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Als ich frisch vom Münsterland nach Düsseldorf gezogen war, telefonierte ich täglich mit meiner Mutter. Das hatte nur zu einem gewissen Prozentsatz etwas mit Sohnesliebe oder -pflicht zu tun (nicht, dass sie nicht eine wunderbare Frau gewesen wäre). Nein, ein gewichtiger Grund dafür war die Liebe zum SC Preußen Münster.

Denn es war 1995. Internet gab es schon, ich surfte am Rhein via AOL (meine Mutter übrigens auch). Doch die Münsteraner Zeitungen, die „Westfälischen Nachrichten“ und die „Münstersche Zeitung“ waren zu jener Zeit entweder noch gar nicht im Netz oder nur rudimentär. Genau erinnere ich mich nicht mehr, sicher ist: Die Nachrichten über den SC Preußen gab es nicht online.

Aus mir unverständlichen Grünen berichteten auch die Düsseldorfer Lokalblätter wenig über den wunderbarsten aller Fußballvereine. Also blieben nur Anrufe daheim, um mich auf dem laufenden zu halten.

Heute ist vieles anders. Gerade ist der SCP in die Dritte Liga aufgestiegen. Wäre ich nicht selbst im Stadion gewesen, ich hätte auch ohne Anruf in der Heimat vieles mitbekommen. Der Club selbst ist in Sachen Social Media besser unterwegs als viele Bundesligisten, eine dreistellige Zahl von Fans wärmt sich mit der Zusage zum Facebook-Event auf, Spielzusammenfassungen gibt’s beim vereinseigenen Nullsechs-TV, Muenster4Life ist eine gerade entstehendes Lokaljournalismus-Videoangebot. Natürlich sind die Lokalzeitungen auch dabei, sogar mit recht ordentlicher Social-Media-Nutzung. Aber sind sind eben nur dabei und nicht vorne. Inhaltlich auf Augenhöhe, häufig aber noch schneller ist zum Beispiel Echo Münster, das nach der menschenunwürdigen Komplettentlassung aller Lokalredakteure der „Münsterschen Zeitung“ durch das Medienhaus Lensing-Wolff von gefeuerten Redakteuren gegründet wurde.

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Eigentlich hätte es so nie kommen dürfen. Eigentlich müssten die Lokalzeitungen den Takt vorgeben. Eigentlich.

Was Medienhäuser, egal ob Print, Radio oder Fernsehen, nicht begriffen haben: Eine ihrer früheren Aufgaben ist kein Alleinstellungsmerkmal mehr, sondern ein Allgemeingut. Eben die Produktion von Inhalten. Sie haben sich im Denken nie gelöst von den physischen Restriktionen ihrer analogen Produkte. Noch immer produzieren sie zu allererst Inhalte für die Zeitung, für die Zeitschrift, für die Sendung. Das ist vielleicht menschlich: Denn die meisten Journalisten ergreifen ihren Beruf, um genau das zu tun.

Weit in den Hintergrund trat die Bedeutung der zweiten Funktion: der Auswahl von Inhalten. Auch im Internet behielten die Klassik-Medien ihre gelernte Form der Auswahl bei: Sie orientierten sich an der Masse. Bei einer Zeitung, beispielsweise, ist dieser Ansatz logisch. Sie soll möglichst viele Leser ansprechen, also kommt das hinein, was mutmaßlich die meisten Menschen interessiert. Beim Fernsehen ist das genauso: Alle Sender orientieren sich an Quoten und Marktanteilen. Beim Radio geht es soweit, dass Musik an Testhörern erprobt wird.

Online ging das lange Zeit so weiter. Seiten werden heute „gefahren“. Ständig geht der Blick auf die Echtzeit-Erfassung der Klicks. Artikel, die gut laufen, werden prominent platziert – und tun sie das nicht, sinken sie in den Hintergrund ab.

In „Das Leben des Brian“ gibt es diese großartige Szene:

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Wir sind alle Individuen. Und so haben wir unterschiedliche Interessen. Das ist nicht neu. Nur konnten Interessen, die nur gering von der Masse abwichen früher nicht bedient werden. Sie wanderten, unbemerkt von der nicht an diesem Feld interessierten Öffentlichkeit, ab in Fanzines und Gleichgesinnten-Treffen.

Das war in der alten Medienwelt verständlich. Natürlich ist die Zahl der Anhänger von Preußen Münster in Düsseldorf überschaubar. Natürlich schreibt deshalb die „Rheinische Post“ nicht ständig über den SCP.

Was die Medienhäuser aber übersehen haben, ist die Veränderung des Nachrichten-Ökosystems. Schon immer gab es neben Journalisten andere Kuratoren: unsere Freunde, Kollegen, Verwandten. Der Satz „Hast Du schon gehört?“ gehört zu den alltäglichsten Äußerungen des menschlichen Daseins. Und schon immer gab es Menschen, die in einem bestimmten Bereich Experten sind, die wir fragen können, wo es ein schönes Restaurant gibt, einen guten Arzt, ein vertrauenswürdiges Autohaus, welche Aktien man kaufen könnte oder welches die beste Bohrmaschine ist. Denn diese Personen interessieren sich eben für dieses Gebiet. Und da wir sie kennen, vertrauen wir ihnen.

Über diesen Weg fanden uns auch schon immer Nachrichten. Die Kunde von den Anschlägen des 11. September verbreitete sich maßgeblich über Telefonate, E-Mails und persönliche Gespräche. In solchen Momenten werden Nicht-Journalisten zu Kuratoren der Information. Sie nehmen Journalisten einen Teil ihrer Arbeit ab.

Das Social Web hat diese gesellschaftliche Alltagsfunktion auf ein vollkommen neues Fundament gestellt. „Hast Du schon gehört?“ ist ein gewichtiger Bestandteil dessen, was auf Twitter, Facebook oder Youtube stattfindet – und auch auf Google. Denn auf vielen Seiten ist ein Link nichts anderes als ein „Guck mal: Das interessiert Dich bestimmt.“

Hier zu Lande ist für Medienhäuser die Idee, Anreize zu bieten, auf das eigene Angebot von außen zu verlinken, eine geradezu absurde Vorstellung. Ergebnis: Während in den USA der Durchschnitt der Leser, die über Google Nachrichtenseiten erreichen, laut einer PEW-Studie bei 30% liegt, beträgt er bei Bild.de 20%, wie jüngst im Marketing Club Düsseldorf zu hören war. Und die Angebote aus dem Hause Springer sind in der Szene schon bekannt als extrem ordentlich suchmaschinenoptimiert.

Diesen niedrigen Anteil mögen viele Verlagsvertreter. Weil sie behaupten, die Leser, die über Google kämen, gingen ohnehin schnell wieder. Doch ist das der richtige Denkansatz? Dies sind Leser, die auf der Suche nach spezifischen Geschichten sind. Und es gelingt den Nachrichtenangeboten eben nicht, diese Leser zu halten. Ich halte dies für journalistisches Versagen.

Was nun folgt sehen wir ebenfalls in den USA. 60% aller Social-Web-Nachrichten enthalten Links zu veröffentlichten Inhalten. Der Anteil von Lesern steigt, die über Facebook & Co. Nachrichtenseiten erreichen. Bei CNN und ABC sind es schon 7% und mehr, ermittelte PEW. Wie es bei Twitter aussieht bleibt schwer zu ermitteln. PEW kommt auf geringe Prozentzahlen. Doch sind diese Zahlen eben immer bezogen auf Twitter selbst und lässt Hilfsprogramme wie Tweetdeck außen vor. Was wir aber sehen, sind massive Zuwächse gerade bei Facebook. Und: Leser, die über Facebook auf die Huffington Post gelangen, sind deutlich kommentarfreudiger.

Gern betonen Medienmanager und Chefredakteure, wie wichtig in einer Zeit der wachsenden Menge von Inhalt die Auswahl sei. Doch was tun sie dafür? Sie verwenden die alten Denkweisen der Filterung für die Masse.

Derweil entstehen neue Kuratoren. Sie gründen Blogs und Nachrichtenseiten, sie machen Videos oder Twittern. Manche wollen damit Geld verdienen. Andere verdienen bereits Geld damit. Altona Info ist genauso profitabel wie Les Mads und Deutsche Startups.

Und es gibt automatisierte Lösungen. Verlage, die glauben, Google News sei ihr größtes Problem, haben vielleicht noch nie Ipad-Apps wie Flipboard oder Zite gesehen. Hier wächst eine komplett neue Generation der technisch getriebenen und stark individualisierbaren Nachrichtfilter heran. Doch bisher spielen Medienhäuser auch hier keine Rolle. Auch nicht beim Moby Dick Project von Ben Huh, über das Read Write Web heute berichtet. Der Chef des Lustige-Web-Seiten-Sortiments Cheezburger will eine Software entwickeln, die Online-Journalismus leichter machen soll.

Gerade deutsche Medienhäuser müssten sich über eines klar werden: Ihre eigene Welt ist nicht genug. Sie müssten offensiv zueinander verlinken. Was ja auch eine Förderung des Qualitätsjournalismus insgesamt wäre. Sie könnten technische Lösungen schaffen, die Lesern einen Nachrichtenüberblick aufbereiten. Burda hat mit Nachrichten.de versucht, einen Google-News-Gegner zu schaffen. Doch das Angebot scheitert an der Kuratierung. Denn Kuratierung bedeutet Auswahl und nicht Gleichstellung. Nachrichten.de aber will alle gleich behandeln um niemand weh zu tun. Das ist im Interesse der Nachrichtenanbieter  – aber nicht der Leser. Die Kunst des Kurators ist eben nicht das Zusammenstellen, sondern das Weglassen von Unwichtigem. Warum kein Medienhaus Nachrichten-Kurator Rivva.de übernommen hat, ist mir bis heute ein Rätsel.

In dieser neuen Welt, von der auch Steven Rosenbaums höchst lesenswertes Buch „Curation Nation“ handelt, haben Medienhäuser und ihre angestellten Journalisten nicht mehr viel Zeit, ihren Platz zu finden. Social-Media-Präsenz ist für Journalisten heute Pflicht (womit ich meine Meinung revidieren möchte, dass sie nur wissen müssen, wie diese Plattformen funktionieren). Denn anders lässt sich nicht ausmachen, wie die Plattformen für die Arbeit genutzt werden können. Viel zu sehr beschränken sich viele Medienhäuser auf Social-Web-Aktivitäten, die nicht anders ausfallen als die von Konsumartikeln. Nein, viele sind schlechter aufgesetzt.

Von keinem deutschen Medienhaus sehe ich derzeit spannende Ansätze, eine individualisierte Kuratierung von Inhalten zu etablieren. Ihr einziges Ziel ist das Fesseln der Leser an das eigene Angebot. Und dort orientiert sich die Nachrichtenauswahl wieder an der Masse. Alte Medien, altes Denken. Erst haben sie die Bedeutung von Google verschlafen, nun verschlafen die Verlage die Bedeutung des Social Web. Lernprozesse sehen irgendwie anders aus.


Kommentare


Aufmucken war gestern 25. Mai 2011 um 12:01

Niggemeyer(?) hat doch neulich gezählt das vieles bei SPON (oder war es SternOnline) halt „nur“ Agenturmeldungen sind. Und keine selber entdeckten Themen.

Die nachrichten.de-App fürs Iphone ist ok. Wenn man auf manche Artikel klickt, sieht man jedoch, was auch Google-News mit „ausgeblendete Ergebnisse anzeigen“ zeigt: Viele Headlines sind quasi identisch aus demselben Text“Pool“ übernommen. Bei Print steht wenigstens „(dpa)“ o.ä. dran.
Werbung muss mit „Dauer-Werbe-Sendung“ (und keiner anderen Formulierung!) oder „Anzeige“ markiert werden. Leider muss man online nicht „Fremd-Text“ dranschreiben o.ä. Und die paar wenigen Journalismus-Interessierten setzen so eine einfache Forderung nicht durch. Bei Diplomarbeiten und Dr-Arbeiten muss man das. Leider gibts keine Vereinigung „guter Journalisten“ die das „[Fremd-Text]“-Label ratz-fatz etabliert. Digiges ist leider wohl nicht interessiert daran. Der Bayer dessen Adels-Anführer wegen unmarkierter Fremd-Texte abserviert wurde, wäre hingegen sehr dafür. Eine „schnelle“ konzertierte Aktion und [Fremd-Text] wird das normale Label für Online. Das erleichtert auch die geplante Abrechnung. Und schon sind noch mehr dafür… .

Technisch problemfrei wären einfache News-Leecher schon. Man müsste strukturierte Bewertungssysteme für im Browser und in der App schaffen. Dann würden die Artikel im Client (und nicht bei nachrichten.de bzw. google.news) runtergescored, die zu wenig Eigenanteil haben. Wenn die Leute bei twitter oder sonstwo die Artikel nach gut-heit sortieren und alle Clients dem folgen, kann kaum wer was dagegen machen so lange keine (bezahlpflichtigen) Links vorkommen. Was man nicht selber machen kann, sollte man outsourcen.

Man müsste den Eigenanteil der News gegenüber der ursprünglichen Agenturmeldung messen. Das ist schwer weil nur Google das korrekt könnte um z.b. Textaufblasung zu unterbinden. Bei Print ist Aufblasung etwas weniger, bei online hingegen kein Problem.
Wenn ich nachrichten.de wäre, würde ich versuchen, den Eigenanteil zu messen und anzuzeigen. Dummerweise quengeln die Leistungs-schützer dann herum und fühlen sich unrecht sortiert.

Wie man an der Plagiatoren-Diskussion gesehen hat, und schon 2001 bekannt war (Weber-Wulff bei iirc FAZ auch online kostenfrei verfügbar und davor in der ct leider wohl nicht öffentlich), ist der Plagiatoren-Anteil bei Seminaren 30%. 30% sind Ehebrecher bzw. betrügen ihre Partner. 3% sind „Verbrecher“. Wenn also Harz4ler mit Auto oder Leute doppeltem Wohnsitz o.ä. gemessen werden, kommt man in der Regel auf 3%. Das sind „klassische Verhaltenszahlen“ wie Pareto (90:10 80:20) die sich immer wieder finden. 54%: Blutkörperchen, Reis/Weizen… in Rohr-Leitungen,… . 90%/10%: Gzip-Compression. 3% Verbrecher… . 2.5% verfassungswidrige Gesetze . Toller Bundestag…
Ob die 30% genetisch bedingt oder falsch erzogen wurden, wird wohl geheim gehalten. Aber 30% müssen unbedingt behaupten, es wäre von ihnen und haben ein psychosoziales Problem zuzugeben, das sie Content anderer übernommen haben und ihm die Props (Proper Credits) in Form von Anführungszeichen und Verlinkung bzw. Quellen-Angabe zu nennen. Das sind übliche völlig falsche Verhaltensmuster.
„In der BWL gibts nichts neues. Das wird nur alle paar Jahre wie Schlaghosen oder Rockabilly wieder rausgeholt.“. So gesehen dürften Dr-Arbeiten in den Geisteswissenschaften nur noch auf Messungen und Bestätigungen welcher schon vorhandener Ideen basieren. Denn was geht, wurde ziemlich wahrscheinlich schon beschrieben. Doof nur das Bibliotheken nicht elektronifiziert sind… .

Rivva wurde doch „verboten“.
Ausland ist auch nicht besser. Gestern war diese Schüler-Web-Diffamierungs-Plattform im TV. Die haben ihn in Deutschland aufgetrieben. Wenn man sowas hingegen mit Links machen würde, die ja bald bezahlpflichtig werden sollen, dann würde man schneller und wirklich hoppsgenommen. Daran erkennt man die Prioritäten und Möglichkeiten lupenreiner Genossen-Bosse u.ä. Heißluftballons… .

Wer dem Volk schadet, kann mit Auslands-Servern ewig lange davonkommen. Wer Politiker oder deren Vertriebs-Freunde kritisiert oder Konkurrenz macht, wird schnell abgeholt. Technologisch gibts keinen Unterschied für die unterschiedliche Behandlung… .
Diese Woche: 400 fake-Shops die bis heute nicht abgeschaltet wurden. Wenn man DeNics Whois automatisiert, wird die Site sofort hoppsgenommen. 3 Banken (oder 3 Länder) machen den Hauptteil der Viagra-Überweisungen. Über Swift könnte man das schnell regeln und es gäbe diese Sorte Spam nicht mehr. Und halt die Diffamierungs-Sites. Tolle Politik… .

Graswurzelmäßig wird den Zeitungen natürlich z.b. per Lokal/Nischen-Themen-Kuratoren und per Budget-Abwanderung zur Online-Werbung die Leser bzw. das Werbewasser abgegraben und bald gibts kaum noch welche oder nur Satelliten-Krams und mehr Zentral-Redaktionen. Hunderte Brauereien wurden auch aufgekauft und haben jetzt nur wenige Groß-Eigentümer oder sind vielleicht auch eingestellt worden wenn die Käufer von Köln-Porzer-Bier oder Deuzer-Kölsch o.ä. wegsterben. Es gibt nur noch 2 Speiseeis-Produzenten in Deutschland… . Alles öffentliches Wissen wenn man mal News lesen würde.

Da bald aber Links und Zitate kostenpflichtig sind, werden alle freien Sites schnell geschlossen. Archive.org ist schon eine Weile recht disfunktional. D.h. archivieren vor der Verbietung geht auch nicht mehr.
Der Jugend-Medien-Vertrag hätte das ja indirekt dieses Jahr schon erbringen sollen.
Und das Ausland ist leider keine Alternative… Ein deutsches Huffpo kann man nicht mehr aufbauen weil Huffpo jetzt zum Establishment gehört. Kuba, Indien usw. sind nicht relevant genug angebunden und verraten einen auch.
Also bald wieder Zentralfunk…
Und wer aufmuckt, dessen Vertrag wird vom Zentralrat nicht verlängert… .

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Markus Breuer 26. Mai 2011 um 6:07

Schöner Post, Herr Knüwer 🙂 Insbesondere, da mich, wie viele andere, das Thema ‚Kuration‘ in letzter Zeit stark umgetrieben hat. Siehe, sorry dafür
http://notizen.steingrau.de/2011/05/17/die-personliche-zeitung-die-zeit-ist-reif/

Kuration hat m.E. Aber viele Aspekte und kein Modell, dass sich auf einen einzigen kapriziert, wird dauerhaft funktionieren. Manuelle Kuration durch engagierte Personen, ob sie sich Journalisten nennen oder nicht, war immer wichtig und wird es bleiben. Die Verleger haben damit nicht unrecht. Nur missverstehen sie (gezwungenermassen), den Fokus dieser Bemühungen: EINe Selektion für alle Leser – oder auch alle Leser einer Stadt – ist nicht mehr passend. Das war nie „passend“, aber es ging im Zeitalter der Totebäumezeitung eben nicht anders. Dieses Modell in die digitale Welt zu übertragen ist nachgerade absurd.

Meine Kontakte in sozialen Netzen können sicherlich manchmal auch gute Kuratoren sein. Die bisherigen Ansätze dazu überzeugen mich im Ergebnis aber wenig. Ich folge/be-„freunde“ Menschen aus ganz unterschiedlichen Gründen. Nicht unbedingt, weil mir ihre Online-Lesegewohnheiten gefallen 🙂

Und bei den tatsachlich schon existierenden Kuratoren in der Netzwelt interessieren mich (bestenfalls) 30% des Outputs.

Deshalb denke ich, dass vor/hinter all die menschliche Kuration noch ein algorithmischer Filter gehört, der das Endergebnis nach meinen Präferenzen periodisiert. Dass das zu einer „Echo-Kammer“, Scheuklappen, oder der „Filter-Bubble“ führen muss, wovor gerade momentan Herr Eli Pariser nicht müde wird, zu warnen, bezweifle ich sehr. Ein solcher Algorithmus kann meinen Informationsstrom mühelos mit Informationen „würzen“, die nicht zu meinen Lesegewohnheiten passen bzw. ihnen diametral gegenüberstehen. Das konnten u.U. Auch menschliche Kuratoren machen, die sich vielleicht sogar auf diese Rolle spezialisieren. Siehe dazu auch noch mal den eingangs erwähnten Post.

In einem solchen Modell könnten (!) sogar die alten Brands der Verlagsbranche wieder eine große Rolle spielen. Könnten … wenn sie die Möglichkeiten des Webs zur individualisierten Distribution umarmen und sich von dem „Eine Ausgabe für Alle“ lösen. Schrecklich schwierig wäre das technisch nicht. Es ist mehr eine Frage des Loslassens. Loslassen von liebgewordenen Gewohnheiten, alten Strukturen und Gewohnheiten und vor allem: loslassen von Ängsten.

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Rivva ist zurück 7. Juni 2011 um 10:35

[…] schaltet sich der Autokonzern in den Trend der Kuratierung und des Corporate Journalism ein. Es wird nicht das letzte Unternehmen bleiben, das eine […]

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Brauchen Unternehmen Google+-Pages? 8. November 2011 um 17:26

[…] Firmen, Dienstleister werden immer mehr zu Informationskuratoren, zu Filtern, zu Medien (mehr zum Zeitalter der Kuratorn im Artikel vom Mai). Und Kuratoren sind in einer Zeit mit immer mehr Inhalten und immer mehr […]

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