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In der Serie “Netzwert Reloaded” verfolge ich jeden Montag, was das Team von Handelsblatt Netzwert vor exakt 10 Jahren über das digitale Geschäft schrieb. Mehr dazu hier. Alle Netzwert-Reloaded Folgen finden Sie hier.

Mist, Mist, Mist – da hab ich doch zwei Wochen lang ganz vergessen die wöchentliche New-Economy-Erinnerung aufzuschreiben. Also gibt es jetzt zwei Folgen hintereinaner. Vielleicht lag es ja an der Titelgeschichte jenes 2. Oktober 2000. Denn sonderlich prophetisch war das nicht, was unser Team da schrieb. Wir orakelten allen Ernstes über lebensbedrohliche Probleme von Amazon.

Nun war das Unternehmen tatsächlich damals wackeliger als heute. Im Weihnachtsgeschäft 1999 war vieles schief gelaufen. „Intern herrschte Chaos“, sagte Vize-Vorstand David Risher damals. Der Grund war die Angst vor Knappheit. Jeff Bezos größte Furcht war es, dass Besteller die Ware nicht bekommen würden. So hatte Amazon eine gewaltige Menge von Kermit-Telefonen geordert – die dann über Monate die Regale verstopften. Außerdem wurden im heißen Weihnachtsgeschäft 99 Aushilfen beschäftigt, die keinen Schimmer vom Warenwirtschaftssystem hatten – substanzielle Mengen von Produkten blieben über Wochen hinweg verschollen, weil sie falsch eingeordnet worden waren. Ja, das war die wilde Zeit eines Unternehmens, das heute fast schon langweilig stabil wirkt.

Nichts geändert hat sich beim Wunsch, redaktionelle Inhalte zu verkaufen. „Syndication“ war eines der Schwirrworte jener Tage – und alle Verlage wollten mitmischen: „Die Kunden solcher Inhalte-Anbieter können Texte, Illustrationen oder auch Filme kaufen und auf ihre Seiten stellen.“ Das klingt nach – richtig – 2010. Heute ist das nicht anders. Nur gibt es heute nicht mehr das Modell des Content-Brokers. Damals waren Tanto und 4Content die beiden Marktführer in Deutschland. Was damals niemand ahnen konnte und heute viele übersehen: Doppelte Inhalte im Web werden von Google abgestuft. Verlage, die Texte also an Unternehmen weitervermarkten, schaden damit der Suchmaschinenplatzierung ihrer eigenen Redaktionen.

Wie geht es eigentlich der Startup-Kultur in Jena? Abgesehen von Intershop erinnere ich mich an kein Web-Unternehmen, das aus der Carl-Zeiss-Stadt den Weg in die Welt angetreten hätte. Damals aber schien Jena viel versprechend. Eine Technik-Hochschule von exzellentem Ruf, mit der Jenoptik-Tochter DEBW ein lokaler Kapitalgeber und viel Unterstützung von Seiten der Politik. Nur so ein richtiges Aufbruchbild – das fanden wir damals bei Netzwert nicht.

Zu jener Zeit erschien auch ein Buch, dessen Qualität erst heute so richtig zum Scheinen kommt. „Access“ von Jeremy Rifkin. Darin beschreibt er den Weg der Gesellschaft weg vom Besitz von Dingen hin zum Zugang. Platt gesagt: weniger Käufe, mehr Abos. Willkommen im Jahr 2010.

Das Portrait und das Interview mit Rifkin quittierte Bernd Ziesemer, damals Vize-Chef des „Handelsblatts“ mit einigem Gegrummel. Er stand eher auf der Seite von Harvard-Professor Jay Gould, der über Rifkins Arbeiten giftete, es seien „klug konstruierte Traktate mit antiwissenschaftlicher Propaganda, maskiert als Lehrbücher“. Als ich Rifkin damals mit der Kritik konfrontierte reagierte er so cool, dass es für mich auch zur Lehre wurde beim Umgang mit manchem Kommentator hier im Blog.

Und dann war da noch Kidnet. Eine Elterninitiative, die anderen Eltern helfen wollte. Erfreut stelle ich fest: Sie existiert noch immer. Und noch immer ist Laura von Welck verantwortlich – seit 13 Jahren. Bemerkenswert.


Kommentare


Markus Kämmerer 14. Oktober 2010 um 16:44

Hoho, was muss ich da hier über unser schönes Städtchen Jena lesen? Selbstverständlich steppt hier der Start-Up-Bär :-).
Im Ernst: viele große Firmen haben es nicht in die Welt geschafft, aber z.B. hat Demandware es von der Welt wieder nach Jena geschafft. Ansonsten gibt es eine Vielzahl kleiner und mittlerer Unternehmen, die sich mit eCommerce beschäftigen. Einige davon sind in der Towerbyte vereinigt.

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