In der vergangenen Woche stellte mir eine Mitarbeiterin der „Schweriner Volkszeitung“ ein paar Fragen zu Weblogs. So etwas liefert einem ja die Gelegenheit, einfach mal grundsätzlich seine eigene Meinung zu Themen glattzuziehen.
Eine der Fragen bezog sich auf die generelle Richtung der deutschen Blog-Sphäre und wie sie sich entwickelt. Nach einigem Grübeln kam ich zu der Meinung: Es geht ihr gut. Und stetig besser. Zumindest mache ich immer wieder neue Blogs aus, von Neulingen wie von altbekannte Autoren, die eine bemerkenswerte Qualität haben. Und: Ich lese derzeit mehr Blogs als noch vor einem Jahr – allerdings gab es zwischendurch auch ein echtes Loch im vergangenen Sommer.
Und deshalb ist es an der Zeit, einfach mal ein paar Leseempfehlungen zu geben. Man kann nicht behaupten, dass Don Alphonso sonderlich bemüht ist, sich Freunde zu machen. Und so weiß er auch, dass er heute und in den kommenden Tagen kräftig Prügel beziehen wird von jenen, die ihn nicht so mögen.
Denn wie er in Rebellen ohne Markt mit viel Anlauf rechtfertigt, führt er künftig noch ein weiteres Blog. Und das unter dem Dach eines Medienhauses, das er bisher nicht sonderlich liebevoll betrachtete: die „FAZ“. Dort schreibt er seit heute unter dem Titel „Stützen der Gesellschaft“ über den Niedergang des Bürgertums. Und wenn er so weitermacht wie in der ersten Folge, dann werden diese Stützen ein großes, großes Lesevergnüngen.
Spannend dürfte auch werden, was aus Basic Thinking wird. Rund 47.000 Euro hat also sein Server- und Web-Hosting-Unternehmen aus Köln hingelegt. Und es ist, wie ich finde, erstmal nicht so übel investiertes Geld. Denn für diese Summe hätte eine Firma mit – mit Verlaub und Entschuldigung an alle Server- und Web-Hosting-Unternehmen – solch einem vergleichsweise langweiligen Geschäftsfeld nicht diese Breitenwirkung in klassischen Medien erreichen können.
Nun soll es weitergehen als Info-Dienst für Web-Interessierte. Allerdings wohl ohne Werbung. Und das ist irgendwie fast schade. Denn mit der vorhandenen Lesermasse und den schon im vergangenen Jahr ordentlichen Werbeeinnahmen wäre ein Experiment möglich gewesen: Lässt sich aus einem deutschen Blog eine echte Redaktion heraus erschaffen und wirtschaftlich betreiben?
Die ersten Schritte der neuen Autoren, jedenfalls sind absolut OK, wenn auch nicht aufregend. Aber das ganze muss sich ja auch erstmal einrütteln. Sicherlich wird dann auch mehr über die Schreiber zu erfahren sein müssen. Vornamen reichen nicht, ohne weitere Vernetzung mit der Szene wird Basic Thinking seine Stellung kaum halten können.
Doch diese beiden großen Namen der Szene verstellen den Blick auf eine Reihe guter Blogs von weniger bekannten Autoren, die ich seit einiger Zeit regelmäßig lese. Zum Beispiel das seit Anfang 2008 existente Weissgarnix. Oder die sich in die Finanzkrise eingrabenden Querschüsse. Auch der Journalistenschredder ist eine meiner subjektiven Entdeckungen 2008, ebenso der eigentlich über Medien schreibende Konsument Stefan Winterbauer. Und dann gibt es noch so hübsche, nicht auf Themen fokussierte Blogs wie Felis Wor(l)d.
Es tut sich also doch was in Klein-Bloggersdorf. Und mein Eindruck ist, dass sich die Autoren mehr auf fokussieren und weniger schreiben – dafür aber durchdachter. Und dass quer durch die Bank die Krise an den Finanzmärkten den Anteil von Wirtschafts- und Politikthemen erhöht haben. Aber: Bei weitem noch nicht genug – weiterhin sind diese Bereiche in Deutschland unterrepräsentiert. Alles in allem aber, kann ich auf die Frage, wie es der deutschen Blog-Sphäre geht nur antworten: Joah, ganz gut, ne. Und selbst?
Kommentare
Don Alphonso 19. Januar 2009 um 11:53
Ich habe die Dachlatte von Onkel Börner schon geschrubbt, geölt und frisch genagelt und freue mich auf entsprechende Begegnungen.
Lukas 19. Januar 2009 um 13:17
Ich merke, dass ich immer weniger Blogs regelmäßig im Feedreader verfolge, dafür viel mehr Artikel aus verschiedenen Blogs lese, wenn sie irgendwo verlinkt wurden oder bei Rivva aufgetaucht sind.
Ich weiß nicht, ob das dauerhaft so bleiben wird, aber ich finde diese Diversität gerade sehr spannend.
decoien 19. Januar 2009 um 19:42
Ihre Darstellung gefällt mir, auch wenn sie meinen Blog (http://www.blicklog.com) zu Wirtschaftsthemen noch nicht gefunden haben.
Ihr Beitrag darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die klassischen Wirtschaftsmedien in Deutschland erhebliche Berührungsängste haben, was Blogs betrifft. Besser gesagt, was Blogs betrifft, die nicht von ihnen selbst betrieben werden.
Möglicherweise erreichen wir noch nicht die Qualität, die Medien an Beiträge legen. Dabei sehen sich die Blogs gar nicht als Konkurrenz zu den Medien, sondern eher als Ergänzung und Katalysator.
Beste Grüße
decoien
Mich und vermutlich auch andere Blogs würde interessieren, was aus Ihrer Sicht passieren müsste, um sich gegenseitig überhaupt zu befruchten.
Patrick 20. Januar 2009 um 14:28
Naja, das \“neue\“ Basic Thinking ist IMHO außerordentlich erschreckend, wenn auch nicht überraschend.
Es liest sich schlicht wie jeder andere deutsche Versuch, ein lockeres Gadget-Blog zu etablieren. Das Ergebnis ist schlussendlich peinlich um Lockerheit bemüht und alles andere als unterhaltsam.
Hier fehlt dem deutschen technischen Journalismus schlicht die angelsächsische Gelassenheit, ironische Distanz und vor allem jegliche sprachliche Fantasie, die Engadget und Co. mitunter so unterhaltsam macht. Dass das neue Blog offenbar von der Onlineredaktion von onlinekosten betrieben wird, macht die Sache nicht besser.
Jörg Friedrich 20. Januar 2009 um 15:50
Die Verbindung von Don Alphonso zur FAZ ist nicht so neu, wie Leser der Papier-FAZ sicherlich wissen. Ich erinnere mich, dass es vor ein paar Monaten (1 Jahr?) eine schöne Reportage über drei Blogger in der FAZ gab, unter denen auch Don Alphonso war. Und anlässlich der letzten Buchmesse schrieb Don Alphonso, wenn ich mich recht erinnere, über Andrea Diener einen Artikel in der FAZ.
Die FAZ ist ohnehin sehr Blog-affin, sie behandelt Blogs und auch Twitter inzwischen als ganz selbstverständliche Kommunikationsmittel. Ich finde diese Normalität sehr angenehm.