Vielleicht geht der morgige Tag in die Historie des Marketing ein. Denn morgen startet Pepsi eine große Social-Media-Kampagne unter dem Titel „The Pepsi Refresh Project“. „Kann eine Limonade die Welt verbessern?“, fragt Pepsi und will Projektideen mit Barem unterstützen, die genau das tun wollen. Bis zum 1. Februar können sie eingereicht werden, die Nutzer stimmen dann darüber ab. Das Volumen der Kampagne liegt bei dekorativen 20 Millionen Dollar. Eingesetzt werden die handelsüblichen Social-Media-Instrumente wie Facebook, Twitter und ein Blog. Wie gut das passiert, werden wir ab morgen sehen.
Viel bemerkenswerter als die Idee oder die Größe des Projektes ist die Verschiebung innerhalb des Marketing-Etats von Pepsi. Denn zu Gunsten des Erfrischungs-Wohltätertums verzichtet Pepsi auf Spots beim Super Bowl, dem American-Football-Endspiel – und das ist eine Sensation.
Super-Bowl-Spots sind der teuerste Werbeort der Welt. Denn an diesem Tag schaut praktisch ganz Amerika – und gewisse Teile der Restwelt – auf das Spiel (bei dem ich zwei Mal für das Handelsblatt anwesend sein durfte). So wie in Deutschland sich langsam Halloween-Partys breit machen, so gehört es in den USA zum guten Ton, eine Super-Bowl-Party zu schmeißen. Und dabei tut sich dann eine Geschlechterteilung auf: Die Männer gucken das Spiel – die Frauen die Werbespots. Das ist nicht böse gemeint: Die Männer sollten ebenfalls die Werbung gucken, weil sie oft so kreativ, aufwendig und unterhaltsam ist – aber irgendwann muss Mann auch mal während der rund fünf Stunden mal… raus.
Super-Bowl-Spots erschaffen Mythen. Wie jener für den Apple Macintosh im Jahr 1984: Noch immer glaubt mancher, der Film sei massenhaft gelaufen. Tatsächlich wurde er nur einmal während des Spiels gezeigt:
Auch in Sachen Social Media gibt es ein spannendes Beispiel: Seit Jahren veranstaltet der Taco-Chip-Hersteller Doritos „Crash the Super Bowl“. Jedermann kann einen Werbespot für Doritos produzieren, die Öffentlichkeit stimmt dann darüber ab, welche drei Spots tatsächlich für die Bowl-Übertragung gebucht werden. Hier ein Beispiel für die 2010er-Finalisten:
Der Preis für einen 30-Sekünder hat sich wegen dieser Anziehungskraft und viralen Verbreitung in der Woche nach dem Match seit 1989 rund vervierfacht, errechnete TNS. 2007 sagte mir Chuck Porter, Gründer der Kult-Werbeagentur Crispin Porter + Bogusky dazu: „Wenn man es schafft, einen wirklich guten Spot zu produzieren, gibt es keinen besseren Ort, um ihn zu zeigen. Ist er wirklich gut, werden die Leute noch lange darüber reden und er wird sich viral verbreiten.“ Allerdings: Zum zweiten Mal in Folge scheint 2010 der Preis leicht zu rutschen, diesmal werden es wohl 2,5 Millionen bis 2,8 Millionen Dollar werden.
Da ist das Fernbleiben von Pepsi ein weiterer Schlag. Erst recht, weil nicht Sparen in der Krise der Grund ist – sondern ein Experiment mit neuen Werbemitteln. 142 Millionen Dollar hat der Konzern zwischen 1999 und 2009 für Super-Bowl-Spots ausgegeben. Gleichzeitig sind die Verkäufe im vergangenen Jahr abgerutscht. Es wäre ein normaler Reflex für die Getränkebranche gewesen, dies mit erhöhtem Werbedruck kompensieren zu wollen. Stattdessen setzt Pepsi auf Kommunikation und das Befeuern von Kreativität – und einer Image-Wende zum Wohltäter. Sollte das Refresh Project ein Erfolg werden, könnte dies Signalwirkung auf die gesamte Szene der Markenartikler haben. Und es könnte der Dammbruch sein für Social Media als Marketing-Instrument.
Die Entwicklung dieser Kampagne zu beobachten könnte für Marketing-Interessierte damit spannender sein, als der Super Bowl selbst. Den gewinnen sowieso die Indianapolis Colts.
(Disclosure: Die letzte Aussage wurde beeinflusst durch persönliche Vorlieben des Autors.)
Kommentare
Berufskommunikator 12. Januar 2010 um 13:14
Hat Pepsi eigentlich das eigene Corporate Design „refresht“?
Anke 12. Januar 2010 um 13:44
Ich bin sehr mit der persönlichen Aussage einverstanden.
be|es|ha 12. Januar 2010 um 14:03
@Berufskommunikator: Na klar!
http://www.designtagebuch.de/pepsi-macht-ernst/
»Yes, we can change … our design« haben die sich bestimmt gedacht 😉
Lesenswert (Media Markt, Pepsi, Big Brother) « Der Besserwixer 12. Januar 2010 um 14:08
[…] fragt Pepsi und will Projektideen mit Barem unterstützen, die genau das tun wollen. (weiterlesen bei Indiskretion Ehrensache) Big Brother, keiner braucht’s in Zeiten von Youporn Vor zehn Jahren hat Big Brother noch […]
Sascha Pallenberg 13. Januar 2010 um 4:04
The winds of change….
Kann das alles nur so bestaetigen, natuerlich nur aus der sicht der it-branche, denn waehrend der ces hatte ich einige meetings mit diversen marketing teams und ceos, die satteln alle um. magazin und simple bannerwerbung ist sowas von out, es geht mit volldampf in die social networks.
Es gibt viel zu tun Thomas, ich habe schonmal unterschrieben. wo kann ich aber leider nicht verraten :p
Tweets die Pepsi-Dammbruch für Social Media erwähnt — Topsy.com 13. Januar 2010 um 10:23
[…] Dieser Eintrag wurde auf Twitter von Thomas Knuewer, Markus Trapp, pstawowy, Madlen Nicolaus, Eric Hofmann und anderen erwähnt. Eric Hofmann sagte: RT #Dammbruch für #SocialMedia als Marketing-Instrument – Spannender, als der Super Bowl selbst! http://bit.ly/6crG1R /via @madleeeen […]
Andre 13. Januar 2010 um 12:02
Da sind wir dann aber alle sehr gespannt Sascha 😉 Aber doch nicht bei Vodafone oder?
Social Media statt SuperBowl | Die PR>Indianer 14. Januar 2010 um 1:49
[…] seinem Blog „Indiskretion Ehrensache“ berichtet Thomas Knüwer von einer neuen Dimension der Social-Media-Anwendung , welche der […]
Dirk Kirchberg 18. Januar 2010 um 14:17
Jets, Baby! Warten wir mal nächste Woche ab. 😉
Olaf 6. August 2010 um 11:54
Meiner Meinung nach ist das genau der richtige Schritt von Pepsi! Der Super Bowl ist in den USA zwar vielleicht die größte Werbeplattform, doch TV-Spots sind meiner Ansicht nach kein aktuelles Medium mehr. Es gibt stattdessen unzählige andere Methoden um viel wirkungsvoller an die entsprechenden Kunden zu kommen – siehe Social Media etc.