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Eine Dokumentation. Das klingt nach großem Inhalt, nach ausführlicher Auflistung, nach hartem Zusammentragen von Zahlen, Daten Fakten. Bei der „Süddeutschen Zeitung“ reicht für diese Betitelung schon das Abhören eine TV-Interviews. Und das erledigt nicht irgendwer – sondern der vielleicht renommierteste investigative Journalist Deutschlands. Hans Leyendecker ist ein Name, der auch über die journalistische Branche bekannt ist. Immer, wenn die großen Geschichten anstehen, jene Storys, die Wühlerei und Recherche erfordern, dann fällt der Name Leyendecker. Und wenn Leyendecker an etwas dran ist, dann ist es etwas Großes. Und wo Leyendecker drübersteht, darf man Informationen erwarten, die zuvor nirgends zu lesen waren.

Und nun sehe ich gestern auf der Internet-Seite der „Süddeutschen Zeitung“ im Rahmen der Tour-de-Doping-Berichterstattung folgende Ankündigung:

„,Ich ziehe den Hut vor Wino und Klödi‘
Gerade erst hatte sich Jan Ullrich noch lyrisch über seinen ehemaligen Teamkollegen Alexander Winokurow geäußert. Aus gegebenen Anlass: Eine kurze Dokumentation von Hans Leyendecker“

Es folgt das winzige Protokoll eines Interviews, dass Jan Ullrich Sat 1 gegeben hat. Jeder Volontär, jeder Praktikant hätte das schreiben können. Und man fragt sich: Ist das der Qualitätsanspruch, denn Süddeutsche.de-Chef Hans-Jürgen Jakobs kürzlich per Leitartikel ausgerufen hat – und dem sein eigener Geschäftsbereich bisher so grausam selten nachkommt? Oder hat Leyendecker so wenig zu tun?

Wer übrigens das Original des Interviews hören möchte, ist bei Süddeutsche.de an der falschen Stelle. Es gibt keine Verlinkung. Wer das Stück also hören möchte, bitte hier entlang. Und eine längere Dokumentation der wichtigsten Passagen, die gibt es bei Herrn Niggemeier.


Kommentare


uli 25. Juli 2007 um 11:02

Tausche grausem gegen grausam. Oder grausig. Oderoder gruslig. Oder noch besser: krass!

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Thomas Knüwer 25. Juli 2007 um 11:34

Danke für den Hinweis – ist korrigiert.

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Christian 25. Juli 2007 um 11:47

Ich war letzte Woche bei einem media coffee von newsaktuell. Da hat Herr Jakobs erzählt, dass es für ein Zeitungsportal gilt, die Journalisten-Marken aus dem Print ins Online zu bringen – so könne man sich profilieren. Hier sieht man, wie soetwas in der Praxis aussieht. Allerdings besteht Gefahr: Leyendecker draufschreiben und Sat.1 reintun ist genauso wie Beck\’s draufschreiben und Hansa reinfüllen. Der Leser wird für dumm verkauft – und wandert hoffentlich zu einer Marke, bei dem er ernst genommen wird.

Übrigens hat Herr Jakobs auch noch so manch andere tolle Geschichte erzählt – zum Beispiel, das Blogs im Gegensatz zu Angeboten wie seinem, keine Meinung machen. Was genau haben die Leute von sueddeutsche.de nochmal enttarnt?

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Lucas von Gwinner 25. Juli 2007 um 11:49

Juhu, Kollegen-Bashing auf ein Neues. Herr Knüwer meinen Sie nicht, dass sie ein bisschen arg auf Krawall gebürstet sind. Was stört Sie denn?

Das Kurzinterview mit J. Ullrich ist tatsächlich einen kleinen Randanekdote, auf die man schmunzelnd hinweisen kann (als \“kurze Dokumentation\“ ist sie ja auch treffend angekündigt). Da darf sich selbst mal ein großer Investigativjournalist zu herablassen – warum denn nicht. Und der Artikel wird auch nicht schlechter dadurch, dass nicht auf den vollständigen Mitschnitt oder eine ausführlichere Mitschrift verwiesen wird – denn dabei handelt es sich nicht um die Quelle des Artikels (die ist ja das Sat.1-Interview).

Mag ja sein das die SZ sich online nicht so wahnsinnig geschickt anstellt. Auch die müssen halt langsam lernen, auch wenn\’s tragisch ist das sie so spät dran sind. Aber das Beispiel dieses Artikels taugt irgendwie nicht um auf diese mangelnde Kompetenz hinzuweisen.

Gruß (vom Nicht-Journalisten),
Lucas von Gwinner

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Peter Turi 25. Juli 2007 um 11:51

Hast Du schlecht geschlafen, Thomas, oder die Korinthen vom Kollegen N. gegessen. Es steht doch deutlich drüber, was es ist:

Aus gegebenen Anlass: Eine kurze Dokumentation.

*kopfschüttel über das, was Alphablogger so absondern, wenn sie schlecht gelaunt sind*

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Oli 25. Juli 2007 um 11:57

Die Süddeutsche ist halt online noch nicht perfekt, ich verweise da mal auf das lustige Vorkommnis gestern, welches noch in unserem Blog zu sehen ist (online bei der Süddeutschen schon weg):

http://suppenblog.de/index.php?/archives/59-Der-Suppen-Test-Test-Test-Test-Test.html

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nolookpass 25. Juli 2007 um 12:11

Na ja, schlimm ist das alles nicht. Schön aber auch nicht.

Wenn Mercedes einen Kleinwagen anbietet, erwartet der Käufer ja auch keinen Seat-Verschnitt. SZ, Leyendecker, Dokumentation – da besteht schon eine gewisse Erwartungshaltung beim Leser, ich musste gestern auch lächeln, als ich die dreieinhalb Absätze überflogen hatte.

A-Blogger kopieren doch auch keine Fremdbeiträge, schreiben \“Dokumentation\“ drüber und setzen dann stolz ihren Namen drunter. Oder?

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Detlef Borchers 25. Juli 2007 um 12:52

Ist doch schön, wenn ein bekannter investigativer Journalist sich nicht zu schade ist, auch mal eine kleine Schmunzelei aufzuschreiben. Gerade im Journalismus ist das wichtig, neben der großen Recherche auch eine kleine Meldung fürs Vermischte etc. schreiben zu können. Durchlässigkeit statt Ressortdenken hat noch niemandem geschadet.

Leyendecker hat übrigens auch schön beschrieben, wie aus dem entrüsteten Radsportfan Hajo Seppelt ein Journalist wurde, der das Thema Doping kompetent behandelt. Hätte es damals Blogs gegegeben, wäre Hajo Blogger geworden.

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drake 26. Juli 2007 um 12:03

@Leyendecker… \’ich ziehe den Hut\‘ vor der deutschen Grammatik 🙂 : \“aus gegebenen Anlass?\“ … oder bürgt jetzt der Name allein für die Qualität?

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