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Nicht jeder muss Weblogs lesen, nicht jeder muss bloggen. Viele aber versuchen letzteres. Darunter nun ein Autor einer Sendung, bei der man als letzte ein Blog erwarten würde: „Frontal21“. Über zwei Dinge lässt sich bekanntlich nicht streiten: Geschmack und Humor. Wenn aber Humor unter dem Dach einer honorigen Institution an Geschmacksgrenzen stößt, muss eine öffentliche Verwunderung erlaubt sein.

Zum Beispiel über das Weblog Toll21, das bestückt wird von Werner Martin Doye, einem Autor des Magazins „Frontal21“. Dort hat er eine Satire-Rubrik bestückt, die wahrscheinlich dadurch auffiel, dass sie mit ernst gemeinten Beiträgen verwechselt wurde, weil doch einiges bei „Frontal21“ wie eine Realsatire wirkt – aber das ist nur eine Vermutung.

Nun darf er also bloggen und das für den öffentlich-rechtlich subventionierten Privatsender ZDF. Heraus kommen Merkwürdigkeiten. Das hier, zum Beispiel, soll lustig sein. Da steht Andrea Ypsilanti hinter Kurt Beck und denkt laut Sprechblase: „Wenn ich hier noch lang so passiv rumstehe, passiert mir aktiv ’n Unglück.“ Darüber lacht „Frontal21“ und vielleicht auch mancher pubertierende Pennäler.

Oder es gibt Pseudo-scharfe Kommentare wie den hier… Ups, jetzt dürfte ich eigenlich nicht zitieren. Denn wie die Presseschau schon anmerkt, hat das ZDF ein besonders weltfremdes Impressum. Dort heißt es unter anderem:
„Die Vervielfältigung, Änderung, Verbreitung oder Speicherung von Informationen oder Daten, insbesondere von Texten, Textteilen, interaktiven Anwendungen oder Bildmaterial – auch auszugsweise – bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des ZDF.“

So, liebes ZDF, dann freu ich mich auf einen Brief Eurer Rechtsabteilung. Die unsere Rechtsabteilung mit dem Hinweis auf das Zitatrecht beantworten wird. Denn selbstverständlich ist das Zitieren von Textteilen gestattet. Tut Ihr ja schließlich auch dauernd in Eurer Berichterstattung.

Lustig übrigens auch folgende Passage:
„Die auf ZDF.de und heute.de veröffentlichten Seiten werden vom ZDF erstellt und beinhalten ganz oder teilweise Material aus folgenden Quellen: ZDF, dpa, AP, AFP, Reuters, KNA, epd, SID, EUMETSAT und anderen…
Die Quellen sind nicht verantwortlich für Verzögerungen, Ungenauigkeiten, Fehler oder Auslassungen aus dem Originalmaterial oder für daraus entstehende Schäden.“

Ach so, wenn Reuters einen Fehler macht, ist Reuters nicht verantwortlich?

Egal, ich wollte ja aus Toll21 zitieren. Dort also finden sich dann peinlich-bemühte Versuche, Aggressivität vorzutäuschen wie dieser hier… Ups, ich kann ja gar nicht zitieren. Anscheind sind die Texte als Grafik hinterlegt, simples Kopieren funktioniert also nicht – ich müsste abtippen.

Das aber ist mir zu viel Aufwand um zu dokumentieren, dass „Frontal21“ nicht nur reißerische und mit reichlich Fehlern überhäufte TV-Beiträge erstellt, sondern auch ein langweiliges und schlecht gemachtes Weblog.

Weblogs von Journalisten im Auftrage großer Medienmarken sind eben Corporate Blogs. Und Corporate Blogs spiegeln die Kommunikationskultur des Unternehmens wieder. Niemand, der das ZDF kennt, würde deshalb auch erwarten, dass jenes ein ordentliches Weblog auf die Beine stellt. Diesen Glauben haben wir nun wenigstens in Schriftform manifestiert.


Kommentare


Onyro 28. Februar 2008 um 15:17

Ehrlich gesagt finde ich die \“Toll\“ Satirebeiträge das mit Abstand Beste an Frontal21. Den Rest kann man sich eigentlich meistens schenken, so wie anscheinend auch diesen eher uninspirierten Blog. Im Unterschied zum original \“Frontal\“ sind viele Berichte bei Frontal21 leider schlecht gemachte Stimmungsmache (Stichwort Killerspiele) und der Moderator nur berufslustig. Daher habe ich Toll als Video-Podcast abonniert. Danke hierfür ans ZDF wenigstens diese Stücke so neumodisch und praktisch vorzuhalten.

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Mario 28. Februar 2008 um 15:22

\“Weblogs von Journalisten im Auftrage großer Medienmarken sind eben Corporate Blogs.\“ Ah, ja. Wie gut, dass dieses Blog hier nicht unter der Flagge der großen Medienmarke Handelsblatt segelt.

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Felix Mann 28. Februar 2008 um 15:33

Bei der Frau hinter Kurt Beck handelt es sich übrigens um Frau Andrea Nahles und nicht Frau Ypsilanti…

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Christian Soeder 28. Februar 2008 um 15:38

Kurz: Gähn. Lang: Ihr Hass auf das öffentlich-rechtliche Fernsehen ist ermüdend und langweilig. Sind diese ständigen pawlowschen Reflexe nicht unglaublich nervig? Die Einträge dort treffen also nicht Ihren Geschmack, sind gar unter Ihrem Niveau? Na fein, dann lesen Sie sie nicht. (Sollte ich hier vielleicht zukünftig ähnlich handhaben, auch wenn mir dann gute Einträge entgehen werden. Blöde Zwickmühle.)

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Christian Soeder 28. Februar 2008 um 15:41

Na toll, in der Vorschau wurden die Links noch angezeigt. Blog.de, die Blog-Vollprofis. :_

Mit \“Ihrem Niveau\“ sollte folgender Eintrag verlinkt sein:
http://blog.handelsblatt.de/indiskretion/eintrag.php?id=1696

Und mit \“dann lesen Sie sie nicht\“ dieser:
http://blog.handelsblatt.de/indiskretion/eintrag.php?id=1703

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Thomas Knüwer 28. Februar 2008 um 16:13

@Mario: Das hier ist auch ein Corporate Blog, selbstverständlich. Ich habe nie was anderes behauptet.

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Ugugu 28. Februar 2008 um 16:50

Ist grad Autorenstreik in Deutschland?

Ohne das hierzulande allseits geschätzte Bankgeheimnis über Gebühr verteidigen zu wollen, obwohl ich durchaus meine Privatsphäre auch in Bankangelegenheiten schätze. Die folgende Bemerkung, sorry, ich zitiere, hat leider rein gar nichts mit Satire zu tun:

\“Wenn jemand weiß, wie Gestapo-Funktionäre und andere führende Nazis vorgingen, dann sind es Schweizer Bankiers. Schließlich haben letztere ersteren bereits vor vielen Jahren dabei geholfen, Geld in Sicherheit zu bringen.\“

Sondern ist reine Häme und fördert Ressentiments zugleich. Wie einfach muss man gestrickt sein, eine dumme Bemerkung eines Schweizer Bankiers in gleicher Währung heimzuzahlen? Dabei bietet sich der Bankierberuf als Satireobjekt doch geradezu an. Ich sag nicht, ich könnte das, aber besser als Toll21 könnten das wohl noch einige.

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Poomerang 28. Februar 2008 um 21:51

Das Problem ist nicht der schwache Witz, sondern daß der Autor nicht schreiben kann. Es fehlt das Timing und hat er ein untrügliches Gespür dafür, die Pointe absaufen zu lassen. Wenn schon billige Klischees, dann bitte gut & albern formuliert.

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Lukas 29. Februar 2008 um 1:00

Herr Knüwer, ich schätze Ihr Blog wirklich, aber Ihr ständiges Geschreibe von \“öffentlich-rechtlich subventionierten Privatsendern\“ ist in etwa so anstrengend wie die Anführungsstriche, die \“Bild\“ jahrzehntelang um die Buchstabenfolge \“DDR\“ platziert hatte.

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Christian M. 29. Februar 2008 um 1:43

Herr Knüwer sie verwenden glaube ich den falschen Brwoser. 😉

Denn mit FF kann man ohne Probleme die Texte kopieren. Mit dem IE hingegen funktioniert das nicht. 🙂

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Thomas Knüwer 29. Februar 2008 um 9:47

@Christian M.: Ups, Sie haben Recht. Der IE7 ist nur leider in unserem Firmennetz dramatisch schneller als der Firefox…

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Chat Atkins 2. März 2008 um 8:26

Schlimmer finde ich das gespreizt-gravitätische Vokabular, das Anno Wilhelm Raabe steckengeblieben ist (s. z.B. Aggressivitäts-Vortäusch-Link): Da muss der Chef der Schweizer Bankiersvereinigung etwas \’kundtun\‘, und gegenüber \’ersteren\‘ wird der Abscheu der \’letzteren\‘ großväterlichst \’zum Ausdruck gebracht\‘, natürlich \’ob dieses Vergleichs\‘. Ein aus Hilflosigkeit wild dahergestikulierender Sülztext also, was wir aber nicht \’denken\‘ dürfen, sondern \’bedenken\‘ sollen. In solch tantigem Sprachmilieu kann kein Witz überleben: Wer in der Sprache der Toten kommuniziert, darf nicht erwarten, lebendig zu wirken.

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