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Internet Filter Sperre Zensursula shutterstockEigentlich ist die Sache ja durch. Jeder, der Interesse hat, sich mit dem Thema Kinderpornographie auseinanderzusetzen weiß, dass die Schmutzware fast nie im frei erreichbaren Web kursiert, sondern vor allem in abgeschlossenen Zirkeln. Deshalb auch ist es  platte Symbolpolitik –  und indirekt höchst problematisch für die Demokratie – wenn irgendwer Listen mit Internet-Angeboten anlegt, die dann gesperrt werden.

Trotzdem ist es für die Diskussion um die Sache interessant, was im Odem-Blog zu finden ist. Der dänische Zugangsdienstleister Simmin hat nämlich seine Liste automatisiert in eine Statistik überführt. Deren Ergebnis möge man jedem Volksvertreter, der wieder einmal von den tollen Erfolgen anderer, sperrender Länder salbadert vorlegen. Sie besagt: 91,8 Prozent der Seiten liegen in den USA, 1,3 Prozent in Kanada, 1,1 Prozent in Deutschland.

Wer kümmert sich um die? Die Polizei agiert nicht, bevor es kein Urteil gibt. Also gibt es ernsthaft Politiker wie CSU-Mann Hans-Peter Uhl, die auf eine Art Bürgerwehr setzen. Und hier beginnt die Diskussion in Richtung eines größeren, ganzen abzudriften. Denn wenn Uhl dies im Fall von Kinderpornographie begrüßt – wo noch? Sollen in ländlichen Gebieten, in denen die Polizeipräsenz gesenkt wurde, Nachbarschaftswachen patroullieren? Und was dürfen die machen?

Natürlich nicht, wird er wohl sagen. Und erklären, das eine sei das Internet, das andere die reale Welt. Womit wir beim vielleicht deutschesten aller digitalen Probleme wären: Das Internet ist eben nicht anders als die „reale Welt“ – es ist ein Teil von ihr.

(Foto: Shutterstock)


Kommentare


FS 8. April 2010 um 11:23

Eine kleine Anmerkung: meines Wissens nach sind die Definitionen von Kinderpornografie in Deutschland und den USA nicht identisch. Während z. B. bei uns ein Comic-Clip einer Sexszene mit Lisa Simpson und Milhouse van Houten (gibt es wirklich) als gezeichnete Kinderpornografie gilt ist es in den USA lediglich eine Markenrechtsverletzung.

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scanlines 8. April 2010 um 11:29

[Cross-Post bis ich das Captcha bei Odem.org entziffert habe]

Ich finde die Tatsache, daß fast die Hälfte offline ist, fast mit am interessantesten.

Das bedeutet zum einen, daß wer einmal auf der Liste gelandet ist, immer auf der Liste bzw. für lange Zeit bleibt, da diese eben nicht den „Lebenszyklen“ im Netz angepasst wird/werden kann.
Erinnert irgendwie an die No-Fly-Lists.

Zum anderen könnte es heißen, daß — mal angenommen, es fanden sich dort tatsächlich die Inhalte, auf die der ganze Popanz gerichtet ist — die Betreiber weitergezogen sind, nachdem sie gemerkt haben, daß die Seite auf der Liste steht.
Das wäre das Szenario, das Alvar z. B. Herrn Uhl gerade nahezubringen versucht.

So oder so finde ich es sehr aussagekräftig, daß die Liste offensichtlich nicht sonderlich ernsthaft oder zeitnah oder beides geprüft wird.

Nicht zuletzt führt das zu einer verzerrten Wahrnehmung, wenn z. B. von fast 2000 Seiten auf der Sperrliste gesprochen wird, tatsächlich aber nur 1000 überhaupt aktiv sind.

Was ist mit jemandem, der eine nun freie Domain registrieren will, die da draufsteht?
Kann er sich an eine Stelle wenden und dezent darauf hinweisen, bitte von der (geheimen) Liste genommen zu werden?

Der ganze Mechanismus des Auf-eine-Liste-Setzens ist schon systematisch unheilbar verkorkst.
Mir zeigt sich das — natürlich nur so von mir hineininterpretiert — schön an der 50%-Offline-Liste: Domain auf die Liste gesetzt, abgehakt, nie wieder nachgefragt.

Das hat mit ernsthafter und konsequenter Polizeiarbeit nichts zu tun und hilft außer den Polizisten, die sich so massiv Arbeit ersparen, und Politikern, die sagen können: „Schaut her, wie tun was!“, niemandem.

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Tilman 8. April 2010 um 12:16

>>Sollen in ländlichen Gebieten, in denen die Polizeipräsenz gesenkt wurde, Nachbarschaftswachen patroullieren? Und was dürfen die machen?<<

Nachbarschaftswachen gibts doch schon. nennt sich "Freiwilliger Polizeidienst". Schlecht ausgebildete Menschen sollen Sicherheit vorgaukeln.

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Lesenswerte Artikel 9. April 2010 9. April 2010 um 8:30

[…] US-Exportschlager Kinderpornographie “Der dänische Zugangsdienstleister Simmin hat nämlich seine Liste automatisiert in eine Statistik überführt. Deren Ergebnis möge man jedem Volksvertreter, der wieder einmal von den tollen Erfolgen anderer, sperrender Länder salbadert vorlegen. Sie besagt: 91,8 Prozent der Seiten liegen in den USA, 1,3 Prozent in Kanada, 1,1 Prozent in Deutschland.” […]

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Bundesregierung fördert den Adressdatenhandel 9. Juli 2012 um 13:41

[…] den Text umgedreht. Da ist zum einen CSU’ler Hans-Peter Uhl, der in Sachen Kinderpornographie schon mal eine Bürgerwehr gründen wollte und später als Fanboy für den Staatstrojaner agierte. An seiner Seite handelte laut […]

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