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Es gibt Menschen, die dem ZDF Magazin Royale von Jan Böhmermann das Prädikat „Journalismus“ geben würden. Das halte ich persönlich für genauso korrekt, wie die „Bild“ als Journalismus anzusehen.

Mit dem Relaunch vor zwei Jahren wollte Böhmermann das nachahmen, was Moderatoren wie John Oliver oder Trevor Noah in den USA geprägt haben: eine Kombination aus investigativer Recherche und Humor. Und dafür hat Böhmermann mit Hanna Herbst eine Chefin vom Dienst geholt, deren Vita zumindest den Vize-Chefposten bei Vice Österreich enthält, vor allem preisgekrönte und viel gelobte Meinungsbeiträge. Das ist nicht schlimm, nur sind Meinungsbeiträge viel schneller geschrieben, als eine Reportage recherchiert ist.

Nun ist in Deutschland alles erheblich kleiner als in den USA – das Land, die Körperumfänge und die Zahl der MitarbeiterInnen in TV-Redaktionen und die Qualität, die sie auf die Bildschirme bringen.

So auch beim ZDF Magazin Royale. Manches geht gut, erst recht, wenn es bei der Recherche Kooperationspartner gibt. Vieles aber geht daneben.

So in der vergangenen Woche: Auch ich war aufaggitiert, als Böhmermann die Geschichte vom BSI-Chef erzählte, der zuvor einen Verein geführt hatte, in dem ein Softwareunternehmen Mitglied ist, das dem Anschein nach nur eine umbenannte Deutschland-Tochter einer von einem Ex-Geheimdienstler geführten, russischen Firma ist, wobei vollkommen unklar ist, wie viele deutsche Abnehmer die Software dieser Firma hat.

Wenn Sie sich diesen, zugegeben: langen, Satz langsam und ruhig durchlesen, werden sie merken wo der Haken ist: Dieser Zusammenhang ist nicht schön – aber reicht das, um glasklar diese Schlagzeile unten auszurufen?

Und reicht es, um BSI-Chef Arne Schönbohm als „Cyberclown“ zu titulieren?

Im Laufe der Woche fiel der Skandal in sich zusammen wie ein schlecht gebackenes Soufflé. Die Redaktion selbst formulierte lange Twitter-Threads mit viel Geraune am Rande zur Verschwörungstheorie. Zum Beispiel diesen:

Heise, dem Analogfetischismus unverdächtig, kommentierte:

„Alles in allem wirken die im ZDF Magazin Royale erhobenen Vorwürfe vielmehr wie ein nur allzu willkommener Anlass, einen Beamten zu entsorgen, der sich Feinde im BMI gemacht hat. Nicht wegen herbeigeredeter, angeblicher Interessenverstrickungen mit Russland, sondern weil er der Stimme von IT-Security-Fachleuten ein offizielles Gesicht gegeben hat.

Damit steht er den Plänen zum Ausbau von staatlicher Überwachung und Fantasien von Hackbacks im Cyberspace im Weg.“

Noch schlimmer wird es beim ZDF Magazin Royale in der jüngsten Ausgabe. Es geht um Wein, der gefühlt 3613 mal unkreativ beleidigt wird. Zusammenfassung: Er soll ein Elitengetränk sein, in dem tote Tiere und „Gestrüpp“ verarbeitet werden, natürlich inklusive ekliger Chemie.

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Gerade an dieser Ausgabe – bei der das Lachen des Live-Publikums leiser ist als  ein nebliger Weinberg am Morgen des ersten Weihnachtstags – lässt sich zeigen, dass Böhmermann mit manipulativen Mitteln jenes Boulevards arbeitet, das er selbst ständig kritisiert.

Der Gegner: BilligWein

Jede Boulevardgeschichte braucht einen Gegner. Und der heißt hier nicht Wein, sondern „Der Wein“, ohne jede Differenzierung muss alles in eine Flasche und dann draufhauen. Für Böhmermann ist Wein ein Elitengetränk, Bier dagegen das Ding für die Masse.

Vielleicht hat er seit den 90er Jahren seine TV-Star-Filterblase nicht mehr verlassen, aber das ist natürlich Blödsinn. Als Gegenbeweis dürfen die vielen, jungen Weinbars gelten, die derzeit in der Republik aufmachen, so das „Fett“ mitten in der Düsseldorfer Altstadt. Schon wenige Tage nach der Eröffnung waren wir die Gesichtsältesten – und das mit Abstand. Schnöselig war da nichts, jung dagegen jeder außer uns. Er könnte ja auch seinen Ex-Mitarbeiterin Sophie Passmann zu deren Jugenderinnerungen befragen: Denn in Weinbauregionen ist Wein und Weinschorle so alltäglich wie anderswo Bier.

Natürlich gibt es auch die elitistischen Voll-Nerds – nur die gibt es eben bei allem und sie machen wie in fast jedem Bereich eine absolute Minderheit aus.

Doch es braucht dieses Framing, um aus dem Folgenden überhaupt eine Geschichte zu formen.

Nächste Boulevard-Ingredienz: Personalisierung. Es braucht ein Gesicht. Die Rolle des Wein- statt des Cyberclowns wird Günther Jauch übergestülpt. Eingeführt wird Jauch mit einem ironischen Spruch über sein Vermögen – das dieser dann als ernst interpretiert wird zeigt, dass in einer Welt voller Böhermanns Personen des öffentlichen Lebens gut daran tun, gar nichts mehr zu sagen. Denn alles, was sie sagen, kann auch Jahre später noch gegen sie verdreht werden.

Die Wein-Geschichte von Günther Jauch wird ebenfalls so verzerrt, dass es wirkt, als habe er mit seinem Vermögen einfach mal ein Weingut gekauft. Was Böhmermann verschweigt: Das Weingut Othegraven gehörte schon immer Jauchs Familie, als Kind war er häufig dort. Menschen aus der Weinszene berichten in herzwärmenden Worte von Begegnungen mit Jauch. Unkompliziert soll er sein, er nehme sich nicht wichtig, er sei ernsthaft interessiert.

Das klingt dann schon ganz anders als der reiche TV-Star, der sich mal eben was kauft, oder?

Doch braucht Böhmermann Jauch nicht nur als Gesicht, sondern auch als Überleitung. Denn Jauch hat seinen Namen – und das tatsächlich kritikwürdig – temporär für eine Aldi-Edition hergeben.

Womit wir beim Billigwein wären, zu der jene gehört. Ab jetzt ist für Böhmermann jeder Wein eben dieser Billigwein. Warum Eliten dann so was trinken? Diesen logischen Bruch muss man im TV nicht aufklären – „versendet sich“ ist ein beliebter Spruch der Branche.

Es stimmt, dass der Durchschnittspreis für Wein in Deutschland erschreckend niedrig ist und 2021 bei 3,64 Euro lag.

Hendrik Thoma von Wein am Limit, einer der bekanntesten Händler in Deutschland (Disclaimer: auch der Händler meines Vertrauens), hat in seinem Blog im vergangenen Jahr eine Kostenanalyse veröffentlicht: 

Allerdings: Was dieser Durchschnittspreis von aktuell 3,64 für den Liter exakt enthält, ist ein wenig schwammig. So dürften sowohl die Glühwein-Tetrapacks gezählt werden, die Weihnachstmarktbeschicker kaufen, als auch Weineinkäufe von Gastronomen bei der Metro. Wenn die Kneipe Ihres Vertrauens Wein offeriert, bei dem zwar die Rebsorte vermerkt ist, jedoch nicht das Weingut, dann dürfen sie von der oben in der Grafik analysierten Preiskategorie ausgehen.

Was Böhmermann verschweigen muss, um seine Storyline nicht zu zerschießen: Die Deutschen geben immer mehr Geld für Wein aus. Während im vergangenen Jahr der Durchschnittspreis für einen Liter bei 3,64 Euro lag, betrug er vor sechs Jahren 3 Euro.

Über 20 Prozent mehr in 6 Jahren? Ups.

Aber natürlich darf Wein nicht nur teuer sein, er muss auch schlecht sein. Böhmermann spricht mehrfach von „industriellem Anbau“. Was soll das sein?

„Apfelsaft ist nie vegetarisch.“

Er fixiert er sich auf Vollernter, also Maschinen die Reben automatisch ernten. Vielleicht glaubt Böhmi auch, dass der von ihm so geliebte Grünkohl zärtlich von Hand gezupft wird.

Ne, wird er nicht. Dafür gibt es Vollernter wie den MK2100 von Ploeger – hier bei der Spinaternte:

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Böhmermann ist eben ein Polizistensohn und kein Landkind. Deshalb schockiert es ihn auch so sehr, dass mal Ohrenkneifer mit in der Ernte landen – was beim Grünkohl nicht anders ist. Man nennt das: Natur. Ach ja: Äpfel werden übrigens wie geerntet? Genau mit einer Erntemaschine, bei der bestimmt kein Blatt mit abgerissen wird.

Vielleicht wäre es Böhmermann lieber, wenn Reben grundsätzlich von Hand geerntet würden. Das sollte er selber mal probieren, Erntehelfer werden Weingütern gesucht. Ich vermute aber mal, dass Böhmis Rücken schnell Auaaua macht, wenn er einige Stunden dieser absurd anstrengenden Tätigkeit nachgeht. Richtig gute Weingüter würden ihn aber gar nicht ranlassen – die brauchen nämlich Hilfskräfte, die auf Rebenbasis entscheiden, was wann geerntet wird (mehr zu diesem Thema im Interview mit der Chefin des Weingutes Bürklin-Wolf:

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Kommen wir zur Verarbeitung im Weingut. Hier macht sich Böhmermann episch über die Filterung (und dem, was man Schönung nennt, er aber nicht erwähnt) des Weins per Gelatine und Fischblase lustig. Durch die Verbindung mit dem Vegetarismus lässt er es scheinen, als sie diese scheinbar eklige Methode ein Produkt des Industriezeitalter.

Ist sie nicht. Schon im 16. Jahrhundert wurden Fischblasen als Gelatine verwendet, im 18. Jahrhundert sogar als Pflasterbestandteil. Und was glaubt Böhmermann eigentlich, warum es klaren Apfelsaft und naturtrüben gibt? Unerwähnt bleibt: Das von ihm bevorzugte Bier wird mit den gleichen Methoden hergestellt. Es gibt inzwischen auch andere Methoden, die beispielsweise mit Schiefer arbeiten, Böhmermann hat die große Chance verpasst, kamerawirksam einen Stein abzulecken.

Problematisch ist dies natürlich für Hardcore-Veganer. Nur: Für sie gibt es ja veganen Wein. Wer aber glaubt, dass dafür kein Ohrenkneifer stirbt, für den kommt Strom auch aus der Steckdose.

Auch in Sachen Zusatzstoffe wirft Böhmermann alles zusammen – vom Pflanzenschutzmittel bis zur Reinzucht-/Aroma-Hefe. Ohne erstere ist der weiteste Teil der Landwirtschaft heute nicht mehr möglich – auch nicht beim Grünkohl. Bioanbau ist wunderbar, er ist aber für die Masse der Menschen nicht darstellbar.

Und die Aromahefen – sind halt Hefen. Ihnen wird auch kein Aroma zugesetzt, wie der Name vielleicht vermuten lässt. Es handelt sich um Züchtungen, die bei der Verwendung bestimmte Aromen im Wein hervorheben. Und sie können korrigieren – aber sie machen nicht aus Wasser einen Premier Cru.

Wer diese Zuchthefen als unnatürlich ansieht, muss das auch bei Zwergdackeln oder Perserkatzen tun, sind schließlich auch gezüchtet. Und Böhmermanns Grünkohl? Ist heutzutage auch ohne Frost genießbar, weil entsprechende Sorten gezüchtet wurden.

Schockierend: Schwefel stinkt

Kommen wir zum Schwefeldioxid, das Böhmermann anprangert. Klingt schrecklich. Nur gibt es erstmal keinen Wein, der keinen Schwefel enthält – denn der entsteht ohnehin bei der Fermentierung. Oder um es Mai-Thi Nguyen-Kim zu sagen: „Komisch, alles chemisch“.

Den meisten Weinen wird Schwefel zugesetzt, damit sie haltbar werden. Schwefel ist ein Allergen, allerdings ist eine Allergie gegen Schwefel selten. Andererseits: Haltbarmachung ist bei jedem Lebensmittel eben auch ein Umweltbeitrag – denn je länger etwas hält, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass es weggeworfen wird.

Fun Fact: Auch die Behauptung (nicht von Böhmermann vorgetragen), man habe nach Wein Kopfschmerzen wegen des Schwefels bekommen, ist wissenschaftlich nicht belegt. It’s not the Schwefel, stupid, it’s the Menge.

Und, ja, Schwefel stinkt, was Böhmermann betont. Aber hat er schon mal an Bier im Fermentierungsprozess geschnuppert?

Übrigens: Auch beim Bierbrauen entsteht SO2 – würde aber die Story des Neo Magazin Royale kaputtmachen.

Einen Punkt hat Böhmermann beim Thema Flaschen. Ein Pfandsystem für Weinflaschen wäre wünschenswert. So zu tun, als gebe es Millionen verschiedener Flaschen ist aber albern – schließlich gibt es dies genauso im Bierbereich. Gleichzeitig arbeiten Winzer ja an neuen Lösungen – was Böhmermann natürlich verschweigen muss. So gibt es dünnwandige Flaschen und KEK (also mehrfach verwendbare Metallcontainer) für die Gastronomie gelten als nächster logischer Schritt.

Und: Ein Pfandsystem würde viele kleine Weinhändler dahinraffen, denn sie hätten nicht die Lager, um die zurückgegebenen Flaschen aufzubewahren. Im Sinne der Umwelt kann man das als Kollateralschaden ansehen, sollte sich aber nicht über verödende Innenstädte oder Stärkung von Großunternehmen mockieren.

Überhaupt Schritte: Die Weinherstellung verändert sich gerade drastisch. Noch vor wenigen Jahren war das Gros der Naturweine (die versuchen, wenig bis gar keinen Schwefel zuzusetzen oder auf Spontanvergärung setzen) schwer genießbar. Heute sieht das ganz anders aus: Eine junge Generation von Winzern tut spannende Dinge, wie zum Beispiel Sven Nieger:

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Deren Arbeit kommt bei Böhmermann nicht vor. Er könnte sie ja für wenigstens 5,7 Sekunden thematisieren um die Situation, die er so scheinwütend kritisiert zu ändern. Er könnte eine positive Person aufbauen und so zum Kauf von Wein animieren, der ein paar Euro mehr kostet.

Könnte.

Wäre aber nicht witzig.

Stattdessen endet er mit den Worten:

„Ob Sie jetzt noch Weintrinken, ist mir scheißegal. Machen Sie mit den Informationen, was sie wollen.“

Aber auch das geht nicht ohne Framing:

„Juckt mich doch nicht, ob sie regelmäßig durch Schweineschwarten gefilterte Pestizidrebenrotze sich reinorgeln, in denen bis vor kurzem noch Stücke von zerhäckselten Ohrkneifertorsos zumgeschwommen sind.“

Das mit dem Wein ist also komplizierter, als es das ZDF Magazin Royale darzustellen bereit ist. Erst recht, wenn man die Weinbranche aus der Brille eines großstädtischen TV-Stars betrachtet, der anscheinend seit langer Zeit nicht mehr (wenn überhaupt) mal mit einem Landwirt gesprochen hat. Und der laut des Instagramm-Accounts Cellarschlampen 3000 (bei dem zumindest eine Person beteiligt ist, die mal bei Böhmermann gearbeitet hat) zu Partys Wein vom wahrlich nicht kleinen Produzenten Schneider mitbringt:

Muss er ja auch gar nicht selbst, dieses, wie hieß das neumodische Zeugs nochmal, ach ja: recherchieren. Könnte ja auch die „Redaktion“ oder die „Chefin vom Dienst“. Doch ist es auffällig, dass die Arbeit jener Personen quer über alle Sendungen hinweg maßgeblich  darin besteht, andere Medien zu zitieren. Und dabei suchen sie sich eben jene Informationen heraus, die zur Storyline und zum Witz passen.

Recherche wird dann ersetzt durch Beleidigung – und die waren in diesem Fall nicht mal kreativ, was auch der vergleichsweise ermatteten Reaktion des Publikums im Saal anzuhören ist.

Höchst problematisch aber sind die „Bild“-Methoden des ZDF Magazin Royale. Böhmermann et al. wissen, wie Geschichte erzählt werden müssen, um die eigenen Fans anzustacheln. Dazu gehört es zum Beispiel ein Banner in den Treibsand der eigenen Argumentation zu rammen. Das ist dann so wie bei einer Mittelalter-Schlacht mit dem königlichen Banner in der ersten Reihe: Alle dahinter – gut, alle davor – abschlachten.

Diese Banner sind bei ihm wahlweise das Hashtag der Woche (diesmal #ohrenkneiferschorle) oder die beleidigende Titulierung der zu kritisierenden Person, oder beides – wie im Fall von #Cyberclown.

Diese Methode des Framings entstammt ebenfalls dem Boulevardbereich und sie umgibt der Gestank von Menscheinfeindlichkeit und Verachtung. Aber die gedankliche Argumentation ist simpel: Die oder der Kritisierte ist ja das Böse, somit kein Mensch, weshalb Menschenwürde keine zu beachtende Kategorie ist.

Dieses Vorgehen ist aus meiner Sicht eine Gefahr für die Gesellschaft. Denn sie erzeugt das Gefühl, dass alles unkontrollierbar und unabänderbar schlecht ist. Es gibt keinen Ausweg, es bleiben nur Beleidigung, Verachtung und Wut – und die darf sich gegen Cyberclowns und Weinmillionäre richten. Böhmermanns (fast) letzter Satz: „An den Umständen können Sie sowieso nichts ändern.“

Nicht anders reden, denken und arbeiten Querdenker, Verschwörungsschwurbler und Rechtsradikale.

Das ZDF Magazin Royale ist nicht das einzige Medienprodukt, das so agiert. Allen voran ist dies die Vorgehensweise des Axel Springer Konzerns, egal ob bei „Bild“, „Welt“ oder „Business Insider“. Doch auch andere Redaktionen tragen dazu bei, wenn sie inflationär von „Chaos“ schreiben, fragen wie „irre“ etwas ist oder dass eine Entwicklung „Wahnsinn“ sei.

Jener Thread zur angeblichen Russen-Hack-Affäre, den ich oben schon eingebettet habe, endet übrigens bemerkenswert. Denn die Redaktion zieht sich auf eine sehr bequeme Position zurück:

Ach! Das ZDF Magazin Royale ist nur Satire?

Vielleicht sollte es aufhören seinen ZuschauerInnen in Enkeltrick-Manier vorzutäuschen, es sei mehr.

Hashtag der Woche: #SchusterLeisten


Kommentare


Laszlo Trankovits 17. Oktober 2022 um 11:02

Boulevard-Journalismus ist durchaus ernst zu nehmender Journalismus. Der Hang zu spektakulären Schlagzeilen, aufgebauschten bunten Geschichten und zur Skandalisierung ist keineswegs nur dem Boulevard vorbehalten; Leitmedien wie der Spiegel oder die FR, Zwitter wie der Stern öffentlich-rechtliche Magazine machen das gerne und zuweilen grotesk verlogen (Hitler-Tagebücher, Relotius). Die Bild-Zeitung ist im politischen Teil oft seriöser – nämlich ausgewogener, kritischer und ausführlicher – als viele andere Zeitungen im Land. Böhmermann ist nicht Boulevard, er ist ein Aktivist. Weiter entfernt vom Journalismus kann man kaum sein.

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Stefan Friedrich 18. Oktober 2022 um 9:30

Boulevard kann ernstzunehmender Journalismus sein, aber gerade bei BILD ist er das meist nicht, denn mag man dem politischen Teil noch zugestehen, dass er kritisch ist, so ist er weder ausführlicher, noch ausgewogener. Ganz im Gegenteil, denn BILD ist da nicht weniger aktivistischer als Böhmermann. Da wird nur so weit "recherchiert", wie es dem Narrativ entspricht, Schlagzeilen implizieren das genaue Gegenteil des Artikels (z.B. durch Formulierung als Frage), und es werden gezielt nur Politiker zitiert, die das vorgegebene Narrativ tragen, egal wie unbedeutend diese Stimmen sind. Und Vorfälle wie die Hitler-Tagebücher oder die Relotius-Affäre als tragende Teile und nicht als Fehler des Journalismus darzustellen legt nahe, dass Ihr Beitrag dann doch eher von Ihrem Narrativ, als der Realität geprägt ist. Alles in allem zeugt Ihr Kommentar nicht von einer intensiven Auseinandersetzung mit der Thematik.

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Thomas Hoffmann 18. Oktober 2022 um 13:58

JB möchte gerne der deutsche John Oliver sein. Eat your heart out, Böhmi. Leider ist er nur ein oft nur schwer zu ertragener Satire-Clown. Meinung ersetzt Ahnung bzw. Recherche. Ganz nahe an Blöd.

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parker 20. Oktober 2022 um 8:42

die bild-zeitung ist faschistoid, menschenverachtend, rechtspopulistisch, offen rassistisch und als journalistisches medium nicht ernstzunehmen. menschen, die anderes behaupten, disqualifizieren sich offiziell aus jeglicher debatte. man sollte in der lage sein, ansatzweise kritisch zu denken.

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Frank Stohl 17. Oktober 2022 um 11:28

zum BSI: wenn ein BSI-Chef mit einer Nation kuschelt, gegen die wir in einem großen Konflikt sind und digitale Angriffe erwarten, dann sollte man zumindest das was er tat überprüfen. Haben wir in Deutschland keine Menschen die nicht Putin nahe sind für diesen Job? Das ist wie Korruption: wer den Anschein erweckt, hat ein Problem.

zum Wein: Elitär ist gleich alt? Vielleicht haben sie mit jungen Elitären Wein getrunken? Auch die müssen üben. Erst wenn unter HartzIV-Empfänger der Wein beliebt wird und Reiche sich Literweise Deluxe-Premium-Gold-Bier bestellen, dann haben wir den Bann des Vorurteiles gebrochen.

Ansonsten gab es zum Thema Wein nichts neues. Wobei, viele seiner Zielgruppe werden die Umstände der Wein-Produktion nicht kennen..

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con2epa 18. Oktober 2022 um 14:18

"zum BSI: wenn ein BSI-Chef mit einer Nation kuschelt"

Diese Aussage ist bereits falsch und wurde von Böhmermann impliziert. Herzlichen Glückwunsch, Sie haben das Narrativ der "Satiresendung" übernommen. Lesen Sie nun die von Herrn Knüwer genannten Artikel, um die Fakten kennenzulernen.

Nein, nicht der Chef hat den Anschein erweckt. Es war Böhmermann.
Und es erweckt den Anschein, als wollte das ZDF dem Innenministerium einen Gefallen tun, um einen Störenfried loszuwerden.

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Jan 17. Oktober 2022 um 23:49

Danke, sehr schöner Beitrag, der diese Sendung gut zerpflückt. Die ich selbst als einen Tiefpunkt der Reihe empfunden habe, weil sich über offensichtliche Nichtigkeiten versucht wird, zu erregen.

Nicht richtig ist allerdings die These, dass ein Pfandsystem kleine Winzer zerstören würde. Kleine Brauereien für Bier kommen ja auch klar, trotz Pfandsystem. Es ist dort allerdings so, dass kleine Brauereien meistens gar keine Flaschen wiederverwenden, weil sie diese gar nicht vernünftig reinigen könnten. Sprich: Sie verwenden einfach ausschließlich neue Flaschen.

Ohnehin stellt sich die Frage, welchen Sinn diese Mehrwegsysteme so rein ökologisch eigentlich wirklich haben. Auch große Brauereien sortieren Flaschen nämlich aus, die sie zwar picobello reinigen können, die jedoch durch Stoßränder einfach nicht mehr hübsch genug aussehen. Dazu kommt, dass die Flaschen eben nicht nur aufwendig gewaschen werden müssen, sie müssen auch kreuz und quer durch die Republik kutschiert werden – was eben auch nicht sehr ökologisch ist, wenn sie aus Glas und damit recht schwer sind.

Den Sinn vermeintlich ökologischer Lösungen mal zu hinterfragen, hätte möglicherweise viel mehr hergegeben, als diese merkwürdige Weinsendung.

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Thomas Knüwer 18. Oktober 2022 um 8:43

@Jan: Kleine Korrektur. Ich schrieb nicht von kleinen Winzern, sondern von kleinen Weinhändlern. Gerade in innerstädtischen Händler müssten erheblich mehr Fläche anmieten, um Pfandflaschen aufzubewahren. Wenn Sie die Flaschen der Gastronomie zurücknehmen müssten, wäre das Geschäft wahrscheinlich sogar für mittlere Händler nicht mehr darstellbar.

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Hans Sölner 18. Oktober 2022 um 8:15

Ich denke da liegst du daneben. Es ging in dem Beitrag in meinen Augen darum das Image/die Wahrnehmung von Wein, welche ja auch vermarktet wird, mal etwas gerade zu rücken. Nicht darum das Weinbusiness an sich zu kritisieren. Dabei wurde auch nichts Unbekanntes erzählt. Anbau und Ernte von Wein ist eben nicht edler, glamouröser und romantischer als Anbau und Ernte von z.b. Kartoffeln oder Mais. Nur stellt sich niemand auf die Bühne und rezitiert was irgendwer Mal über festkochende Kartoffeln gesagt bzw. geschrieben hat. Und Kubicki hält auch nicht sein Gesicht in eine Kamera, um über Preis und Qualität von Dosenmais zu sinieren. Wein ist ein stinknormales Produkt der Lebensmittelindustrie. Verarbeitetes Lebensmittel, Zusatzstoffe…alles nichts besonderes in der Lebensmittelindustrie. Da ist Wein nicht anders als das meiste andere im Supermarktregal. Um die Gewöhnlichkeit von Wein ging es, konträr zum Image. Eingeschmuggelte Kritikpunkte waren da höchstens Pfandsystem und mangelnde Kennzeichnungspflicht. Und klar gibt es Ausnahmen. Das sind dann eben absolute Nischenprodukte. Es gibt auch den kleinen Biobauern, der jede Pflanze persönlich streichelt, der bedient aber die Nachfrage nicht im Mindesten. Alles halb so wild, alles recht profan…Wein eben. Bier ist auch nicht anders, da wird auch mit edlem Hopfen geworben…so edel ist der gar nicht. Alles nichts besonderes.

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Thomas Knüwer 18. Oktober 2022 um 8:47

@Hans Sölner: Ich finde Ihren Kommentar schwierig, weil er genauso wie Böhmermann alles in einen Topf wirft. Billiger Wein ist ein Massenprodukt – Haken dran. Gleichzeitig gibt es aber eben Wein, der ganz anders entsteht (siehe dazu auch die beiden eingebetteten Podcast-Ausgaben). Dies sind aber nicht "absolute Nischenprodukte", sondern ein weltweiter Trend. Mit dem "kleinen Biobauern" machen Sie dabei ein Bild auf, das nicht falsch ist – aber außen vor lässt, wie zum Beispiel große Hersteller wie Bürklin-Wolf arbeiten.

Gar nicht einverstanden bin ich mit der Meinung, die Weinindustrie sollte nicht an sich kritisiert werden – das sehe ich diametral anders.

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Schorsch 18. Oktober 2022 um 10:01

Richtig! Es ging vor allem wohl gegen das Gedönst, das Weintrinker machen und deswegen fand ich die Folge trotz ihrer Schwächen wunderbar.
Du trinkst täglich Wein? Dann bist du Alkoholiker und das ist nicht gesund!
Du machst mehrere Flaschen auf und willst dich besaufen? Ja meinetwegen, aber du bist dabei nicht kultivierter als andere Alkoholiker, nur weil es Wein ist!
Aber es war zu erwarten, das sich durch diese Satire einige auf den Schlips getreten fühlen. Sagen sie mal in einer Runde von Weintrinkern, das sie keinen Wein wollen, weil sie Wein nicht mögen. Dann ist der Abend aber gelaufen.
Und ich denke genau das war das Ziel von Jan Böhmermann, einfach mal alles mögliche gegen Wein raushauen um zu provozieren. Selber Schuld, wer darauf reinfällt.

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Thomas Knüwer 18. Oktober 2022 um 11:38

@Schorsch: Mit Verlaub, da sind dann doch ein paar Strohmann-Argumente dabei. Zunächst: Wer täglich Wein trinkt, ist nicht automatisch ALkoholiker. Dazu sei auch verwiesen auf international anerkannte Selbsttests wie die Alcohol Use Disorders Identification.
Wie im Text erklärt ist das mit "kultivierter" ein Bild aus vergangenen Jahrzehnten. Heute ist Wein für eine junge Klientel ein Spaßgetränk, nochmal sei hier zum Besuch einer entsprechenden Weinbar neueren Stils wie dem "Fett" hingewiesen. Oder mal reinhören in den größten, deutschen Weinpodcast "Terroir & Adiletten" – das ist wenig bis nix kultiviert.
Sie kommen dann nur noch zu "Auf den Schlips getreten", aber gehen nicht auf die inhaltlichen Verdrehungen ein. Das ist schade, denn beim Thema Wein geht es ja nicht um die bösen Großkonzerne. Der Großteil der Weinbranche sind Landwirte, die sich den Hintern aufreißen. Wein ist harte Arbeit – und auf diese harte Arbeit spuckt der Polizistensohn Böhmermann mit Methoden, die fragwürdig sind (wozu Sie leider auch nichts schreiben).

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Fred 18. Oktober 2022 um 14:05

Die angesprochenen Selbsttests unterscheiden allerdings nicht, ob man nun Wein oder Bier oder Korn trinkt, so wie wir es also auch nicht tun sollten. Selbsttests sind ohnehin keine Hilfe bei einer objektiven Definition einer Alkoholsucht, hilfreicher ist da die Klassifikation im Diagnose-Handbuch der WHO ICD-10.
Ich weiß auch nicht, weshalb Sie Szenebars wie das "Fett" oder Weinpodcasts als Beleg dafür verstehen, dass Weingenuss eben nicht als "kultiviert" empfunden wird. Gerade solche Bars oder der angesprochene Podcast spielen doch mit diesem Image. Ich habe von Ihnen dazu noch kein stichhaltiges Argument gehört, eher offenbaren Sie ein verzerrtes Verständnis von "kultiviert", wenn etwas für Sie nicht gleichzeitig kultiviert und "für eine junge Klientel" sein kann.
Sie sagen, Böhmermann spucke auf die harte Arbeit der Landwirte, aber inhaltlich konnten Sie der Darstellung der Abläufe beim Weinanbau und der -verarbeitung nicht widersprechen, Sie empören Sich nur über den Spin und die Überspitzung.
Dabei war doch gerade dieser Spin das Thema der Sendung. Es ging Böhmermann doch offensichtlich nicht darum, die dreckigen Geheimnisse der Weinherstellung aufzudecken, sondern zu zeigen, dass Wein kein Glamour-Getränk ist.
Auf mich wirkt es so, als würden Sie einfach versuchen, diesen Beitrag (den ich übrigens auch nicht besonders originell fand) auf Teufel komm raus zu verreißen und dabei auch bereit sind, das eigentliche Thema Böhmermanns zu ignorieren.
Welchen anderen Grund könnten Sie dafür haben, als dass sie sich "auf den Schlips getreten" fühlen?

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Thomas Knüwer 18. Oktober 2022 um 14:47

@Fred: Jetzt bin ich verwirrt. Folge ich ihrer Argumentation würde das heißen: Wer täglich Wein trinkt ist Alkoholiker, wer täglich Korn trinkt nicht.

Auch das Diagnosehandbuch deckt nicht ihre Behauptung. Denn Alkoholiker ist danach (und das deckt sich absolut mit dem von mir zitierten Selbsttest), wer einen starken Wunsch/Zwang nach Alkohol verspürt, Kontrollverlust erleidet, Entzugserscheinungen zeigt oder sich aus dem Sozialleben zurückzieht. Nur: Das ist eben nicht bei jedem so, der regelmäßig Alkohol trinkt.

Und natürlich haben junge Bars oder Podcasts nicht mit dem zu tun, was gemeinhin unter "Kultiviertheit" verstanden wird. Kann sein, dass Sie eine andere Definition haben, aber für mich bedeutet das eben geringe Lautstärke, sehr bewusstes genießen, sprachlich gehobener, manchmal antiquierter Austauch unter Vermeidung eines Vokabulars, das bei manchen als Fäkalsprache gelten könnte. So, und nun bringen Sie das mal in Einklang mit beispielweise schon dem Namen des (so viel ich weiß) größten Berliner Weinhändlers: "Suff".

Bei ihrer Interpretation der Böhmermannschen Absichten stehe ich auf der anderen Seite: Wenn das Ziel nur das Image gewesen wäre, hätte er ja kein Problem gehabt, eine andere Seite zu zeigen (wäre nur nicht witzig gewesen). Wein war übrigens nie Glamour (einfach mal in eine Weinregion fahren), das war Champagner.

Nun habe ich in meinem Beitrag eine Menge Verdrehungen gezeigt, ich habe auch erläutert, warum ich Böhmermanns Vorgehen problematisch finde. Und am Ende gehen Sie nicht auf meine Argumente ein. Nein, vielmehr müssen es ja sinistre, persönliche Motive sein, die mich diesen Artikel schreiben ließen. Vielleicht zeigt das, wie sehr diese Art der Berichterstattung Menschen prägt: Es kann keine Debatte mehr um Themen gehen – weil jemand, der eine andere Meinung vertritt, als man selbst, finstere Motive hegt.

Fred 18. Oktober 2022 um 17:07

Da haben Sie mich etwas missverstanden: Was ich mit meinem Satz zur Alkoholsucht sagen wollte war nur, dass durchaus der tägliche Weinkonsum ein Indikator für eine Alkoholsucht sein kann. Wie Sie auch schon schrieben ist das aber natürlich ein Strohmann-Argument. Die einzige Erkenntnis die man aus den Definitionen zur Alkoholsucht über die verschiedenen Arten des Alkoholkonsums gewinnen kann, die irgendeinen Wert für diese Diskussion hat, ist, dass es eben keine Rolle spielt, welchen Alkohol man nun trinkt, sondern wie man konsumiert. Für diese Diskussion also: Wein kann genauso problematisch sein wie Bier oder andere Formen von Alkohol. Das Argument das man daraus ableiten könnte ist eher jenes, welches der von mir unterstellten Absicht Böhmermanns dient, nämlich, dass wir keinen Unterschied bei der Diskussion von Wein-, Bier- oder anderem Alkoholkonsum machen sollten.

Und ja, wir haben definitiv unterschiedliche Definitionen von Kultiviertheit. Damit wir aber diskutieren können, benutze ich einfach mal die Definition die Wikipedia hergibt: "[…] im sozialen Kontext eine verfeinerte, gepflegte Lebensweise, die sich an den Wertvorstellungen einer bestimmten sozialen Gruppe oder Schicht orientiert". In diesem Sinne sehe ich nicht, dass man Weinkonsum absprechen kann, dass er im europäischen Raum mit Kultiviertheit verbunden wird.
Ich habe ja auch gar nicht gesagt dass die angesprochenen Bars zu dem gehören, was allgemein als "kultiviert" bezeichnet wird. Im Gegenteil: Ich schreibe, dass diese Bars mit dem Image das Wein hat – das alkoholische Getränk der Wahl für die Elite zu sein – dadurch spielen, dass sie es umkehren. Damit wollte ich nur darauf hinweisen, dass diese Beispiele also nicht als Argument dafür taugen, dass Weinkonsum nicht als kultiviert empfunden wird. Das ist ohnehin ein häufiger Logikfehler: Eine allgemeine Aussage lässt sich nicht durch Beispiele beweisen, Beispiele haben nur als Gegenargumente Beweiskraft. Durch die Umkehrung eignen sich solche Bars also eher als Argument für die Behauptung, Weinkonsum wird allgemein als kultiviertere Form des Alkoholkonsums angesehen.

Was Ihre Argumente angeht: Ich widerspreche gar nicht Ihren Argumenten die sich auf den Spin Böhmermanns beziehen. Ich denke nur, dass es genau darum in Böhmermanns Beitrag ging, einen andere Sichtweise auf die Weinproduktion und den Weinkonsum zu liefern als die Etablierte. Der Grundstein für Böhmermanns Argumentation sind in dieser Interpretation dann die Abläufe der Weinproduktion und was dieses Thema angeht konnte ich in Ihrem Text kein Gegenargument finden.

Ich unterstelle Ihnen auch keine böse Absicht, ich hatte nur den Eindruck, dass Sie den Beitrag Böhmermanns missverstanden haben. Als Leser ist es aber natürlich wichtig, die Interessen des Autors so weit wie möglich zu identifizieren, damit der Text korrekt eingeordnet werden kann. Ich bin jetzt kein regelmäßiger Leser, daher suche ich meine Anhaltspunkte dafür in dem vorliegenden Text, den Antworten auf Kommentare und den zur Verfügung gestellten persönlichen Informationen.
Da Sie nach eigenen Angaben "über Essen und Reisen" unter "Völlerei und Leberschmerz" podcasten und bloggen, zeichnet sich ein Bild das die Vermutung nahe legt, dass sie sich mit Böhmermanns Beitrag auf den Schlips getreten fühlen.
Unter diesen (natürlich diskussionswürdigen) Voraussetzungen haben Sie dann entweder den Beitrag Böhmermanns missverstanden oder hatten eben die Absicht, diesen zu verreißen. Meine Frage am Ende war aber tatsächlich ernst gemeint, ich formuliere sie mal um, damit sie weniger vorwurfsvoll klingt: Welche andere Interpretation ist möglich, beziehungsweise an welcher Stelle ist mein Denkfehler?

Fred 18. Oktober 2022 um 17:49

Ich weiß, das ist schlechter Stil, aber mir ist noch was aufgefallen, was ich bemerkenswert finde: Sie schreiben: "Vielleicht zeigt das, wie sehr diese Art der Berichterstattung Menschen prägt: Es kann keine Debatte mehr um Themen gehen – weil jemand, der eine andere Meinung vertritt, als man selbst, finstere Motive hegt."
Wir befinden uns ja gerade in einer zivilisierten Debatte. Klar, meine Formulierung in meinem ersten Beitrag erlaubt die Interpretation, ich würde Ihnen finstere Absichten unterstellen, aber indem Sie diese Interpretation aufgreifen, machen Sie ja das Gleiche mit mir…
Ganz grundsätzlich ist es natürlich wichtig, die Motivation der Diskutanten zu berücksichtigen. Dass dabei Unterstellungen entstehen ist ein Nebeneffekt des Mediums. Würden wir in Echtzeit diskutieren, wäre es nur einfacher solche Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. Ich finde es daher falsch, zu behaupten, das hier sei ein Beweis für die Unmöglichkeit einer Debatte.

Saran 18. Oktober 2022 um 21:37

@Schorsch: Mit Verlaub, da sind dann doch ein paar Strohmann-Argumente dabei. Zunächst: Wer täglich Wein trinkt, ist nicht automatisch ALkoholiker … ***

Wer täglich Wein trinkt (egal ob billig oder teuer), schadet seiner Gesundheit.
Da werden Sie hoffentlich nicht widersprechen, oder doch?

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Thomas Knüwer 19. Oktober 2022 um 9:35

@saran: Die Wissenschaft sieht das anders: <a href="https://www.mayoclinic.org/diseases-conditions/heart-disease/in-depth/red-wine/art-20048281">https://www.mayoclinic.org/diseases-conditions/heart-disease/in-depth/red-wine/art-20048281</a>

Saran 20. Oktober 2022 um 0:20

Ich könnte jetzt dutzende gegensätzliche Belege verlinken. Lassen wir das.
Da sucht man sich halt die Quellen, die man finden will … 😉

Bei Zigaretten hat das Verharmlosen jahrzehntelange prima funktioniert, was gab es da für abenteuerliche wissenschaftliche Thesen …
Beim Alkohol funktioniert es offensichtlich immer noch.

Alkohol ist und bleibt aber schädlich und eine Droge.
Das heißt nicht, dass man nichts und nie trinken soll oder darf. Warum nicht? Die große Mehrheit tut das vernünftig.
Aber bitte den Alkohol nicht schön- oder gesundreden, sonst hat man tatsächlich schnell ein Problem.

Naomi 18. Oktober 2022 um 11:28

So habe ich die Folge ehrlich gesagt auch verstanden. Deswegen musste ich mir oben schon bei "Für Böhmermann ist Wein ein Elitengetränk, Bier dagegen das Ding für die Masse." an den Kopf fassen. Nein, das ist natürlich nicht seine Meinung, er hat die Images der beiden Getränke in der Gesellschaft wiedergegeben.

Und damit erledigen sich dann auch der angeblich logische Bruch sowie das Zitierte Meme: "Womit wir beim Billigwein wären, zu der jene gehört. Ab jetzt ist für Böhmermann jeder Wein eben dieser Billigwein. Warum Eliten dann so was trinken? Diesen logischen Bruch muss man im TV nicht aufklären"

Er hat diese Behauptung eben gar nicht aufgestellt. Im Gegenteil: Der logische Bruch entsteht aus dem Kontrast vom Image zur Realität. Und genau das hat er bewusst betont. Hier das Image vom besonders edle Tröpfchen mit überromantisierte Bild von Landwirtschaft, dort die Realität mit maschinellem Ernten und Billigwein vom Discounter.

Die Folge hatte gar nicht den Anspruch, irgendwelche investigativ neuen Erkenntnisse zu Weinproduktion zu Tage zu fördern oder Böhmermanns angebliches Entsetzen darüber zu zeigen, wie moderne Landwirtschaft funktioniert. Die ganze Folge ist keine Kritik an Wein an sich, sondern vor allem am Image.

Man kann freilich die maximal polemische Form kritisieren – da kann ich mich bei ihm auch selten mit anfreunden. Oder dass das ganze Ding eine schwache Füller-Episode war – absolut d’accord. Von mir aus kann man auch der Meinung sein, dass die Folge den "Guten" in der Weinproduktion schadet oder ihnen nicht angemessen Rechnung trägt – kann man drüber streiten, schließlich gibt es auch in der Bierproduktion edle Tröpfchen und billige Plörre.

Aber was immer noch bei vielen nicht angekommen ist, trotz bekannter Kracher wie Varoufake und Erdogan: Böhmermann haut zwar hin und wieder auch investigativ Wertvolles raus, die meiste Zeit macht er aber einfach nur Satire – wie in diesem Fall. Diese Spannung macht seinen Stil aus.

Daher muss ich leider sagen: Die Kritik in diesem Artikel fußt auf einer falsch Interpretierten Aussage der Folge und geht damit leider in großen Teilen am Thema vorbei.

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Thomas Knüwer 18. Oktober 2022 um 11:41

@Naomi: Das sehe ich anders. Wenn Böhmermann nur auf das Image in der Allgemeinheit rauswollte, dann hat er einen Recherchefehler gemacht. Denn was haben viel gekaufte Billigweine wie "Yellow Tail" mit dem geschilderten Image zu tun?
Natürlich ist das Böhmermanns Meinung, das mit dem Image. Er liefert ja auch nicht den Hauch einer Option, anders zu denken. Sprich: Für ihn/seine Redaktion ist das alles sonnenklar. Ansonsten würde er nämlich eine Lügengeschichte erzählen und der von Ihnen richtig erkannte Bruch funktioniert nicht.

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Frank70 20. Oktober 2022 um 21:49

Exakt! Böhmermann kritisiert weder Wein, noch Weintrinker oder Winzer, sondern das zunehmende Elitärgetue darum. Vergleichbar mit dem zunehmenden, erbärmlichen Ausrüstungsfetischismus bei Outdoor Aktivitäten: Der Lifestyle Hipster wandert natürlich nur mit einem 700 € um 200 Gramm gewichtsoptimierten Spezialrucksackmodell (das angeblich zur Ausrüstung der Navy Seals gehört) durch den Harz und rümpft die Nase über jeden, der da anders unterwegs ist. Das Drumherum ist dabei lächerlich und eben nicht das Wandern an sich. So wie ich jetzt hier zur Verdeutlichung überzeichnet habe, hat halt eben Böhmermann auch überzeichnet, nicht mehr, nicht weniger.

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Christoph 18. Oktober 2022 um 9:20

Warum wirkt Kritik an Böhmermann (wie zuletzt auch von Lobo) eigentlich immer so bemüht? Dort wie hier wird länglich darauf hingewiesen, was man denn hätte besser machen können – um sicherheitshalber am Ende der Argumentationen dann doch in Halbsätzen darauf hinzuweisen, dass das inhaltlich grundsätzlich schon richtig war. Aber eben nicht so, wie man es selbst gemacht hätte. Tja.

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Anna 18. Oktober 2022 um 9:35

Schade, dass dieser aufschlussreiche Kommentar nicht ohne diesen seltsamen bodyshaming-Seitenhieb am Anfang auskommt. Fällt „haha in Amerika sind alle fett“ für Sie nicht unter unkreative Beleidigung?

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con2epa 18. Oktober 2022 um 14:23

Wikipedia: "Als Bodyshaming bzw. Body-Shaming [ˈbɒdi ʃeɪmɪŋ] werden vor allem in sozialen Netzwerken abwertende Äußerungen über das Aussehen Anderer bezeichnet."

In welcher Hinsicht ist das Benennen einer objektiven und nachprüfbaren Aussage abwertend?
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/153908/umfrage/fettleibigkeit-unter-erwachsenen-in-oecd-laendern/
Beleidigend ist nur ihre Interpretation der Formulierung, und zwar für den Intellekt.

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Anna 18. Oktober 2022 um 20:30

Vielen Dank für diesen Hinweis; ich bitte hiermit um Entschuldigung. Auf die Gefahr hin, dass ich Ihren Intellekt ein weiteres Mal beleidige: Können Sie mir bitte erklären, was die Erwähnung dieser wertneutralen Fakten dennach in einer sachlichen Aussage über die Größe von Fernsehredaktionen verloren hat?
Beste Grüße

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Jana 18. Oktober 2022 um 13:47

Die Kritik an Böhmermann verfängt nicht.
Er hat aufgezeigt, was Wein ist: Ein industriell gefertigtes Produkt, für das Tiere leiden und sterben müssen und dessen ungesunde Wirkungen auf den Körper hinlänglich bekannt sind.
Seinem Fazit ist nur zuzustimmen: Man kann trotzdem Wein trinken, klug ist das im Jahr 2022 aber nicht.

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Thomas Knüwer 18. Oktober 2022 um 14:33

@Jana: Nur weil etwas nicht gezeigt wird, heißt das nicht, dass es nicht da ist. Wie im Text erwähnt, gibt es die "andere" Seite des Weins – und das ist die, die gerade signifikant quer über den Globus wächst.

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Jana 18. Oktober 2022 um 14:53

Auch für deren Produktion leiden und sterben Tiere.
Den "veganen Wein" oder "veganen Apfelsaft" gibt es nicht – das steht ja auch deutlich in ihrem Artikel.
Dies halte ich für Produkte, die nur dem Hedonismus dienen, nicht hinnehmbar.

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Carsten 18. Oktober 2022 um 21:12

Ist das jetzt Dein Ernst? Tiere leiden und sterben immer in der Landwirtschaft, wenn mensch es ganz genau nimmt. Was machst Du mit den Tieren, die Du aus dem Salat auswäscht? Und welche Landwirtschaft ist denn nicht industriell? Auch kleinere Biohöfe nutzen Maschinen…
Natürlich ist Alkohol ein Zellgift, aber deswegen ist es 2022 nicht mehr klug, Wein zu trinken?

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Jens 18. Oktober 2022 um 14:22

Lieber Herr Knüwer, immer wenn der BILDblog Sie verlinkt, lande ich hier und lese meist mit zustimmendem Nicken und Schmunzeln Ihre gut geschriebenen und pointierten Beiträge, erstmal vielen Dank dafür! In der Böhmi Sache stehe ich allerdings eher bei den (wie ich finde, durchaus konstruktiven) Kritikern hier in den Kommentaren. Ich selbst hatte den Eindruck, dass sich hier ein Weintrinker (und -Kenner?) ans Bein gepinkelt fühlt, was einen Tret-Reflex auslöst. Die Stilmittel, wenig zu recherchieren und Ergebnisse nur selektiv wiederzugeben, so wie sie zur eigenen Story passen, scheinen doch überall verbreitet. Nehmen wir Ihre "Die Deutschen geben immer mehr für Wein aus, 20 Prozent mehr in den letzten 6 Jahren": Klar, 60 Cent machen nicht viel her, 20 Prozent klingt viel mehr. Legen wir die Jahre 2015 bis 2021 zugrunde (das irre 2022 lassen wir mal raus), dann frisst der Anstieg des Verbraucherpreisindexes (auf die Schnelle hier gefunden: https://www.finanz-tools.de/inflation/inflationsraten-deutschland ) schon gute 9 von Ihren 20 Punkten auf. "10,9 Prozent mehr" klingt schon ganz anders als 20 Prozent. Und betrachtet man den Umsatz, der in Deutschland insgesamt (oder wahlweise pro Kopf) mit Wein gemacht wurde, dann findet man von 2012 bis 2019 zwar einen stetigen leichten Anstieg, in 2020 und 2021 aber einen massiven Einbruch bis deutlich unter den 2012er Wert, also nein, die Deutschen geben in den letzten 6 Jahren weniger, nicht mehr für Wein aus. (https://de.statista.com/outlook/cmo/alkoholische-getraenke/wein/deutschland#umsatz ). Nix für ungut und beste Grüße!

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Thomas Knüwer 18. Oktober 2022 um 14:32

@Jens: Vielen Dank für das Lob – und dass Sie sich mit den Zahlen auseinandersetzen. Selbst wenn wir den Preisanstieg einberechnen, ist dies ein bemerkenswerter Anstieg, denn gemeinhin tut sich im Food-Bereich wenig.
Was den Umsatz betrifft: Ich weiß nicht, ob Sie über einen solchen Pro-Account bei Statista verfügen, dass Sie die genaue Umsatzbezeichnung sehen können. Da aber in der Prognose für 2025 der Gastronomiebereich erwähnt wird, dürfte dieser in den Zahlen enthalten sein. Und da kommt dann auch der Grund des Einbruchs 2020 und 2021: Die Gastronomie hatte über weite Monate hinweg geschlossen. Schon 2023 aber wird mit dem gleichen Absatz wie 2019 gerechnet – und ab dann mit stetigem Wachstum – und zwar auch pro Kopf.

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Calvero 21. Oktober 2022 um 18:44

Ich habe bei Statista nicht die Werte für den durchschnittlichen Literpreis gefunden. Auch Hendrik Thoma nennt keine Quelle. Scheinbar ist das etwas, was das DWI erhebt.

Was mich verwundert ist die Basis auf den Liter. Wäre ein durchschnittlicher Flaschenpreis nicht viel verständlicher als Statistik?

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Thomas Knüwer 24. Oktober 2022 um 13:37

@Calvero: Da haben wir ein kleines Missverständnis, glaube ich. Die 2,99€ bei Henrik Thoma sind kein Durchschnittspreis (was er im Text auch erläutert), sondern ein typischer Supermarktpreis. Und die Zusammensetzung dieses Preises vergleicht er mit Weinen für 29 und 299 Euro.

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Titus von Unhold 18. Oktober 2022 um 22:18

Dass Böhmermann den Cyberclown einen Cyberclown nennt ist nur richtig, denn nachdem Dr. Constanze Kurz ihn in ihrer Funktion als CCC-Sprecherin nach seiner Berufung öffentlich so bezeichnet hat, war das in der Netzpolitikblase ein stehender Begriff.

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Thomas Knüwer 19. Oktober 2022 um 9:36

@Titus: Was ich dabei aber interessant finde – abgesehen davon, dass ich auch bei der geschätzten Constanze Kurz solche Beleidigungen höchst problematisch finde – ist, dass Böhmermann diese Quelle ja verschweigt. Kann einfach unterdurchschnittliches Script Writing, sein, finde ich aber komisch, weil er ansonsten ja ständig Quellen und Zitaten einblendet.

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Bämsen 19. Oktober 2022 um 10:40

Ja, alles "interessant" und auch "komisch". Nur wenig konkret, was Sie schreiben. Doof finden, was Böhmermann macht, weil man Böhmermann doof findet, ist jetzt auch nicht der seriöseste Ansatz.

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Thomas Knüwer 19. Oktober 2022 um 10:54

An welchem Punkt dieses wirklich nicht kurzen Textes habe ich meine Meinung nicht begründet? Und ich finde nicht "doof, was Böhmermann macht" – diese Argumentation ist von erheblicher intellektueller Unterkomplexität.

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Martin 19. Oktober 2022 um 18:27

Hallo,
Ist ja okay, dass Sie den Beitrag vom Herrn Böhmermann nicht mögen aber sie sollten deshalb keine Lügen über die Bierproduktion erzählen. Bier darf in Deutschland nicht mit Gelatine geklärt werden. Das verstöst gegen das Reinheitsgebot. Diese Methoden gibt es vllt noch in anderen Ländern.

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Thomas Knüwer 20. Oktober 2022 um 11:08

@Martin: Zunächst einmal werden in Deutschland auch Biere verkauft, die nicht nach dem Reinheitsgebot gebraut werden. Aber auch ansonsten ist ihre Aussage nicht korrekt. Denn die Hausenblase (und um die geht es ja) hinterlässt keine Rückstände von sich selbst und ist deshalb freigegeben.

Christian 21. Oktober 2022 um 17:08

Die Quelle wird in dem Beitrag in keinster Weise verschwiegen. Youtube-Video des ZDF-Magazin-Royale-Kanals (TC 16:05 – https://youtu.be/dtZf-A4Qd5k?t=965): Als Quelle wird der Online-Artikel ‚Lobbyist wird neuer Chef des BSI‘ auf zeit.de (https://www.zeit.de/digital/datenschutz/2016-02/bsi-arne-schoenbohm-praesident-it-sicherheit) genannt. Darin ist zu lesen: »[…] Constanze Kurz, die Sprecherin des Chaos Computer Club, wirft ihm auf netzpolitik.org "Cyber-Bullshitting" vor. In Fachkreisen werde er als "Cyberclown" verspottet, schreibt Kurz. […]«

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Thomas Knüwer 24. Oktober 2022 um 13:34

@Christian: Ah, mir war das Zeit-Logo in der Ecke entgangen. Allerdings ist die Quellenlage – was natürlich noch ein anderes Thema ist – nicht unproblematisch. Denn der Begriff Constanze Kurz selbst – als CCC-Sprecherin ja Teil des Themas und nicht unabhängig – sagt das ja gar nicht, sondern beruf sich auf "Brancheninsider". Als Journalist hätte ich das damals als höchst problemtisch empfunden.

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Calvero 21. Oktober 2022 um 18:01

Es wurde das Zitat mit dem Cyberclown in der Sendung gebracht. Wer also alles gesehen hat, hätte die Quelle mitbekommen. Besonders lustig ist es trotzdem nicht.

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Thomas Knüwer 24. Oktober 2022 um 13:36

@Calvero: Das "Zitat" entstammt einem Netzpolitik-Artikel von Constanze Kurz, der von der Zeit zitiert wurde. Doch sie selbst (als CCC-Sprecherin im Thema nicht unabhängig) sagt das gar nicht, sondern schiebt die Aussage nicht näher definierten "Brancheninsidern" zu. Saubere, jouranlistische Arbeit sieht anders aus. Und wir beide wissen jetzt immer noch nicht, wer das gesagt haben soll.

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Calvero 24. Oktober 2022 um 15:09

Mich wundert, dass sich Böhmermann in beiden Sendungen seine eigentlich wichtigen Themen durch dieses Gepöbele selbst kaputt macht. Diese Cyberclown-Beleidigung ist völlig unnötig, zumal es gegen jemanden geht, der sich in der Sendung nicht wehren kann. Und dieses Gefluche beim Wein ist völlig daneben und unlustig. Auch die Idee mit dem Hashtag der Sendung sollte man vielleicht begraben, die Ideen, die die Redaktion dafür noch entwickelt, sind ziemlich dünn.


Barbara 18. Oktober 2022 um 23:21

Hallo,

was bedeutet denn "aufaggetiert" sein? Mir ist dieser Begriff bisher noch nirgends begegnet.

Freundliche Grüße von Barbara

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Thomas Knüwer 19. Oktober 2022 um 9:37

Es ist eine Erfindung von mir, bei der aber ein e mit einem i getauscht werden muss (was sich nachhole): aufaggitiert kommt von Aggitation.

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Ari 26. Oktober 2022 um 2:14

das wäre allerdings doppelt gemoppelt: agitieren kommt vom lat. agitare – aufwiegeln, "aufaggitieren" wäre also "auf-aufwiegeln", was keinen Sinn ergibt.
Der Begriff ist genauso non-existent und unstilistisch wie "zusammenaddieren", "Einzelindividuum" oder "Gesichtsmimik".
Ganz präzise ausgedrückt handelt es sich hierbei um einen Pleonasmus, eine Bedeutungsdopplung, aber das wussten Sie vermutlich schon 🙂
So oder so würde "agitieren" völlig reichen, auch ein ‚g‘ würde völlig reichen, es besteht also weder die Notwendigkeit, die Bedeutung, noch das ‚g‘ zu doppeln 😉
Sicherlich ist diese Art von Neologismen eine von vielen Berufskrankheiten im Journalismus, über die sich Bastian Sick in seiner populären Buchreihe "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod" zu Genüge auslässt, umso mehr bedürfen sie einer Richtigstellung.
In diesem Sinne: Gern geschehen 🙂

Antworten

Thomas Knüwer 26. Oktober 2022 um 8:58

@Ari: Das mit der Doppelung ist mir bewusst und war ein bewusst gewähltes Stilmittel. Und ja, ich erfinde gerne neue Worte.

Antworten

Frank70 20. Oktober 2022 um 20:24

Das was Jan Böhmermann da betreibt ist Ihrer Meinung nach kein Journalismus. Völlig korrekt, aber was soll das aussagen? Das was Kimmich als Sportler betreibt ist kein Speerwerfen, sondern Fussball und nun?

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Frank70 20. Oktober 2022 um 20:26

…dafür aber jetz von mir mindestens 50 € in die Whataboutism-Kasse…

Antworten

Frank70 20. Oktober 2022 um 20:46

Mit "Polizistensohn Böhmermann" bewegen Sie sich ziemlich genau in die Richtung, für die Sie Böhmermann kritisieren. Irgendwie enttäuschend!

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dot tilde dot 21. Oktober 2022 um 11:16

a bad fight for a good cause is still a bad fight.

.~.

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Ari 26. Oktober 2022 um 2:02

Hallo Herr Knüwer,

erstmal vielen Dank für diesen sehr sehr guten und spannenden Blog-Artikel.
In der ersten Hälfte bin ich nicht ganz bei Ihnen. Ich sehe in der ganzen BSI-Affäre durchaus eine nicht geringe Problematik und halte auch den Twitter-Thread des Magazins für durchaus schlüssig – auch wenn ich zugegeben mich mit der Gegenposition, wie sie bspw von heise geäußert wurde, bislang nicht befasst habe.
Außerdem glaube ich, dass Sie den satirischen Stil nicht ganz erkannt haben, gerade als es darum ging, Wein als Elitengetränk zu betiteln im Kontrast zu Bier. Böhmis (körper-)sprachliche Darstellung in diesem Kontext ist eine in der Satire nicht nur erlaubte, sondern sogar gewollte und völlig übliche Überzeichnung von Klischees und Stereotypen. Man spielt mit dem Bekannten, um es teils lächerlich zu machen, teils ad absurdum zu führen und dadurch ein größeres Publikum dazu zu bringen, den bisherigen status quo zu hinterfragen.
Die Beleidigungen waren ein durchaus erlaubte stilistisches Mittel, das diesem Zweck der satirischen Überspitzung dienen sollte, ich habe die ganzen Beschimpfungen aber selbst für stumpfsinnig gehalten, auch wenn ich die humoristische Intention dahinter durchaus nachvollziehen kann.
Mich hat der Stil der Sendung dadurch auch kaum angesprochen, ich habe mich aber erfolgreich bis zum Ende durchkämpfen können.

Zur inhaltlichen Kritik: Ich denke, dass Böhmi durchaus ein paar berechtigte Ansatzpunkte hat. Wein wird häufig, so stellt er es jedenfalls dar und so war bislang auch meine überwiegende Wahrnehmung, als ein recht elitäres Getränk angepriesen. Nicht nur, es gibt auch "Billigwein", aber niemand bestellt im Restaurant eine Flasche edles Bier für 80€. Ist kein 100%ig passender Vergleich, aber zeigt eben, dass Wein doch häufig dieses gehobene Image hat (und u.a. dadurch eben auch in sehr hohe Preiskategorien aufsteigen kann, was bis auf Schaumwein (was aber ja letztendlich auch Wein ist) kein anderes Getränk dermaßen tut).
Böhmis Haupt-Intention war also vermutlich, Wein dieses Image etwas strittig zu machen. Natürlich ist es viel zu sehr vereinfacht, Wein einfach nur auf diesen Status runterzubrechen. Aber viele, die Wein diesen Status bislang verliehen haben, haben dadurch womöglich ihre Assoziationen überdacht.

Nun ist aber natürlich dennoch völlig berechtigt zu beanstanden, dass er die Kritik am Wein völlig undifferenziert ausübt. Er sagt nicht "hey Leute, Wein hat vielleicht ein Saubermann-Image, aber is genauso schmutzig wie alles andere, was aus industrieller Landwirtschaft stammt" und setzt seine Kritik am Weingeschäft in einen gewissen Kontext. Das könnte er machen. John Oliver, den Sie hier ebenfalls erwähnt haben, verbindet seine humoristischen Kritiken durchaus mit einer gewissen Differenziertheit, was ich sehr begrüßte. Möglich ist das also durchaus. Es passt eben nur nicht in sein Format, wie er es sich vorstellt, wie er es gestaltet. Weil er gerne überspitzt und vereinfacht, weil es sich dadurch leichter herumpöbeln lässt, was ihm unheimliche Freude bereitet.
Und das ist tatsächlich ein großes Problem, wie ich finde das größte Problem mit diesem Beitrag und der ganzen Sendung bzw. Person an sich: Es wird hier isoliert auf Wein als richtig schädlich hergestelltes Produkt eingegangen, ohne das in Relation zur restlichen Landwirtschaft zu setzen. Das ist undifferenziert, teilweise mit zu stark vereinfachten Aussagen verbunden, die teilweise auch einfach falsch sind, und das kann und darf nicht der Anspruch eines solchen Formats sein, besonders wenn es mit öffentlichen Geldern finanziert wird.

Daher danke ich Ihnen herzlich für Ihren Blog-Beitrag und, auch wenn ich da leider sehr geringe Erwartungen habe, hoffe, dass Herr Böhmermann seine journalistischen Standards zukünftig mehr beherzigen und ernstnehmen und weniger leicht für populistische Zwecke vernachlässigen wird. Der von Ihnen gezogene Vergleich zur Boulevard-Presse ist hier leider viel zu treffend. Bleibt nur zu hoffen, dass sich das bessern wird.

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