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Im Internet ist doch jeder, oder? Zumindest jeder Journalist. Jeder? Nicht ganz: Ein wahrlich nicht unbekannter US-Talkshow-Gastgeber hat nach eigenen Worten noch nie im Internet etwas gesucht. Meine Mutter ist im Internet – und sie liebt es. Angesichts meines Alters von 37 Jahren liegt die Vermutung nahe, dass meine Mutter einer Generation angehört, in der der Gebrauch von Computern nicht zur jugendlichen Grundausbildung gehört hat. Hut ab für jeden, der sich einfach daran setzt um in seiner Freizeit zu ergründen, warum dieses Netz unsere Welt so verändert hat.

Mein Hut bleibt aber oben für Larry King. Genau, den CNN-Talker, der jeden Gast bekommt und seine Sache eigentlich sehr gut macht. Bei ihm war nun Roseanne Barr zu Gast, die mancher aus meiner Generation noch als fett ernährte White-Trash-Mutter in der Sitcom „Roseanne“.

Nach einer ganzen Zeit der spätmütterlichen Kinderaufzucht ist sie nun zurück. Während meiner US-Reise sah ich einen Teil eines Standup-Specials, das sie für den Sende HBO produziert hat. Büschen rostig war die Pointenbelieferung, aber ziemlich gut. Und am Ende strippte sie bis auf den Catsuit. Und sang. Weil es ja nicht vorbei ist, bis die Fat Lady singt.

Nun also war Roseanne bei Larry King. Und nicht er hat ihr, sondern sie ihm Unglaubliches entlockt:

„KING: The Internet as a political medium viable?

BARR: Yes, it?s like the only one left, absolutely, and that?s not just me saying it. That?s everybody saying it.

KING: But there?s 80 billion things on it.

BARR: Yes, but if you know where to look, you know, it all can come together. When you?re looking for the particular information that you?re looking for after you do the big search, this is what I found out by going on there, it just takes your mind and then you live in there forever. You can never come out.

KING: I?ve never done it, never gone searching.

BARR: Oh, my God! It just opens up the whole universe. It?s so awesome. You would love it.

KING: No, I wouldn?t.

BARR: Anything you want to know.

KING: The wife loves it. I wouldn?t love it. What do you punch little buttons and things?

BARR: You just click on this thing. The thing is you got to be able to read, so you have to have strong glasses when you?ve over 50 and then you just scroll down and click. It?s not that hard. I can show you how to do it.

KING: No, thanks.“

(Aufgeschrieben von Think Progress, gefunden bei Micro Persuasion)

Und natürlich ist das ganze schon bei Youtube:

Zwei Welten prallen aufeinander. Und nicht nur live bei CNN. Längst teilt sich die Welt in die Offliner, die Onliner und die Fanatiker. In die, für die es „zu viel Müll“ im Netz gibt, wie den Chefredakteur der „Saarbrücker Zeitung“, die sich fragen, wer das alles lesen soll, die vielleicht Google kennen, aber nicht wissen, was Blogs sind. Dann gibt es die Kundigen, die sich aber noch ein Leben neben dem Netz gönnen. Und schließlich diejenigen, die ihre Freizeit in Second Life verbringen.

Über die Digital Divide wurde schon viel diskutiert. So mancher dachte dabei aber nur an die Kluft zwischen den Industrienationen und computerlosen Gegenden der Dritten Welt. Oder an die Lücke zwischen den gebildeten Schichten der Ersten Welt und den Ungebildeten im gleichen Land.

Ich frage mich aber: Ist da nicht noch eine weitere tiefe Schlucht? Zwischen dem Teil der Gebildeten in Industrienationen, die das Netz als Chance sehen, und dem, der das Netz ablehnt?

Zugegeben: Es wird ihnen nicht leicht gemacht. Wer nicht aufgewachsen ist mit Computern, und sei es ein C64 oder ein Sinclair ZX1, der wird vielleicht abgestoßen von der wuseligen Optik. Zu viel taucht da auf einer Web-Seite auf. Und vielleicht ist die nächste Revolution des Netzes ja ein Design, das nicht auf Usability-Tests beruht, sondern auf menschlichem Denken. Das eine teilweise verlorene Generation mitnimmt und auch ihnen ermöglicht Internet-Seiten nicht nur zum Nachrichtenkonsum und zur Informationsfindung (wenn überhaupt) zu nutzen – sondern auch zum Spaß.

So lange aber halte ich diese Kluft für eines der großen Probleme unserer Wirtschaft. Kaum ein Politiker ist wirklich kundig im Internet und auch die meisten Vorstandschefs haben schlicht keine Ahnung.

Das ist auch der Grund, warum IT-Abteilungen eine derart große Macht in Unternehmen besitzen: Es ist der einzige Bereich, in den Führungskräfte keinen Einblick haben. Controlling, Marketing, Einkauf – kann man sich einarbeiten. Von Personal glaubt sowieso jeder Manager Ahnung zu haben. Nur bei der IT, da geht das eben nicht so einfach.

Und so entschwebt ein Teil der wirtschaftlichen und geistigen Elite der führenden Volkswirtschaften in einem Heißluftballon. Steigt immer höher, und je höher es geht, desto kleiner und unbedeutender scheint das, was sich da unten auf dem Erdboden tut. Irgendwann aber ist der Ballon ganz oben, wo die Luft dünn wird und Sturmwinde das Gefährt auseinander reißen. Und dann stürzen sie ab, die vermeintlichen Lenker.

Übrigens: Larry King bleibt bei mir künftig außen vor. Ein Journalist, der noch nie im Internet war, ist für mich ein Journalistendarsteller. So ist das halt mit Fernsehmoderatoren.


Kommentare


schaefchen 16. November 2006 um 11:46

Sie haben Larry King bisher für einen guten Talkshow-Gastgeber gehalten? Da muss ich aber schon an ihrem Verstand zweifeln. Der Mann hat sich in seinen Talks schon mehrfach zum Trottel gemacht, so einer würde bei uns nicht mal auf n-tv einen Job bekommen. LK ist ein Idiot wie er im Buche steht, das letzte Mal hat er das eindrucksvoll bewiesen, als ich ihn im Gespräch mit Andre Agassi gesehen habe. Er schien dabei davon auszugehen, dass er noch mit Brooke Shields liiert ist. Tja, hätte er mal googeln sollen.

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Don Alphonso 16. November 2006 um 12:30

Äh, sorry, wenn man sich die Spacken anschaut, die die ersten 10 Google-Ergebnisse bis zum Auffinden des Presseheinis mit einer Recherche verwechseln, dann bin ich froh um Leute wie King.

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Hannes Wurst 16. November 2006 um 14:32

Ich schwebe gerade in meinem Heißluftballon über Ihre Eisscholle hinweg, Herr Knüwer. Sie haben Recht, die Luft wird schon wieder dünn aber es ist auch kein Land in Sicht. Ich werde etwas heiße Luft ablassen und kann Ihnen nur empfehlen, Ihre Würfeleisexperimente einzustellen und Ausschau nach neuen Ufern zu halten.

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Cator 16. November 2006 um 21:46

„warum IT-Abteilungen eine derart große Macht in Unternehmen besitzen“
Das sollten sie mal Angestellten in solchen Abteilungen erzählen, oder einfach Dilbert lesen. Ich habe nämlich meist folgende Version gehört: Chef kommt rein und sagt „Wir brauchen XYZ.“ und wer versucht zu beraten im Sinne von „X ist gut, aber Y und Z sind völlig unnötig / passen nicht in unser Konzept / haben hohe Folgekosten /[…], der stößt auf taube Ohren.
Das Problem klingt für mich eher, als würden die Manager alles selber entscheiden wollen, trotz gut bezahlter IT-Spezialisten, die in den Wahnsinn getrieben werden. IT wurde ja auch gerne mal outsourced, aber ob das noch so ist, weiss ich nicht.

Der Admin weiss natürlich trotzdem, wohin die Manager so während der Arbeitszeit hinsurfen… :-p

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Hotte Petersen 17. November 2006 um 11:20

„Wer nicht aufgewachsen ist mit Computern, und sei es ein C64 oder ein Sinclair ZX1 […]“

Um diejenigen ohne historische Kenntnisse der Computer-Entwicklung nicht auch noch falsch zu informieren, muss ich kurz eingreifen: Bei der Legende aus dem Haus Sinclair handelt es sich um das Modell „ZX81“.

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Thomas Knüwer 17. November 2006 um 11:33

Sorry… Die Radiergummitasten verschwimmen in einem Nebel des Vergessens…

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Matthias Bauer 17. November 2006 um 12:00

Hinter „Roseanne“ fehlt auch noch ein Verb 😉

Bei Printmedien hätt’s das nicht gegeben! (#941)

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Rolf Langhoff 26. November 2006 um 20:49

und das nette Video ist auch schon verschwunden;
wenn man nicht alles gleich sichert…

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