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Die vergangenen Tage verbrachte ich auf dem bestbesetzten Internet-Kongress, den Europa in diesem Jahr zu bieten hatte: der Le Web 3 in Paris. Ein paar Impressionen, Gedanken und Zitate. Also die Französken, wie sie die lesenswerte Stern.de-Bloggerin Lisa immer nennt, haben schon einen Knall in Sachen Essen. Selbst bei einem wirklich nicht kleinen Web-Kongress gibts Foie Gras bis zum Abwinken.

Eine Speise, die ich aus tierschützerischen Gründen natürlich verurteile. Lecker ist sie trotzdem. Ja, ich schäme mich. Ehrlich! Auch ansonsten kann man in Sachen Catering der Le Web nur eine Höchstnote verleihen. Das Sierralog schlägt schon eine Konferenzumbenennung vor (und erntet via Twitter schon Resonanz).

Selbstverständlich sind die angeblich 1700 Teilnehmer (tatsächlich würde ich den täglichen Besuch auf 800 bis 1000 schätzen) nicht wegen voller Bäuche gekommen, sondern wegen voller Köpfe. Und die gab es tatsächlich. Erstmals sind die US-Vertreter des Web 2.0 in substanzieller Menge angereist und mischten den Laden ein wenig auf. Allen voran die Rampensau 3.0 Robert Scoble, der seinen Abgang von Podtech bekannt gab und bald wohl für das Magazin „Fast Company“ ein Online-TV aufbauen wird: Einer der Höhepunkte der Le Web war der Moment, da er Star-Designer Starck mit dem Amazon-Lesegerät Kindle konfrontierte:


Link: sevenload.com

Ohnehin: Philippe Starck. Ich bin ein großer Fan seiner Arbeit, zum Beispiel des „Royalton“-Hotels in New York. Aber dass es sich hier um einen so durchgeknallten Macho handelt, das war mir neu. Wenn das Video auf der Le-Web-Homepage erscheint – bitte reinschauen.

Ein anderer unterhaltsamer Höhepunkt war Yossi Vardi, der israelische Investor: Er stellte die Öko-Datenübertragung per WiFly vor – Brieftauben bekommen Speicherkarten ans Füßchen gebunden. Problematisch seien dabei allerdings DNS-Attacken durch Füchse, Jäger und Katzen. Überraschung: WiFly sei über eine Strecke von 200 Kilometern schneller als UMTS, sagte Vardi.

Natürlich aber gab es auch ernsthafteres. Zum Beispiel Doc Searls elf Thesen zum Internet. Oder den hoch spannenden Vortrag von British-Telecom-Design-Direktor JP Rangaswami. Oder eine entlarvend selbstgefällige Runde von Investoren, die aber anprangerten, dass die Teilnehmer des Startup-Wettbewerbs massive Defizite in der Präsentation hätten. Für Details bitte ich auch hier auf die Videos zu warten, das wäre hier einfach zu viel um es runterzuschreiben.

Für mich selbst fiel auch noch eine Exklusivmeldung ab: Facebook wird im ersten Halbjahr 2008 mit einer deutschen Seite starten. Das verriet mir Net Jacobsson, der für das internationale Geschäft zuständig ist.

Nicht alles bei der Le Web war brillant, sehr wenig aber nur ein Durchfaller und das unterschied Paris von anderen Konferenzen. Schöne und interessante Tage waren es. Natürlich wurde auch über Umwelt geredet. In diesem Zusammenhang könnten Konferenzveranstalter ihr Image polieren, würden sie mit Geschenken umgehen wie mit Weihnachtspräsenten: einfach darauf verzichten.

Denn der Turnsack-Beutel in der Gestaltung von Adidas-Adria-Transportmitteln…

enthielt Gaben wie einen pinken Ball eines Startups und einen kastanienartigen Pac-Man von Nokia…

jede Menge Infomaterial, das der sofortigen Entsorgung zugefügt wurde…

sowie als geistige Meisterleistung bei einem internationalen Kongress, bei dem viele mit Handgepäck anreisen: ein Taschenmesser aus dem Hause Sixapart.

Bereits am Mittwoch Morgen twitterte Maks Giordano:
„day started great with trying to pass security with a pocket knife. Some crap company put it in the le web 3 conference bag as a giveaway“

Und schließlich noch ein paar Zitate:

Dan Rose (Facebook):
„Der Filter, den wir benutzen, sind Menschen, die wir kennen. Und Menschen, die wir kennen, spammen uns nicht voll.“
„Wenn ich eine Buchkritik in einem Blog lese, nehme ich sie ernster als auf einer Seite wie Amazon.“

Chris Alden (Sixapart):
„Ein Inhalt ist immer dann Müll, wenn er mich nicht interessiert.“

Philippe Starck:
über ethische Produkte: „Die meisten sind zu 10 Prozent nützlich und zu 90 Prozent Scheiße. Das mag ich nicht.“
„Man kann subversiv sein in allem, was man tut.“
„Wenn ein Trend überall ist, muss man darauf furzen und das Gegenteil machen.“
„Bionik wird bald Alltag sein – und das wird das Ende der Designer sein. Denn der Designer ist dann der Sporttrainer und das Produkt der eigene Körper.“
zum Kindle: „Er ist fast modern.“
„Steve Jobs ist ein Genie. Ich sehe nur so aus wegen meiner Lederhose.“

Dan Dudno (Autor):
Die großen Medienhäuser „haben die Reporter vor Ort gekillt und genauso die Poeten, die eine Geschichte erzählen können.“
An Blogger: „Ihr seid die wahren Journalisten, denn ihr habt die Leidenschaft, die Story zu finden.“

Dave Winer (Autor):
„Niemand hat ein Business Modell – alle wollen nur an Google verkaufen.“
„Wenn Sie glauben, ich sei ein Blogger und das mache mich wichtig – dann haben Sie das Bloggen nicht verstanden.“

Jason Calacanis (Mahalo):
„Es lohnt sich nicht, sich mit Menschen zu beschäftigen, die das Internet nicht verstehen. Die sind sowieso bald tot.“


Kommentare


Jörg Friedrich 13. Dezember 2007 um 15:24

Was hast du mit dem Messer gemacht? Draußen ans Flugzeug angebunden? Oder beim Checkin eine nette mitreisende gefragt, ob sie es für dich in ihrem Koffer transportiert?

Ansonsten: Klingt alles sehr interessant.

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Thomas Knüwer 13. Dezember 2007 um 16:26

Ich bin Zug gefahren. Thalys ist echt ein schmuddeliges Drecksteil…

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offline 13. Dezember 2007 um 16:37

robert scoble ist bei podtech, nicht podtv

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Thomas Knüwer 13. Dezember 2007 um 17:11

Danke für den Hinweis!

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Dirk 13. Dezember 2007 um 20:43

Diese \“WiFly\“-Geschichte ist aber schon ein bisschen älter: http://tools.ietf.org/html/rfc1149

Oder ist da gerade der Patentschutz abgelaufen? 😉

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Ben Utzer 14. Dezember 2007 um 0:44

Zum Thema WiFly, die Geschichte ist sogar noch älter, zumindest in übertragener Weise.

Es gibt Länder auf der Welt, aus denen es billiger und schneller ist 700 MB Daten auf einen CD-Rohling zu brennen und per Flugzeug zu transportieren, als diese über das Internet zu übertragen.

Nur am Rande als kleiner Einwurf.

http://www.netzeitung.de/internet/399583.html

Es gibt noch andere Angaben, laut denen es billiger ist aus Afrika nach Hong Kong zu fliegen, dort in ein Internetcafe zu gehen und die Daten herunter zu laden und im Handgepäck wieder mit zu nehmen.

Ich fand das schockierend, kann mir gar nicht mehr vorstellen das ich über so was nachdenken müsste was mich ein GB Datentransfer kostet… ich wäre immer pleite.

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Harald 14. Dezember 2007 um 17:37

Danke für den Bericht. Ich hatte auch angedacht zur Le Web nach Paris zu fahren weil ich aus den angekündigten Firmen und Sprechern absehen konnte dass das eine gute Veranstaltung wird um neue Eindrücke und Kontakte zu bekommen. Musste leider absagen, weil ich zur selben Zeit in Österreich sein musste ;-(
War aber auch ganz nett.

Scoble ist nach den Podcasts die ich bislang mit ihm gesehen/gehört habe ein ziemlicher Aufschneider, aber zumindest hat er eine deutliche Meinung zu praktisch allen aktuellen Internet-Themen. Irgendeinen tieferen Eindruck von den Plänen von Mahalo oder Revision 3/Digg bekommen? Wie waren Ihrer Meinung nach die Gewinner des Startup-Wettbewerbs, die die Investoren ja nach deren Aussage nicht so beeindrucken konnten? Insbesondere G.ho.st (3rd Place) und erepublik (honorable mention) sahen für mich nach interessanten Konzepten aus.

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Lisa 14. Dezember 2007 um 23:47

Thomas, Thomas, Thomas…
Also, was die Foie Gras angeht, muss ich ja immer noch mit der Tierschützer-Moral-Keule drohen…die armen Gänsken!!!
Und was die Französken angeht, muss ich mal ein ganz großes Lob aussprechen hinsichtlich des Taschenmessers: mein letztes hatten sie am Charles de Gaulle konfisziert… sehr gutes Mitgeberl!!
Ansonsten frag ich mich allerdings, inwiefern die Französken überhaupt für all die schönen Dinge bei Le Web 3 verantwortlich waren. Denn: an jenen Tagen auf jenem Gelände im Norden von Paris konnte man ja nun fast alle Sprachen vernehmen außer…französisch!
L.

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Kein Kindlekram 16. November 2011 um 15:54

[…] weiterhin skeptisch, ob der Kindle nun auf Dauer das führende Digitalbuchlesegerät bleiben wird. “It looks almost modern”, das vernichtende Urteil von Philippe Starck auf der Le Web 200… Der Kindle ist grauenhaft gestaltet, allein zwei Dinge machen in besonders: das exzellente Display […]

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Kindle – Ambivalenz in Plastik 6. Januar 2012 um 9:43

[…] der Le Web 2007 hielt ich ihn zum ersten Mal in der Hand, er war noch recht frisch. Das Display gefiel mir sofort. […]

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