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Wie aus einem ganz normalen Sportbericht ein Kommentar wird – und was das an Ärger bringen kann.

Ich fürchte ja, das wird hier gerade ganz schön sportlastig, aber im Moment sind die Fallstudien halt vor allem im Fußball zu finden – und seit heute auch beim Eishockey…

Aaalso… Gestern abend war ich bei einem Eishockey-Spiel, einem guten und äußerst packenden sei gleich vorweg geschickt. Die Düsseldorfer EG spielte gegen die Kölner Haie im Halbfinale des Pokals die DEG (*jubelspringhüpf*) schlug Köln, die Stimmung war toll, das Spiel bis zur letzten Sekunde offen. Es war vielleicht nicht das beste Spiel der Saison – aber eines der packendsten.

Heute morgen dann zeigte mir ein Kollege aus Köln, der ebenfalls mit dabei war die Berichterstattung des "Kölner Stadtanzeigers". Ich weiß nicht, wo die Kollegin war, im Stadion kann sie nicht gewesen sein. Oder es ging ihr gesundheitlich, sehr, sehr schlecht. So schlecht, dass es zu Bewusstseinstrübungen gekommen sein muss.

Und so erschein ein Artikel unter der Schlagzeile "Sinnfreies Derby". Selten passiert es, dass sich Vereine und Liga so detailliert zu einer Spielberichterstattung äußern. (s.u.). Es überrascht nicht, dass der Artikel nicht auf der Homepage des Stadtanzeigers zu finden ist, sondern eine merkwürdig zusammen gestückelte Pokal-Berichterstattung

Betreff: Gemeinsamer Brief der DEG METRO STARS, Kölner Haie und der DEL

Gemeinsamer Offener Brief der Kölner Haie, DEG Metro Stars und DEL an den Kölner Stadtanzeiger zur Berichterstattung über das Pokalspiel in Düsseldorf
Sehr geehrte Damen und Herren, mit großer Verwunderung und Verärgerung haben wir Ihren Artikel über das Pokalhalbfinale der DEG Metro Stars gegen die Kölner Haie in Ihrer heutigen Ausgabe vom 02.02.2005 gelesen. Er ist mit der Überschrift ?Sinnfreies Derby? tituliert.

Bevor wir detailliert auf die Berichterstattung Ihrer Reporterin eingehen wollen, gestatten Sie uns, unser zusammenfassendes Urteil über den Artikel: Der Text ist in seiner Gesamtheit eine Unverschämtheit den Spielern beider Mannschaften gegenüber. Er spiegelt in großen Teilen nicht wider, was sich beim gestrigen Pokalmatch in Düsseldorf abgespielt hat.

In dem von Frau M. verfassten Artikel prägen neben der Überschrift folgende Textauszüge die Berichterstattung: ?In dem umstrittenen Eishockey-Cup wirken die Spieler beider Mannschaften nicht motiviert.?, ?Das Derby war sehr lau verlaufen ??, ?Der Eishockey-Cup, in dem es nichts Erstrebenswertes zu gewinnen gibt außer einem blechernen Pokal und einer mickrigen Siegprämie ??, ?Die traditionelle Rivalität zwischen Düsseldorf und Köln vermochte der Partie keine wirkliche Brisanz einzuhauchen. Man sah zwei Teams, die ? in keinem Moment vollen Einsatz zeigten.? Zum Spieler Andrew Schneider, der wie Dan Bjornlie nach einer Schlägerei eine Spieldauerdisziplinarstrafe erhalten hatte: ?Schneider hatte zuvor ungefähr so motiviert gewirkt, wie eine Reinemachefrau, die nach einem langen Tag noch einen Berg Teller spülen muss.?

Wir, als auch alle (!) mit uns in Kontakt stehenden Beobachter, Fans und Journalisten, beschreiben das gestrige Spiel sinngemäß als echten Pokalfight, der mit vollem Einsatz beider Mannschaften geführt wurde. Eine prickelnde Derbystimmung hat diesen Eishockey-Abend zudem für alle Anwesenden zu einem Erlebnis werden lassen. Das Match war bis zur letzten Sekunde spannend und mitreißend. Auch wenn Ihnen der Vergleich zu anderen Medien missfallen mag, erlauben Sie uns, einige Zitate anderer Medien zum Spiel aufzuführen. Diese belegen zudem, dass die Bewertung Ihrer Reporterin offenbar als ?exklusiv? anzusehen ist. So schreibt der ?Express? von einem Spiel in dem ?Feuer war? und ?bester Derbystimmung ?, als wäre es ein Meister-Endspiel?. Radio Köln 107,1 berichtete von einer ?hochklassigen Partie?, die Rheinische Post von einem ?hart umkämpften Pokalspiel?. Die Kölnische Rundschau kommt in seiner Bewertung zu folgendem Schluss: ?Von Beginn an ging es munter zur Sache. ?dabei begannen vor allem die Gäste die Partie äußerst bissig und mit dem Willen ausgestattet, keinen Zentimeter verloren zu geben.? Die BILD-Zeitung schreibt: ?Von wegen ?laues? Pokalspiel – Derby ist Derby!?

Leider müssen wir vermuten, dass Ihre Reporterin schon im Vorfeld eine gewisse Lustlosigkeit an diesem Pokalspiel verspürt haben muss. Dies spiegelt sich im Artikel wider. Unumstritten hat der Pokal nicht den Stellenwert der DEL-Meisterschaft, den Wettbewerb bzw. das gestrige Spiel aber derart negativ darzustellen, halten wir für unseriös, zumal die Partie unserer Meinung nach die bestmögliche Werbung für diesen Wettbewerb war. Bedauerlicherweise wird Ihren Leserinnen und Lesern, unseren Fans und Sponsoren, ein falsches Bild vom gestrigen Spiel gemacht.

Für schlicht beleidigend halten wir Ihre Bewertung über die Einsatzbereitschaft der Spieler und Ihre Missachtung der von ihnen erbrachten Leistung. Die Spieler haben bis zur Schluss-Sirene Ihren unbedingten Siegeswillen erkennen lassen. Ihnen den vollen Einsatz gänzlich abzusprechen, ist ein Affront gegen den Sportsgeist aller beteiligten Akteure. Dieser wird durch Ihre Berichterstattung mit Füßen getreten. Eine Siegprämie von ? 20.000 als ?mickrig? zu bezeichnet, mag die Perspektive des Kölner Stadtanzeigers sein, in der heutigen Zeit halten wir aber auch diese Bewertung für fragwürdig. Auch die Trophäe ? einen blechernen Pokal? zu nennen, zeigt, dass sich Ihre Berichterstattung nicht auf den sportlichen Wettkampf fokussiert ist. Es mag der Berichterstatterin entgangen sein, dass Sportler nicht nur um Geld und Pokal kämpfen, sondern auch den Titel an sich! Dies halten wir, anders als Sie, für durchaus erstrebenswert. Mit sportlichem Gruß Elmar Schmellenkamp Geschäftsführer DEG Metro Stars Thomas Eichin Geschäftsführer Kölner Haie Gernot Tripcke Geschäftsführer DEL Düsseldorf, 2.2.2005


Kommentare


Der Schockwellenreiter 4. Februar 2005 um 7:40

Wie eine Journalistin, die keine Lust auf einen Abendtermin hat, ihre Leser bel ü gt.
[E-Business Weblog/Newsfeed]

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Joachim Heinz 4. Februar 2005 um 9:39

Kurze Frage an dieser Stelle: Wo ist der orginal Beitrag? Ich kann den Bericht nicht mehr finden. Liegt es an mir oder habe ich etwas übersehen?

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Thomas Knüwer 4. Februar 2005 um 9:56

Lieber Herr Heinz,

der Originalbeitrag scheint vom Stadtanzeiger nicht mehr online gestellt zu werden. Offensichtlich ist man intern mit der Berichterstattung auch nicht so ganz zufrieden…

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zedvaint 4. Februar 2005 um 13:22

Hallo? Gehts noch? Da stimmt eine Journalistin nicht in den üblichen „oh war so toll, da brannte die stimmung, ganz groß, packender krimi“-blabla-08/15-Normtext-Scheiss mit ein, und schreibt wie sie die Partie empfunden hat – und dann kommt sowas? Ohne den text jetzt beurteilen zu können da er ja nicht mit aufgeführt wird – was ich, nebenbei gesagt ziemlich schäbig finde, schließlich gehören immer mindestens zwei seiten zu einer geschichte – finde ich diese kanon der entrüstung einfach peinlich. Es ist die übliche blogger gegen journalisten-masche, hauptsache man kann sich mal wieder aufregen ohne wirklich die hintergünde zu kennen. Des Schockwellnereiters Kommentar: „Wie eine Journalistin ihre Leser belügt“, ist IMHO sogar justiziabel. Mir ist es jedenfalls lieber, auch mal eine abweichende meinung zu lesen als immer nur den gleichen aufgewärmten begeisterungs-artikel. Und ja, ein Spiel kann man durchaus unetsrchieldich erleben, 20.000 ? sind wenig für eine solche begegnung, und der pokal ist ja wohl tatsächlich aus blech

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Planet Joe 4. Februar 2005 um 20:55

..dem glaubt man nicht, auch wenn er dann die Wahrheit spricht. Herr Knüwer hat einen interessanten Artikel verfasst über denn Wahn/Irr/Unsinn einer Sport-Reporterin.

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pamela 5. Februar 2005 um 14:38

ich finde diese reaktion sehr dreist. kommt es bei konzert- oder theaterkritiken nicht auch vor, dass verschiedenen kritiker zu ganz verschiedenen ergebnissen kommen? die Journalistin der Lüge zu bezichtigen ist schlichtweg unverschämt. Vielleich verkraften es männer einfach immer noch nicht, dass frauen über sport schreiben und sich auch noch eine eigene, pointierte Meinung erlauben.

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Fabian 6. Februar 2005 um 10:33

Interessant ist, dass hier ein Handelsblatt-Autor auf eine andere Handelsblatt-Autorin knüppelt (einfach mal googeln). Wenn das hier zur Regel wird – und auch andere verdiente Kräfte der VHB der Reihe nach abgearbeitet werden – dann schaue ich öfter mal vorbei…

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Thomas Knüwer 6. Februar 2005 um 14:39

Lieber Fabian,

das die Frau Mitatselis bereits für den Tagesspiegel geschrieben hat, der wiederum die Sportseite des HB bestückt ist mir entgangen. Ob man gleich von „verdiente Kräfte“ sprechen muss, weiß ich nicht – ein wenig Platz nach oben in Sachen Superlativen sollte noch bleiben. Ich möchte keinen langjährigen Kollegen als Gott titulieren…

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Thomas Knüwer 6. Februar 2005 um 14:40

PS: Die Fortsetzung dieser Geschichte gibts oben…

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