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Der vergangene Samstag war für mich ein kleiner Blick in die Zukunft – und sie sah nicht gut aus für Microsoft und die meisten PC-Produzenten. Über Konfirmationen in Hamburg-Pöseldorf möchte ich im folgenden nicht diskutieren. Echt nicht. Erst recht nicht, über den Geschenkreichtum bei selbigen.

Als ich zur Kommunion kam, gab es eine Armbanduhr mit blauem Plastikband, von Timex, glaube ich. Aber die Zeiten ändern sich und Senden in der münsterländischen Abgeschiedenheit ist halt nicht Hamburg-Pöseldorf. Dort war ich am vergangenen Samstag zu einer Konfirmation eingeladen worden. Und um es vorweg zu sagen: Es war eine sehr schöne Feier.

Der Vater der Konfirmierten ist ein guter Freund, dessen Kompetenz in Sachen Technik sich in engen Bahnen bewegt, woran bislang auch ein David-Weinberger-Buch mit persönlicher Widmung des Autors leider nichts geändert hat.

Und so wartet er bis zu unserer Ankunft mit dem Kauf des großen Papa-ist-der-Beste-Geschenks: Seine Tochter hat sich zum Ehrentag ein Mac Book Air gewünscht.

Zunächst versuchen wir unser Glück bei Saturn, also Coolness-mäßig dem kompletten Gegenstück von Apple. Es dauert: Denn die beiden Verkäufer sind mächtig beschäftigt, beschäftigter als ihre Kollegen in jeder anderen Abteilung, soweit ich das überblicke. Doch es sind nicht hippe Hamburger Werber oder andere Pöseldorfer Konfirmationseltern, die um Rat suchen. Nein, es sind vollbärtige und mit Ehegattin angereiste Anorak-Träger, Normalos, Fleisch gewordener Bevölkerungsdurchschnitt (was nicht beleidigend gemeint ist).

Je nach Rechnung billigt man Apple einen Marktanteil von zehn Prozent zu. Doch hier standen Käufer, bei denen ich erwarten würde, dass sie kaufen, was alle kaufen – und erwogen ernsthaft den Erwerb eines Apple. Das kleine Air war, keine Überraschung bei dem Interesse, im Hause Saturn ausverkauft. Wir wurden anderswo fündig.

Am frühen Abend das Geschenke auspacken. Viel Freude, viel Dank für die Auswahl. Vielleicht sollten wir mal eine Geschichte über die Schmuckkollektion von Thomas Sabo machen – der Herr dürfte im Moment einen atemberaubenden Umsatz machen.

Dann Papas Geschenk. Ganz vorsichtig ausgepackt, die Dame von Welt reißt kein Geschenkpapier entzwei. Das Apple-Logo erscheint, dann das Wort „Air“ – ein spitzer Schrei und die Tochter fliegt ihrem Erzeuger um den Hals. „So eine Reaktion hab ich ja noch nie erlebt“, wird er später sagen.

Währenddessen scheint sich der Raum mit einem ohrenbetäubenden Düsenlärm zu füllen. Es ist die soziale Reputation der Konfirmantin auf ihrem jet-artigen Aufstieg, wie ihn sonst nur Jagdmaschinen der US-Luftwaffe hinlegen, werden sie bei gegnerischem Feuer nach oben gerissen.

Ein Kreis weiblicher Teenager am Rande der Hyperventilation bildet sich um den Gabentisch, zärtlich streicheln weiche Hände über den silbernen Laptop, gelegentlich wird er beidarmig nach oben gerissen, wie es Fußballer mit Pokalen tun, denn auch die hinten stehenden wollen die Gegenwart von Air schnuppern.

Über meinen Rücken aber läuft ein kalter Schauer. Wenn eine Marke beim Durchschnittsbürger Interesse, bei einer Trend-bewussten Zielgruppe aber Ekstase auslöst, dann ist ihr Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft. Für gewöhnlich würde diese Kombination auch bedeuten: Der Trend ist irgendwann vorbei. Nur reden wir hier halt über Geräte in einer vernetzten Welt, deren Austausch Geld und eine gewisse Mühe kostet. Und eine Technik, die nicht schlechter ist als die der Konkurrenz. Es gibt weniger Gründe, einen erneuten Wechsel zu vollziehen, ist der Hype einmal abgeklungen, als bei der neuesten Handtaschen-Mode.

Wäre ich Steve Ballmer, Bill Gates oder Michael Dell hätte ich mir als Gast dieser Konfirmation echt Sorgen gemacht. Aber die drei waren nicht da. Trotz Hamburg-Pöseldorf.


Kommentare


Jochen Hoff 8. April 2008 um 13:43

Och ja. Ich kann die Konfirmandin verstehen. Gegen das Air sehen die meisten anderen irgendwie alt aus. Sehr alt. Fast so alt wie ich.

Mein Apple war der IIe Macintosh und Lisa nervten nur. Aber as Air. Jau. Das isses. Gut den Leoparden runter und eine Betriebssytem drauf. Kunbuntu z.B. Dazu die große Platte. SSD ist ja klar. Ja. Ja wirklich.

Leider bin ich nicht Hamburg-Pöseldorf sondern nur Berlin-Wilmersdorf. Aber wenn das Geld nicht wär …

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Michael Finkenthei 8. April 2008 um 14:57

Ojwei, Lieber Herr Knüwer, Sie wissen aber schon, welche Geister Sie hier beschwören? Die Betriebssystem-Grabenkämpfe dauern doch immer noch an zwischen den Trollen.

Aber gut, wenn\’s Spass macht: Bei Äpfeln bauen sie doch immer noch bei den meisten ihrer Erzeugnisse – vom iPod bis zum Air – die Akkus fest ein. Wie uncool ist das denn – Wegwerfprodukte, trotz Trend zu \“green IT\“ (was immer auch das nun sein soll)?

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SvenS 8. April 2008 um 15:02

Das hat ganz einfach damit zu tun das die Technik aus der Freak/Geek Ecke heraus ist. Anfang der 90iger war der PC primär ein Arbeitsgerät und die die sich privat damit beschäftigt haben waren von den Funktionen und Möglichkeiten begeistert und das Design war egal. Standard Grau/Beige galt da als modern und das wars dann auch. Davon abgesehen standen die Kisten wegen der ständigen Basteleien sowieso die Hälfte der Zeit offen herum. Computer waren noch was besonderes und alleine die Beschaffung von Computerteilen war eine heilige Handlung die erst einmal das Aufsuchen eines speziellen Händlers erforderten, nicht wie heute wo CD/DVD Rohlinge in jedem aber auch wirklich jedem Supermarkt zu bekommen sind. Die computertechnik ist seit einigen jahren im Mainstream angekommen. Ich habe für mich den Zeitpunkt daran erkannt als bei Aldi Computertechnik begann zum regelmäßigen Angebot zu gehören.

Der nächste Schritt ist dann natürlich das die Geräte ein Design bekommen weil damit der soziale Status ausgedrückt wird und nicht mehr wie bisher die technische Kompetenz.

die Geräte sind technisch beliebig geworden, die Unterschiede sind für den normalen Anwender minimal. Entscheidungen pro und kontra eines Systems werden anhand der Anwendung getroffen. iPod=iTunes=Apple=MacBook lautet da die Gleichung die vor einer Entscheidung steht. Bei anderen Zielgruppen ist es %beliebigesSpiel%=Windows=PC und PC ist eben nicht zwangsläufig Dell oder HP oder ein anderer Hersteller. Apple hat es meisterhaft verstanden die Kunden an sich zu binden da innerhalb des Apple Universums alle Teile sehr einfach miteinander Kommunizieren und i.d.R. einfach funktionieren und das ist es was die Privatanwender ohne technischen Ambitionen eigentlich wollen.

Als Steve, Bill oder Michael würde ich mich nicht fürchten, sondern endlich davon Abstand nehmen den Privatleuten die gleiche Technik wie den Firmen verkaufen zu wollen.

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bosch 8. April 2008 um 16:31

Das ist Hamburg-Schnöseldorf. Ich weiß allerdings nicht, ob das repräsentativ ist für den Rest der Republik. In einem Stadtteil, in dem dem 18jährigen Sohnemann der Schlüssel zum eigenen Porsche in die Hand gedrückt wird, da gibt es eben auch Luftbücher zur Konfirmation. Ebensowenig wie die meisten Autofahrer wissen, wie es sich anfühlt, einen Porsche zu fahren, dürfte den meisten anderen 15jährigen Konfirmationsmädchen der Unterschied zwischen Apple und Windosen bekannt sein.

Anders als beim Auto dürfte es, trotz Mädchen mit dem Perlenohrring aus Pöseldorf, noch ein weiter Weg für den Computer hin zu Statussymbol sein; weil es derzeit den meisten Menschen vermutlich egal ist, womit sie ein bißchen durchs Internet surfen oder eine E-Mail tippen. Angesichts des derzeitigen Marktanteils von Apple ist sicher noch Luft nach oben. Jobs und Co. gelingt es, wenn auch eine Minderheit, für ihre Produkte zu begeistern und irgendwann werden es die Fensterschrauber auch begreifen. Sony macht mit Vaio doch einen Schritt in die richtige Richtung.

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Lukas 8. April 2008 um 17:12

Auch wenn mich das MacBook Air, das dümmste Notebook der Welt, wie ich immer auf den Plakaten lese, null interessiert: In Sachen Marketing ist man bei Apple ganz weit vorne und der Text hier ist auch sehr schön geschrieben.

(Ich habe zur Konfirmation übrigens zwei Füller, drei Kugelschreiber und eine Armbanduhr bekommen, wenn ich mich recht entsinne.)

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Florian Dersch 8. April 2008 um 17:12

Hm, bei mir war das damals ein C64 mit Floppy-Laufwerk (!). War Scheisse, denn alle anderen hatten nur die Datasette. Also musste ich dann irgendwann auch eine Datasette kaufen, um zu tauschen. Ach damals nach\’m Krieg war alles besser: ohne Ekstase, dennn ein C64 war nun wirklich nicht sexy. Und genau das hat mich dann jahrzehntelang geprägt

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Kommentator 8. April 2008 um 19:38

Eine Kollegin hat ihr Macbook (natürlich nicht \“Air\“) vor rund einem Jahr gekauft und muss nun schon den Akku als Totalausfall melden (Laufzeit trotz Vollladung unter 10 Minuten); in Mac-Foren hat sie wohl zahlreiche Berichte gefunden, die ihr bestätigten, dass das keine Ausnahme sei.
In meinem Haushalt schlagen sich ein Medion- und ein Acer-Laptop (letzteres ein einfacheres Modell) seit drei Jahren respektive einem Jahr wacker – die Akkus laufen trotz Desinteresse an \“Akkupflege\“ oder ähnlichem immer noch mindestens zwei und eher drei Stunden, und der Rest funzt auch problemlos (Hardware und Software).
Bei allem Interesse an tollem Design (ich habe das Macbook Air im Apple-Laden in Hamburg-City in der Hand gehabt, und es sieht wirklich toll aus): Technik muss funktionieren – zum Briefbeschwerer reicht mir ein Stein, zum Angeben bin ich zu pragmatisch.
Mein \“Troll\“beitrag als Schnöselsdorf-verachtender Hamburger 😉

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wegfnm 9. April 2008 um 4:01

Inzwischen muss ich mich bemühen, so \“soziale Reputations\“-Geschichten nicht allzu zynisch zu kommentieren… was hab ich das in der Schule schon gehasst.

Ich freu mich lieber, dass ich nen Spezialhändler für Studenten gefunden habe. Kleine Workstation (2,4 GHz Core2-Quad mit Nvidia Quadro-FX570) für 600 Euro? Gerne! Dazu noch ein EeePC für 300,- und jetzt schaue ich mal im Apple-Store was das Luftbuch dagegen…. 1.700?!
Boff.
Das ist nur noch dämlich, 1.700 Euro für ein Design-Gehäuse. *kopfschüttel* Für ein Notebook, was normal groß, aber etwas dünner ist und nichtmal eine DVD abspielen kann, von 720p ganz zu schweigen. Eine schicke Surfstation (wenn WLAN da ist). Hoffentlich hat die junge Dame gelernt mit Geld umzugehen.

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Rainersacht 9. April 2008 um 11:26

10% Apple-Anteil? Das Milchmädchen möchte ich aber gern mal kennenlernen. Aber echt, jetzt… Oder hat\’s der Oberpriester den apple-gläubigen Spezialreportern so in die Mac-Tasten diktiert?

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Onyro 9. April 2008 um 12:30

Dass der gefühlte und tatsächliche Mac Marktanteil wächst ist mir (vor ca. fünf Jahren wieder auf Apple zurückgewechselt) spätestens klar seit dieses Photo von Studenten in einem Hörsaal durchs Internet ging. Und das ist eine Provinzuni, keine für besonders schnelle Technik-Adoptionsraten bekannte Eliteanstalt wie Carnegie Mellon oder MIT. Ich habe die genau Verteilung nicht gezählt aber ja hier dominiert das Apple Logo bei der nächsten Generation:

http://www.newlaunches.com/entry_images/1007/02/uni.jpg

Zum Phänomen MacBook Air passt auch dieser (unfreiwillig) urkomische Blogpost der amerikanischen Flugsicherheitsbehörde TSA: http://www.tsa.gov/blog/2008/03/update-bob-screens-apple-macbook-air.html

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Thomas Wiegold 9. April 2008 um 13:20

Obwohl ich wenig Apple-Fan bin: Der weiter oben gezogene Vergleich mit dem Porsche trifft es wahrscheinlich eher. Vielleicht ist\’s ja unfair, aber der beschriebene Stadtteil legt dann zum Abi den F*at Cinquecento (boah, ist der süüüüß, sagen dann ale Freundinnen) und zum bestanden MBA (oder ähnlichem) ein Cabrio nahe.Also eher die Abfolge der Statussymbole, die man östlich der Alster nur neidisch verfolgen, aber kaum nachvollziehen kann.

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Thomas Mickeleit 16. April 2008 um 16:11

Ohne Zweifel hat Apple verstanden, schöne Produkte zu entwickeln und wichtiger vielleicht – Apple hat immer verstanden, seine treuen Unterstützer (nicht zuletzt in der Medienszene) in Stellung zu bringen. Dann wird jeder Produkt-Launch als die größte Erfindung seit dem tiefen Teller gefeiert und ein Hype erzeugt, der 15jährige schon mal überwältigen kann. Als Microsoft Mitarbeiter bin ich nicht besorgt. Apple verbindet Consumer Electronic devices sehr ordentlich. Microsofts Ansatz geht darüber weit hinaus. Es geht um die Verbindung der Consumer Welt UND der Business Welt und darum, Nutzern zu helfen, mit der Nutzung der gesamten Bandbreite von Microsoft Produkten produktiver zu werden. Spätestens, wenn die Konfirmandin auch auf SAP Systeme zugreifen will, nahtlos mit mobilen Endgeräten verbunden sein will und Kalender, Aufgaben und Kontakte synchronisieren möchte, komplexe Dokumente austauschen und gleichzeitig bearbeiten will, wird sie erfahren, dass Design nicht alles ist und medialer Hype einen auf die falsche Spur bringen kann.

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6.6.2011 – der Tag an dem Microsoft den Gnadenschuss erhielt 7. Juni 2011 um 11:28

[…] ich im April 2008 aufgrund eines Erlebnisses mit jungen Hamburgern darüber grübelte, ob Apple nicht schon bald Microsoft gefährden könnte, kommentierte Microsoft-Sprecher Thomas […]

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