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Ist Deutschland eigentlich nur noch eine gewaltige Realsatire? Einst waren die Herrscher die Inspiration der Hofnarren. Die Komiker witzelten über die Mächtigen und führten ihnen so ihre Verfehlungen vor, sie waren somit ein gewisses Korrektiv.

Heute läuft es anscheinend anders herum: Die Narren sind die Inspiration für die Mächtigen. Zumindest, wenn es Gabriele Pauli geht, die gummibehandschuhte Stoiber-Ankratzerin. Denn die Nachrichtenagentur AP berichtet zu Paulis bizarrem Vorschlag, Ehen künftig auf sieben Jahre zu befristen:

„Die CSU-Landrätin Gabriele Pauli hat eingeräumt, ihren provokanten Vorschlag zur Ehe auf Zeit von einem Kabarettisten übernommen zu haben. Zuvor hatte der fränkische Kabarettist Frank-Markus Barwasser, bekannt unter dem Künstlernamen Erwin Pelzig, Anspruch auf Urheberschaft des Vorstoßes der Bewerberin um den CSU-Vorsitz erhoben. „Frau Pauli hat bei mir geklaut“, sagte er der Münchner „Abendzeitung“. Er habe sein Ehemodell bereits 2004 erstmals vorgestellt.

Pauli bestätigte am Freitag im ARD-Morgenmagazin, dass ihr Vorschlag, Ehen zunächst auf sieben Jahre zu befristen, tatsächlich auf einen Radio-Sketch des Kabarettisten zurückgeht: „Das ist seine Idee gewesen“, sagte die CSU-Politikerin. Sie schätze Pelzigs fortschrittliche Gedanken auf dessen bayerische Art, fügte sie hinzu. Der Kabarettist erklärte, er sei von Paulis Vorgehen
begeistert: „Eine Politikerin lässt sich von einem Kabarettisten inspirieren“, sagte Barwasser. Normalerweise laufe es umgekehrt.“

(Mehr dazu auch hier.)

Einst wurden die Hofnarren geköpft, wenn die Inspiration durch die Mächtigen zu sehr in bösen Scherzen entlud. Vielleicht sollte Frau Pauli froh sein, dass sich im Lauf der Zeiten nicht alles umkehrt.


Kommentare


Matthias Schrade 21. September 2007 um 13:47

*pruuuust*

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PS 21. September 2007 um 13:58

Also im Vergleich zu Schäuble und Jung, die sich ihre Inspirationen eher von Dystopien (http://de.wikipedia.org/wiki/Dystopie) wie 1984 oder den Werken von Kafka (http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Process); (http://de.wikipedia.org/wiki/Unschuldsvermutung) liefern lassen, ist mir die Idee von Frau Pauli einiges lieber und auch Wissenschaftlich begründbar.

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Jörg Friedrich 21. September 2007 um 14:10

Es ist immer noch so wie früher. Die Frage ist doch, wer ist hier Hofnarr und wer ist der Herrscher.

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Giesbert Damaschke 21. September 2007 um 14:25

Wieso Barwasser, wieso 2004? Der Vorschlag findet sich schon in Goethes Wahlverwandtschaften, 1809, s. dazu: http://goethe.musagetes.de/

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Christian 21. September 2007 um 14:30

Oh, schade. Ich wollte auf die Ferengi aus dem Star-Trek-Universum hinweisen, die kennen ebenfalls eine Ehe auf Zeit. (Habe ich in einem anderen Forum gelesen.) Nun kommt mir der olle Goethe doch wieder zuvor. Musste der Kerl denn zu jedem Sachverhalt seine Meinung abgeben?

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qnr 21. September 2007 um 14:38

Vermutlich muss man diesen Artikel aus der Zeit kennen, um Frau Pauli\’s Vorschlag zu verstehen. Dort steht u.a. im zweiten Absatz:

»Das Netz ist so engmaschig, da kommt die nicht rein«

Seehofer möchte gewählt werden, wenn die 1000 Parteitagsdelegierten am 28. September zusammentreten, um einen neuen Vorsitzenden zu küren. Gewählt werden wollen aber auch der bayerische Wirtschaftsminister Erwin Huber und die Fürther Landrätin Gabriele Pauli. Drei Kandidaten, das allein ist eine Sensation, wo es doch jahrzehntelang nur Thronfolger gab in der CSU. Im Jahr 1955 konnten sich die Delegierten das letzte Mal zwischen zwei Bewerbern entscheiden, damals siegte Hanns Seidel über den jungen Franz Josef Strauß. 52 Jahre später reisen Huber und Seehofer um die Wette, von Bierzelt zu Bierzelt, von Schützenfest zu Schützenfest. Pauli würde ihnen gern folgen, doch leider hat sie niemand eingeladen. »Das Netz ist hier so engmaschig, die kommt da nicht rein. Niemand will der Königsmörder sein«, sagt der Schorndorfer Bürgermeister Max Schmaderer. Und so wird der Dreikampf um die Dörfer zum Zweikampf.

Da sie auf den Dörfern nix reissen kann versucht sie\’s eben mit diesem abstrusen Vorschlag. Warum sich da jeder so viele Gedanken drum macht ist mir ein Rätsel.

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Giesbert Damaschke 21. September 2007 um 14:39

ah, die Ferengi – ja, stimmt; kann man hier nachlesen:
http://memory-alpha.org/en/wiki/Ferengi

(das englische Zitat der entsprechende Passage wird als Spam abgewiesen. Nuja.)

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qnr 21. September 2007 um 14:39

Diesen Artikel: http://www.zeit.de/2007/38/CSU

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Bulo 21. September 2007 um 14:48

\“Ist Deutschland eigentlich nur noch eine gewaltige Realsatire?\“

Neee – nur Bayern!

Gruß aus München …

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Lotree 21. September 2007 um 14:52

Hat Sie das nicht aus Arno Schmidts „Die Schule der Atheisten“, Anfang der siebziger Jahre erschienen.?

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Giesbert Damaschke 21. September 2007 um 15:33

\“Neee – nur Bayern!\“

Neee – nur die CSU

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Robert 21. September 2007 um 15:58

ich muss trotz aller kritik an ihr zugeben, die frau wär mir als parteivorsitzende deutlich lieber, als die beiden anderen kandidaten…mag sein, dass sie etwas unorthodoxe ansichten hat, aber für die csu wär\’s mal ein schritt in die neuzeit…

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Sigmund 21. September 2007 um 17:35

\“Neee – nur die CSU\“

Neee – nur die Pauli

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Bulo 21. September 2007 um 17:54

\“Neee – nur die Pauli\“

Neee – nur die …

Ach doch, stimmt!

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Giesbert Damaschke 22. September 2007 um 20:14

> Hat Sie das nicht aus Arno Schmidts \’Die Schule der Atheisten\‘, Anfang der
> siebziger Jahre erschienen.?\“

welche Stelle soll das denn sein? Aber ich bin auf eine Stelle im \“Steinernen Hezen\“ (1956) hingewiesen worden:

\“Also müßte zumindest die ‹Erste Ehe› durchaus auf Probe sein: 5 Jahre engstes Zusammenleben, aber von Staatswegen dafür gesorgt, daß keine Kinder das Verhältnis ächzend verewigen können. Nach 5 Jahren dann mag sich jeder prüfen, und entscheiden, ob es weiter gehen soll.\“ (BA I/2, 155)

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Christina Häußer 24. September 2007 um 7:54

Bitte unterschätzt mir die Rolle der Hofnarren nicht. Nur von ihnen konnten und können sich die Mächtigen eine andere Sicht der Dinge anhören, ohne ihr Gesicht zu verlieren. Wenn erst einmal die Saat in Form eines Gedankens gepflanzt ist, kann einiges daraus werden. Früher und heute auch noch…

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CommodoreSchmidtlepp 24. September 2007 um 10:39

Ich mein über Frau Pauli kann man sich ja streiten, aber hey, seit wann ist es sich wichtig wo man seine Inspirationen für die Verqueren Vorschläge erhält die man sich von sich gibt?

Cheers!

Der Commodore

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