Zu den journalistischen Sorgfaltspflichten gehört es, seine Quellen zu nennen. Oder wenigstens zu umschreiben. Der Online-Auftritt der „Süddeutschen Zeitung“ scheint das nicht nötig zu haben. Eigentlich wäre dies hier keinen Artikel wert. Weil es Alltag ist. Sueddeutsche.de berichtet gleich zwei Mal über ein Antwortpapier des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der SPD in Sachen Online-Durchsuchungen. Das Papier, heißt es, liege der Süddeutschen vor, sie verlinkt es sogar.
Auch wir, der Online-Auftritt der „Frankfurter Rundschau“ und Spiegel Online berichten.
Eines aber unterscheidet den Artikel bei Sueddeutsche.de: Dort wird nicht die Quelle erwähnt, die das ganze ausgegraben hat. Und von der mutmaßlich auch die Datei stammt, die bei den Münchenern abzurufen ist: Es ist das Weblog Netzpolitik.
Ein Weblog also. Ich bin jetzt mal böse: Es wäre natürlich auch echt blöd gewesen, ein Blog als Quelle zu nennen, wenn das eigene Print-Feuilleton gerade diese Form der Online-Publikation als irrelevant und inhaltslos abgetan hat.
(Vielen Dank an Farlion für den Hinweis. In der Sekunde, da ich diesen Artikel online gestellt habe, weist mich auch Florian Treiß darauf hin, dass er darüber geschrieben hat.)
Kommentare
Markus 29. August 2007 um 15:45
Ich freu mich ja, dass wir oft als Quelle genannt wurden. Ein wenig irritiert bin ich aber, dass uns fast kein Medium als das bezeichnet hat, was netzpolitik.org ist: Ein Blog. Stattdessen kommt immer nur Internetportal, Webseite, Webdienst und dergleichen. Trauen sich Journalisten nicht, ein Blog als Quelle zu nennen?
Stefan 15. März 2018 um 9:54
Ein Blog ist doch das was Hausfrauen und -männer verwenden um Rezepte und Katzenfotos zu posten oder? Quellenangabe finde ich jedenfalls extrem wichtig. Auch wenn die Posts auf meinem Blog (keine Rezepte, keine Katzen) nur von wenigen gelesen werde gebe ich im Fall der Fälle an woher das Ganze kommt, Ehrensache.
Markus 29. August 2007 um 15:48
Achja: Lustig ist ja auch noch, dass die Süddeutsche mein Beispiel vom vernetzten Kühlschrank als Aufhänger nimmt, der laut Definition (und meiner Interpretation) auch von der Online-Durchsuchung betroffen ist.
Thomas Knüwer 29. August 2007 um 15:56
Ich fürchte, die falsche Bezeichnung ist keine Boshaftigkeit – sondern Unwissenheit…
Alex 29. August 2007 um 16:06
Ist das eigentlich so wichtig, ob angegeben wird dass eine Quelle ein Blog oder eine andersartige Netzseite ist?
Das artet manchmal in ein etwas nervendes \“Ach, sind wir toll\“-Gehabe aus.
Thomas Knüwer 29. August 2007 um 16:08
Na ja, aber andererseits fänd es auch jeder merkwürdig, würde man schreiben, dass etwas in der \“Spiegel\“-Zeitung oder dem Tagesschau-Medium steht.
Florian Treiß 29. August 2007 um 16:11
@Alex: Denke nicht, dass es um \“wir sind toll\“ geht, sondern dass sueddeutsche.de nicht suggerieren sollte, dass Sie die Dokumente selbst besorgt hätten. Nichts anderes denkt nämlich der 08/15-Leser, wenn er von Dokumenten liest, \“die sueddeutsche.de vorliegen\“. Das ist zwar keine Lüge, da dort nicht steht, dass sie \“exklusiv vorliegen\“, aber es ist dennoch journalistisch üblich, die Urquelle zu nennen.
Florian 29. August 2007 um 16:13
Auch Netzeitung.de ist sich zu fein, die Quelle zu erwähnen: http://www.netzeitung.de/deutschland/724255.html
Torsten 29. August 2007 um 16:17
Kann es sein, dass Süddeutsche.de die Papiere schlichtweg aus gleicher Quelle wie netzpolitik bezogen hat? Ich arbeite auch oft mit Materialien, die ich nicht als erster veröffentlicht habe.
Markus 29. August 2007 um 16:33
Torsten: Dagegen spricht, dass ich die Dateien umbenannt habe und diese bei der Süddeutschen genauso heissen wie bei mir. Könnte ein Zufall sein. Aber zusammen mit dem Kühlschränke-Beispiel wiederum ein seltener Zufall zuviel.
Wolf 29. August 2007 um 17:01
Warum nur sind viele Blogger so dünnhäutig wenn es um das Bloggen geht? Ohje, die bösen Journalisten haben ein Blog nicht als Blog bezeichnet, sondern als Webseite! Was, bitte, ist denn ein Blog anderes als eine Webseite?
Jetzt hat also jemand von Netzpolitik.org irgend etwas ausgegraben, und das ist jetzt also der Beweis dafür, dass Blogs doch total wichtig sind? Puh!
Es ist doch so: Es gibt guten Journalismus und schlechten Journalismus, und zwar in klassischen Medien wie in Blogs. Die Frage, ob Artikel chronologisch oder thematisch sortiert sind, und ob ein Medium als Blog oder als Web-Dienst bezeichnet wird, ist doch völlig unwichtig! Wichtig ist, was hinten rauskommt!
Alexander 29. August 2007 um 17:24
Aber Wolf, warum nimmt man dafür einen ebenso nichtssagenden wie falschen* Begriff wie Web-Dienst, wenn es dafür schon ein richtiges Wort gibt?
(*http://de.wikipedia.org/wiki/Web_Service)
Kaminski 29. August 2007 um 18:42
Ich würde sogar noch ein wenig weitergehen und sagen, die Nennung der Quelle ist nicht nur \“üblich\“, sondern eine Journalistische Grundregel. Sie zeugt von Respekt gegenüber dem \“Lieferanten\“. Und sie informiert den Leser über so etwas wie Nachrichtenfluss. Und doch wird sie in letzter Zeit immer wieder mal gebrochen. Siehe beispielsweise die OK-Affäre in Sachsen, bei der durchaus die Mehrzahl der Medien vergaß, Spiegel und LVZ zu nennen.
Ansgar 29. August 2007 um 18:57
Herr Leyendecker scheint diese Grundregel im Gegensatz zu seinen Kollegen noch zu kennen:
http://www.sueddeutsche.de/,tt6m3/deutschland/artikel/558/130332/
… auch wenn er im fünften Absatz ebenfalls von dem \“Internet-Portal Netzpolitik.org\“ schreibt. Aber das halte ich für weniger relevant. Diese Frage natürlich. 😉
Torsten 30. August 2007 um 0:33
Markus: Okay, das ist dann eindeutig.
ondamaris 30. August 2007 um 22:01
auch teltarif http://www.teltarif.de/arch/2007/kw34/s26992.html nennt die direkte quelle nicht …
Hanno Zulla 31. August 2007 um 11:26
Passend zum Thema – da führt jemand ein hervorragendes, detailliertes politisches Blog als öffentliche Materialsammlung und dann wird er dafür nichtmal zitiert:
http://npd-blog.info/?p=1045