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„Oui, oui, das wird der Sepp lübben“, franzoselt der Fifa-Mitarbeiter und klopft dem Chef der kleinen PR-Agentur am Rande der Stadt auf die Schulter Seit jenem Traum lässt den Lenker der Agentur die Idee nicht mehr in Ruhe, irgendwie mit dem Weltfußballverband ins Geschäft zu kommen. Mit dem DFB hatte es ja auch geklappt. Gut, das Maskottchen ist den Weg in die ewigen Lämmergeiergründe geflogen. Aber immerhin weist die kleine PR-Agentur den großen Fußballbund seitdem als Kunden aus.

Also hatte sich der Chef seine besten Männer geschnappt, Managing Partner Marcel sowie die Senior Consultant Lars und Alexandra. OK, die war kein Mann, sah auch nicht so aus, „but she?s got balls“ wie Marcel immer anmerkte.

Tagelang haben sie gebrainstormed bei einem Meeting im edlen Schlosshotel Bühlerhöhe. Fußball-Atmo tanken, schließlich würden hier die Engländer logieren während des Turniers.

Ideen gab es viele.
„Bestechen wir ihn“, schlug Alexandra vor.
„Zu platt“, winkte der Chef ab, „und mutmaßlich zu teuer.“
„Bieten wir ihm kostenlose Eigen-PR an“, warf Lars ein.
„Ach, der hat schon seinen persönlichen Berater Peter Hargitay“, konterte der Chef. „Der hat Union Carbide bei der Chemie-Katastrophe in Bhopal beraten.“

Marcel war es, der die Arme hochriss und Bewegungen machte, als wollte er eine Aula lärmender Schüler zum Schweigen bringen. „Hat der Blatter nicht mal gesagt…“, murmelte er und stürzte zum Laptop, um aus den schwirrenden WLan-Wellen einen Artikel zu reißen, der die zündende Idee brachte.

Schon wenige Wochen später der Modellversuch in Saarbrücken. Der Chef hatte seine alten Kontakte zur Polizei dort spielen lassen. Die hatte das „Verschärfte Sicherheitkonzept zur Kontrolle gewaltbereiter Fußballanhänger im Vorfeld der Weltmeisterschaft 2006“ sofort abgenickt. Schließlich würde es auch das Betriebsklima der männlichen Angestellten fördern.

Gut aussehende weibliche Fußballfans von Dynamo Dresden also wurden vor dem Saarbrücker Stadion abgeführt in ein Zelt. Dort mussten sie sich komplett ausziehen. Von der Kamera, die das ganze in den Kontrollraum übertrug, ahnten sie nichts. Dort saß der Chef und genoss. OK, eine machte ein wenig Ärger, ging sogar vor Gericht. Aber der deutsche Rechtstaat erkannte: Sicherheit geht vor irgendwelcher Prüderie.

Und so sitzt der Chef nun vor den Kontrollmonitoren an der Allianz-Arena. Die Bilder aus dem Sicherheitszelt kommen ruckelfrei und in bester Farbe. Gerade erst sind die Tore geöffnet worden, noch tröpfeln die Fans sparsam ins Stadion. Doch die erste Leibesvisitation einer reizenden brünetten mit Costa-Rica-Trikot und Schlabberhose läuft bereits.

Das erfreut auch Blatters Assistenten. Auch der hatte sich sofort erinnert daran, dass sein Chef einst eine weiblichere Ästhetik ? sprich: knappere Kleidung ? bei Fußballerinnen gefordert hatte. Sogar sein Erzfeind, Uefa-Chef Lennart Johansson hatte da zugestimmt: „Die Frauen müssen akzeptieren, dass sie das Geld, das sie verdienen wollen, nur bei ausreichendem Zuschauer- und Sponsorenzuspruch kassieren können.“

Das Kalkül des Chefs fand bei der Fifa sofort Anklang: Alle weiblichen Zuschauer, die zu weite Kleidung tragen abführen und ausziehen lassen. Dann werden bald nur noch scharfe Girls in Hotpants und engen Blusen auf den Rängen sein. Ein schönes Bild. Freut auch die Sponsoren. In Brasilien muss es so was ja auch schon mal gegeben haben, so wie die Mädels da Fußball gucken
Und bis dahin würde der Herrscher des Fußballs ein wenig was zu gucken haben.

Zufrieden lehnt sich der Chef ein letztes Mal in dem bequemen Ledersessel zurück, der bald zur Heimstatt des Fifa-Chefs werden wird. „Cholen wir ihn“, schlägt sein Assistent vor. Die Hände reibend steht der Chef auf und macht sich mit seinem Geschäftspartner auf, Joseph S. Blatter zu empfangen.

Die Tür schlägt zu. In diesem Moment zeigt der Monitor, auf den niemand mehr schauen mag, wie zwei weitere Besucherinnen von leidlich freundlichen Ordnungshütern zur Untersuchung gebeten werden.

Die eine trägt ein weites Gewand und ein Kopftuch. In wütendem Persisch versucht sie der Sicherheitsmaßnahme zu entgehen.

Die andere hat für den Anlass einen Hosenanzug gewählt. Sie schüttelt ihren Udo-Walz-gepflegten Kopf und ruft immer wieder mit leicht ostdeutschem Akzent: „Entschuldigen Sie, aber ich bin schließlich die Bundeskanzlerin.“
„Ja, sagt jeder. Runter mit den Klamotten“, antwortet der Polizist.

(Gefunden im Lawblog, inspiriert von Weallspeakfootball)

Weitere Abenteuer der kleinen PR-Agentur am Rande der Stadt:

Kurz vor Mitternacht
Koffeein-Schock
Mai-Ausflug
Frühlingsgefühle
Wahlkampf
Marcelinho
Arbeitsverweigerungskampf
High-Society
Verzweiflungstat
Frisches Blut
Niederschlag
Weibliche Waffen
Imagewandel
Vroni
Lingua franca
Angie
Dumm gelaufen
Neue Republik
PC-Maus
Gedanken eines Chefs
Rooobiiiiiieee
Daviiiiiiiid
Geliebte „Bunte“
Sich einfach zulassen
Ein fröhlich‘ Lied
Backenfutter
Kaiserslautern
Have yourself a merry little christmas
DFB
Ein Prosit der Gemütlichkeit
Kollerkommunikation
Die Zahl des Monats
Job-TV 24
Valentinstag
Sepp Blatter
Neue Sanftmut
Street Credibility
Nike
James Bond
Rolling Stones


Kommentare


Lesetipp zum WM-Start 11. Juni 2010 um 15:00

[…] in überfüllten Zügen waren Schaffner freundlich, mit einem Mal lächelten alle. Da konnten auch die Machenschaften der kleinen PR-Agentur am Rande der Stadt nichts dran […]

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