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Einer der beliebtesten Sätze von Digital-Skeptikern lautet: „Wo nehmen die Leute nur all die Zeit her?“ Gemeint ist die Zeit, digitale Inhalte zu konsumieren. Um diese Frage ist eine Industrie entstanden, die mit Vorträgen und Selbsthilfebüchern rund um den Globus floriert. Nur so war es auch möglich, dass der australische Wörterbuch-Verlag Macquarie den Trend des Phubbing erfinden konnte – und die ganze Welt darauf hereinfiel.

Eine neue Studie des US-amerikanischen National Bureau of Economic Research versucht nun jene Frage wissenschaftlich zu beantworten: Wo kommt die Zeit her, die wir im Internet verbringen?

Grundlage der Analyse ist The American Time Use Survey, eine Studie die misst, wie Amerikaner ihre Zeit verbringen. Und tatsächlich lässt sich zumindest für US-Bürger klar nachweisen, zu wessen Lasten das vermehrte Surfen geht. Jede Minute im Netz bedeutet:

  • 16 Sekunden weniger Arbeiten
  • 7 Sekunden weniger Schlafen
  • 29 Sekunden weniger Freizeit

Wie jede Studie aus einem öffentlichen Zensusbüro birgt auch diese gewisse Defekte. So wird Social Media-Nutzung grundsätzlich als privat eingestuft, was der Realität einer neuen Arbeitswelt nicht mehr entspricht. Auch sind die zugrunde liegenden Daten häufig aus dem Jahr 2010. Trotzdem lassen sich einige Schlüsse aus den Daten ziehen.

Gerade die Freizeitveränderung könnte von erheblicher Bedeutung für die Wirtschaft sein. Denn schlüsselt man diese 29 Sekunden weiter auf ergibt sich:

  • 14 Sekunden weniger klassisches Fernsehen und Video
  • 5 Sekunden soziale Offline-Kontakte
  • 4 Sekunden Entspannen und Nachdenken

Sprich: Der erhöhte Online-Konsum geht massiv zu Lasten des Fernsehens – und dies sollten vor allem Werbetreibende im Auge haben. Folgerichtig wären jene Unternehmen auf dem richtigen Weg, die ihre Werbebudgets vom TV in Richtung Online verlagern.

Aus den Ergebnissen lassen sich auch Folgerungen für Online-Nachrichten und das Content Marketing ziehen. Denn in der Studie heißt es, jede Form von Inhalt müsse einen höheren Wert für ihren Konsumenten haben als vorhandener Content. Selbst wenn der Preis für den Inhalt – wie bei Nachrichten- oder Unternehmensseiten – bei Null liege, bedeute ein zusätzliches Angebot immer, dass der Nutzer Inhalte, die er bereits konsumiert, weniger ansteuert. Dafür müsse er einen höheren Wert für sich erkennen.

Weiteres, interessantes Detail: Die Menge an Online-Freizeit unterscheidet sich über Altersgruppen hinweg nicht wesentlich. Zwar verbringen Jugendlich bis zum 18. Lebensjahr rund 25 Minuten jeder Freizeitstunde online – doch von 18 bis zum Segment über 65 Jahren sind die Unterschiede nicht mehr so gewaltig, der Wert pendelt zwischen 12 und 16 Minuten. Sprich: Die digitale Spalte zwischen den Generationen schließt sich, eine Offline-Abkoppelung älterer Menschen vom Rest der Welt ist zumindest in den USA kaum noch erkennbar.


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