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Die weihnachtliche Ruhe lässt auch Zeit für eine kleine Analyse unserer Mitmenschen anhand ihrer Google-Suchgewohnheiten. Solch ein Weblog hat eine interessante Statistikfunktion. Denn ich kann sehen, mit welchen Suchbegriffen Menschen hier landen, die von Google, Yahoo & Co. auf diese kleine Seite verwiesen wurden. Gerade an Weihnachten, das Fest, das oft genug die dunkle Seite unserer Seele ans Licht zerrt, zeigt sich, wie der Mensch an sich so tickt.

Zwar habe ich keine Mord- oder Selbstmord-Kandidaten, schließlich spielten suizidale Tendenzen bisher keine Rolle. Doch scheint auch mancher Leser hier sich so seine Gedanken zu machen. Und so war der meist getippte Suchbegriff, der hierher verwies am 23.12. noch „finde dich“. Entweder, weil vor dem Feste und kurz vor Jahresschluss die Selbstfindungssehnsucht fiebrige Ausmaße annimmt. Oder, weil beim Vor-Heiligabend-Treffen mit den Ex-Schul-Mitbesuchern in der immer gleichen Kneipe überraschenderweise alle schon wussten, was man so macht. Im Internet haben die einen gefunden und nun will man sich auch selbst finden, was angesichts des Alkohol-Pegels aber etwas unglücklich verläuft.

Offensichtlich sind Fototapeten auch wieder in. Bei Habitat gibts ja schon Designer-Tapeten, da würde es auch nicht verwundern, wenn dieser Auswuchs der geschmacksverirrten Home-Decoration (wie man es heute in einschlägigen „Schöner Wohnen“-Adepten bezeichnet) keine Urständ feiern würde. Und worüber freut sich die Dame des Hauses denn auch mehr, als über einen Gutschein für eine tolle Fototapete. Palmenstrand, oder so. Auch meine Eltern hatten sowas mal, damals als ich noch sehr, sehr jung war. Ich erinnere mich düster an einen Baum, in den der Blitz gefahren zu sein schien und eine kupferstichähnliche Kutsche, die ob der verwirrten Lenkseile, niemals mehr als hundert Meter Weg geschafft hätte, ohne mit einem Personenschaden im Graben zu liegen.

Vergesslich ist mancher Leser hier auch. „Ausweise“ wurden am 23. gesucht. Die man vermutlich verschludert hat. Und nun gehts in den Schnee in ein Nicht-EU-Land. Dumm.

Am frühen Heiligabend nun kommen die letzten Weihnachtskarten an. Von den Leuten, von denen man nie eine Karte erwartet hätte. Und die deshalb auch keine bekommen haben, bisher. Also wird hektisch nach „Weihnachtskarten“ gesucht. Oder nach „e-mail weihnachtskarten“ – die kommen auf jeden Fall an. Und wer ganz verzweifelt ist, sucht bei Google nach „was schreibt man in eine weihnachtskarte“. Ich weiß schon, warum ich kein Freund der Weihnachtskarte bin.

Der eine oder andere hat inzwischen beim „Schnüffeln“ (so hieß das bei uns immer), stöbern oder einfach so das eine oder andere Weihnachtsgeschenk der Liebsten oder des Liebsten entdeckt. Dieses aber erfüllt nicht die Erwartungen. Will der Partner denn immer noch nicht begreifen, dass die Schultergurte für den GTI unbedingt nötig sind? Dass die Jura-Espressomaschine Pflicht ist? Also wird schon mal die Argumentation parat gelegt, Google liefert sie unter „10 gründe warum ich brauche“.

Der erste Weihnachtstag ist ja bekanntlich meist der langweiligste. Die einen sind auf Deutschland-Tour, pendeln zwischen den Eltern des Partners in Garmisch, den eigenen in Kiel und dem Heim in Castrop-Rauxel. Für sie ein paar Regeln für den Umgang mit Eltern, entnommen aus dem Magazin des britischen „Observer“:

1. Sei froh, wenn Deine Eltern Dich behandeln, als seist Du 15. Sie könnten Dich auch behandeln, als seist Du 6.
2. Tu so, als ob Dich die Nachbarn interessieren.
3. Ja, sie lieben die Katze mehr als Dich. Denn die verbringt mehr Zeit mit ihnen als Du.
4. Sag einfach einmal pro Minute „Ach, wirklich?“. Das ist alles, was nötig ist.

Die anderen, die Daheimgebliebenen dagegen haben noch mehr Zeit für „Weihnachtskarten“. Ist die Post halt Schuld, wenn die Viecher erst Silvester ankommen.

Und dann war da noch das Premiere-Abo als Weihnachtsgeschenk. Eigentlich schön – aber da ist ja noch diese dumme Sache mit dem Verlust der Bundesligarechte. Wie war das noch? Mal eben „Premiere Arena“ googeln.

Und dann steht der Besuch bei Schwiegerelterns an. Garniert mit dem vorherigen Streit, welche Anzugfarbe nun zu dem frisch geschenkten rosa Hemd passt. „anzug rosa hemd“ ist deshalb eine wiederkehrende Internet-Suche.

Andere wollen die rosa Hemden schon wieder wegretuschieren – per „foto bearbeitungsprogramm“. Oder sie langweilen sich und suchen nach „sudoku„.

Und schließlich erwachen langsam, nachdem der Magen die Verdauung besser in den Griff bekommen hat, die fleischlichen Gelüste. „Hausfrauen“ sind wieder gefragt. Oder für die Damen unter uns: „Cherno Jobatey verheiratet“.

Noch einmal wandelt sich das Bild am zweiten Weihnachtstag. Die letzten „Weihnachtskarten“ werden gesucht, doch langsam bricht die Familie, so sie sich zusammengefunden zum Feste, wieder auf, zerstreut sich in alle Winde. „Huch, es schneit ja“, ruft da die eine. Vorsichtshalber wird schon mal nach „rwe“ gesuchte – damit man weiß, ob irgendwo der Strom weg ist. Weiß man aber in der Regel ja nicht, wenn man RWE als Informationsquelle nutzt.

Aber wie sagt man es der Mutter, dem Vater, der Oma, dem Opa, dass es nun wieder hinfort geht? Vielleicht so wie einst Mario Ohoven: „Ich muss weg“ suchten gleich mehrere Hand voll Surfer.

Und so verrät solch eine Weblog-Statistik doch einiges darüber, wie es so zugeht in Deutschland. Ich aber muss mich korrigieren. Es gibt (WARNUNG: ES FOLGT CHAUVINISMUS UND MACHO-GEHABE!) doch Weihnachtskarten, die ich mag. Zum Beispiel die des American-Football-Teams der Cologne Centurions. Auf der prangte folgendes Motiv:

In diesem Sinne: eine schöne Woche zwischen den Jahren!


Kommentare


Flo 6. Januar 2006 um 23:59

Tja da kann ich nur sagen ich bin auch über den Suchbegriff „Fototapete“ hier her gekommen und muss sagen das du da schon teilweise recht hast! Ich hab dazu auch z.B. www.tapetenvielfalt.de gefunden, doch die Seite hat mich den Tapeten nicht wirklich weitergebracht… Na ja in diesem Sinne vielleicht ein Tapeten und andere verirrtheiten armes Jahr 2006!

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