Viel Neues hat sie nicht gebracht, die zweistündige Gesprächsrunde bei WDR2, gestern Abend zum Googles Streetview. Das, was kam, hat Mario Sixtus kurz vorher sehr, sehr schön in einem Beitrag für das ZDF-Blog Kennzeichen Digital geschrieben: Viele Menschen haben Angst – und mit Menschen, die Angst haben, lässt nicht rational diskutieren.
Diese Angst ist nicht einmal unverständlich. Denn Medien und Politik befeuern diese ja in der Hoffnung auf Zeitungsverkäufe und Wählerstimmen. Beide aber haben eigentlich die gesellschaftliche Verantwortung, den Menschen zu erläutern, was solch eine Innovation bedeutet und wie die rechtliche Lage aussieht. Doch ist es bemerkenswert, wie zum Beispiel jene Einspruchsfrist monstranzartig durch die Schlagzeilen getragen wird – ohne zu erwähnen, dass auch nach Veröffentlichung jederzeit ein Einspruch möglich ist.
Vielleicht aber wissen das viele Entscheider auch gar nicht. Das ist sogar wahrscheinlich. Gestern ernüchterte mich zutiefst der NRW-Datenschutzbeauftragte Ulrich Lepper. Ein netter, graumelierter Herr, der seit etwas mehr als einem halben Jahr im Amt ist. Zuvor soll er sich im NRW-Innenministerium auch schon mit dem Internet befasst haben – wir wollen es mal glauben.
In einer der Musikpausen machte er mich sprachlos:
Ich sprach ihn auf Geomarketing-Dienstleister wie Schober an. Seine Antwort: „Von diesen Diensten habe ich noch nicht gehört.“ Sprich: Er hat trotz der heftigen Debatte in diesen Tagen nicht recherchiert. Und dass es solche Dienste gibt, das ist zumindest im Web ja nun häufig genug erwähnt worden. Auch streute Lepper dann munter ein, Google Streetview begünstige ja Diebesbanden. Nein, das war keine Ironie – er meinte das ernst. Vielleicht kennt sich Lepper hervorragend mit Datenschutzgesetzen aus. Aber in einer Position wie seiner reicht das nicht. Und da genügt mir auch nicht der Hinweis auf seine relativ kurze Dienstzeit. Denn die Probezeit eines normalen Arbeitnehmers liegt hinter ihm – spätestens dann muss jemand Leistung bringen.
Trotzdem gab es auch Momente, die ich spannend fand. Zum Beispiel die Frage, was passiert, wenn Google seine Streetview wagen nicht alle paar Jahre durch die Städte schickt. Dann könnte da ein Haus zu sehen sein, dessen Besitzer renoviert und modernisiert hat, auf dass die Fassade strahle. Nun will er dieses Haus verkaufen – doch im Web ist die abgeschabbelte Version zu sehen. Hat er Recht auf eine Streetview-Kamerawagen-Entsendung? Kann er Google verklagen?
Eine Erfahrung war es definitiv auch, dass der dritte Gesprächspartner, der Münsteraner Rechtswissenschaftler Thomas Hoeren, leider ein wenig unterging – obwohl er wirklich kein schweigsamer Typ ist. Aber wenn jemand nur als Stimme aus dem Mischpult auftaucht, dann reicht das nicht um eine Diskussionsrunde zu lenken. Mein Vorschlag an den WDR war eine Skype-Verbindung zwischen den Studios einzurichten – kein großer Aufwand. Auch Fragen via Twitter in Empfang zu nehmen könnte eine Idee sein: Die Längenbeschränkung auf 140 Zeichen zwingt eben zur Prägnanz.
Und schließlich: Es kann wirklich nicht sein, dass eine solche Sendung nicht per Podcast zu empfangen ist. Ist sie nämlich nicht. Unfassbar im Jahr 2010 bei einem öffentlich-rechtlichen Sender. Nur eine zweiminütige Zusammenfassung ist zu bekommen.
Nein, lieber WDR, das ist nicht zeitgemäß. Gerade eine Sendung mit Hörerbeteiligung muss allen Hörern zur Verfügung stehen. Am besten nicht nur in Podcast-Form, sondern als Audio-Player, der auf anderen Seiten einbindbar ist.
Wenn es jemand gibt, der die Sendung gerne als Podcast hätte, dann bitte ich um Kommentare.
Kommentare
Tim K. 20. August 2010 um 14:26
Ich hätte jetzt fest damit gerechnet, dass die Sendung komplett in der WDR Mediathek zu finden ist. Das ist in der Tat weder zeitgemäß noch Service für die Kunden und Gebührenzahler lieber WDR!
Brice 20. August 2010 um 14:29
Ich mag das als Podcast gerne haben. Gerne auch über Itunes bereitgestellt, damit mein Ipod das auch mag
Arne Vodegel 20. August 2010 um 14:31
kaum zu glauben, dass diese Sendung nicht, wie viele andere auch, als Podcast erhältlich ist … immerhin ging es um DAS Thema schlechthin …
#servicewüstedeutschland #boykottiertgez
nicy 20. August 2010 um 14:33
Das liest sich jetzt nicht so, als ob ich’s mir unbedingt anhören müsste.
Vielleicht steht die Sendung nicht als Podcast zur Verfügung, weil GEMA-pflichtige Musik rausgeschnitten werden müsste? Aber wenn der WDR den Aufwand nicht gescheut hat, einen Zweiminüter draus zu basteln, dann könnte er die Musik auch rausschneiden – das passiert ja auch bei anderen Podcasts. Oder hat einer der Mitdiskutanten Einspruch erhoben?
Marc 20. August 2010 um 14:34
Hier! ich hab die Sendung gestern leider verpasst, und enttäuscht festgestellt das es nur einen so kurzen Anspieler enthielt. War T. Hoeren also gar nicht im gleichen Studio? Oder wurden seine Statements aufgenommen und dann nur eingemischt?
Ute Schmeiser 20. August 2010 um 14:37
Eine so aktuelle Diskussion muss (!) online abrufbar sein! Hatte gestern leider einen Termin und die Sendung nur die erste halbe Stunde mitbekommen.
Georg 20. August 2010 um 14:38
Nur damit ich es richtig verstehe: Statt der vollständigen Sendung gibt es lediglich eine extra zusammengeschnittene Fassung zum Hören? Es wurde also Aufwand hineingesteckt fürs Kürzen statt einfach die gesamte Sendung bereitzustellen. Das muss öffentlich-rechtliche Logik sein.
BTW: Ich finde nur ein 3:39 Min langes Audio. Meinst du dies mit „zweiminütige Zusammenfassung“?
André 20. August 2010 um 14:50
Die Unwissenheit des Herrn Lepper macht mich einfach nur sprachlos. So etwas darf absolut nicht sein, nicht zuletzt weil auf Dienstleister wie Schober zu Genüge durch Leute mit Ahnung von der Materie hingewiesen wurde.
Warum jetzt ausgerechnet diese Sendung bzw. Format nicht in der Mediathek auftaucht ist mir schleierhaft und sollte schnellstmöglich geändert werden!
fk 20. August 2010 um 14:51
Ich, aus Prinzip und Interesse.
Max 20. August 2010 um 14:53
Ich habe auch fest mit dem Podcast gerechnet, weil ich die Sendung gestern nicht live hören konnte. Her damit, WDR2. 🙂
Jan S. 20. August 2010 um 15:07
Hi,
also ich hab ja auch schon per Twitter nachgefragt, ich hätte Interesse an der Aufzeichnung. Sachdienliche Hinweise werden unter der für einen Monat lang gültigen Emailadresse herzlichst entgegen genommen 🙂
Grüße Jan
Patrick 20. August 2010 um 15:39
Auch ich hätte das gerne als Podcast. 🙂
Gonzo 20. August 2010 um 15:51
Da ich den WDR auf einem Ohr bei der Arbeit immer mithöre, muss ich mal lobend erwähnen, dass der WDR einer der wenigen Medien ist, die das Thema unaufgeregt und sachlich behandeln. Der WESTEN ist mir übrigens da auch noch positiv aufgefallen. Das ist natürlich im Moment eine schwierige Aufgabe, wenn man sieht, wie viele Menschen schlecht und sogar falsch von anderen Medien informiert werden und deswegen sehr emotional reagieren.
Chr-R 20. August 2010 um 17:18
Ja, ich finde auch, es sollte ein Podcast davon geben.
Ingo 20. August 2010 um 19:38
@Nicy: Auch beim „MonTalk“ wird der Podcast ohne Musik bereit gestellt. Der WDR könnte also – wenn er denn wollte.
Und ja: Ich hätte auch gerne die Sendung als Podcast / Mitschnitt.
Tobias 20. August 2010 um 20:58
Au ja – ein Podcast zur Sendung wäre schön. Die Kinder, die ich just während der Sendung ins Bett bringen musste, haben mich einfach nicht in Ruhe zuhören lassen.
wolframcgn 20. August 2010 um 22:05
Ich empfimde es als bodenlose Frechheit, dass ich als Gebührenzahler nicht ohnehin (fast) jede Sendung -gerade bei Hörerbeteiligung- als Podcast bereitgetsellt bekomme.
Lieber WDR – Warum?
Jens 20. August 2010 um 23:43
Ich war im Kino (Inception ist gut!) und konnte daher die Sendung nicht verfolgen. Ich ging davon aus, dass ich sie mir dann als Podcast ziehen könne und habe deswegen auch auf die Verwendung des WDR Radio Recorders verzichtet. Insofern bin ich schon etwas verwundert (und enttäuscht!), dass es die Sendung nicht als Podcast gibt.
Hans-Jörg Friedlein 21. August 2010 um 10:29
Wirklich schade, dass die Sendung nicht online ist. Auch Hörer aus Sachsen-Anhalt schätzen den WDR!!!!!!!
@joergfriedlein 21. August 2010 um 19:17
Die Sendung hätte ich schon gern als Podcast!
Sascha Pallenberg 22. August 2010 um 7:41
ich bin so unglaublich streetview-muede und hoffe, der sommer ist bald vorbei. die gesamte diskussion ist unglaublich peinlich fuer deutschland und speziell fuer wirtshausministerinnen wie die aigner. halt, ich bin fest davon ueberzeugt, dass sie sich richtig wohl fuehlt in ihrer rolle…
ich kann nur empfehlen mal 5 minuten aigner interview recherche zu betreiben. moeglichst als video. das maedel geht davon aus, dass sie gerade die welt rettet und laesst keine gelegenheit aus, dass mitzuteilen.
Deutschland im jahre 2010 :/
Marcus Veigel 22. August 2010 um 17:34
Ich hätte die Sendung gerne als Podcast. Damit man sich, aufmerksam gemacht durch Blogbeiträge, ein Bild machen kann von den verschiedenen Positionen. Und in zwei Jahren nochmal nachprüfen kann, was denn passiert ist.
Andreas 23. August 2010 um 7:55
Das wundert mich überhaupt nicht. Der »Datenschutzbeauftragte« der Evangelischen Kirche in Deutschland, Detlef Rückert, hat sich am 11.8.2010 auch zu StreetView geäußert:
»Es sei daher nicht sinnvoll, alle kirchlichen Gebäude auf Google-Bildern löschen zu lassen, sagte Rückert. Auch kirchliche Verwaltungsgebäude sollten zu erkennen sein. Anders liege der Fall möglicherweise bei Pfarrhäusern. Es dürfe keinesfalls zu erkennen sein, wer bei seinem Pastor um Hilfe bitte.«
Andreas 23. August 2010 um 7:56
Pardon. Das Ganze findet sich hier:
http://www.ekd.de/aktuell_presse/news_2010_08_11_google_street_view.html
Andreas Wollin 23. August 2010 um 8:04
Ich war der festen Überzeugung, dass ich mir das dann anhöre, sobald es online ist. Aber nix… Wieder mal super hinbekommen, ö.-r. Sender.
Daniel 23. August 2010 um 15:40
Am Abend der Sendung habe ich etwa um 22 Uhr den Post hier gelesen. Hat mich wirklich interessiert, also zur WDR-Website und anhören. Wird ja nicht so schwer sein eine Aufzeichnung anzuhören, oder ein zeitversetztes Programm (Premiere/Sky kommt da in den Sinn) zu finden, ist ja sogar noch derselbe Tag.
Kein Link auf der Teaser-Seite. Kein Link in der Programmliste. Kein Podcast in iTunes. Kein zeitversetzter Stream. Eine Google-Suche findet keine Torrents oder sonstigen Downloads.
Fühlt sich an wie… Radio. Verdammt.
Prospero 23. August 2010 um 23:02
Enttäuschend, dass es diese Sendung nicht als Podcast gibt. Schade. Hätte ich gerne nachgehört – was beim Montalk geht, müsste doch auch für die Arena gehen…
Ad Astra
Jochen 17. September 2010 um 10:35
Ich wäre an dem Podcast zu dieser Sendung von WDR2 Arena sehr interessiert!