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OK, dieses Fazit kommt etwas spät – aber es war recht hektisch in den vergangenen drei Wochen…

Jochen Wegner von Zeit Online war da, Medienprofessor Christian Stöcker und Handelsblatt-Korrespondent Thomas Jahn, ebenso Medienjournalistin Ulrike Langer und noch ein paar andere Deutsche, die was mit Medien machen. Nein, das war nicht die re:publica, die Medientage München oder der DLD: Wir alle saßen in einem jener ästhetisch fragwürdigen Hotelkonferenzräume in Austin und lauschten einer SXSW-Diskussion zur Zukunft der Medienfinanzierung.

2011 reiste ich zum ersten Mal zur SXSW, jenen Konferenzmoloch in Texas, der über Digital- und Musikpart hinweg rund 70.000 Menschen anzieht. Damals schrieb ich:

„Und vielleicht lässt sich dann mal ein deutsches Treffen organisieren, vielleicht kann man einige Redner platzieren – dem Digital-Standort D könnte das zuträglich sein.“

Sieben Jahre später ist die SXSW spürbar deutscher geworden. 1.150 Germans wies das konferenzinterne Social Network aus, 40 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Auch im Stadtbild macht sich das bemerkbar, deutsche Sprachfetzen wehten einem im Vorbeigehen ständig in die Ohren, selbst auf den Podien waren Deutsche präsenter als je zuvor. Und der A380 der Lufthansa von Frankfurt nach Houston hat sich nicht nur wegen der Inflight-Konferenz „Flying Lab“ zum fliegenden Klassentreffenzimmer entwickelt.

Das ist gut und wichtig für den Digitalstandort. Im Rahmen der SXSW-Fahrer hat sich ein Netzwerk gebildet und eine Art Korpsgeist. Für manchen sind die Tage in Texas auch ein wenig Therapiegruppe, es wird offener geredet als in der Heimat, what happens in Austin, stays in Austin.

Nur eines fällt weiterhin auf: Weder das deutsche Haus noch der deutsche Stand im Ausstellungsbereich vermitteln das Gefühl, dass die Verantwortlichen ein Gefühl dafür haben, wie das SXSW-Publikum tickt. Auch weiterhin sind beide Orte vor allem ein Treffpunkt der Deutschen. Nicht anders Daimler: Zum ersten Mal gehörte der Autokonzern zu den Großsponsoren der Konferenz. Doch das große Außengelände wurde derart lustlos und uninspiriert bespielt, als seien die Ausrichter noch nie Gast auf der South-by gewesen.

Zu den inhaltlichen Trends in diesem Jahr können Sie einiges auf der Homepage von kpunktnull lesen:

  1. Das Ende der Werbung (wie wir sie kennen)
  2. Generation Z und die Folgen
  3. Weinbranche und Digitalisierung
  4. Top-Trendforscher und ihre Top-Trends
  5. Arnold Schwarzeneggers starker Auftritt
  6. Rettet Bumble das Social Web?

Wer mehr von der SXSW aus Medien-Sicht erfahren möchte, der sei auf die kommende Ausgabe von „kress pro“ verwiesen: kpunktnull und unsere Konferenz-WG hat wie im vergangenen Jahr ein Dossier produziert, das dem Heft beigelegt wird. Zum Onlineshop geht es hier entlang. 

Überraschend war, dass ein sehr deutsch erscheinendes (tatsächlich aber natürlich ein europäisches) Thema mehrfach auftauchte: die Datenschutzgrundverordnung.

Das überraschte insofern, als dass deutsche Medien derzeit zumindest in meiner Wahrnehmung verschlafen, wie sehr diese Verordnung die europäische Wirtschaft lahmlegt und in welchem Ausmaß sie vor allem kleine Unternehmen und Selbständige schädigen wird. „Im besseren Fall wird sie die Innovationsgeschwindigkeit der digitalen Wirtschaft verlangsamen“, sagte zu Beispiel Trendforscherin Amy Webb von der New York University – im schlimmsten Fall sogar zum Stehen bringen.

Und weil es hier ja häufig um Medienunternehmen geht: Anscheinend sind auch Verlage noch nicht recht auf der Spur. Anrufe, wie sie der geschätzte Erik Hauth heute aus dem Hause „Hamburger Abendblatt“ dokumentiert hat, werden sehr bald sehr teuer werden:

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Doch zurück zur SXSW. Überwältigend sind die organisatorischen Fortschritte der vergangenen Jahre. Natürlich ist es weiterhin voll. Doch gibt es in der App der Konferenz inzwischen eine Ampel, die vor Überfüllung warnt. Und die Souveränität, mit der die bestens gelaunten Volunteers mal eben eine Schlange von 2.400 Leuten durch 3 Stockwerke des Convention Centers aufreihen, ist sensationell. Überfüllte Sessions werden inzwischen auch mal wiederholt oder in größere Räume verlegt.

Auch das Handling der Superstars ist seit Obamas Auftritt vor 2 Jahren Routine. Elon Musk war in diesem Jahr der Überraschungsgast: Nachmittags tauchte er bei einem Panel der TV-Serie „Westworld“ auf, am Abend wurde dann eine Fragestunde mit ihm annonciert, Karten dafür gab es ab 7.30 am Morgen. Ich selbst habe dies ausgelassen, habe aber keine negative Stimme zur Organisation gehört.

Chelsea Manning (links) auf der SXSW. Foto: Richard Gutjahr

Ohnehin ist die Konferenz stressärmer geworden. Die South-by hat Geld und Events nach Austin gebracht – und die lockten Hotelneubauten. Deshalb sind die Veranstaltungsorte (zu denen neben dem Convention Center eben viele Hotelkonferenzräume und -Ballsäle gehören) kompakter verteilt als vor sieben Jahren.

Im Gegenzug versucht die SXSW so gut es geht, auch kleinere Formate zu fördern. Nicht im Konferenzprogramm tauchen „Meet the Speaker“-Termine auf, bei denen rund 20 Teilnehmer hochkarätige Redner treffen. Ich hatte das Glück, zweimal eine Einladung zu bekommen und durfte so mit Verleger und Investor Tim O’Reilly sowie mit Amy Webb diskutieren.

Tim O’Reilly bei Meet the Speaker auf der SXSW.

Und, ja, ich habe Arnold Schwarzenegger die Hand geschüttelt, habe Becky und DJ Conner getroffen. Denn auch das gehört eben zur SXSW: Ginge es 5 Tage nur um Fachthemen, man würde ermüden. Doch genauso gibt es eben lockere Themen und Stars, denen man eher weniger wegen fachlicher Inhalte zuhört, sondern um sie einfach mal zu erleben. Whistleblowerin Chelsea Manning, zum Beispiel, oder Apple-Vize Eddie Cue.

Diese Mischung aus Inspiration, Fachwissen und der in Deutschland so kritisch beäugten Konferenzingredienz „Spaß“ ist die SXSW eine sehr selten zu findende Mischung. Weshalb das Airbnb-Haus für die 2019er Ausgabe schon klargemacht ist. Ich bin mir sicher: Dann werden wir noch mehr Deutsche treffen als in diesem Jahr.


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