Man wird doch noch schwärmen dürfen, oder? Zum Beispiel für Marcelinho, den Spielmacher von Hertha BSC. Auch als erwachsene Frau – und sogar in der kleinen PR-Agentur am Rande der Stadt.
Jeder hat ja so seine kleinen Geheimnisse. Oder Leidenschaften. Etwas Verrücktes, das er im Herzen wiegt. Bei Männern ist es die Modelleisen- oder Carrerabahn, Fliegenfischen oder Autos, die längere Zeit in Werkstätten als auf der Straße verbringen, sagen wir mal: Alfa Romeos. Frauen dagegen haben seltener das Kind in sich – bildlich gesprochen, nicht biologisch
Anders Sabine, Senior Consultant in der kleinen PR-Agentur am Rande der Stadt. Sabine hat so ein kleines Geheimnis. Besser: Sie glaubt es zu haben, denn in der kleinen PR-Agentur am Rande der Stadt bleibt selten etwas lange verborgen.
Dafür sorgt schon die Küche. Und darunter darf man sich keine kleine, hutzelige Teeküche vorstellen. Damals, als das Geld der New Economy die kleine PR-Agentur am Rande der Stadt für zwei Jahre zu einer großen PR-Agentur aufpumpte, hatte der Chef gehörig in die kulinarische Versorgung seiner Mitarbeiter investiert. Auch hier blieb kein Geheimnis, dass die überdimensionierte Hightech-Kitchen dafür sorgen sollte, dass die Angestellten ihre Mittagspause kurz und knapp in den Räumlichkeiten der Agentur verbrachten, statt Zeit draußen in den Straßen der Stadt zu verplempern. Nun aber ist die Küche so groß und so leer, dass geflüstert werden muss, weil es sonst so hallt.
Das tut auch Junior Consultant Tanja-Anja, als sie feixend in die Küche der kleinen PR-Agentur kommt und dort auf Senior Consultant Lars trifft. „Hast Du gesehen, was Sabine auf ihrem Bildschirm hat?“
„Ne, was denn?“, flüstert Lars zurück. Tanja-Anja dreht sich vorsorglich nochmal Richtung Glastür – nicht dass Sabine gerade reinkommt. „Sie sammelt Bilder von so nem afrikanischem Fußballer auf ihrem Computer.“
Lars ist verwundert: Sabine? Die sonst so konservative, spießige – aber zugegeben ziemlich gut aussehende – Sabine mit den dunkelblauen Twinsets, für die schon ihr schwarzer Polo eine Extravaganz bedeutet? „Woher weißt Du das denn?“, fragt er. „Hab ich gerade gesehen. Sie konnte nicht schnell genug die Datei zumachen. Und im Explorer waren lauter Bilddateien die Marcell heißen.“
„Wow!“, sagt Lars: „Welcher Spieler isses denn?“ Da ist Tanja-Anja definitiv überfragt. Fußball ist nun wirklich nicht ihr Ding. „Der hatte blond gefärbte Haare und nen blaues Trikot.“ Lange muss Lars nicht grübeln: „Marcelinho – von Hertha!“, entfährt es ihm. „Der ist Brasilianer! Na, wenn Sabine auf solche Typen steht, erklärt dass ihre Begeisterung für den Urlaub auf Jamaika letztes Jahr.“
Die Erheiterung hält nicht lang, denn für kleine Pläuschchen ist ausnahmsweise wenig Zeit in diesen Tagen in der kleinen PR-Agentur am Rande der Stadt. Die spektakuläre Mai-Demo hat nämlich einen neuen Kunden hereingespült: die Bundesagentur für Arbeit. So begeistert ist das Ex-Arbeitsamt von der „unkomplizierten Herangehensweise an überkommene Traditionen“, wie es in einer ersten E-Mail hieß, dass die kleine Agentur sich mal in der Werbung versuchen soll. Ein Plakat ist gefragt, es geht um freie Arbeitsplätze im Bereich Brief- und Frachtverkehr.
„EINE RIESENCHANCE“, hat der Chef gebrüllt in einer spontanen Mitarbeiterversammlung. Er ist der einzige in der kleinen PR-Agentur, der glaubt es sei motivierend, wenn seine Stimme noch im Zentrum der Stadt zu hören ist, an deren Rand die kleine PR-Agentur liegt.
Schließlich müsse die BA Geld haben, „RICHTIG GELD!“, wenn sie gerade so viel Kohle für ein neues Logo herausgeschmissen habe, das genauso aussehe wie das alte.
Nächte lang wurde gegrübelt über einem Slogan. Klar und deutlich müsse er sein, forderte der Chef. Ergebnis: „Deutschland sucht Fachkräfte für Brief- und Frachtverkehr“. Nicht kreativ, aber Vorschläge wie Lars‘ „Sei die Macht, transportier die Fracht“, fanden noch weniger Anklang.
Viel Geld steckte die kleine PR-Agentur am Rande der Stadt auch in das Foto-Shooting. Ein teures, männliches Model wurde engagiert, Tanja-Anja schnappte Sabine die schwere Aufgabe der Auswahl weg: „Sonst wirds noch ein blond gefärbter Brasilianer“, zickte sie Sabine leise zu – die errötete derart auffällig, dass sie erstmal zur Toilette verschwandt.
Der Chef persönlich machte sich die Auswahl eines weiblichen Models auch nicht gerade leicht, mehrere Kandidatinnen mussten sogar persönlich vorstellig werden. Natürlich übernahm die kleine Agentur die Reisekosten.
Nun aber, fehlt nur noch der endgültige Versand aller Dateien, die ein Dienstleister zusammen montieren soll. Eigentlich soll Sabine sich drum kümmer, doch die liegt daheim im Bett. Schwerer Heuschnupfen. „Äch gäb Diah mai Paschwoaht“, murmelt sie am Telefon zur Praktikantin Julia. „Dann schickscht Du die *HATSCHI* hoh aufgelöste *SCHNIIIIIEF* Dadai mit dem Fodo an unsen Dienchtleischter. Die Datei heischt…. Oh Mann, na, so wie das Model halt.Und dann das erchte Bild. *HATSCHIIIIII*“ Julia beruhigt die malade Senior Consultant: „Keine Sorge, find ich schon.“
Ein Blick in die Unterlagen, Marcel heißt das Model, dass Tanja-Anja ausgesucht hat. Und tatsächlich: Es gibt eine ganze Liste von Marcel-Dateien, Julia hängt das erste an eine Mail an und schickt sie ab.
Zwei Wochen erreicht den Chef ein böser Brief. Von der Bundesagentur. Angehängt ist eine Zahlungsaufforderung des Managers von Marcelinho.
(gefunden bei wirres.net)
Weitere Abenteuer der kleinen PR-Agentur am Rande der Stadt:
Kurz vor Mitternacht
Koffeein-Schock
Mai-Ausflug
Frühlingsgefühle
Wahlkampf
Kommentare
Mario 28. Mai 2005 um 1:32
Die Links unter „Weitere Abenteuer der kleinen PR-Agentur am Rande der Stadt“ tun es allesamt nicht. Da lässt euch euer Dienstleister wohl im Stich. Klingel mal Nico aus dem Wochenende. (Hab ich nicht gesagt ;-))
Thomas Knüwer 29. Mai 2005 um 14:31
Das alte Problem…
Die Links im Eintrag funktionieren bei manchen (z.B. surfe ich daheim von AOL aus und habe keine Probleme), bei anderen funktionieren sie nicht. Die Links, die Ix angibt sind die eigentlich richtigen. Gebe ich sie jedoch in einen Eintrag ein (sogar von Hand in HTML) kürzt sie unser Dienstleister unerklärlicherweise ab, so dass niemand mehr sie nutzen kann. Ein Phänomen, das sich derzeit noch niemand erklären kann…