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Am vergangenen Freitag war ich in Hamburg auf einem Termin, der sowohl dienstlich interessant war, wie auch meiner persönlichen Unterhaltung sehr zuträglich war. Vielleicht muss eine Institution doch von unten durch Innovationsfreudige unterwandert werden, um sich neuen Dingen gegenüber zu öffnen. Und vielleicht ist das der Grund, warum Parteien in Deutschland solche Probleme mit dem Internet haben: Sie lassen junge Mitglieder nur nach oben kommen, wenn diese nicht vom Willen zum Wandel zeugen.

Bei Greenpeace aber gibt es Blogger und Blogaffine. Und die scheinen durchaus vor jener digitalen Spaltung zu stehen, die auch in deutschen Unternehmen und Parteien zu finden ist: Sie wollen machen, doch die Netz-Abstinenten empfinden das, was da im Web passiert eher als Gefahr.

Und so lud Greenpeace am Freitag eine Blogger-Runde als Beratungshilfe ein. Nur diskutieren wäre dabei nur der halbe Anreiz gewesen. Seien wir ehrlich: Die Aussicht auf eine Schlauchbootfahrt durch den Hamburger Hafen lockte auch ganz schön.

Und so sah das dann aus:


Link: sevenload.com

Anschließend dann eine sehr interessante Diskussion, weil zwei Kulturen aufeinander prallten. Einerseits die wettergegerbten Aktivisten, auf der anderen Seite hochgeklappte Laptops, und dazwischen, als Puffer, die Blogger mit Greenpeace-Nähe.

Und es wurde auch klar, wie sehr die Sprache der Internet-Anhänger sich begrifflich unterscheidet von der, die in der Greenpeace-Welt gesprochen wird. Xing musste genauso erklärt werden wie Weblogs. Was aber Greenpeace von ähnlichen Diskussionen mit altvorderen Journalisten, Politikern oder Wirtschaftsleuten unterschied war eine generelle Offenheit.

Und so blieb am Ende vor allem eines: Die Sicherheit, dass Greenpeace noch gar nicht weiß, welchen Schatz es im Internet zu heben gibt. Denn kaum eine andere Organisation in der Welt geht mit einem solchen Vertrauensvorschuss ins Rennen. Das Problem: Greenpeace ist auch anonym geworden. Einst stand Thilo Bode für Greenpeace, heute bestenfalls noch die Ikone Schlauchboot. Das Schlauchboot an sich ist aber eher wortkarg, tritt es vor eine Kamera. Und deshalb wird auch Greenpeace nicht um einen vielleicht nicht gemochte, aber notwendigen Kotau vor der gesellschaftlichen Entwicklung umhin kommen: Die Menschen wollen Menschen sehen. Gelingt es Greenpeace, sich zu individualisieren, stehen im Netz vielleicht unendlich viele Türen offen.


Kommentare


Jens 30. Juli 2007 um 11:47

wird jedenfalls zeit…

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strappato 30. Juli 2007 um 11:52

Aus meine Erfahrungen im Politbetrieb:

Greenpeace, Robin Wood, oder andere Organisationen haben doch die gleiche Angst vor dem Internet, wie die etablierten Medien und Parteien. Die Angst, ihnen könnte die Kontrolle aus der Hand genommen werden. Gerade NGOs leben von der Kontrolle und der Zurechenbarkeit ihrer Aktionen. Nur so können Spenden und Mitglieder gesammelt werden. Wenn eine Kampagne in die Medien kommt, muss \“Greenpeace\“ draufstehen und darf keine unkontrollierbare Eigendynamik entwickeln, oder von Dritten gehijacked werden.

Auch die Kritik, die aus dem Internet ihnen entgegenschwappen könnte, wird gefürchtet. Im Gegensatz zu (oder wie bei …?) Parteien ist die Entscheidungsfindung bei NGOs nicht immer sehr demokratisch. Die Verwässerung der Message durch zuviel Diskussionen und Berücksichtigung anderer Aspekte wird als konraproduktiv – auch im Hinblick auf das Fundraising – angesehen.

Und noch ein Drittes: Der Kampf um Awareness und Einfluss bei der Politik. Das sind erstmal Lobbyisten die mit anderen Lobbyisten um Aufmerksamkeit streiten. Im Internet ist es erheblich schwerer, dauerhaft Beachtung zu finden.

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dogfood 30. Juli 2007 um 12:59

Ich weiß ja nicht was für eine Greenpeace-Runde da geladen hatte, aber es gab Kreise die vor 3-4 Jahren bei Greenpeace schon weiter waren. Es sind nicht die ersten Bestrebungen Blogs bei Greenpeace einzuführen.

Das große Problem war damals einerseits die \“förderale Struktur\“, sprich die Zersplitterung in unzählige Ortskreise und andererseits die zentrale Struktur, bei der alles was mit IT und Internet zu tun hatte, ausschließlich über die Gaia e.V. zu laufen hatte.

Die Gaia hatte damals schon seit Jahren durchaus einige Kommunikationstools für die Ortsgruppen untereinander, aber es waren ziemliche Geekwerkzeuge deren Bedienung man eigentlich keiner Ortsgruppe zumuten konnte, zu mal es auch noch komplizierte Anmeldeprozesse gab.

Versuche Blogs für Ortsgruppen zu etablieren sind an der damals zentralen Serverstruktur gescheitert. Gaia wollte es sich und den Webservern nicht zumuten für jede Ortsgruppe eine eigene DB einzurichten. Die Zahl der Multiuser-Blog-Software war gering, MoveableType zu teuer und lizenztechnisch heikel. Und so sind damals mindestens zwei Versuche bei Greenpeace offiziell Blogs zu etablieren, gescheitert.

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Jörg Friedrich 30. Juli 2007 um 14:09

@strappato: Sehr interessant und nachvollziehbar. Wahrscheinlich wird das Internet die klassischen Organisationsformen auflösen. Nur selten können sich überholte Institutionen wandeln, meistens werden sie abgelöst. Das gilt für die Parteien wie für NGOs (dass die im inneren wie Parteien funktionieren, denke ich auch).

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Alex 30. Juli 2007 um 14:28

Es tut mir leid das sagen zu müssen, aber du klingst hier käuflich.
Man mache ein schönes und aufregendes Bespaßungsprogramm und gebe sich locker und technikaffin und schon gibt es garantiert gute NAchrichten. Pass bitte auf, dass dir die gesunde Journalistenskepsis nicht verloren geht!

Davon abgesehen halte ich den Ruf von Greenpeace im Kreis der Umweltorganisationen für nicht übermäßig gut. Primär sensationsheischende Aktionen und die zentralistischen, streng hierarchisch geprägten Strukturen haben bei mir Zweifel an der Seriosität von Greenpeace aufkommen lassen. Da gefällt mir der BUND verlässlicher, wenn er auch schlechter medienwirksam vermarktbar ist.

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pwz 30. Juli 2007 um 15:48

@Alex
Primär sensationsheischende Aktionen und die zentralistischen, streng hierarchisch geprägten Strukturen sind die definierenden Eigenschaften für Greenpeace. GP will mit Aktionen durch die Medien Öffentlichkeit herstellen um etwas zu bewirken und nicht im Hintergrund arbeiten und um immer medienwirksam vermarktbar zu sein, braucht man (leider) auch ne straffe Organisation. Erst wenn sie anfangen die Aktionen aufzugeben werden sie unseriös.

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solarwarrior 30. Juli 2007 um 23:26

Ich denke nicht, dass NGOs und Parteien innen gleich sind. Und die Kampagnen, die unkontrollierbare Eingendynamik entwickeln, sind die besten – siehe Brent Spar. Ich teile auch nicht die Auffassung, dass es im Internet schwerer ist, dauerhaft Gehör zu finden – wenn man eine Message hat – und das hat Greenpeace – und die auch rüberbringen kann, findet man Gehör.

Im übrigen ist es doch egal ob Greenpeace blogt – über Greenpeace diskutiert wird im Internet eh.

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Harald 31. Juli 2007 um 14:35

Greenpeace hat doch schon intensive Erfahrung mit dem Web 2.0 gemacht: Thema Schlauchbootfahren vor Heiligendamm 😉

YouTube liefert an die 60 \“Greenpeace vs. Bundespolizei\“ Videos, z.B. dieses:
http://www.youtube.com/watch?v=6ZG54Gsf1LQ

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