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Ein automatisierter Dienst hat mir in dieser Woche mitgeteilt, ich sei 4 Jahre Twitter-Nutzer. Stimmt. Und dass die Nachricht ausgerechnet jetzt kommt, da ich in Austin auf der SXSW bin, hat seinen Grund.

Vor vier Jahren erlebte die Konferenz ihre Neugeburt als Woodstock der Geeks. Als Ort, wo der neueste heiße Scheiß zu sehen ist. Die Veranstaltung, bei der man sein muss. Mit einem Mal nutzte es jeder, die Zahl der Nachrichten verdreifachte sich während der SXSW 2007. Heute fragt hier niemand mehr, ob man auf Twitter sei, sondern welchen Usernamen man habe. Eine übliche Begrüßung ist: „I follow you on Twitter.“

Print lebt – als Ankündigungsmittel für SXSW-Veranstaltungen.

Zwei Jahre später Foursquare und Gowalla. Das Wachstum ist noch nicht ganz so dynamisch wie bei Twitter, aber auch hier gilt: Foursquare nutzen in Austin verdammt viele Menschen – weshalb es ein sehr nützlicher Dienst ist. Beim Konzert von Pepsi und Foursquare wurden Teilnehmer dann auch mit dem Super-Duper-Swarm-Badge belohnt: Den gibt es, wenn über 1000 Menschen sich gleichzeitig an einem Ort einloggen.

Kein Wunder, dass hier alle auf der Jagd sind: Was ist der nächste heiße Scheiß?

Kandidaten gibt es eine Reihe – einen klaren Sieger aber nicht.

Ein unerwarteter Gewinner ist sicherlich AirBnB. Fred Wilson, einer der angesehensten Investoren im Silicon Valley, ärgert sich heute in einem Blog-Artikel darüber, nicht in den Vermittlungsdienst für Privatzimmer investiert zu haben. Die Gründer kamen einst zu ihm und wollten einfach Luftmatratzenplätze vermieten. Wilson: „We made the classic mistake that all investors make. We focused too much on what they were doing at the time and not enough on what they could do, would do, and did do.“ AirBnB habe das Zeug zum Milliardengeschäft.

Und nun die Zahl, die das Startup aus Kalifornien so spannend macht: 1500 Teilnehmer der SXSW fanden ihre Unterkunft über AirBnB. Liebe Hotelbranche, da rollt ein richtiges Problem auf Euch zu.

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Die pure Awesomeness (meistgebrauchtes Wort der SXSW 2011) ist, wie schon geschrieben, der Newtek Trikaster: ein transportables, virtuelles, atemberaubend schnell anzupassendes Studio. Kosten in den USA übrigens 31.000 Dollar.

Die meisten Neustarts aber drehen sich um die Themen Mobile und Location. Die Ideen, immer neue, meist schon vorhandene Ideen und Details neu zu kombinieren scheinen infinit.

Da gibt es zum Beispiel View.io. Idee: Ich lade ein Foto und eine kurze Nachricht hoch. Das kann etwas spannendes sein, was gerade an einem Ort passiert. Oder ein dauerhaft gültiger Tipp. Oder einfach eine selbstbezogene Kleinigkeit. Die anderen Nutzer können sich dann alle Foto-Nachrichten anzeigen lasse, die in ihrem Umfeld erstellt wurden. Und sie können diese hoch- oder runterwerten. Das klingt komplizierter, als es ist und weniger nützlich als es ist. Auf solch einer Massenveranstaltung, bei der es um die Ecke einen Überraschungsauftritt, eine T-Shirt-Verteilung oder ein volles Restaurant gibt, hat View.io durchaus eine gehobene Nützlichkeit – außerdem ist die Optik angenehm schlicht gehalten. Außerdem funktioniert der Dienst derzeit nur in New York, San Franciscou und – natürlich – Austin. Ob das reicht, um auf Dauer zu funktionieren? Ich fürchte: nein.

Parkuhr mit Kreditkarten-Funktion: Könnten wir das bitte auch bekommen?

Optimistischer bin ich bei Ditto, dem neuen Baby von Jyri Engeström. Engström gründete einst das Twitter-Gegenstück Jaiku, verkaufte an Google und arbeitet für den Suchkonzern. Ditto ist nun seine Version von Foursquare. Während der Marktführer aber um die Frage dreht, wo man gerade ist, geht es bei Ditto um die Frage, was man als nächstes tun möchte. Ein Nutzer checkt sich ein und fragt seinen Kontaktkreis zum Bespiel, ob jemand im italienischen Restaurant um die Ecke etwas essen gehen möchte. Außerdem sieht er, welche Nutzer ebenfalls an diesem Ort sind – und kann sie ansprechen. Im Prinzip also Foursquare ohne spielerische Elemente aber mit mehr Kommunikation. Das könnte spannend werden.

Das trifft auch auf die Mischung aus Ortsbasierung und Spiel zu. In den USA gibt es bereits länger Mytown, eine Art Monopoli in der realen Welt. Wer als erster an einem Ort eincheckt, kann ihn kaufen. Jeder, der danach kommt, zahlt Miete. Tap City hat ein ähnliches Konzept, kommt aber noch einen Tacken verspielter daher: Comic-Optik, Pinguin als Wappentier – und die Möglichkeit, die Immobilien anderer Nutzer zu attackieren und die eigenen zu verteidigen. Dafür können auch Freunde herbeigerufen werden.

Weniger süß und noch nicht online ist TAG – the mobile assassination game. Dafür könnte es auch ein echter Knaller werden.

US-Studenten liefern sich anscheinend gerne ein Kopfjäger-Spiel, bei dem jeder Spieler einen Umschlag mit dem Zielobjekt bekommt. Dann sucht man das Opfer und schießt ihn mit einer Wasserpistole ab. Anschließend händigt der Erschossene seinen Umschlag an den Killer ab – bis der letzt übrig ist.

Tag funktioniert ähnlich. Spieler müssen sich regelmäßig bei Foursquare einchecken, sonst werden sie ausgeschlossen. Und dann geht es darum, das Ziel zu finden. Sieht man es, drückt man den Shoot-Button. Per Augmented Reality wird das Ziel angezeigt und abgeklickt. Das dabei entstandene Foto erhalten die Freunde der Zielperson um zu bestätigen, dass es sich um den Richtigen handelt. Noch ist Tag nicht erhältlich. Ich halte es aber für sehr spannend.

Austin wandelt sich langsam: Die Teilnehmer des Musikparts von SXSW treffen ein.

Was ich nicht richtig testen konnte waren die hier stark beworbenen Gruppen-Kommunikations-Instrumente. Groupin hat hier das meiste Geld von ihnen ausgegeben. Die Idee: Durch die steigende Zahl von Kontakten sind Menschen wieder auf der Suche nach Filtern um nur mit einem kleinen Teil des Freundeskreises kommunizieren zu können – und das über Mail, Social Networks und SMS. Das klingt interessant, ich bin mir aber nicht sicher, ob diese Teil-Abschottung tatsächlich auf Dauer gewünscht ist.

Ähnliche Funktionen, aber bezogen auf Bilder, hat Live Share. Die App gruppiert die Fotos, die Nutzer an einem Ort zusammen. Außerdem gibt es Event-Ströme. Das ist entweder etwas, was Menschen lieben werden – oder sie verstehen es gar nicht erst. Eine Prognose wage ich da noch nicht.

DIE SXSW-Entdeckung gibt es also nicht – aber eine Menge spannender Neuerungen. Wahrscheinlich werde ich in all den Visitenkarten und Prospekten noch einige entdecken.

Nach vier Tagen beginnt man aber definitiv ein wenig den Überblick zu verlieren. Und die schmerzenden Füße zu spüren. Und sich nach einer fleischlosen Mahlzeit zu sehnen.

Nachtrag: Techcrunch erklärt Groupme zum Sieger in der Sparte Gruppenkommunikation, gesteht aber: SMS waren für das eigene Team wichtiger.


Kommentare


Facebookbiz Abendschau: Atomkraft, Guiness, Silly Facebook Facts, SXSW & Yuri Milner 17. März 2011 um 17:37

[…] Indiskretion Ehrensache: SXSW Day IV – Heißer Scheiß […]

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Anonymous 18. März 2011 um 5:11

[…] […]

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Links anne Ruhr (18.03.2011) » Pottblog 18. März 2011 um 6:09

[…] SXSW Day IV: Heißer Scheiß (Indiskretion Ehrensache) – Was ist der nächste heiße Scheiß in Sachen Internet? […]

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Airbnb 18. März 2011 um 17:57

[…] sind so einfach und genial, dass man sich fragt, warum es so etwas nicht schon immer gegeben hat. Airbnb ist so ein Fall. Es handelt sich dabei kurz gesagt um einen Dienst, der private Unterkünfte […]

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Die Reise ins Web 2.0: Tourismusbranche noch nicht am Ziel angekommen | myON-ID Blog 21. März 2011 um 11:29

[…] vermarkten, sollten von der Hotelbranche nicht ignoriert bleiben, wie auch von Thomas Knüwer in seinem Blog „Indiskretion Ehrensache“ erwähnt. All diese Websites bieten genau das, was für Internetnutzer, die sich über Reisen und […]

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SXSW – die Cebit des 21. Jahrhunderts 21. März 2011 um 13:03

[…] ist eine Startrampe für Innovationen: Einige davon habe ich ja schon beschrieben, aber in meinen Notizen dürften sich noch einige mehr […]

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Mbti 22. März 2011 um 11:57

Schöner Bericht! Besonders AirBnB sieht sehr vielversprechend aus und die tolle Werbung macht Lust auf mehr. Sehr gute Verbindung von Innovation und Mainstream-Interessen, das hat sicher Zukunft und ist verdienter Gewinner.

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Oh, Landlord, can I buy my Google Büro? 11. Oktober 2012 um 17:49

[…] den USA nutzbar. Inzwischen ist es in zum komplizierteren MyTown 2 mutiert. Beim Digital-Festival SXSW präsentierte sich dann TapCity. Doch seit dem Sommer vergangenen Jahres gab es dafür kein Update mehr, mutmaßlich ist auch dieser […]

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