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Gestern Abend war ich auf einer Veranstaltung von Yahoo Deutschland. Wir smalltalkten am Anfang über Twitter und dass der Dienst inzwischen zu einer meiner wichtigsten Nachrichtenquelle geworden ist.

Es war genau der Moment, da der Terror in Bombay begann. Und als ich zwischendurch – unhöflich, ich weiß – mal kurz per Handy auf Twitter schaute, passierte genau das wieder: Während seit rund einer Stunde die ersten Meldungen über mehrere Schießereien und Explosionen gen USA gedrungen waren und dort von einigen Twitteranern diskutiert wurden, war auf deutschen mobilen Web-Seiten allein bei FAZ.net eine Meldung zu finden.

Über Nacht hat sich all dies noch einmal neu geordnet. Und deshalb glaube ich: Der heutige Tat wird ein Durchbruch werden auf dem Weg Twitters zum Massenmedium. Der Twitter-Feed von Vinu sorgte bei mir für eisige Schauer. Dem Bombayer ging es wie so vielen in der Stadt. Erst Schießereien, dann eine Explosion – ein Zwischenfall, mehr nicht. Er ging hinaus, machte Fotos, veröffentlichte sie auf Flickr.

Dann steigert sich mit jedem Tweet sein Schock, seine Fassungslosigkeit über die Anschläge in seiner Stadt. Vinus Twitter-Feed ist authentischer und anrührender als viele Reportagen, die morgen und in den folgenden Tagen zu lesen sein werden.

Dann ist da Dina. Sie ist zur Dreh- und Angelscheibe geworden, ohne dass jemand sie dazu aufgerufen hätte. Sie initiierte ein Blog mit Notfallnummern und Hilfe, twitterte Aufrufe zur Blutspende, und stellte Kontakt zwischen internationalen Medien und Twitterern in der Stadt her.

Oder Mark Bao. 16 Jahre alt, bereits Firmengründer – und aus Boston. Er startete den Twitter-Feed Mumbaiupdates. Und er vermeldete, dass die Behörden bei Twitter ersucht haben, die Suche nach dem Wort Mumbai zu blockieren – die Berichte von den Orten des Geschehens könnten Militäraktionen schaden.

In der vergangenen Nacht wurde aus dem Kopfkonstrukt Bürgerjournalismus schlichte Realität. Das Instrument Twitter wurde zur schnellsten Nachrichtendrehscheibe für Meldungen aus Bombay.

Vorhin telefonierte ich mit Jeff Jarvis, Blogger, Medienberater und Journalismus-Professor aus New York. Für ihn ist das, was in den vergangenen Stunden passierte, eine „epochale Veränderung des Nachrichtenflusses“. Gerade weil Twitter direkt in das Leben der Menschen ziele, sei es eine Quelle von Nachrichten. „Twitter ist so einfach, dass man denkt: Was zum Teufel soll das? Erst wenn man es nutzt, versteht man.“

Zu kontrollieren sei das nicht. „Und auch wenn ich die Behörden in Bombay in dem Fall verstehe: Ich finde das auch gut so.“, sagte Jarvis.

Schon bei der nächsten Katastrophe oder dem nächsten Anschlag aber könnte der nächste Schritt folgen: Video-Live-Übertragungen von Handys über Dienste wie Qik.

Ich würde nicht, wie Techcrunch, sagen: „Vergesst CNN“. Doch würde Twitter in dieser Nacht zu einer wichtigen Nachrichtenquelle neben den klassischen Medien. Und Journalisten müssen lernen, diese Quelle zu nutzen. So wie die BBC, die ohne viel Geschrei Twitter-Nachrichten in ihren Ticker einbaut (danke für den Hinweis an Henning Krieg). Und deshalb stimme ich mit Techcruncher Michael Arrington in einem Punkt überein: „I Can’t Believe Some People Are Still Saying Twitter Isn’t A News Source“


Kommentare


Matthias Daum 27. November 2008 um 17:03

Sie schreiben: «Und Journalisten müssen lernen, diese Quelle zu nutzen.» Hier ist anzumerken, dass gestern Nacht (europäischer Zeit) auf CNN eigens Moderatoren abdelegiert wurden, um Blogs (hier wäre globalvoicesonline.org zu erwähnen) und Twitter-Feeds auf News abzuchecken. In regelmässigen Abständen wurden diese menschlichen News-Crawler in die Berichterstattung eingeschaltet. –

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erik 27. November 2008 um 18:24

Ich hab das schon getwittert: Was wäre das für eine enorme Zeitgleichheit gewesen, wenn das ein paar Stunden früher passiert wäre, als Du mit Deinen Kollegen bei ZEITonline zusammen saßt:

http://www.ringfahndung.de/archives/realtime-from-mumbai-die-twitter-revolution

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Stefan 27. November 2008 um 21:54

Das mit dem Trackbacken scheint nicht so gut zu funktionieren… Ich habe ihren Artikel und sein Paradigma kommentiert: http://sozialtheoristen.de/2008/11/27/weniger-menge-ist-vielleicht-mehr-stabilitat/

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clemens lerche 28. November 2008 um 0:32

meedia hat die analyse eher in richtung \“forget CNN\“ gedreht, was ich weder neu noch richtig finde. den dreh, dass twitter nachrichtenquelle = beachtenswert wird, finde ich besser. Massenmedium: gewagt. haben 2003 warblogs zum massenmedium weblogs geführt?
kurz was dazu geschrieben: http://clemens.blogs.com/clemens/2008/11/mumbai-internet-schneller-als-tv-.html

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Thomas Wanhoff 28. November 2008 um 8:20

Und wieder liegt der Autor falsch: Denn Twitter streute vor allem Gerüchte, weniger Fakten. Nur wenige Twitter-Quellen sind wirklich seriös, und viele twittern nur, was sie im Fernsehen sehen. Das mag für den deutschen Blogger unheimlich authentisch sein, ist aber nur Kopieren von Nachrichten, die im Hauptteil noch immer von TV, Radio und Zeitungen kommen. Und Vinu ist ein schönes Beispiel: Niemand weiss wo die Bilder aufgenommen wurden und was sie zeigen. Er hatte damit seine 15 Minuten Ruhm auf CNN, und ja, es ist persönlich, aber in solchen Situationen wollen wir nicht nur persönliche Erlebnisse, sondern auch Fakten.
Ach, und von wegen Nachrichtenquelle: Twitter liefert äußerst gute subjektive Berichte aus Bangkok. Da wird gerade mal eben der größte Hub in Asien lahmgelegt und den meisten Medienmenschen in Europa geht das am Arsch vorbei. Weil sie vielleicht nicht die richtigen Twitterer kennen, oder?

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Jörg Friedrich 28. November 2008 um 8:50

Ehrlich gesagt, kein Mensch, den ich kenne, hat seine aktuellen Nachrichten über die Ereignisse in Indien von Twitter – weil kaum einer je von Twitter gehört hat (und wer doch, der hat es von mir gehört, ich habe noch niemanden außer Dich, Thomas, im wirklichen Leben getroffen, der Twitter kannte). Auch ich bin nicht auf die Idee gekommen, zu schauen, was die Twitter-Welt über den Terror in Indien schreibt.

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Thomas Knüwer 28. November 2008 um 8:54

@Thomas Wanhoff: Vor allem Gerüchte? Das sehe ich ganz anders. Es gab auch Falschmeldungen – genauso wie es sie in den Medien gab.

Niemand weiß, wo Vinu die Bilder gemacht hat? Bei welchem BOMBENANSCHLAG? Er hat einen Anschlagsort fotografiert, den, so er lügen würde, nur er kennt? Fällt nen büschen unter bizarr, oder?

Was Bankok betrifft, hast Du vollkommen Recht. Warum kommt so wenig von dort? Ich gehe davon aus, dass die Technik-Verbreitung in Thailand (noch) nicht so weit ist wie in Indien – liege ich richtig. Und Twitter ist selbstverständlich immer noch ganz am Anfang.

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Schnutinger 28. November 2008 um 8:55

Thomas, stimme dir vollkommen zu. Twitter ist definitiv das kommende Medium: schnell, medienübergreifend, vollverlinkt, überall abrufbar, überall einpflegbar, super-aktuell. (wer braucht da noch Nachrichtenagenturen *ketz* *ketz*)

Dazu passend: ARD und ZDF verschlafen die Meldungen völlig:

http://www.welt.de/fernsehen/article2791366/ARD-und-ZDF-verschlafen-die-Indien-Krise.html

Am Anfang stand ich Twitter sehr skeptisch gegenüber, mittlerweile finde ich es genial, vielleicht nicht für Jedermann, aber vor allem für Menschen, die im Medienbereich arbeiten, gar nicht wegzudenken.

Die NYT setzt ein ähnliches Tool jetzt auch für die interne Kommunikation ein.

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Thomas Knüwer 28. November 2008 um 8:55

@Matthias Daum: Da haben Sie natürlich Recht. CNN war bereits im Wahlkampf da wesentlich offener als die deutsche Medienlandschaft. Ähnliches gilt für die BBC. Aber erklären Sie das mal den Betonköpfen bei der \“Süddeutschen Zeitung\“ oder Richard Wagner bei der \“FAZ\“.

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dogfood 28. November 2008 um 9:01

@Jörg Friedrich: Dann müssen Sie auch sagen \“kein Mensch, den ich kenne, hat seine aktuellen Nachrichten über die Ereignisse in Indien von CNN\“, \“kein Mensch, den ich kenne, hat seine aktuellen Nachrichten über die Ereignisse in Indien von Sky News\“ oder \“kein Mensch, den ich kenne, hat seine aktuellen Nachrichten über die Ereignisse in Indien von der BBC\“, denn diese Nachrichtensender ergänzen ihre Sendungen mit Blogs/Tweets aus der Region.

@ Thomas Wanhoff: \“Und Vinu ist ein schönes Beispiel: Niemand weiss wo die Bilder aufgenommen wurden und was sie zeigen.\“

Und korrekterweise müsste man dann auch sagen: keiner weiß inwieweit CNN Vinu vielleicht nicht doch überprüft hat.

Während der Unruhen in Burma vor 1-2 Jahren hat die BBC berichtet, dass sie durchaus \“Factchecking\“ und Recherchen vor Ort betreiben, bevor sie Blogeinträge oder eingeschickte Fotos und Augenzeugenberichte ausstrahlen.

Aber das ist wiederum eine generelle Vertrauenssache. Es mag Medien geben denen ich vertraue, aber genauso gut Medien denen ich weniger vertraue. Wenn \“Qualitätsmedien\“ zur Bebilderung der Lage in Indien einfach ein Bild nehmen, welches eine Woche alt ist und in einem völlig anderen Kontext aufgenommen wurde, was soll man davon halten? \“Niemand weiss wo die Bilder aufgenommen wurden und was sie zeigen\“, gell?

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Michael 28. November 2008 um 9:17

Da lässt sich doch die Frage aufwerfen: Muss man denn unbedingt alles 1 Sekunde nach dem es passiert ist wissen? Ich denke in der Masse nein, Newsjunkies ja.

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Thomas Knüwer 28. November 2008 um 9:47

@Michael: Nein, man muss vielleicht nicht. Außer man ist vielleicht Tourist in Bombay in einer (noch) ruhigen Ecke der Stadt. Oder hat Freunde / Verwandte in der Stadt. Oder hat in Indien investiert… Es gibt einen begrenzten Kreis von Menschen, die solche Nachrichten unmittelbar haben möchten.

Sind das alle? Nein. Aber wenn wir nur tun, was alle wollen, tun wir gar nichts 😉

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Hans Kainz 28. November 2008 um 9:53

Hier kannst Du die Story voten: http://niuus.com/Technologie/ein-trauriger-tag-ein-epochaler-tag/

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Jörg Friedrich 28. November 2008 um 9:57

Um eins klar zu sagen: Auch ich kann mir vorstellen und hoffe darauf, dass Methoden wie bloggen und twittern die Nachrichtenwelt verändern werden.Aber \“Durchbruch\“ das ist so ein schreckliches Journalisten- und Politiker-Modewort und es liegt immer, wenn es verwendet wird, so weit weg von der Realität, da reagiere ich allergisch.

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Johannes F. Woll 28. November 2008 um 10:09

Ich verstehe nicht, weshalb die Form der Berichterstattung die eigentliche Nachricht verdrängt? Weshalb das Medium wichtiger sein soll als die Botschaft? Warum die Twitterei das eigentliche Greuel überlagert. Da haben wir Journalisten in unserer Technikverliebtheit und unserer Medienhörigkeit doch schlichtweg versagt. Alle fragen sich, ob Twitter und Blogs die Realität sind oder sie nur abbilden, anstatt zu fragen, in welcher Realität wir den eigentlich leben? Andererseits jammern wir über Low-Commitment-Gesellschaft und Werteverlust, schwindenden Respekt und kanalisieren unser Alter Ego multimedial. Wir haben zu oft – um Jens Corssen zu zitieren – keine Idee, die größer als unser Alter Ego ist. Und ich nehme mich da nicht aus! Vielleicht sollten wir alle – der Empfehlung Dirk Ippens folgend – mehr Demut wagen?

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Schnutinger 28. November 2008 um 10:34

Na ja, Johannes, mit diesem Totschlagargument \“haben wir nicht wichtigere Probleme als…\“ kann man jede Diskussion sofort aushebeln.

Ich finde das Thema und die Frage berechtigt, das heisst ja nicht, dass man die Ereignisse als weniger schlimm empfindet. Aber die mediale Revolution, die sich gerade an solchen Beispielen manifestiert (wie gesagt, Twitter & Co. stehen noch am Anfang) ist so enorm, dass man einfach darauf eingehen muss.

Authentizität der Bilder: Ich habe mir gestern zum ersten Mal einen Newsclip auf SPON angesehen, weil ich keine Lust hatte, auf die Nachrichten zu warten. Ich weiß nicht, wer letztlich der Lieferant der Bilder war (lauter komische Zeichen auf dem Bildschirm etc.), aber es war mir – ehrlich gesagt – in dem Moment auch egal, weil ich mir, nachdem ich den Artikel gelesen hatte, erstmal im wahrsten Sinne des Wortes einen Eindruck über die Lage verschaffen wollte. Und als ich dann das brennende Hotel sah, ist mir ein Schauer über den Rücken gelaufen.

Authentizität ist ja auch immer so ein Thema für sich, vor allem, wenn Medien Mini-Demonstrationen zu Großereignissen aufbauschen … nein, wenn ein Hobbyfilmer erste Bilder von einem Tatort liefert, finde ich das fast schon glaubwürdiger, als bei den etablierten Medien, die unbedingt \“Die Story\“ brauchen für ihre Einschaltquoten.

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Schnutinger 28. November 2008 um 10:36

PS Man erinnere sich nur an die Bilder vom Tsunami. Fast allesamt Hobbyaufnahmen, keiner hätte jemals die Glaubwürdigkeit in Frage gestellt.

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RG 28. November 2008 um 10:37

Die Frage ist doch, was ist Live-Berichterstattung in dieser Form – auch bei CNN, Spiegel und so weiter – püberhaupt wert?

Was habe ich denn verstanden, wenn ich weiß, dass sich bspws. \“noch ein Terrorist im Hotel befindet und die indische Armee alles umzingelt hat.\“

…eine typische Kurzmeldung auf Spiegel, sicher ist sie bei Twitter etwas persönlicher formuliert auch zu finden.

Was hier aber fehlt sind die Hintergründe. Was bringt es, denn Informationshunger und hier an dieser Stelle vor allem den in uns allen existierenden Sensationshunger zu befriedigen und oberflächliche Informationen auf das \“Action-Niveau\“ reduziert, zu reproduzieren?

Was dabei auf der Strecke bleibt, sind die Hintergründe. Und die sind meiner Ansicht nach am Wichtigsten um zu verstehen WARUM und WAS geschieht.

Alles andere führt in die falsche Richtung, führt zu falschen Annahmen.

Das gute an Twitter: die Nachrichten kommen von den Menschen, also von der Basis. Es ist eine demokratische Form der Nachrichtenerstattung. Meiner Meinung nach aber zu oberflächlich um als \“Hauptmedium\“ betrachtet zu werden. (und das sage ich in einem Zuge mit der Berichterstattung im Fernsehen von CNN, diese ist keinen Deut besser)

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Michael S. 28. November 2008 um 10:38

Neues via Twitter-Feeds – und natürlich auch via RSS/Blogs – kommen oftmals viel direkter, schneller und \“unzensierter\“ bei mir an. Allerdings bedeutet \“unzensiert\“ hier auch immer: Nicht wirklich verifizierbar, oft keine Quellenangaben. Interessant und mit entsprechender Vorsicht zu genießen.

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Schnutinger 28. November 2008 um 10:44

Die Frage ist: Können Blogs & Twitter ausgebildete Auslandskorrespondenten ersezten?

Wenn ich mir die dünnen Mitteilungen von denen teilweise ansehe (gestern z.B. in den Tagesthemen, völlig nichtssagend), dann glaube ich schon, dass gut vernetzte Journalisten vor Ort diese Form von Journalismus ersetzen können.

Gut recherchierte Hintergrundberichte, da stimme ich RG zu, werden allerdings immer noch benötigt. Aber auch hier ist Twitter ja das ideale Tool um auf entsprechende Berichte auf den großen Portalen hinzuweisen. Peinlich ist es nur, wenn alle anderen internationalen Zeitungen, denen man via Twitter folgt (z.B. NYT & Co.), immer eher sind, als die deutschen Angebote.

Ich denke, es wird im Internet zu interessanten Mischformen kommen. Aber das Fernsehen wird da keine allzugroße Rolle mehr spielen – viel zu langsam, viel zu aufwändig, viel zu wenig Informationen.

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dogfood 28. November 2008 um 11:01

Das Fernsehen würde ich nicht von vornherein abschreiben. Die Qualitätsunterschiede sind groß (hört … hört …)

Natürlich waren ARD & ZDF spät dran (\“Breaking news\“-EMail der Tagesschau gegen 21h15, während die angelsächsischen Sender seit 19h30 mit Bildern auf Sendung waren), aber bei N24 und N-TV habe ich bei jedem Zappen nur Dokumentationen über belgische Pommes Frites u.ä. mitbekommen.

SKY News und CNN musste sich anfangs vorallem mit Übernahmen von dortigen Sendern zufrieden geben. Die BBC hatte hingegen eine Korrespondentin permanent in Bombay. Von daher gilt der Spruch \“viel zu langsam, viel zu aufwändig\“ nicht pauschal. Es gilt das Medienangebot zu nutzen und zu selektieren. Das ist beim Fernsehen nicht anders als bei Blogs oder Twitter. Und jedes Ding hat seine Funktion und sein Nutzen. Sogar so passive Medien wie das Fernsehen.

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Armin 28. November 2008 um 11:29

Die BBC hat allerdings traditionell ziemlich viele Auslandskorrespondenten, unter anderem in ehemaligen Kolonien.

Die haben auch wenig Probleme die gleichen Korrespondenten fuer Radio, Web und Fernsehen zu verwenden. Wenn man da mal ein bisschen aufmerksam mithoert merkt man dass das oft exact die gleichen Texte sind.

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Johannes F. Woll 28. November 2008 um 11:51

@schnutinger, der die Frage stellt, ob Blogs & Twitter ausgebildete Auslandskorrespondenten ersezten? Klares Jein! Eine liebe Freundin von mir war während der Olympiade in Tibet eingeschlossen und berichtete über das, was Sie dort sah und erlebte. Da war einfach kein Auslandskorrespondent drin. Das kanalisierten Journalisten, die die Informationen filterten, qualifizierten, mit anderen Quellen abglichen. Ordentliche redaktionelle Recherche und Schreibarbeit eben. Und dann ist es egal, ob die Infos reingetwittert, ge-sms-t oder sonstwie kommen. Das muss man nicht überhöhen. Twitter ist auch nur ein Feed. Das ist doch kein Totschlagargument, es geht um Fokussierung. Und da hat RG natürlich recht, wenn er fragt, was diese Form der Liveberichterstattung überhaupt wert sei. Wenn jemand meldet, es fielen Bomben, mag für den Betroffenen unerheblich sein, wer die wirft. Auch wenn das (in der Berichterstattung) den entscheidenden Unterschied ausmacht.

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Schnutinger 28. November 2008 um 11:52

Dogfood – okay, überzeugt (zumindest im Hinblick auf CNN und BBC, nicht aber auf ARD und ZDF)- bin trotzdem gespannt, was passieren wird. Wir haben ja die Komponente Live-Übertragung über Handy (via Mogulus ec.) noch nicht miteinbezogen. 😉

SPON berichtet auch darüber:
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,593173,00.html

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Schnutinger 28. November 2008 um 11:56

Johannes, es wird wohl zu einer Vermischung der unterschiedlichen Medien (und Anwendungen) kommen, die ich persönlich sehr begrüße – ich habe ja gar nichts gegen die traditionelle Berichterstattung und emfpinde die neuen Formen als große Bereicherung, wie auch immer man sie letztlich nutzen mag, ich bin eben tendenziell eher \“Onliner\“ und schalte das TV nur gelegentlich ein.

Schönes WE allerseits!

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Jochen 28. November 2008 um 13:03

Twitter ist lustig, wird aber maßlos überschätzt. Knüwer auch. # Bittere Wahrheiten

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Patrick 28. November 2008 um 13:09

Nein, die Zukunft des Journalismus liegt nicht in hektischer, vor-Ort-live-in-Farbe-und-mit-viel-Action-Berichterstattung.
Deshalb sind die ewigen Schalten zu ratlosen Korrespondenten, die genau so viel wissen wie der Zuschauer, unterbrochen von Studiomoderationen (man ahnt es: eben so ratlos)… für den Zuschauer eine Qual und kein schneller, authentischer Journalismus. Kurze, gehaltlose Online-Meldungen ebenso. Nur Journalisten interessieren sich für Info-Häppchen, Nutzer wollen Zusammenhänge.

Man sollte die Technikverliebtheit der Journalisten nicht mit journalistischer Relevanz verwechseln.
Journalisten finden es geil, ganz nah dabei zu sein, Menschen wollen aber Informationen und kein \“wie Sie sehen: es brennt immer noch\“.

Ob Twitter, SMS oder Rauchzeichen: das Medium spielt keine Rolle, Informationen müssen reziepientengerecht aufbereitet werden. Spannend ist das in diesem Fall definitiv. Mehrwertig ist es aber nicht, wenn mir ein Korrespondent oder Blogger (nach-)erzählt was ich gerade live auf Twitter lesen könnte oder hätte lesen können.

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Germanist 28. November 2008 um 14:03

Ein trauriger Tag…… für die deutsche Sprache! \“Smalltalkten\“??? Da frage ich mich, was kommt als nächstes?

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Theobald Tiger 28. November 2008 um 16:26

@Patrick: Journalisten sind leider nicht technikverliebt genug. sonst würden sie die Möglichkeiten, die ihnen Internet und Mobilfunk und die Kombination aus beidem bietet, viel besser nutzen (siehe Einlassungen von Herrn Knüwer).

und die authentischen, rohen, notfalls auch ungeprüften Eindrücke von betroffenen Leuten wie Vinu sind mir allemal lieber als die achselzuckenden Korrespondenten vor Mumbai-Bombays-Skyline (nicht mal die Hemden sind durchgeschwitzt, wie dereinst bei Peter Scholl-Latour, alles Klimaanlagengewöhnte Bürohengste), die genauso von der Lage überrascht sind, wir wir vor den Empfangsgeräten und die die Situation auf die Schnelle auch nicht einordnen können.

gegen die Kurzatmigkeit des Nachrichtengeschäftes werden Sie und ich nichts ausrichten. Das wird so bleiben, solange der Konkurrenzdruck so groß ist.

Und seien wir ehrlich: warum wollen wir tagelang auf die große Einordnungs-Geschichte warten?
wieviele Journalisten gibt es, die wirklich dazu in der Lage sind, den großen Bogen zu spannen und eine intelligente Bewertung von Ereignissen zu liefern.

Noch dazu ein, die sich dadurch auszeichnet, dass sie echten Mehrwert bietet und nichts widerkäut, kein Schnellschuss ist, der übermorgen aufgrund neuer Ereignisse schon wieder der Korrektur bedarf?!
Es sind einige wenige Personen. In Deutschland kann man sie an maximal zwei Händen abzählen. und sie werden bleiben, als Königstiger ihrer Disziplin.

Der Rest wird sich verabschieden müssen, vom Dünnbrettbohrer-Journalistentraum und abgelöst werden von engagierten \“Bürgerjournalisten\“, die einfach schneller sind und besser im Thema. weil persönliche Betroffenheit einfach unübertroffen ist. und da macht es dann auch nichts aus, dass die Bürger-Journis – wie z.B. Vinu in seinem blog schreibt, gelegentlich auch mal manisch und oder bipolar sind – diese Krankheit haben die meisten Schreiber-Egos auch. da befindet er sich in bester Gesellschaft und ist auf einem guten Weg, eine große Karriere zu machen.

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RG 28. November 2008 um 16:49

ich glaube manche leute verwechseln die attribute \“schnelligkeit\“ sowie \“aktualität\“ mit Qualität. was nützt es eine oberflächliche meldung über etwas wie einen \“terroranschlag\“ ein paar stunden eher zu wissen. vielleicht sind sogar ganze tage irrelevant.

ich bleibe dabei: lieber 5 tage nach einer aktion und mit genügend überblick und umfassender faktenlage berichten.

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Thomas Knüwer 28. November 2008 um 17:03

@Germanist: Ob die Amerikaner und Engländer das auch sagen, wenn jemand \“Kindergarten\“, \“Vorsprung durch Technik\“ oder \“Schadenfreude\“ schreibt?

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Maex 29. November 2008 um 4:35

BOAH – wie INNOVATIV!

Ich darf mal auf das IRC und das Jahr 1991 verweisen:
IRC gained international fame during the 1991 Persian Gulf War, where updates from around the world came accross the wire, and most irc users who were online at the time gathered on a single channel to hear these reports. IRC had similar uses during the coup against Boris Yeltsin in September 1993, where IRC users from Moscow were giving live reports about the unstable situation there.

Auch hier haben Menschen aus Israel und anderen Laendern live berichtet, aus ihren Wohnungen oder aus der Uni und andere haben aktuell Meldungen von verschiedenen Nachrichtensendern aus der ganzen Welt eingestellt.

Das ganze ist dann mehrmals spaeter wieder passiert und binnen Minuten waren mehrere 1000 User in den channels. Aufgrund der intelligenten und dezentralen Struktur des IRC Netzes kam es auch zu keinerlei Engpaessen dadurch.

Siehe dazu z.B. http://www.skypoint.com/members/gimonca/irc2.html und sogar Howard Rheingold hat es in seinem Buch erwaehnt.
Die Logs dazu sind noch online unter http://www.ibiblio.org/pub/academic/communications/logs/Gulf-War/
und die Software, die das alles mitgelogged und archiviert hat kam aus Deutschland. Damals wurden halt fuer Innovationen noch unproblematisch Ressourcen zur Verfuegung gestellt und man hat nicht auf Grosskopferten-Konferenzen sinnloses Bullshit-Bingo gespielt.

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Claus the mouse 29. November 2008 um 22:51

Schön. Der oder die oder das epochale TwitterFlickr zeigt Porträtaufnahmen von NSG Leuten zum Herunterladen für die most wanted Listen der Terroristen.
Es war in Bombay so, dass die Terroristen durch Satellitentelefontechnik mit Informanten draussen um die Brennpunkte und dem Hotel-TV des Taj und wahrscheinlich auch im Trident immer bestens über die nächsten Aktionen der Sicherheitskräfte informiert waren, so sehr, dass die NSG-Kräfte erst nach dem im Taj dem Hotelfernsehen der Stecker gezogen worden war endlich taktisch gleichziehen konnten. Ob die muslimischen Menschenschlächter auch von Tritter und Flickr oder Qik oder sonstigen Diensten über ihre Satellitentelefone profitiert haben werden die Untersuchungen zeigen. Und die wird es geben. Mir ist eine epochale Technik bekannt, mit der sich lokal ausgeflickrt, -getwittert oder was auch immer hätte in solchen Situationen. Die Israelis haben sie bisher nur ein einziges mal eingesetzt. Wer die letzten 2 Jahre aufmerksam die arabische und israelische Presse durchforstet muss darauf stossen. Da sie der Westen nicht hat bleibt für den deutschen Gesetzgeber nur aus dieser Situation ganz ganz schnell zu lernen und sofort die entsprechenden Gesetze für diesen \“neuartigen epochalen Journalismus\“ zu machen, die auch den entsprechenden technischen Zugriff erlauben. Statt zeitgleicher Information dann eben ein paar Menschen mehr gerettet. Von unseren Gesetzen her ergibt sich da eine klare Rechtslage. Und medizinische Hilfe ist wohl besser über die Einsatzkräfte mobilisert. Zu Blutspenden kann gezielt über das Radio und Fernsehen aufgerufen werden, das in Indien in jeder Hütte den ganze Tag läuft. Keiner will, wenn irgend möglich, schliesslich auch nur einen der Bollywood Schmachtfetzen verpassen, weil man in der Armut ausser der Illusion eben nichts hat. Bei den Massen, auf die es dann ankäme, um neinetwegen möglichst viele mit der Blutgruppe 0 zu bekommen, twittert, qikt und flikrt nämlich nix. Und auch bei uns würde niemand den ganzen Tag das Mobilteil ans Ohr hängen, um nichts zu verpassen. Obwohl es für jeden Mist einen Markt gibt.
Also keine sichtlich herbeigezogene Legitimation in dieser Situation durch die angeführte humanitäre Seite.
Der epochale Fortschritt hier erinnert mich an jene Reality Show in der Geschichte unserer Republik, in der eine informationsgeile Journaille die Mikrofone in ein Auto zum Frage- und Antwortspiel hielt, in welchem zur gleichen Zeit ein durchgeknallter Entführer dem um sein junges Leben bangendes Opfer eine Pistole an den Kopf hielt. Wer solche Art Infomation für epochal hält, oder nun die digitale Variante in elektronischer Geschwindigkeit zu jeder Zeit an jedem Ort durch das mobile www, bitte sehr.
Wir sind geistig eh schon ganz unten angekommen. Warum die Sache nicht vollenden.
Und wenn unser lieber Thomas hier mal lediglich die Marktmeinung testen wollte, meine Wenigkeit gilt nichts. Ich habe oben gesagt, dass es für jeden Mist einen Markt gibt. Aber er muss für solche Fälle beschränkt sein.

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Claus the mouse 29. November 2008 um 23:27

Gehört zwar inhaltlich nicht ganz hierher aber die Frage schon: Wurde das schon getwittert?
http://www.hindu.com/2008/11/30/stories/2008113060021500.htm

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Sascha Stoltenow 30. November 2008 um 23:37

Etwas Demut vor der Katastrophe wäre angebracht. Nicht jede Schlagzeile – egal in welchem Medium sie erscheint – ist ein Beweis für eine Revolution. Und viel und schnell ist nicht immer gut.

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Gunnar 1. Dezember 2008 um 19:43

Man muss doch erstmal diese Twitterfeeds finden, bevor man sich informieren kann.

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dogfood 1. Dezember 2008 um 19:49

Nö. Dafür gibt es Suchfunktionen
http://search.twitter.com/search?q=near%3Amumbai

(\“near:mumbai\“ = Suche Tweets von Twitterer die in und um Mumbai sind)

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Gunnar 1. Dezember 2008 um 19:53

Ok, danke für den Hinweis.

Wie entwickelt sich eigentlich etwas, damit es ein Hype wird?

Antworten

Thomas Knüwer 1. Dezember 2008 um 21:26

Kann eigentlich etwas \“zum Hype\“ werden? Wenn Hype \“Medienrummel\“ bedeutet, kann doch eigentlich nur etwas gehyped werden, oder?

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Gunnar 1. Dezember 2008 um 21:53

Und wer \“hyped\“ dann?

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Thomas Knüwer 2. Dezember 2008 um 9:22

Die Medien. Sie rummeln ja auch.

Antworten

Christian 11. März 2009 um 16:12

Hallo Thomas, ich hole den Beitrag aus aktuellem Anlass noch mal hoch. Auf dem evolutionär-epochalen Twitter haben sich seit heute früh unzählige Hobbyrechercheure betätigt, die die Fotos, Facebookprofile, Xing-Einträge unbeteiligter Leute gleichen oder ähnlichen Namens wie der Amokläufer von Winnenden durch die Gegend geschossen haben.

Abgeschmeckt wird das ganze auf #winnenden noch um unzählige Falschmeldungen, wildeste Gerüchte und dem ein oder anderen echten Bild, das so manchen Klassenkamerad oder Tischtennis-Vereinkollegen auf Wochen traumatisieren dürfte. Von Blogbetreibern mit viel Tagesfreizeit, die mit Klarnamen und ganz ohne Hemmungen herumspekulieren mal zu schweigen.

Vielleicht reizt das ja einen Alphablogger, sich der Sache noch mal journalistisch anzunehmen?

Viele Grüße
Christian

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Thomas Knüwer 11. März 2009 um 17:08

Zunächst einmal eine Zusammenfassung der Web-Aktivitäten hier: http://www.focus.de/digital/internet/winnenden-amoklauf-zeugnisse-aus-dem-netz_aid_379349.html

Jedoch ist dies nur schwer vergleichbar vom Mumbai. Denn während dort sich eine Situation über Stunden und Tage entwickelte, passierten die Grausamkeiten von Winnenden schneller. Und: Die Größe des Ortes spielt ebenfalls eine Rolle.

Die Vergleichbarkeit ist also aus meiner Sicht nur bedingt vorhanden. Zu beachten ist allerdings: Auch die Medien waren in der Berichterstattung erstmal alles andere als klar.

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