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Eigentlich müsste man viel mehr Corporate-Publishing-Magazine lesen. Nicht alle sind gut gemacht und lesenswert – aber eine steigende Zahl. Oft finde ich dort tatsächlich Themen, von denen ich nirgends sonst gelesen habe oder Herangehensweisen, die abseits des Medien-Mainstream liegen.

Kürzlich gab ich dem Magazin der deutsch-niederländischen Handelskammer „DNHK markt“ ein Interview zum Thema „Zukunft der Printmedien“. Gestern traf die gedruckte Ausgabe ein und sie enthält ein höchst lesenswertes Gespräch mit Wouter Meijer, dem Korrespondenten des niederländischen Senders NOS in Berlin. Seine Aussagen zum deutschen Journalismus finde ich so interessant, dass ich einige Auszüge einfach mal so hier stehen lassen möchte:

Herr Meijer, schaut ein TV-Korrespondent eigentlich selbst viel Fernsehen?

Um ehrlich zu sein, sehe ich immer weniger fern, seit ich in Deutschland lebe. Die Programme der deutschen öffentlichen Sender finde ich häufig langweilig und nicht besonders frisch. Und das trotz der für Niederländer fantastischen Budgets und Möglichkeiten, über die sie dank der Fernsehgebühren verfügen. Die Organisation der Öffentlich-Rechtlichen ist ungemein kompliziert, sie erinnern mich beinahe an Ministerien. Umgekehrt sind die Privaten in Deutschland platter und sensationslüsterner als in den Niederlanden. In den Niederlanden sind das NOS Journaal und RTL Nieuws qualitativ durchaus gleichwertig. Die deutsche Tagesschau oder das Heute Journal kann man dagegen absolut nicht mit den Nachrichtensendungen der kommerziellen Sender vergleichen.

Wie macht sich der andere Ansatz in Ihrer täglichen Arbeit bemerkbar?

Ein schönes Beispiel ist eine Sommerkolumne, die ich vor kurzem über Wurstverkäufer auf dem Alexanderplatz gemacht habe. Ich bin mit einem Bauch laden zwischen den Touristen umher gelaufen, um mich in die Rolle eines solchen Verläufers zu versetzen. Die Überraschung war groß, dass ein Journalist ernsthaft an dieser Arbeit interessiert war und nicht einfach vorbeikam, um eine vermeintliche Fede zwischen mehreren Verkäufern zu filmen oder zu zeigen, was für ein mieser Job dies ist.

Also unterscheidet sich die Rolle deutscher Journalisten grundlegend von der in den Niederlanden?
Einen deutlichen Unterschied sehe ich darin, dass die deutsche Presse ständig nach Skandalen sucht. Ist keiner da, wird so lange gesucht, bis es doch da ist. Dadurch genießt der Journalismus in Deutschland nicht immer ein hohes Ansehen. Gleichzeitig ist die Rolle des Journalisten als Person viel einge schränkter. Ein deutscher Journalist wächst selten über die Rolle eines reinen Berichterstatters hinaus und hat viel weniger Möglichkeiten, einer Geschichte einen eigenen Dreh zu geben als in den Niederlanden. Was mir allerdings gut gefällt: In Deutschland wird
noch wirklich diskutiert und können die Leute noch aus Herzenslust miteinander uneins sein. In den Niederlanden sucht man schnell nach einem Konsens. Es muss halt immer gemütlich bleiben.

Deutsche sind noch immer weniger als Niederlander daran gewöhnt, einmal zu improvisieren. Hierarchien spielen eine wichtigere Rolle, auch in den Medien. Deutsche Austauschjournalisten verstehen nach einer Redaktionskonferenz bei NOS nicht, dass jeder so zielgerichtet an die Arbeit geht. Nach ihrer Wahrnehmung hat nämlich niemand einen konkreten Auftrag bekommen. Außerdem fangen viele Redaktionen jetzt erst an, zu verstehen, dass sie Social Media als Informationsquelle nutzen können. In den Niederlanden ist es schon länger üblich, dass Politiker twittern und ihre Tweets von den Medien zitiert werden. In Deutschland verändert sich das langsam ebenfalls, und was die Deutschen auf dem Gebiet der neuen Medien an packen, machen sie direkt sehr gründlich. Die Websites deutscher Zeitungen sind zum Beispiel sehr ausführlich und enthalten viele Links zu Hintergrundberichten und umfangreichen Fotoreportagen – eine großartige Quelle für mich.

Die vollständige Ausgabe von „DNHK markt“ mit dem kompletten Interview finden Sie unter diesem Link.


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