Als Gast in diesem Blog durfte ich jetzt seit zwei Wochen die Blumen gießen und die üblichen Spameinträge entfernen. Heute habe ich die besondere Freunde, einmal in die Tasten greifen zu können, um einen Glückwunsch auszusprechen: Hiermit sei stolz verkündet, dass zwei unserer Handelsblatt-Blogger nach Meinung der Lead-Academy zu den besten ihrer Art in Deutschland gehören.
Nur die Gewinner des goldenen Awards durften auf die Bühne, die anderen mussten sich die Urkunden am Schalter abholen.
Mario Sixtus alias Elektrischer Reporter wurde gestern in Hamburg mit einem Lead Award in Silber ausgezeichnet.
Mario Sixtus
Mein Kollege Thomas Knüwer, Autor dieses Blogs, kämpfte sich bis auf die Liste der Nominierten durch und gehört damit ebenfalls nach Meinung der Jury zu den neun besten Blogs in Deutschland. Also, noch mal einen ganz großen Glückwunsch und ein Dankeschön von der Handelsblatt-Onlineredaktion an die beiden.
Nun der Reihe nach:
Lead Award in Gold für: Teutonika
Lead Award in Silber für: Elektrischer Reporter
Lead Award in Bronze für: Bildblog
Die weiteren Kandidaten der Shortlist:
Riesenmaschine
Readers Edition
wirres.net
Spreeblick
Netzpolitik
Indiskretion
Den Titel Webleader holte sich Last.fm, das beste Webdesign ging an Desingklicks und als gut genug für die Webwerbung des Jahres wurde die Kampagne von Sixt: ?Gibsnisch? befunden.
Die Lead Awards gelten ja als die Oskars der Medienbranche. Aber noch stehen die Print-Titel und Kampagnen sowie die Fotografie im Vordergrund. Noch, wie gesagt. Aber das könnte sich bald ändern, folgt man den Worten von Lead Academy Chef Markus Peichl. Er beklagt in der aktuellen W&V zunehmende Qualitätseinbußen in der Printbranche und sagt: ?Wirkliche spannende Ideen finden nicht mehr in Zeitschriften und Zeitungen statt?, und ich ergänze sinngemäß: sondern im Web. Hier, so Peichl, erleben wir jetzt zum ersten Mal eine wirklich funktionierende Medienkonvergenz und eine Professionalisierung im Bereich der Blogs. Recht hat er!
Abräumer des Abends bei den Leuten aus der Holzklasse war wieder mal das SZ-Magazin, dessen Vertreter heute sicher einen guten Muskelkater in den Beinen haben dürften, so oft mussten sie die Showtreppe in den Hamburger Deichtorhallen hochlaufen. Mirko Borsche, der Art Director, wurde zudem noch Visual Leader für seine Arbeiten beim SZ-Magazin, jetzt, SZ-Diskothek, Neon, Sepp und Mini Magazin. Mehr zu den weiteren Preisträgern findet sich auf Handelsblatt.com.
Für den Lacher des Abends sorgten übrigens die Preisträger in der Kategorie ?Anzeige des Jahres? dieser ging an den Dessous-Hersteller Blush. Die von BBDO gestaltete und im Magazin Dummy veröffentlichte Anzeige zeigt unser aller Familienministerin Frau von der Leyen umringt von ihren sieben strahlenden Kindern. Man kann sich also sehr gut selbst ausmahlen, dass diese Dessous wirken. Die Agentur fing sich dafür eine Unterlassungserklärung ein und die ausgezeichnet Anzeige erschien nur ein einziges Mal und darf nicht mehr veröffentlicht werden. Horizont zeigt das Werk noch auf der Website.
Die Profi-Fotografen übrigens sind derart sauer auf die ganzen Handy-Knipsers, dass sie sich wieder auf die Kunst besinnen. Nicht mehr der Augenblick wird belichtet, sondern die Inszenierung. Und damit wollen sie den Hobby-Fotografen und Flickr-Jüngern mal richtig zeigen, wo der Profi seine Pixel holt.
Mit Gold ausgezeichnet: Volker Steger, Scheibenkleister“, SZ-Magazin, Nr. 35.
Keine schlechte Idee eigentlich und die prämierten Bilder hängen die Latte für den Privatmann tatsächlich wieder etwas höher. Die Fotos und alle anderen prämierten Arbeiten sind bis zum 6. Mai in einer Ausstellung in den Hamburger Deichtorhallen zu sehen.
Benoit Pailley, „Fassaden“ aus „Sleek“ Nr. 13. abfotografiert in der Ausstellung, Auszeichnung in Silber.
Inszeniert wurde auch die Verleihung. Klar, aber Oscar-Glamour: Fehlanzeige. Eher Stile-Mix aus Jeans und H+M mit wenigen Ausnahmen. Man könnte bei der Gelegenheit den Gästen mal empfehlen, die Produkte aus ihren eigenen Verlagen zu lesen, um zu sehen wie Mann/Frau sich stilsicher kleidet. Aber irgendwie hatte der Veranstalter wohl was geahnt, denn am Vormittag beim dem Lead Academy Symposion lagen dicke Stapel des Magazins Style aus! Ein Wink mit dem Zaunpfahl? Geholfen hat?s wenig.
Aber was soll all die Aufmerksamkeit auf die Oberbekleidung. Wir sind eh alle mickrig. Das meinte jedenfalls der Crash-Künster Jonathan Meese. Er war auch Redner auf dem Symposion, nur etwas anders als die anderen Power-Point-Helden. In einer Art Stand-Up-Rede-Performance irgendwo angesiedelt zwischen dem Papst, Michael Mittermeier, Joseph Beuys und Heinz Erhardt (?Ich bin ein Kind, ich bin ein Tier?) geißelte er unsere Selbstbezogenheit.
Meese in Aktion
Mickrigkeit, das ist die Selbstverkleinerung des Ichs durch Egozentrik, so habe ich es verstanden. Nur wer wie er an die Revolution der Welt durch die Kunst glaubt und die Machtergreifung der Kunst anstrebt (?dann gibt die Kunst die Befehle, und die Politiker im Reichstag werden angesaugt, dass sie an den Wänden kleben?) wird Erlösung finden.
Jedenfalls, diejenigen, die mehr wissen wollten konnten auch seinen Aktuellen Katalog für 49 Euro erwerben. Soviel Revolution ist dann wohl doch nicht.
Na ja, vielleicht ist doch was dran. Irgendwie nämlich sprang so gar kein Funke bei der Verleihung über. Die Preisträger zeigten größtenteils statt Freude Haltung. Böse ausgedrückt: ich weiß doch, dass ich der Beste bin, wieso fragt mich jetzt dieser doofe Moderator, warum gerade ich den Preis verdient habe. Aber vielleicht gehört das zum System dieser Berufsgruppe und ich habe es einfach nicht verstanden.
Nächstes Jahr gewinnen wir Gold und dann freuen wir uns richtig, damit das Publikum auch was davon hat.
Ich hoffe, ich habe jetzt nichts kaputt gemacht, ist ja irgendwie schwierig, wenn man in einer fremden Wohnung nur die Blumen gießen soll und dann alles anfasst. Macht man eigentlich. Aber um die Veröffentlichung der Preisträgerliste wurde ich gebeten nun ist etwas mehr draus geworden.
i.A.
Julius Endert
Kommentare
weltherrscher 1. März 2007 um 21:00
klasse beitrag!
jetzt bitte noch namen und link zum eigenen blog. dann komm ich öfters mal lesen.
ein sehr schöner beitrag der mir durch den humorigen stil äusserst gerne durch die augen lief..
weltherrscher 1. März 2007 um 21:01
huch nu iss der name ja doch da.
oder hab ich ihn anfangs überlesen?
fragen über fragen..
und der link ihres blogs?
probek 1. März 2007 um 22:55
Ein paar Korinthen (dann lese ich mal Korrektur) – statt \“Hoby-Fotografen und Flicker-Jüngern\“ müsste es, vermute ich, \“Hobby-Fotografen und Flickr-Jüngern\“ heißen. Und der Künstler heißt \“Meese\“ und nicht \“Mees\“ (wenn schon passenderweise auf den korrekten Wikipedia-Eintrag verlinkt wird). Ein Edit, bitte…
stefan niggemeier 1. März 2007 um 23:09
hmmm…. gut getan hätte diesem text noch der vielleicht nicht ganz unwesentliche hinweis, dass der blumengießer und autor dieses eintrages selbst mitglied der jury war, die über die vergabe der online-lead-awards entschieden hat.
popkulturjunkie 1. März 2007 um 23:35
…sich aber in Sachen \“Elektrischer Reporter\“ der Stimme enthalten hat – so wie das in Leadward-Jurys üblich ist, wenn es um Firmen-eigene Produkte geht. Nicht dass man jetzt aus deinem Kommentar noch den Vorwurf rausliest, dass Julius direkt dazu beigetragen hat, dass der \“Elektrische Reporter\“ einen Preis bekommt.
ix 1. März 2007 um 23:58
ausserdem heisst mein ausgezeichnetes weblog gar nicht ?ehrensenf?.
stefan niggemeier 2. März 2007 um 0:47
@popkulturjunkie: das wusste ich nicht, das wollte ich aber auch nicht unterstellen. aber ein bisschen unelegant, um es mal vorsichtig zu sagen, ist es schon, diesen preis als den \“oskar der medienbranche\“ zu rühmen und die preise zu diskutieren und nicht zu erwähnen, dass man selbst beteiligt an ihrer auswahl war.
Julius Endert 2. März 2007 um 9:54
@ stefan niggemeier. Ja, hätte ich erwähnen sollen, dass ich in der Jury bin. Hielt das aber für nicht so relevant. Denn es ist kein Geheimnis, wer in der Jury ist. Alle Mitglieder sind auf www.leadacademy.de veröffentlicht. Es sind 32 Personen, somit kann eine Einzelperson kaum ein Ergebnis wesentlich beeinflussen. Es gibt einen mehrstufigen Abstimmungsprozess, den ich für sehr fair halte. Wenn man beteiligt ist, muss man sich natürlich enthalten. Dh. im Zweifel gibte sogar eine Stimme weniger für die eigenen Sites und ist daher, wenn es knapp wird, sogar ein Nachteil. Der Vergleich mit dem Oscar kommt nicht von mir und so habe ich es auch geschrieben (gelten). Und im Text wird ja auch deutlich, dass es diesen Glamour der Oscars nicht gibt. Ja und die Lead Awards sind meiner Meinung nach tasächlich eher in die Branche gerichtet und spielen in der öffentlichen Wahrnehmung keine große Rolle.
@probek, danke fürs Korrekturlesen.
fennek 2. März 2007 um 11:24
\“Ja und die Lead Awards sind meiner Meinung nach tasächlich eher in die Branche gerichtet und spielen in der öffentlichen Wahrnehmung keine große Rolle.\“
so siehts aus. denn das an teutonika irgendetwas \“lead\“ und gold-würdig wäre, erschließt sich nicht nur mir nicht, sondern wohl auch der öffentlichen wahrnehmung.
Arthur Dent 2. März 2007 um 15:02
\“Saure Fotografen?\“ Nicht Handy-Knipser, sondern mit immer besseren Digitalkameras ausgestattete Hobbyfotografen haben den Profi-Fotografen Marktanteile der der öffentlichen Aufmerksamkeit abgenommmen.
Profi-Photographie als Kunstform ist aber schon immer auch Inszenierung gewesen. Steger ist ein Spezialfall, der sich in der Grenzzone von Wissenschafts- und Kunstphotographie bewegt. Daher der mikroskopische Charme seiner Aufnehmen. Die zerdepperten Insekten hat er übrigens so eingesammelt: Er hat ein Auto mit Plastiktüten beklebt, ist damit durch die Gegend gebrettert und hat anschließend die Plastiktüten mit den toten Viechern drauf nach Hause genommen, um sie dort in Ruhe abzulichten. Mit dem Autolack hätte er das nicht tun können …
Zapp 2. März 2007 um 15:20
@Julius Endert:
Magst du mal was zum Entscheidungsprozedere sagen? Mich wundert, dass mit DesignKlicks eine (zweifellos innovative und gut aussehende) Seite einen Hauptpreis gewonnen hat, die doch so manche technische Schwächen hat (lustige Fehlermeldung beim Besuch ohne JavaScript, Impressum wird vom FF-Popup-Blocker geblockt etc.).
Julius Endert 2. März 2007 um 16:31
@ Zapp. Es ist ein mehrstufiger Prozess. Die Leadacademy gibt zunächst eine große Vorauswahl vor, die sich die Jury dann einzeln anschaut und nach einer Art Schulnotensystem bewertet. Die sich daraus ergebende Reihenfolge – getrennt nach Kategorien – ist dann die Basis für die sog. Shortlist. Die Shortlist aus den ca. 10 Besten (dass kann variieren, je nach dem wie eindeutig die Auszählung war) wird dann noch ausgiebig und teilweise auch kontrovers und heftig aber wie ich denke fair diskutiert. Dann erfolgt per Abstimmung die Vergabe der Plätze. Die Jury aus rund 30 Leuten ist besetzt mit Menschen aus verschiedenen Branchen (Agenturen, Redaktionen, usw.) und ist auch auf der Leadacademy-Site veröffentlicht. Ich denke, das ist ein transparenter Prozess. Denn es ist so, dass jedes Mitglied der Jury selbst auch Sites für die erste Vorauswahl vorschlagen kann. Das wurde in diesem Jahr auch häufig genutzt. Selbst wenn sie wollte, könnte die Academy also keine Angebote aussen vor halten. Aber sicher sollte man darüber nachdenken, den Auswahlprozess noch stärker zu öffenen.
Zapp 2. März 2007 um 16:50
Danke für deine Infos, ich hatte mich gestern mal auf der LeadAcademy-HP umgeschaut, aber bis auf die Namensliste nicht viel Verwertbares dazu gefunden.
Gibt es denn einen festen Kriterienkatalog (1) oder bildet man sich seine Meinung eher nach dem Gesamteindruck der dann ausdiskutiert wird?
(1) z.B. bei Online-Preisen auch zu technischen Fragen, um so auch den Funktions-Aspekt des Designs abzuchecken
Solon 5. März 2007 um 4:00
\“Die Profi-Fotografen übrigens sind derart sauer auf die ganzen Handy-Knipsers, dass sie sich wieder auf die Kunst besinnen. Nicht mehr der Augenblick wird belichtet, sondern die Inszenierung. Und damit wollen sie den Hobby-Fotografen und Flickr-Jüngern mal richtig zeigen, wo der Profi seine Pixel holt.\“
Richtig, bei Flickr findet man ja nur Schrott und Amateurmist.
Tamila 3. Juni 2007 um 8:26
Man, der Mario Sixtus muss ja richtig gut vernetzt sein, dass er nicht nur die Auswahlkriterien des GOA unterlaufen kann (gibt\’s dafür später mal einen Sonderpreis?), sonder noch einen Wir-schmoren-im-eigenen-Saft Werbefuzzi Marketrodiden Preis zweiter Klasse abstaubt. Alles der gleiche Berliner Blogsumpf, die ja alle \“irgendwas mit Werbung\“ machen wollen, statt einfach vernünftig zu bloggen.
Ach, awarded euch doch gegenseitig zu Tode. Klopft euch gegenseitig auf die Schulter wie geil Agentur X mal wieder die Konsumenten mit Kampagne Y verarscht hat. Wie mies alle Amateure sind (Tipp, die Mehrzahl der Profifotografen verdient sein Geld mit P&P: Passfotos und Pornobildern) und findet das gegenseitige Füsselecken von Werbern, PR-Clowns und Journalisten geil. Ist ja eh eine Einheitssoße die kaum noch zu unterscheiden ist.
Man kennt sich so gut und schmust so eng, dass man es nicht mal mehr für nötig hält die eigenen Credentials vorzulegen \“Hielt das aber für nicht so relevant. Denn es ist kein Geheimnis, wer in der Jury ist.\“. Sicher nicht für die Insider die sich um die Fleischtöpfe drängeln. Es ist noch Awardsuppe da, wer will nochmal, wer hat nochnicht.
Thomas Knüwer 3. Juni 2007 um 13:06
Wenn Mario Sixtus Teil irgendeines Blog-Sumpfes ist, dann doch bitte des Düsseldorfer Blogsumpfes.
Der Rest des Kommentars ist mir etwas zu wirr um ihn zu begreifen.
Rainersacht 3. Juni 2007 um 21:57
Aber \“awarded euch doch gegenseitig zu Tode\“ trifft es ganz gut. Nur unter diesem Gesichtspunkt ist der fliegende Wechsel eines für VHB bloggenden Herren aus der Jury in den Kreis der Nominierten nicht degoutant. Filz konnten bisher immer die Sozen am besten.