Skip to main content

Tja, war nichts mit dem Gewinn des Goldenen Prometheus. Hätte ohnehin nicht in den Koffer gepasst. Trotzdem war es ein schöner Abend. Spätestens bei der Platzverteilung war am Donnerstag Abend klar, dass es nichts werden würde mit einem Preis. Denn die Schar der Nominierten für den Goldenen Prometheus, zu denen ich auch zählte, teilte sich in zwei Gruppen: Vorne, in Reihe 2, saßen die, die später einen Preis bekommen würden. Hinten saßen die, die ohne nach Hause gehen würden – was ihnen im Moment des Platz nehmens klar wurde.

Aber an Unhöflichkeiten ist man ja gewohnt, in der schnellen, harten Welt der Medien des 21. Jahrhunderts. Weniger dagegen an einen dermaßen schlechten Sound. Vielleicht ist die riesige Halle des Gropius-Baus für wortlastige Veranstaltungen wie eine Preisverleihung einfach nicht geeignet. Zumindest war von Moderator Jörg Thadeusz oft nur die Hälfte zu verstehen. So ein TV- und Radiomensch ist halt gewöhnt, auch unter Highspeed digital gehört zu werden.

Ohnehin verlief der Start schleppend. Wolfgang Schäuble begann unterhaltsam und verlor sich in Platitüden. Maybritt Illner wurde zur TV-Journalistin des Jahres gekürt und musste sich von Thadeusz über ihren pinken Hosenanzug befragen lassen, obwohl doch ein Wort zum von ihr moderierten, dadaistischen Fernsehereignis des Jahres interessanter gewesen wäre: dem Duell Eichel – Kirchhoff.

Ebenso schlimm: Thadeusz bekam den Preis als Radiomann des Jahres – was auch ihm sichtlich peinlich war. Schließlich ahnte er, was die Lästerzungen der Branche in der ersten Essenspause einwerfen würden: „Die Frage des Honorars hat sich damit wohl geklärt.“.

Immerhin: Am Ende des Abends wurde die Stimmung versöhnlicher. Denn an den meisten Preisträgern war wenig auszusetzen. Auch waren keine peinlichen Dankesreden zu ertragen, stattdessen gab es „Zimmer frei“-artige Filmchen aus den Redaktionen.

„V.i.S.d.P.“ kann allerdings nicht ernsthaft geglaubt haben, dass die Preisträger noch unkundig zur Gala kommen würden, wenn ihre Kollegen vorher Besuch von einem Kamerateam hatten. So waren aber immerhin auch alle Preisträger vor Ort – auch eine Methode das schlimme „Er ist heute nicht hier, freut sich aber wahnsinnig“ zu vermeiden.

Einen bitteren Nachgeschmack für mich persönlich hatte die Vergabe des Magazin-Preises an das von mir geschätzte Fußball-Magazin „11 Freunde“. Denn die Macher outeten sich als fanatische Arminia-Bielefeld-Fans, was angesichts meiner persönlichen Fußball-Vorlieben einen weiteren Kauf fast unmöglich macht.

Den Online-Preis bekam Spiegel-Online-Reporter Matthias Gebauer. Verdient hat er ihn ohne Frage. Trotzdem schade, dass die Jury sich für den Nominierten entschied, der am wenigsten mit den Möglichkeiten des Internet spielt. Vielleicht eine Manifestation der Ratlosigkeit von Print-, TV- und Radiojournalisten gegenüber dem Internet: Denn in der Jury saß mit Ralf-Dieter Brunowsky nur einer, der online aktiv unterwegs ist.

Einen gewissen Grad der Skurrilität erreichte die Nach-Gala-Show: War der Sound bei der Verleihung zu leise und hallig, sorgte die Blues-Rock-Band im Café für nachhaltiges Piepen im Ohr und für verständnisloses Kopfschütteln. Denn die wirklich gute Band wurde verstärkt durch Ex-„Bild“-Chef Udo Röbel an Gesang und Mundharmonika. Musikalisch machte er seine Sache gut – wirkte aber wie geistig entschwebter Papa, der auf seine Kinder aufpasst.

Am folgenden Tag sprach ich mit dem Kollegen eines anderen Blattes. Er fragte mich, wie die Gala gewesen sei. Ich sagte: „Journalisten-Party eben“. Er darauf: „Na dann waren hinterher zumindest alle betrunken.“

Was auch stimmte. Wer nicht nach der Preisverleihung ging und sich auch nicht das Trommelfell foltern lassen wollte, traf sich an der Cocktailbar. Deren Mixer prägten eine neue Berufsauffassung: Ein guter Cocktail definiert sich nicht am Geschmack, sondern an der Menge Alkohol im Glas. Dies sorgte dafür, dass auch die leer Ausgegangenen voll hinaus gingen.

Es war kein perfekter Start für den Goldenen Prometheus – aber ein guter.

Ach ja, der Spruch des Abends kam von Thadeusz: „Ein Hinweis für die Motor- und Reisejournalisten: Das Besteck auf den Tischen ist kein Werbegeschenk.“


Kommentare


karl-heinz prometheus 30. Januar 2006 um 15:39

ein brillanter beitrag.

Antworten

marcc 30. Januar 2006 um 16:15

Wenigstens wusste man dank des Fernsehteams auch, dass man leer ausgehen wird. Vor Jahren wurde, meines Wissens nach, bei Grimme-Online-Award keinem Nominierten vorher was gesagt. Auch auf Anfrage nicht. Mit der Folge, dass so einige auf Verdacht zur Preisverleihung fuhren und dort erfuhren, dass sie sich das hätten sparen können.

Antworten

tknuewer 30. Januar 2006 um 16:18

Na, ob man sich eine Reise dann sparen muss/kann/sollte? Immerhin sind solche Gelegenheiten ja auch gute Kontaktbörsen und im besten Fall auch unterhaltsame Abende.

Antworten

Jenny 30. Januar 2006 um 18:43

Außerdem müssen die doch die Bude vollkriegen. Wenn nur die tatsächlichen Gewinner bei solchen Veranstalungen anwesend wären, wie würde das denn da aussehen?
Von unverzichtbarem Unterhaltungswert auch das verkrampft-höfliche Lächeln der „Verlierer“ 😉

Antworten

Jenny 30. Januar 2006 um 18:43

Außerdem müssen die doch die Bude vollkriegen. Wenn nur die tatsächlichen Gewinner bei solchen Veranstaltungen anwesend wären, wie würde das denn da aussehen?
Von unverzichtbarem Unterhaltungswert auch das verkrampft-höfliche Lächeln der „Verlierer“ 😉

Antworten

Jenny 30. Januar 2006 um 18:43

Außerdem müssen die doch die Bude vollkriegen. Wenn nur die tatsächlichen Gewinner bei solchen Veranstaltungen anwesend wären, wie würde das denn da aussehen?
Von unverzichtbarem Unterhaltungswert auch das verkrampft-höfliche Lächeln der „Verlierer“ 😉

Antworten

Jens Matheuszik 30. Januar 2006 um 21:59

Ach, ich kenne auch Preisverleihungen wo die Plazierten dann doch noch akzeptiert werden. Vor allem wenn es den PR-Plänen passt. 😉

Antworten

Du hast eine Frage oder eine Meinung zum Artikel? Teile sie mit uns!

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*
*