Eine neue Internet-Seite aus den USA zeigt, wie klassische Medien und Journalisten ihr Selbstverständnis ändern müssen. Auf dem DLD… Oder heißt es eigentlich die DLD? Ach, sagen wir einfach „das DLD“ – aber ist ja auch egal.
Während vonet DLD also stellte Focus.de-Chefredakteur Jochen Wegner eine spannende Frage: „Wird der Journalismus zu einem Facebook-Plug-in?“
Die Antwort darauf ist ganz einfach: Hoffentlich. Hoffentlich nicht nur, aber hoffentlich auch. Und genauso wird Journalismus hoffentlich ein Widget werden, also eines jener kleinen Progrämmchen, die sich dort installieren lassen, wo man es möchte.
Über Jahrhunderte hinweg haben die Medien bestimmt, wie sie konsumiert werden. Nun haben eben die Nutzer den Hut auf und deshalb müssen die Anbieter von Informationen dafür sorgen, dass ihr Gut so weiträumig wie möglich verteilt wird.
Das eröffnet völlig neue Möglichkeiten – denen sich die Medienhäuser aber verschließen. Verlinkungen in Texten, zum Beispiel, findet man bei ihren Angeboten nur selten, erst recht nicht auf die Artikel von Konkurrenzangeboten.
Wie durchlässig Informationen sein können, zeigt ein Angebot, das gerade online gegangen ist. Es heißt Everyblock und kümmert sich bislang um San Francisco, Chicago und New York.
Die Idee ist das, was im Ruhrgebiet Derwesten schon macht, bisher aber technisch unbefriedigend: die Verbindung von Informationen und Orten. Doch Everyblock quadratiert diese Idee noch und fischt zum Beispiel aus Behördendatenbanken Baugenehmigungen und aus Flickr Fotos.
Leider ist die Programmierung von Everyblock und ebenso das Design nicht sonderlich schön und elegant. Die grundlegende Idee aber ist die richtige: sämtliche Informationen zusammenführen, die das Bedürfnis befriedigen, zu wissen, was um einen herum vorgeht.
Und deshalb ist Everyblock für mich ein ebenso wichtiger und spannender Ansatz der Nachrichtenorganisation wie einst Daylife.
Kommentare
Wolfgang Michal 24. Januar 2008 um 17:19
Vielleicht wäre das eine Alternative zu den gedruckten Lokalzeitungen (und Anzeigenblättchen), deren journalistische Qualität in den meisten Fällen kaum noch messbar ist.
Gerd Kamp 24. Januar 2008 um 18:00
Was ist denn bitteschön mit Programmierung gemeint?
Ich nehme an damit ist die Navigationsstruktur gemeint?
Der Quellcode kann es wohl kaum sein. Denn ich gehe davon aus dass der everyblock Quellcode qualitativ Django ebenbürtig ist. Ausserdem sollte er wohl kaum einsehbar sein.
Vielleicht sollte man bei Vergleichen auch beachten, dass everyblock von einem Team von 4 Personen (2 Entwickler, 1 Designer der im übrigen von Apple kam, 1 People Guy) entstanden ist und sich über 2 Jahre aus einem 1,1 Millionen Dollar Grant der Knight Foundation finanzieren muss. Danach wird die entwickelte Lösung Open-Source und Adrian Holovaty muss einen Weg gefunden haben wie er mit everyblock trotz Open-Source sein Leben finanziert.
Denn reich werden muss (und will)er damit nicht, da ist seine Einstellung ähnlich der von Craig Newmark.
Thomas Knüwer 24. Januar 2008 um 22:43
Solche Vergleiche finde ich immer schwierig. Mir als Nutzer ist erstmal egal, wieviele Leute hinter einem Angebot stehe. Zuvorderst muss es funktionieren und mir gefallen. Das gibt natürlich Sympathiepunkte, vielleicht bin ich bereit gewisse, kleinere Macken zu tolerieren. Mehr aber nicht.
Rainersacht 25. Januar 2008 um 12:22
\“…Derwesten schon macht, bisher aber technisch unbefriedigend…\“ Ui, das ist aber nett ausgedrückt. Man könnte auch sagen: \“…was DerWesten nach Monaten nicht auf die Kette kriegt\“. Ebenso wenig wie dieses Bolzplatz-Community-Dingsbums, an dessen Stelle seit Wochen \“Wir arbeiten mit Hochdruck daran\“ steht. Die vielen guten Ideen des Teams für DerWesten sind praktisch alle im Entwickler-Schlamm stecken geblieben – was beweist, dass Medienhäuser so etwas aufgrund ihrer Geisteshaltung nicht können und niemals lernen werden.
Weltenweiser 28. Januar 2008 um 10:20
Deshalb mag ich Jochen Wegener. Er denkt zukunftsorientiert und stellt Fragen, die andere in einem halben Jahrhundert stellen werden.