht.
In diesem Blogbeitrag wurden enige Aspekte genannt, warum etwas nicht funktionieren könnte: das Abo-Modell, kein Micropayment, technische Mängel.
Es gibt noch einen weiteren Aspekt, der in dem aktuellen Fall passt, weil das Hamburger Abendblatt ja ein regionales Medium ist. Ich sehe nämlich, dass das Abendblatt vor allem lokale Meldungen hinter der Bezahlschranke versteckt. In Hamburg mag sich das nicht so extrem auswirken, im Allgemeinen schon eher: Lokales, Heimat hat für junge Mediennutzer heutzutage eine andere Bedeutung. Man kann diese sich vielleicht fortsetzende Entwicklung erahnen, wenn man sich „Heimat“ wie einen Facebook-Stream mit allem, was einem wichtig ist, vorstellt. Soziale Netzwerke sind das neue Lokale. Darum herum muss man Journalismus bauen (oder eben nicht und anders Geld verdienen).
Thomas Television 15. Dezember 2009 um 23:27
@Konstantin Neven DuMont:
„Es gibt eine Anzahl von Mitstreitern, die in naher Zukunft ausgereiftere Lösungen in der Öffentlichkeit vorstellen werden.“
Es wäre besser, sie würden diese Dinge nicht nur in der Öffentlichkeit sondern auch der Öffentlichkeit selbst vorstellen. Was hilft ein Marktschreier, dem keiner zuhört?
Noch besser: Sie und ihre Kollegen hören darauf was die Leute wollen, schauen, wo die Leute schon sind, und was sie da so machen. Und stellen denen dann nichts vor, sondern nehmen auf, was dort so passiert.
Marian Semm 16. Dezember 2009 um 8:57
Ich würde sogar 15 Euro im Monat bezahlen – allerdings bin ich ein Anspruchsvoller Nutzer und das beschreibe ich in einem an Jürgen Marks, stellvertretenden Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen gerichteten Blogpost (http://www.marian-semm.de/2009/10/die-tinte-der-moenche-ueber-wertschoepfung-im-journalismus/). Und wenn ich die 15 Euro am Ende doch nicht bezahlen müsste, weil sich das ganze werbefinanziert mit größerer Reichweite für den Verlag viel besser rechnet, bin ich auch nicht böse, kaufe ich mir eben drei Venti Frozen Raspberry Flavoured Skimmed Milk Chai Latte davon…
Der Punkt ist vermutlich ein anderer – auch seit langem in der Blogosphere vorgetragener: Die Verlage werden erst dann Erfolg haben, wenn sie mit ihren Inhalten den tollen Eigenschaften des Mediums gerecht werden. Die in vielen Redakteuren fest verdrahteten Paradigmen (1) „Platz ist knapp“, (2) „Was Qualität ist, bestimme ich“, (3) „Links gibts nicht, denn alles wichtige steht bei uns“, (4) „Ob und wie dein Kommentar erscheint, bestimme ich“ laufen nun mal der Netzkultur zuwider, wie sie von immer mehr Menschen gelebt wird und bereits seine Plattformen gefunden hat.
Ihr geht das viel zu sehr top-down an, liebe Zeitungen, und werdet damit keinem einzigen Nutzer gerecht – ob paid oder free. Ihr erreicht damit nur die, die Eure Print-Bezahlschranke aus Knauserigkeit oder Bequemlichkeit unterlaufen und versucht gar nicht erst ein Medium zu machen für diejenigen, die im Netz zuhause sind. Ihr versucht, ein Produkt für alle zu machen, wie ihr es auf Papier gewohnt seid – anstatt ein Produkt, das jedem Individuum gerecht wird (und deshalb möglicherweise auch nicht alle bedienen kann). Auch wer das vertiefen möchte, wird übrigens in meinem Blog fündig (http://www.marian-semm.de/2009/12/serie-lokalzeitung-2-0-folge-1-der-begeisterte-leser/).
Olaf Storbeck 16. Dezember 2009 um 9:46
In einem Punkt hinkt Niggemeiers Vergleich: Ob den Nutzern ein Artikel 3 Euro oder 3 Cent wert ist, wissen wir nicht, weil ihnen quasi alle Verlage quasi alle Text seit Jahrenden schenken. Das wäre so, als würden alle Kaffeeketten ihren Cappucino umsomst abgeben, und dann würde Starbucks versuchen, dafür Geld zu verlangen.
Ich finde das Iken-Bashing etwas übertrieben. Ich glaube nicht, dass es auf Dauer Qualitätsjournalismus in der Breite wie bislang geben wird, wenn die Verlage nicht irgendeine Art von Bezahlmodell auf die Beine bringen. Es muss natürlich intelligenter gemacht sein als das, was das Abendblatt da macht. Und: die zweite Frage ist, ob das Abendblatt und Mopo in der Breite wirklich Qualitäsjournalismus liefern…
Dierk 16. Dezember 2009 um 10:36
Immerhin auch sehr lustig ist der Umgang von WELT Online mit Lesern aus Lachstadt: Erst wurde vor einigen Monaten der direkte Hamburg-Link aus der Navigation genommen, so dass der Eingeweihte [also, in Serverstrukturen …] seine URL per Hand ergänzen musste; seit gestern gibt es einfach keine Inhalte mehr. Aber Anzeigen.
Warum der ASV ausgerechnet das HA zum Ausprobieren benutzt, bleibt auch unklar, handelt es sich doch wirklich nicht um ein Qualitätserzeugnis voller hochinteressanter Analysen, Reportagen und Dokumentationen. Das ist auch nichts Neues und war schon lange vor dem Internet so. Das Payment-Modell ist auch nur aufgesetzt und nicht wirklich durchdacht. Es mag ja sein, dass einige Menschen [siehe Klopfer] gern eine großen Batzen Geld für alles zahlen, trotzdem gibt es reichlich potenzielle Kunden, die lieber nur zahlen, was sie wirklich interessiert.
Könnt‘ natürlich sein, dass der Verlag einfach nur einen Weg sucht, das HA endgültig zu beerdigen …
Schattenweber » und wer hats erfunden II 16. Dezember 2009 um 10:59
[…] Vollkommen logisch oder? Wenn ich keinen Plan habe und Experten(wie Stefan Niggemeiner und Thomas Knüwer) den Erfolg nicht einfach nur anzweifeln sondern es für aus-sichts-los halten. Dass machen echt […]
FA 16. Dezember 2009 um 12:20
Lieber Thomas Knüwer,
kühn behauptet ist noch lange nicht richtig…;) Es gibt eben leider kein funktionierendes (und idealerweise auch noch [vertrauensfördernd] deutsches) Micropaymentsystem.
Hohe Transaktionskosten sind dabei sogar die geringste aller vorhandenen Hürden. Die Realität heute: Eine geplatzte Transaktion kann locker auf 15 Euro anschwellen. Bei einer Transaktionshöhe von – na, was dürfte der lokale Text zur Straßensperrung wert sein? Zwei Cent. Vielleicht drei. Eine ziemlich schlechte Geschäftsidee. BTW: Knapp 2 Prozent derartiger Transaktionen gehen imho schief.
Natürlich hätte es den deutschen Verlagen freigestanden, schon vor einem runden Dutzend Jahren ein entsprechendes unternehmensübergreifendes System zu entwickeln. Idealerweise evtl. in einer Art Prepaid-Geschäftsmodell…
Aber es hätte den deutschen Verlagen ja auch freigestanden, 1995ff gemeinsame Systeme zu entwickeln für Rubrikenanzeigen, was angesichts der seinerzeit vorhandenen schieren Masse von Angeboten den Markteintritt von immoscout, moble und Co. wahrscheinlich unmöglich gemacht hätte.
Aber, wir erinnern uns: Damals war die Verlagswelt noch in Ordnung, kamen zwei Drittel der Erlöse einer durchschnittlichen Regionalzeitung noch aus Anzeigenverkäufen, während mittlerweile längst allerorten die Vertriebserlöse die kränkelnden Anzeigenumsätze hinter sich gelassen haben. Ergo: Absehbar war auch 1995 schon, das Immobilienangebote und Gebrauchtwagen natürlich nicht auf Zeitungspapier, sondern in Datenbanken gehören. Allein, es hätte seinerzeit der Weitsicht bedurft, dass die Selbstkannibalisierung mit dem konsequenten Weg ins Internet auf lange Sicht erfolgsversprechender sein dürfte, als die Annahme, es werde schon nicht so schlimm kommen.
Springer vs. Google: Mit Cloaking zum Erfolg? : netzpolitik.org 16. Dezember 2009 um 13:04
[…] Es kommt sogar noch besser, wie Robin Meyer-Lucht bei Carta.info schreibt. Während Besucher, die direkt auf Abendblatt.de einem Link zu einem Artikel folgen, zur Kasse gebeten werden, sind die Stücke für Google-Nutzer kostenfrei lesbar: Die Hintertür ist, wie der Verlag bestätigt, ein Feature: Die Leser, die “vorne” bei abendblatt.de reinkommen, sollen ein Abo lösen. Zugleich soll der Traffic über Google nicht abgeschnitten werden. Es handele sich um den bewußten Einsatz eines “Der erste Klick ist entgeltfrei”-Modells (vgl. hier [via]). […]
Albern: Leicht umgehbare Zahlschranke bei Hamburger Abendblatt und Berliner Morgenpost 16. Dezember 2009 um 13:08
[…] und Häme für Springers Bezahl-Start (Meedia) Trotz und Abendblatt (Indiskretion Ehrensache) Die Paid-Content-Schranke hat eine Google-Hintertür […]
Thomas Knüwer 16. Dezember 2009 um 14:13
@FA Ach, ein deutsches System muss es auch noch sein? Damit es zum meistbenutzten Computerbetriebssystem in Verlagen passt, dem Fenster von Kleinweich? Und auch noch dem ebenfalls sehr deutschen Schneeleopard von Apfel?
Wir leben in einer globalen Wirtschaft und deshalb sollte man schlicht auch weltweit nach Lösungen suchen. Das lange Zeit meistverwendete Redaktionssystem Print stammt von Unisys – auch nicht deutsch.
Die Verlage haben nun die Telekom aufgefordert etwas zu entwickeln. Einen Konzern, der seine Produkte bestenfalls rudimentär im Griff hat. Das ist ja Teil des Problems: Statt mit geöffneten Augen durch die Welt zu laufen, will man das alles, aber auch wirklich alles nach der Verlagspfeife tanzt.
Und was das Vertrauen betrifft: Sollte sich eine signifikante Zahl von Verlagen für ein Bezahlsystem entscheiden – und ist dies leicht anwendbar – wird es von den Verbrauchern automatisch einen Vertrauensvorschuss erhalten.
FA 16. Dezember 2009 um 15:33
…es muss kein deutsches System sein. Wenn man aber um die immer noch mangelnde Akzeptanz bspw. von Kreditkartenzahlungen in diesem Land weiß, würde ein deutsches System wahrscheinlich förderlich für dessen flächendeckende Verbreitung sein…
Der von Dir gepostete Link zu bitcents steht allerdings allenfalls als Beispiel für die Misere im deutschen Journalismus: Einmal kurz Google oder eine andere Suma befragt, fertig ist die „Rercherche“.
Zitat:
bitcents is currently in limited beta (and we’re still a very small company!) so unfortunately we can’t offer open sign-ups yet, but we’ll work as fast as we can to get you set up. Please fill out this form, and a member of the relevant team will be in touch with you soon.
Kleines rofl…;)
cu,
FA
Thomas Knüwer 16. Dezember 2009 um 15:42
@FA: Und Dir sagt was, dass ich nicht mit jemand gesprochen habe, der mir vertraulich verraten hat, dass Bitcents auf nem guten Weg ist? Ach ja. Nichts sagt Dir das. Du nimmst es einfach an.
C 16. Dezember 2009 um 15:45
über die abonnierten rss-feeds kommt man doch auch noch auf die vollständigen texte…?
Ludwig Kamberlein 16. Dezember 2009 um 16:22
Das Abendblatt ist mir (als Hamburger) nie als eine besonders innovative Publikation aufgefallen. Aber ging vielleicht nur mir so …
FA 16. Dezember 2009 um 17:05
Ok, das scheint mir jetzt zu sehr im Niveau abzurutschen.
Einem Journalisten Klüwers wird vertraulich gesteckt, dass das Unternehmen XYZ „auf gutem Wege ist“. Mir fallen Hunderte Firmen der dot-com-Pleite ein, die auch „auf gutem Wege“ waren…
Und wenn es denn diese vertrauliche Info gab (und diese nicht allein dazu diente, beim Journalisten Knüwers ein positives Grundgefühl zu erzeugen…), gehörte es sich nicht, das zu posten. Sorry, das haben wir schon lange vor den 90er Jahren im Usenet als Nettikette akzeptiert: Private Kommunikation bleibt es auch.
Und was auch bleibt, ist die öffentliche Selbstaussage von bitcents.
cul,
FA
FA 16. Dezember 2009 um 17:07
Upps, ich seh grad‘, ich hab mich beim Namen des Hausherrn vertan. Sorry.
Ralph 16. Dezember 2009 um 17:18
Warum regt ihr euch alle so darueber auf, dass Springer Inhalte bezahlt haben will, die euch – wie es sich anhoert – sowieso nicht interessieren? Ich finde das Experiment mutig und wichtig. Es koennte ja sein, es gibt noch Menschen da draussen, fuer die nicht Soziale Netzwerke das lokale Umfeld sind, die in Hamburg leben und sich fuer regionale News interessieren und danach nicht in Google suchen moechten UND denen das Ganze 7,95 im Monat wert ist.
Dierk 16. Dezember 2009 um 17:30
Ralph, das Problem ist ja nicht, dass Döpfner und Iken und der ASV da einen Versuch starten, der sich ganz normal am Markt bewähren muss oder untergeht. Diese beiden Herren haben nichts, aber auch gar nichts Gutes über Bezahl-HA zu sagen. Sie sprechen sogar schlecht, sehr schlecht über und zu potenziellen Kunden. Da wird vielen Lesern vorgeworfen, sie seien ‚Web-Kommunisten‘, sie hätten eine ‚Freibiermentalität‘, es wird so getan, als zerstörten Leser wissentlich und vorsätzlich den Journalismus. Dabei steht Journalismus überhaupt nicht zu Debatte, es geht ausschließlich um den Vertrieb.
Anstatt Leser zu beschimpfen, sollten die Marketingler um Döpfner Leser umwerben, uns etwas geben, für das wir auch bezahlen wollen. Ich werde sicherlich nicht für irgendwelche Konzerngewinne zahlen, die liegen nicht in meinem Interessenfeld. Das ganze wird wie das Horneberger Schießen ausgehen, Döpfner und Konsorten werden erst recht auf den Freibier-Kommunisten rumhauen, sie werden daher weiter ihr Verlags-GEZ lobbyisieren. Nur an die Leser wird nicht gedacht – und die Journalisten finden sich auf der Straße, da es einfacher ist, die Kostenseite zu beeinflussen als die Einnahmen.
Wie dumm muss man sein… « muschisuppe.com 16. Dezember 2009 um 17:31
[…] Edit: Nun werden auch noch die Konsumenten angegangen, der Knüwer bringt überdies den Umstand gut auf den Punkt. […]
Thomas Television 16. Dezember 2009 um 19:12
@Marian Semm:
„Der Punkt ist vermutlich ein anderer – auch seit langem in der Blogosphere vorgetragener: Die Verlage werden erst dann Erfolg haben, wenn sie mit ihren Inhalten den tollen Eigenschaften des Mediums gerecht werden.“
Ja. Ich finde, den Eigenschaften des Mediums gerecht werden, heißt auch: den Nutzern (Menschen) gerecht zu werden. Denn im Internet gilt (zumindest derzeit, und es wird hoffentlich so bleiben): Die Menschen sind das Medium.
Ein Verlag ist also im Internet schonmal nicht ein Besitzender an Produktionsmitteln (die sind billig und hat jeder: Computer), der die Besitzlosen ausbeuten kann und sich entsprechend ihnen gegenüber hierarchisch verhält, in dem er sie etwa zum Zahlen verdonnert.
Der Verlag muss gegenüber den Menschen/Nutzern also als Gleicher auftreten in jedem Aspekt – und anderem aber auch in dem, wo es gilt auszuhandeln, wie die Angebote finanziert werden sollen. Ja, das ist tatsächlich so: Die Nutzer entscheiden über das Geschäftsmodell mit.
@Olaf Storbeck:
„Ich glaube nicht, dass es auf Dauer Qualitätsjournalismus in der Breite wie bislang geben wird, wenn die Verlage nicht irgendeine Art von Bezahlmodell auf die Beine bringen“
Wie ich in meinem oben verlinkten Blogpost schreibe: Qualitätsjournalismus kann es nicht nur bei Verlagen geben. Ich stimme aber zu: bei den Verlagen selbst am ehesten in einem Paid-Modell, dann aber nicht „in der Breite“, zumindest wenn das meint: für alle. Es ist dann für wenige (die zahlen wollen, können).
@Ralph:
„Warum regt ihr euch alle so darueber auf, dass Springer Inhalte bezahlt haben will, die euch – wie es sich anhoert – sowieso nicht interessieren?“
Im Kern geht es um die Frage, wie bestimmte journalistische Inhalte, besonders lokaler Qualitätsjournalismus, gesichert werden können, da sie ja wohl unumstritten systemrelevant sind, und keiner wollen kann, dass regionale Unternehmen und Kommunen völlig ohne Kontrollinstanz dastehen. Die Kritiker der Verlage befürchten genau das, wenn die Verlage nicht „erkennen, wie das Internet funktioniert“. (Darüber hinaus verdienen die meisten damit Geld andere in Sachen Internet zu beraten.)
Der Fall des Hamburger Abendblatts macht ja im Prinzip alles falsch, was man nur falsch machen kann. Wobei ich persönlich mit 99 prozentiger Sicherheit davon ausgehen, dass die Entscheider bei Springer all die Argumente und Strategien wie man anstelle des HA-Vorstoßes sich im Internet verhalten könnte kennen (vermutlich besser als ich). Die Motivation er Springer-Leute es aber nicht so sondern anders zu machen, die wird in den Diskussion nicht deutlich. Das fehlt mir etwas: Die Beschreibung der betriebswirtschaftlichen Überlegungen, die dahinter stehen mögen.
zoom » Umleitung: Abendblatt, Köhlers Doktorarbeit, Kuschel-Politik und von Guttenbergs Unwahrheiten … « 16. Dezember 2009 um 23:29
[…] Abendblatt II: Trotz und Abendblatt … indiskretion […]
Udo Hinterwäldler 17. Dezember 2009 um 0:05
Konstantin Neven DuMont 15. Dezember 2009 um 23:11
@all: Aller Anfang ist schwer. Es gibt eine Anzahl von Mitstreitern, die in naher Zukunft ausgereiftere Lösungen in der Öffentlichkeit vorstellen werden.
——
Ach, und dazu mussten Sie erst einmal die Netzeitung-Redaktion schließen, oder wie? Merkwürdig, wie das Haus DuMont Schauberg auf der einen Seite so tut, als plane man die Online-Offensive ganz konsequent – wenn man doch auf der anderen Seite den Eindruck hat, es ist ein einziges Rumgeeiere.
Marian Semm 17. Dezember 2009 um 9:09
@Thomas Television: Ich sehe das grundsätzlich ähnlich, aber ich verstehe nicht, was gegen Paid Content spricht – vielleicht ist der Begriff unglücklich. Ich sehe die Zukunft der Redaktionen mehr darin zu ordnen und einzuordnen als zu schreiben. Es spricht IMHO auch nichts dagegen für den Zugang zu einer Plattform Eintritt zu verlangen – XING macht das, Messen machen das.
50hz – Werkstatt für Netzkommunikation » Blogarchiv » Paid Content: Schwarz und weiß 17. Dezember 2009 um 12:02
[…] finde, ist auf der eine Seite das Bettelei um staatliche Unterstützung – sei es direkt oder im Sinne eines Leistungsschutzrechtes – und zum anderen die inzwischen jedes Maß […]
Rudy Gasson 17. Dezember 2009 um 14:56
Es kommt übrigens noch besser:
Der RSS-Feed der Seiten enthält zwar nur die Anreißer, aber wenn man sie (z.B.) mit dem Google Reader abonniert, bekommt man alle Überschriften schön chronologisch – und einen Link zu den Nachrichten, der problemlos ohne Bezahlung funktioniert.
Man braucht also noch nicht mal die Suchmaschine.
Ich möchte nur darauf hinweisen, falls es hier regelmäßige Leser geben sollte, die nicht auf das kostenlose Angebot verzichten möchten. Bei den meisten qualitätsjournalistischen Inhalten dieses Angebots geht der Informationsgehalt des Artikels ohnehin nicht über den der Überschrift hinaus.
Fausto Maijstral 17. Dezember 2009 um 16:40
1. Der Blogbeitrag zeigt mir wieder einmal, dass nur Journalisten können, was Journalisten können. Geht es in dem Text um Modelle des Online-Bezahlens? Geht es um den Pseudo-Konflikt zwischen Print und Online? Geht es um Qualitätsjournalismus vs. Grassroot-Media? Wenn das geklärt und hier sprachlich dargestellt worden wäre , kämen vielleicht auch weniger zerfaserte Kommentare zustande. Spannend finde ich allerdings alle Themen, die in diesem Potpourri verwurstet werden.
2. Zum Bezahlen (egal ob Micro oder Abo) mal allgemein gefragt: Wovon werden eigentlich Korrespondenten und Mitarbeiter in den Redaktionen, den Agenturen, die Redaktionen abonnieren, bzw. die unzähligen Freien bezahlt, wenn ein Medienhaus keine Umsätze generieren kann? Wer zahlt eigentlich die Verwertungsentgelte für eingespiegelte Bilder? Und warum funktioniert eigentlich die taz immer noch?
@ Thomas Television: Wer bildet Laien zu Qualitätsjournalisten aus? Wer zahlt Laien den Lebensunterhalt und Spesen, wenn sie in Afghanistan für ihren Blog auf harter Taliban-Recherche sind? Oder wenn sie Wochenende für Wochenende derzeit die Weihnachtsbasare im Sprengel abfahren, Fotos machen und artig darüber schreiben, was Caritas und Diakonisches Werk wieder mal im Angebot haben?
3. Und warum abonnieren die Leute keine Papierzeitungen mehr? Ganz einfach: Sie sind viel zu faul, morgens um 6 zum Briefkasten zu gehen, um die Zeitung zu holen und zu LESEN. Und Online? Wer liest denn schon diese kilobytefetten Tampen aus der Online-New York Times von der Headline bis zur Autorenzeile? Und liest er den Text genauso wie den identischen Artikel auf Papier lesen würde? Vielleicht werden diese überflüssigen Bezahldiskussionen nur geführt, weil der trotz Copytests ungreifbare Leser nämlich zu geizig ist, nur fürs Überfliegen von Inhalten Geld zu bezahlen. Bei einer Papierzeitung gibt es ja nur ganz oder gar nicht. Da bleibt der Ärger am Wochenende, wenn man wieder mal von Mittwoch an aufholen muss. Jedoch: Wer News will und die Newsmacher kontrollieren möchte, um bessere Qualität zu bekommen, muss erst einmal lesen und zwar gründlich. Und dann muss sich der Leser auch noch die Zeit nehmen, die Geschichten zu reflektieren, ansonsten „denkt“ er nämlich nur auf Stammtischniveau, und da dazu keiner mehr Zeit hat: Fiat Nox. Verspielt das Erbe der Aufklärung.
IMHO: In Zukunft immer nur beides, Holz und Elektron. Aber vielleicht etwas differenzierter, medienangemessener in Formaten und Textgestaltung… und auch wenn’s ums Bezahlen geht.
Trancerapid Photography 17. Dezember 2009 um 18:38
Also, ich gebe hier Marian vollkommen Recht.
immerhin ist man ja nicht verpflichtet, oder!?
Gruß Sören
Jeeves 17. Dezember 2009 um 19:43
Wieso werden hier Springer (und Burda etc.) Tipps gegeben, wie’s richtig zu machen sein? …anstatt sich zu freuen, dass genau diese Verlage endlich mit ihren schon immer schrecklichen, überflüssigen, oft auch verlogenen Produkten in die Sackgasse laufen, oder, eine feuchtere Metapher: absaufen werden.
Thomas Television 17. Dezember 2009 um 22:17
„Ich sehe das grundsätzlich ähnlich, aber ich verstehe nicht, was gegen Paid Content spricht“
Es gibt schon ein paar gute Gründe, die dagegen sprechen würden, aber ich hatte keinen davon genannt. Ich wollte nur schreiben, was ich unter „Eigenschaften des Mediums“ verstehe.
GeStaPo 17. Dezember 2009 um 23:02
Vielleicht hat sich keiner Zeit genommen dem alten Herrn die neue Welt zu erklären 😉
ralph 17. Dezember 2009 um 23:10
@Dierk und @ Thomas Television: Ich stimme völlig zu – die Art und Weise, wie die Sache von Döpfner & Co angegangen wird, ist völlig daneben. Mich stört nur auch umgekehr an der – in meinen Augen wichtigen – Diskussion die Hähme. Ich habe ein ehrliches Interesse daran, dass es auch weiterhin eine (Online)-Zeitungslandschaft gibt, die (wie Thomas meint) ihre systemrelevante Funktion ausüben kann, ich glaube nicht, dass diese in Deutschland jemals durch die Blogosphäre ersetzt werden wird und befürchte, dass beim völliger Abhängigkeit vom Werbemarkt die Qualität noch stärker abnimmt. Mir geht es dabei um die (wenigen) guten Blätter, die es in Dt noch gibt. Springer & Co machen aber insofern einen wichtigen Job, dass sie Modelle austesten und für alle anderen auf die Nase fallen. Ich teile den Optimismus von Jeeves nicht, dass sie dabei absaufen werden. Tja, und ob sie durch unsere Diskussionen wirklich wertvolle Tipps bekommen, wie es zu wuppen wäre?
Dierk 18. Dezember 2009 um 10:39
@ Ralph
Ich glaube nicht, dass irgendjemand ernstlich Journalismus mit Qualität abschaffen möchte, nicht mal den Verleger, obwohl ich nicht sehe, wo der wirklich noch gebraucht wird. Die Häme, die sie sehen, rührt von der widerlichen Rhetorik der Internetgegner: wer eine Schwarz-Weiß-Welt mit noch dazu falschen Gegner aufbaut, muss sich nicht wundern, wenn die Angesprochenen Freude übers Scheitern empfinden – und nicht klammheimlich.
Wie Thomas Knüwer, der erheblich dichter an der Materie ist als ich, schon mehrfach schrieb, interessieren sich die Nadelstreifenheinis aus den entscheidenden Etagen der Verlage nicht einmal für bereits getestet Modelle. Oder Argumente. Salon.com existiert nur im Internet, hat hervorragende Schreiber und Rechercheure, verdient sein Geld mit Werbung, bietet dem zahlenden Nutzer dann aber u.a. den Mehrwert ohne Werbung zu lesen. Das ist nur ein Beispiel und ein Modell.
Der Axel-Springer-Verlag hat sich entschieden, seine Leser überfallartig auszusperren, dazu werden sie beleidigt [übrigens auch hier in den Kommentaren]. Dass die Wahl des Verlages ausgerechnet auf zwei bis drei Blätter fiel, die eher nicht für Lesenswertes und Qualität bekannt sind – das war übrigens durchaus mal anders, ist aber schon Dekaden her -, ist ein weiteres Zeichen dafür, dass es den Verlagsmanagern im günstigsten Fall um Aktionismus geht. Die wollen den Anteilseignern zweigen, dass sie was machen.
Das Aussperren von Lesern wird übrigens ganz schnell zu weiter sinkenden Werbeeinahmen führen: Warum sollte eine Firma viel Geld für weniger Leser ausgeben? Ich weiß ja nicht, wie hoch die akuten Gewinnerwartungen bei ASV sind, die von Stefan Niggemeier kurz angerissenen wirtschaftlichen Hintergründe deuten aber darauf hin, dass sich Journalismus selbst in seiner semi-klassischen Form als Tageszeitung im Internet durchaus rechnet. Solange keine 20, 25 oder 30% Rendite gefordert werden, solange die Infrastruktur nicht völlig überteuert vom Mutterkonzern übernommen werden muss, solange nicht alle Einnahmen abgeführt werden müssen.
Die Diskussion findet ja nicht statt, um sie zu gewinnen, wir diskutieren doch darum, wie ein wertvolles Kulturgut erhalten bleiben kann. Wenn guter Journalismus heute schon teilweise im Netz stattfindet, dann liegt das zuerst an den Verlagen, die jahrelang Sparkurs gefahren sind, Reporter und Redakteure entlassen haben, sich auf DPA und Twitter verlassen, von ‚Fakten, Fakten, Fakten’* faseln, und damit offen zugeben, dass sie keine Ahnung von Journalismus haben. Die vierte Gewalt ist nicht die Presse, nicht das elektronische Magazin, sondern die Öffentlichkeit, die früher Fürsprecher brauchte und mutige Menschen mit Druckereien oder Fernsehstudios.
Genau das hat sich geändert.
*Dabei meinen sie Daten, die aber nicht per se Informationen sind.
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