Oder: Warum Google eine gute Kommunikationsabteilung nötig hat.
Für jeden Berufskommunikator ist Google in diesen Wochen ein Musterfall. Sollte es zumindest sein. Aber wer Weblogs nicht mal kennt, dem traue ich nicht zu, dass er beobachtet, wie sich die dunklen Wolken über dem Ex-Liebling versammeln – das Gewitter ist nicht mehr fern.
Alles begann mit dem Börsengang. Da ignorierte Google die Gesetze der Wall Street und versteigerte auf eher dubiose Weise seine Anteile. Kann man machen. Der Aktienkurs schoss trotzdem nach oben, Gier kennt kein Nachdenken.
Wetten, dass diese Aktion denen nochmal um die Ohren gehauen wird? Denn auch jetzt ist das Unternehmen in Sachen Kommunikation so freizügig wie die DDR bei Ausreisewünschen.
Hier sei übrigens auch mal auf die radegebrechte Selbstdarstellung von Google Deutschland verwiesen, vermutlich ein englischer Text, den das hauseigene Übersetzungsprogramm zu Abhandlung gemacht hat, die nicht mal die erste Stunde im Communications College überleben würde:
Doch Google macht fröhlich weiter. Über neue Produkte wird nicht geschwiegen, sondern mal hier, mal da geredet, "aber schreiben sie es nicht", wird dann noch hinzugefügt. Zum Beispiel bei der "San Jose Mercury News", einer Hauspostille des Silicon Valley":
Wer so offensiv flüstert, weiß, dass die Gerüchteküche irgendwann brodelt – und das treibt den Kurs nach oben. Vorteilhaft, wenn man gerade verkündet hat, weiter Aktien zu verkaufen. Wofür man das Geld verwenden will? Sagt Google nicht – auch das ein höchst ungewöhnliches Vorgehen.
Das "Wall Street Journal" hegt deshalb eine ganz schnöde Vermutung: Es geht allein ums Geld.
"Let’s try a little test. If I offer you $100,000 for your Honda Civic, how would you respond? Here are your choices:
a) "No, thank you, my checking account is already full."
b) "Maybe, but let me look around first to see if there is another car I’d like to buy."
or
c) "Here are the keys."
If you answered a) or b), you have the makings of a Google analyst…
Like George Mallory and Mount Everest, they are taking the money "because it’s there.""
Wer in solchen Zeiten eine sauber arbeitenden Kommunikationsabteilung hat, der setzt gezielt Interviews in wichtigen Medien, bei denen der Vorstand den Dampf rausnimmt und alle Gegner zur Zusammenarbeit einlädt. Google nicht. Die reden mit kritischen Journalisten gar nicht mehr. Sind sie konsequent, dürften sie dann bald sehr, sehr wenige Interviews geben. Obwohl auch: Hier in Deutschland findet sich manchmal Werbeblogger)
Mit der "New York Times" dürfte Google auch nicht mehr reden. Sie beobachtet die wachsende Anti-Google-Front:
"Nowadays, when venture capitalists, entrepreneurs and technologists gather in Silicon Valley, they often find themselves grousing about Google, complaining about everything from a hoarding of top engineers to its treatment of partners and potential partners. The word arrogant is frequently used….
But instead of embracing Google as one of their own, many in Silicon Valley are skittish about its size and power. They fret that the very strengths that made Google a search-engine phenomenon are distancing it from the entrepreneurial culture that produced it – and even transforming it into a threat?."
Schon gibt es auch in Deutschland erste Weblogs, die nicht mehr über Google gefunden werden möchten. Nun aber blenden wir ins Silicon Valley. Dort gibt es viele junge Talente. So mancher von ihnen ist aber schräg, es geht ihm weniger um Geld als um Freiheit und Anders-Sein. Und die lesen dann weiter:
"Google is doing more damage to innovation in the Valley right now than Microsoft ever did," said Reid Hoffman, the founder of two Internet ventures, including LinkedIn, a business networking Web site popular among Silicon Valley’s digerati. "It’s largely that they’re hiring up so many talented people, and the fact they’re working on so many different things. It’s harder for start-ups to do interesting stuff right now."
Google mutiert so in den Augen der Nutzer zum Anakin Skywalker des Internet: Spät aufgespürt, als junger Held gefeiert. Dann die ersten Anzeichen von Arroganz, schließlich der dunklen Seite der Macht erlegen und nur durch künstliche Beatmung am Leben erhalten.
Mit ordentlicher Kommunikation wäre vielleicht ein Luke aus ihm geworden.
Nachtrag vom 26.8.: Silicon Beat, das Weblog der "San Jose Mercury News" schiebt schon die nächste Anti-Google-Geschichte an. Und davon wird es noch viele mehr geben – wetten?
Kommentare
Alphager 25. August 2005 um 13:31
Ich glaube, diesmal hast Du (ich hoffe, das Du ist ok) den falschen Blickwinkel:
Die Jungs im Valley beschweren sich, dass Google die Preise für Top-Informatiker hochtreibet, da sie alle Guten einstellen.
Dass ist kein Verbrechen, keinne illegale Geschäftstaktik, sondern Marktwirtschaft. Wenn Google mir dasselbe Gehalt wie die andrene bietet, mir aber dafür 1 Tag die Woche Zeit für meine eigenen Projekte gibt, mir mein Mittag- und Abendessen finanziert, den Frisör im Büro hat, usw usf, dann gehe ich zu google.
tknuewer 25. August 2005 um 13:41
Natürlich ist das vollkommen normal. Die Kombination macht es aus: Einerseits beschwerden sich Finanzmarktleute und Geschäftspartner über die Arroganz bei Google, andererseits wird Google dargestellt als Gefahr für Startups. Das rühren wir einmal durch, schütteln es gepflegt im Shaker und rauskommt der Google-ist-böse on the rocks.
Werbeblogger 25. August 2005 um 15:05
Ganz sicher macht es das eher öfter als seltener. Da gibt es Beispiele genug. Jetzt wird genau das Google vorgeworfen. Thomas Knüwer sieht „..wie sich die dunklen Wolken über dem Ex-Liebling versammeln.“
Der Schwachpunkt bei Google – unabhängig ob ….
companice.twoday.net 26. August 2005 um 14:13
Ohje, schon wieder Google. Aber mit einer Meldung f
netzkobol.de blog 26. August 2005 um 19:18
i just checked the google adword campaigns of a couple of customers and myself and got this warm welcome message:
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