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Die deutschen Verleger arbeiten weiter daran, ein Leistungsschutzrecht für ihre Inhalte zu fordern. Dass diese Forderung mit dem Betteln um Staatshilfe gleichzusetzen, in der Praxis undurchführbar und mutmaßlich vor Gericht scheitern würde – das ist die eine Sache.

Mit welch schizophrenen Anwandlungen sie dabei agieren, das demonstriert das Jahrbuch des Zeitschriftenproduzenten-Verbandes VDZ. Der Jahresbericht eines Unternehmens versucht gemeinhin die ein schönes Bild von den Aktivitäten der Firma zu zeichnen. Die erste Seite soll anlocken, neugierig machen, sie strahlt aus, was das Unternehmen auszeichnet. Weshalb sich dort häufig Produkte und Fabriken finden, manchmal auch Mitarbeiter. Sie sind spektakulär in Szene gesetzt, da darf der Aufwand auch mal höher werden.

Der Zeitschriftenproduzenten-Verband VDZ hat auch solch einen Jahresbericht. Er liegt vor mir. Auf seiner ersten Seite ist ein unattraktives Foto von Daimler-Chef Jürgen Zetsche und dem türkischen Verleger Aydin Doga. Sie halten eine hässliche Statur in Händen, die Viktoria heißt. Bekommen haben sie diese vom VDZ, der einmal im Jahr Unternehmerpersönlichkeiten ehrt. Man könnte dies als Armutszeugnis interpretieren, dass der VDZ es nicht schafft, eines der Produkte aus seinem Reich zu inszenieren. Oder sich zumindest ein wenig Fotonachbearbeitung zu leisten.

Aber egal, der Rest des Buchs mit seinen 220 Seiten ist ähnlich uninteressant. Ausnahme: Zwei Artikel von Verbandsjustiziar Dirk Platte.

Der eine findet sich auf Seite 94 und ist überschrieben mit: „Die Leistungen der Presseverlage besser schützen“. Es geht – klar – um die Forderung nach einem Leistungsschutzrecht.

Danach folgt ein Artikel, der als Alibipuffer dient, zweimal Platte wäre zuviel. Und außerdem gibt es da einen logischen Haken. Auf Seite 99 schreibt der Justiziar nämlich unter der Überschrift „Programmzeitschriften wehren sich gegen die EPG-Gebühren der VG Media“.

Darin geht es um den Streit der Programmzeitschriften mit den Fernsehsendern. Ein Teil von ihnen, genauer: die VG Media als Vertreter von RTL und Pro Sieben Sat1, fordert nämlich Geld für die elektronische Bereitstellung ihrer Programminformationen. Gedruckt gibt es die weiter kostenlos, nur die digitale Information soll künftig etwas kosten – und darum streiten sich nun die VG Media und der VDZ vor Gericht.

Und das ist doch bemerkenswert: Einerseits wollen die Zeitschriftenhersteller Geld von jemand, der kleine Ausschnitte ihrer Texte nimmt, um Leser zu ihren Seiten weiterzuleiten. Auf der anderen Seite sind sie selbst diejenigen, die vorgefertigte Inhalte verwenden wollen – aber bitteschön umsonst.

Nun gut, der VDZ vertritt halt Unternehmen, könnte man sagen. Und Unternehmen müssen eben sehen, wo sie bleiben. Nur ist es ja eben so: Die Verlage halten ihre Güter für etwas Besonders, etwas Schützenswertes, einen Dienst an der Gesellschaft. Wenn sie das ernst meinem müssen sollten sie endlich anfangen, sich auch so zu benehmen.


Kommentare


zeitschriftenleser 10. Juli 2009 um 11:42

Ich habe mal eben im Grundgesetz nachgelesen und konnte dort keine Grundlage finden für eine Einmischung des Staates.

Der Staat garantiert die Meinungsfreiheit und den freien Zugang zu Informationen – wer damit dann wieviel Geld verdient, ist nicht im staatlichen Interesse.

Einige Bereiche der Daseinsvorsorge hingegen werden im Artikel 87 geregelt, da geht es allerdings um Infrastrukturen, die einer staatlichen Organisation bedürfen, weil sie sonst nicht oder nur unzureichend bzw. nicht für alle Bürger gleichwertig zur Verfügung gestellt werden können.

Medien sind dort nicht erwähnt, auch nicht die öffentlich-rechtlichen Anstalten.

Das mag dem Selbstbild mancher Medienfürsten wiedersprechen, aber so wichtig sind sie als reine Transportkanäle nicht, zumal es ja eher einen Überfluss an Medien gibt denn einen Mangel, der staatlich beseitigt werden müsste.

Auch der Begriff Enteignung ist in der Rede Dr. Burdas irreführend. Enteignen kann nur der Staat, aufgrund von Gesetzen und zum Wohl der Allgemeinheit, wenn es keine anderen vertretbaren Wege gibt. Der Staat muss auch entschädigen.

Doch darum geht es nicht.

Was Herr Dr. Burda meint, wenn ein anderes Unternehmen seine Inhalte verwendet, ist Diebstahl.

Hierfür gibt es hinreichende Gesetze, da müssten einfach die Gerichte bemüht werden. Viacom geht in USA den Weg und verklagt u.a. Google. Burda geht diesen Weg nicht, sondern lässt sogar die VDZ.de Seite von Google vermarkten.

Vielleicht wäre etwas mehr Bescheidenheit bei den Verlegern angebracht: ohne sie geht es auch, ist ihre Funktion doch eine traditionelle, keine für unsere Gesellschaft unabdingbare.

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sternenschein 12. Juli 2009 um 22:47

Wieviel mehr Klicks bekommen doch die Verlage und ihre Publikationen durch diese kleinen Ausschnitte die Google aus ihrem Informationsangebot zeigt?
Anstatt von Goggle dafür Geld zu verlangen, sollten sie sich blieber Sorgen darüber machen, was mit ihrer Internetpräsenz wird, wenn Goggle sie aus dem Index hinausschmeissen würde.
Im Grunde sollten sie froh und dankbar über jeden Verweis und Link auf einen ihrer Artikel sein.

Liebe Grüsse

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Alex 22. Juli 2009 um 13:47

Sehr geehrter Herr Burda,

wir haben von Ihrem Anliegen erfahren, dass Ihnen die Verlinkung Ihrer Webseiten in unserem Index nicht genehm ist. Wir achten natürlich das Urheberrecht und Ihre journalistische Arbeit. Aus diesem Grund stellen wir die, in Ihren Augen, unrechtmäßige Bereicherung an Ihren Inhalten ein, und entfernen Ihre Seiten aus unserem Index. Wir hoffen Ihnen mit diesem Schritt entgegengekommen zu sein und verbleiben mit freundlichen Grüßen.

John Doe
Google Index Administration

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