Wenn ich mit Medienmenschen über die Zukunft des Journalismus diskutiere, taucht irgendwann der immer gleiche Argumentationsstrang auf: Früher – als die Zeitung noch das wichtigste Informationsmedium war – haben die Menschen doch auch für Journalismus gezahlt. Heute müsse man ihnen einerseits das vor Augen führen und andererseits die Paywalls so verschärfen, dass ihnen keine andere Wahl bleibe, als für jenes köstliche Labsal des deutschen Journalismus Geld auf den digitalen Tisch zu legen.
In diesem Moment stelle ich gern eine ketzerisch anmutende Frage auf die meist Schweigen folgt:
Haben die Menschen früher WIRKLICH für den Journalismus gezahlt –oder haben sie für die Dienstleistung gezahlt (und tun das immer noch) eine Auswahl von Nachrichten auf Papier zu drucken und ihnen am Morgen in den Briefkasten zu stecken?
Dafür gibt es Indizien. Und wenn ich ein kleines Spiel mit meinen Gesprächspartnern treiben möchte, so frage ich sie, seit wann die Zeitungsauflagen in Deutschland sinken. Meist kommen dann Antworten zwischen 1998 und 2007.
Tatsächlich lautet die Antwort 1982. Klar, es gab durch die Wiedervereinigung einen Schub, doch der liegt begründet in die Aufnahme der Ostzeitungen – die dann schnell kaum noch jemand haben wollte – in die Zählung.
Im Grunde genommen sinken die Auflagen seit 1991 – also etliche Jahre, bevor das WWW den Massenmarkt erreichte – erstaunlich linear. Der Glaube, kostenlose Nachrichten im Netz hätten die Zahlungsmoral ruiniert, ist schwer aufrecht zu erhalten. Erst recht, weil die Menschen für andere Inhalte im Netz Zahlungsbereitschaft zeigen, sobald sie diese Inhalte auf einfachem Weg erhalten.
Hinzu kommt die Klage der Verleger über Google News. Sie behaupten, diese winzigen Ausschnitte beschädigten ihr Geschäft. Das würde heißen, dass die Menschen aber mit jenen Schnippselchen schon zufrieden gestellt wären – hat es dann je ein Geschäftsmodell für Journalismus gegeben?
In der vergangenen Woche begegnete mir ein weiteres Indiz für meine These. Die ZMG, der Marktforschungsarm der Zeitungsverleger, veröffentlichte eine Studie zu den Vorlieben von Zeitungslesern und ihrem Verhältnis zu E-Paper-Ausgaben.
Werfen wir mal einen Blick drauf:
Das ist eine erschütternd niedrige Zahl. Verleger werden sie mutmaßlich für sich deuten: So sehr lieben die Menschen ihre gedruckte Zeitung.
Nun müssen wir natürlich auf die Widersprüchlichkeit dieser Studie hinweisen. Nur 25% der Befragten können sich grundsätzlich vorstellen, ihre Zeitung künftig nur noch als digitale Ausgabe zu lesen – aber 32% können sich vorstellen das E-Paper irgendeiner Zeitung zu lesen. Ich sage mal so: Als Autor dieser Studie hätte ich persönlich das so nicht veröffentlicht, but, hey, that’s just me.
Hier aber soll es ja um die generelle Tendenz gehen. Und die sagt: Der deutlich größere Teil der heutigen Zeitungsleser, möchte kein E-Paper. Diese Zahl nur mit Digi-Phobie zu erklären, scheint mir angesichts der Smartphone-Durchdringung insgesamt in der deutschen Bevölkerung zu kurz gesprungen.
Tatsächlich bietet eine gedruckte Zeitung ja in gewissen Situationen Vorteile. Ein Exemplar lässt sich teilen, die berühmte haptische Komponente existiert tatsächlich.
Ergänzen wir nun, dass nach all den Jahren des Niedergangs nur noch jene eine Zeitung abonniert haben, die dies absolut wollen, so lese ich die Studie anders. Für mich zeigt sie, dass die Menschen in weiten Teilen nicht für die Inhalte der Zeitung bezahlen – sondern für den Transportweg der Nachrichten, eben für das physische Produkt.
Das würde dann aber auch bedeuten: Die Menschen haben noch nie sonderlich viel für Journalismus ausgeben wollen. Und somit wären Verlage strategisch völlig falsch unterwegs.
Kommentare
Michael 29. Januar 2020 um 8:32
Interessante These. Sie gilt m.E. aber nur für die regionale Abozeitung und das hat dann doch auch mit Regionalkompetenz und einem Monopol zu tun. Die größte aller dt. Tageszeitungen gab und gibt es nur im Grosso während ein Handelsblatt trotz geringerer Vertriebsleistung (nur 5 statt 6 Tage) vielfache Preise einer Abozeitung im Markt durchsetzen kann.
Tim 29. Januar 2020 um 9:23
Die Auflagen begannen in dem Moment spürbar zu sinken, in dem es für das morgendliche Frühstück alternative Unterhaltungsangebote gab – nämlich das Frühstücksfernsehen der Privatsender. Die meisten Leser haben immer nur für die Unterhaltungsfunktion ihrer Tageszeitung gezahlt. In den vergangenen 30 Jahren sind stetig mehr Unterhaltungsalternativen auf den Markt gekommen. Heute konkurriert die Tageszeitung nicht nur mit journalistischen Online-Angeboten, sondern mit App-Spielen, WhatsApp, Instagram, E-Mail und vielen weiteren Distraktionsmöglichkeiten.
Die Informationsfunktion war immer eine wunderbare Tarnung für den tatsächlich etwas prosaischen Hauptnutzen der Tageszeitung. Aber die Verleger haben nie verstanden, was sie ihren Kunden tatsächlich verkaufen.
Thomas Knüwer 29. Januar 2020 um 9:39
Eine interessante These, allerdings sinken die Auflagen seit 1982, der Frühstücksfernsehen bei Sat1 startete aber erst 1987.
Bernd 30. Januar 2020 um 11:39
Vielleicht hat es aber auch mit dem Vormittagsprogramm an sich zu tun. Das gab es zwar schon vor 1982, aber wurde erst 1981 bundesweit ausgestrahlt. Damit gab es die "erste" Nachrichtensendung um 10 Uhr, statt um 16 Uhr. Allerdings meine ich mich zu erinnern, dass diese Tagesschau oder heute-Sendung nur eine Wiederholung vom Vortag war. Danach lief ja auch die Wiederholung der Tagesthemen oder dem Heute Journal vom Vorabend. Ich weiß noch, dass ich die als Kind in den 80ern vormittags immer geschaut habe, wenn ich krank war und daheim bleiben durfte. Da ich wenn ich krank war auch früh ins Bett musste, waren das für mich "aktuelle" Nachrichten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Gemeinsames_Vormittagsprogramm_von_ARD_und_ZDF#Bundesweite_Verbreitung_seit_1981
jemand 1. Februar 2020 um 16:47
Die These stimmt außerhalb der Zielgruppen, die Information für ihren Beruf benötigen . Aus meiner Familie kann ich die Geschichte einer lokalen Zeitungsschlacht der 1950er Jahre berichten. Entscheidend war die Qualität des Fortsetzungsromans. War der Fortsetzungsroman nicht gut, haben die Bäuerinnen die Zeitung im Sommer abbestellt. War er gut, haben sie die Zeitung für den Winter aufgehoben.
Christoph 1. Februar 2020 um 16:37
Ich möchte darauf hinweisen, dass Distraktion nichts mit dem englischen Wort "distraction" zu tun hat. Distraktion ist das Gegenteil von Kontraktion, also salopp gesagt das Auseinanderziehen. Also entweder ist mir nicht klar, was Sie auseinanderziehen wollen oder Sie verwenden Fremdwörter falsch, was peinlich wäre.
Zolnog Visersenti „Petzhold“ IV. 29. Februar 2020 um 22:45
Werter Herr,
laut dem Duden ist das Wort auch im Deutschen ein Synonym zu "Zerstreuung", "Zeitvertreib", wenn auch veraltend. Der Duden als vorrangige Quelle deskriptiver Linguistik in Hinsicht auf die deutsche Sprache wird doch Ihren Ansprüche, werter Herr, gerecht werden? Wenn man nun nicht unbedingt die Ablenkung meint, sondern zufrieden sich gibt damit, aus der Möglichkeit der Zerstreuung die Auswirkung der Ablenkung abzuleiten, so muss man sich es eingestehen, dass die Sprache hier keinesfalls anderes ausdrückt als man dem Autoren als das Gemeinte unterstellen möchte.
Werter Herr, können Sie ausserdem noch eine theoretische Grundlage supplizieren, auf deren Grundlage die Peinlichkeit von Sprachäußerungen festzustellen ist, wenn diese nicht derartig offenbar ist, dass auf sie jenseits dessen, was sie bedingt, hinzuweisen wäre? Ich danke Ihnen, werter Herr, denn die Sprache und ihre Einbindung in soziale Konstrukte der Peinlichkeit und Kränkung sind ein Steckenpferd von mir.
Mit herzlichen Grüßen,
Bodo Petzhold-Waage
Tim 29. Januar 2020 um 9:57
Den leichten Rückgang 1982-84 würde ich eher der damaligen Konjunkturlage zuschreiben. Die wirtschaftliche Stimmung war damals so schlecht wie niemals zuvor und auch niemals später wieder. Sehr gut möglich, dass viele Menschen unnötige Ausgabe einsparten.
Richtig wirksam wurden die privaten Radio- und Fernsehsender ab Ende der 80er Jahre. Und es gab ja nicht nur explizit Frühstücksfernsehen, sondern auch viele andere unterhaltende Formate am Morgen. Übrigens waren damals viele Verlage bei den Privatsendern beteiligt. Der Zusammenhang dürfte ihnen nicht entgangen sein.
Thomas 29. Januar 2020 um 11:04
Ich sehe in die Studie keinen Wiederspruch. Grundsätzlich können sich die Leute eben vorstellen eine Zeitung als E-Paper zu lesen, aber vielleicht nicht ausgerechnet *ihre* Tageszeitung. Auch ist es ja vorstellbar, dass Leser ihre Zeitung als E-Paper möchten (praktisch für Bus und Bahn), aber nicht auf die gedruckte Ausgabe verzichten möchten. (Ich z.B. habe die SZ als E-Paper, am Wochenende aber auch als gedruckte Ausgabe abonniert).
Jürgen 29. Januar 2020 um 11:44
Ich kann den Gedankenschluss von sinkender Auflage/E-Paper zu „haben für journalistische Inhalte Geld bezahlt“ nicht ganz nachvollziehen. In meiner Meinung sind das zwei verschiedene Paar Stiefel. Inhaltlich ist der jeweilige Gedankengang für mich nachvollziehbar und richtig.
D’accord auch mit meinem Vorkommentator, dass es einen Unterschied zwischen Regional und Special Interest bzw. Überregional gibt.
D’accord auch mit den Einzelanalysen.
Zu den Statistiken: ich denke, die kann man überhaupt nicht verwenden. Die erste fragt nur die bestehenden Abonnenten und die zweite fragt nur Personen, die in letzter Zeit KEIN E-Paper gelesen haben. Wenn ich dann sehe, dass in der jüngeren Generation eine Wahrscheinlichkeit von mehr als 50% vorhanden ist (und dazu die existierenden E-Paper-Leser hinzugezählt werden müssten) würde ich z.B. zu der Aussage kommen: „zwei Drittel der 14–29 jährigen kann sich vorstellen ein E-Paper einer Tageszeitung zu lesen“.
Wie gesagt, die Verbindung erschließt sich mir nicht…
Michael 29. Januar 2020 um 16:25
Ganz genau. Der Unterschied ist offensichtlich: Die erste Frage geht nur an bestehenden Abonnenten, während die zweite an alle geht.
Da gerade in der jüngeren Gruppe mehr Zustimmung zum e-Paper besteht, gerade diese Gruppe aber nur selten eine Tageszeitung abonniert hat, ist es offensichtlich, dass auch insgesamt bei der zweiten Frage mehr Zustimmung erfolgt.
Ko 29. Januar 2020 um 13:30
"Nur 25% der Befragten können sich grundsätzlich vorstellen, ihre Zeitung künftig nur noch als digitale Ausgabe zu lesen – aber 32% können sich vorstellen das E-Paper irgendeiner Zeitung zu lesen."
Ich sehe da kein Problem, die 7% sind dann die Leute, die aus irgendeinem Grund die totholz Variante bahalten wollen ( z.B. Archivierung, haptik, "Tagesrituale") aber auch die Vorteile der digitalen Variante sehen (Pendelstrecke, bessere Durchsuchbarkeit, in den Ferien)
Es gibt ja durchaus Zeitungen die Kombiangebote haben (totholz, E-Paper und/oder "Premiumzugang" Webvariante) der Zürcher Tagesanzeiger bietet z.B. alle 3.
Die Diskrepanz ist also einfach zwischen nur und auch.
Hans 29. Januar 2020 um 15:28
Dem Artikel fehlt ein wichtiger Aspekt: Haben Zeitungsausträger und Kioskbesitzer jemals für das Recht bezahlt, Zeitungen ausliefern bzw. verkaufen zu dürfen?
Axel 29. Januar 2020 um 15:37
Erst wenn die letzte Zeitung als reine Online-Ausgabe existiert,
erst wenn das letzte Magazin die Druckerei verlassen hat,
erst wenn du im Kiosk vergeblich nach dem Playboy Ausschau hältst,
erst dann wirst du merken, dass man Fisch nicht in ein IPad wickeln kann*.
🙂
* Für mich persönlich noch das einzige stichhaltige Argument für Totholz-Zeitungen.
Jens 29. Januar 2020 um 17:37
Mit der Dauerpropaganda der letzten Jahre wird das nicht besser. Herrn Knüwer würde ich in der Ecke "Wir haben doch von nichts gewusst" verorten, wenn die nächste Entnazifizierung (Entatlantifizierung) ansteht. Ich hoffe jedenfalls, dass der Medienskandal "Stern/Bertelsmann gegen mich" zum Untergang dieser Presse beiträgt.
Stephan 30. Januar 2020 um 8:28
Die Widersprüchlichkeit der zitierten Studie hätte von deren Autor sicherlich aufgegriffen werden können, allerdings zähle ich mich persönlich genau zu diesem 7%-Gap. Meine abonnierte Tageszeitung möchte ich nicht als E-Paper lesen, bei irgendeiner anderen kann ich mir das hingegen schon vorstellen (nur dann nicht regelmäßig).
Zeze 30. Januar 2020 um 8:35
Es ist nicht nachvollziehbar, wieso ich für sogenannten Journalismus zahlen soll, der sich, wenn ich die großen Zeitungen nehme, inhaltlich überall mit den selben Reuters/dpa Meldungen gefüllt ist.
Damals, vor www-Markt, da gab es ja noch "Der Spiegel" z.B., der so ziemlich alles abdeckte (außer Lokales) und man brauchte einfach nicht mehr und parallel dazu den "Stern", mit tollen Reportagen und Fotostrecken (bis die H-Tagebücher alles zerstörten, ich weiß).
Aber das allein ist es ja nicht als Erklärung und vielleicht steckt da etwas wahres dran: Zeitungen, wozu? Abends schnell Nachrichten schauen und man ist nicht uninformierter, was den Überblick angeht.
Ruedi Beglinger 30. Januar 2020 um 23:06
Wenn es mal keine Gratis-News mehr gibt, dann werden die Leute für die Artikel wieder bezahlen. Richtiger Journalismus ist ja immer weniger gratis zu bekommen, weshalb wieder mehr Leute auch fürs E_Paper bezahlen und weil sie sich ob den belanglosen Push-Meldungen und Gratis-Journaillen nerven.
Thomas Knüwer 31. Januar 2020 um 9:07
@Ruedi Beglinger: Dieser These kann ich nicht folgen. Die typische Nachrichtenlage ist weiterhin gratis zu bekommen – und das wird sich auch nicht ändern. Denn würden alle Verlagshäuser ihre Inhalte hinter harte Paywalls stecken, würde es zum sehr lukrativen Geschäft, mit Billigkräften zu berichten, was andere berichten – und dies über Werbung zu finanzieren.
Was die Paywalls betrifft: Es ist ja nicht so, dass niemand Abos abschließt – aber es werden nicht genug sein. Hier sehen wir ja die ökonomische Herausforderung der Verlage: Sie agierten früher in einem dysfunktionalen Markt mit immensen Eintrittsbarrieren. Nun sind die Eintrittsbarrieren praktisch Null und entsprechend ist die Zahl der Mitbewerber um das begrenzte Gut "Verbraucherausgaben für Medien" drastisch gestiegen. Früher konnte dem "Kölner Stadtanzeiger" die "New York Times" egal sein – heute ist sie direkter Konkurrent.
Paul Bademeister 1. Februar 2020 um 17:05
Die Eintrittbarrieren sind nicht nur für die Mittbewerber gesunken, sondern auch für die prospektiven Kunden. Das Quellenmaterial ist ja schon in der Welt. Nehmen wir pars pro toto eine Seite wie bundestag.de oder bundesfinanzministerium.de. Wäre ich wirklich interessiert, könnte ich mir ein schönes Buffet zusammenstellen. Wenn Firma Google je auf den Gedanken kommt, themenspezifisch auf derlei Inhalte zu verlinken, dann wird man sich auf Verlagsseite die guten alten Snippets zurückwünschen.
Carsten Roloff 1. Februar 2020 um 0:17
Um das interessante Thema nicht ganz zu verfehlen, werfe ich einfach mal eine ganz andere Sichtweise herein. Zeitung – das war was. Und die meisten Menschenn vor einem halben Jahrhundert konnten mit diesem Info-Instrument auch noch etwas anfangen – und machen dies bis heute. Trotz steigender Abo-Preise.
Das Problem besteht darin, wie junge Menschen an das Zeitungspapier herangeführt werden können. Und ehrlich gesagt, muss ich leider festellen, dass diese Aufgabe aus mehreren Gründen nicht zu lösen ist. Die heißesten Infos hat jeder junge Mensch auf dem Smartphone oder im Videotext. Nachhaltige Hintergrund-Recherchen, die auch einen gewissen Grad an Bildung voraussetzen, will die breite "jugendliche Masse", die zum größten Teil unqualifiziert die deutschen Gymnasien besuchen darf, gar nicht mehr lesen.
Ich bin selbst Vater zweier Kinder. Und es ist unheimlich schwierig geworden, den eigenen Nachwuchs auch aufgrund der vielfältigen Ablenkungen im Freizeitbereich, einfach nur mal für ein interessantes Buch zu begeistern.
GrafLukas 3. Februar 2020 um 15:12
Im Videotext? Darf ich mal fragen wie alt Sie sind? Ich habe 3 Kinder und keines von denen hat jemals Videotext benutzt. Ich selbst auch seit mindestens 10 Jahren nicht mehr.
Dr. Hans-Georg Karmann 1. Februar 2020 um 0:23
Ich habe das Abonnieren einer Zeitung beendet, als ich beim Streik der Schriftsetzer in den 70er Jahren tatsächlich das Abonnement bezahlen sollte, ohne dass eine Zeitung geliefert wurde. Ich habe damals vorausgesagt, dass diese Unverschämtheit zum Niedergang der Zeitungen führen würde, weil sich die Menschen so etwas nicht gefallen lassen. Nun, der Niedergang kam; aber offenbar aus anderen Gründen als bei mir. Oder war schon in den 70er Jahren ein Rückgang der Abonnements zu beobachten?
Dr. X 1. Februar 2020 um 0:35
1982… Ich gehoere zu der Generation, die ca. 1982 als Jugendlicher mit Homecomputern angefangen hat. Damit begann ein Paradigmenwechsel: Fuer meine Generation (geboren 1965) ist es selbstverstaendlich, dass Buchstaben auf dem Bildschirm erscheinen, fuer die davor nicht. Ich habe nie eine Tageszeitung abonniert. Das war mir immer fremd. Es gab zwar noch kein Internet fuer Privatpersonen, aber schon ungefaehr 1985 gab es die Anfaenge von elektronischen Nachrichten in Form der BBS-Server , in die man sich mit einem Modem mit Akustikkoppler einwaehlte. In den Universitaeten hatten wir bereits Zugriff aufs Internet, damals wurden Nachrichten in Form des Usenet verteilt. Fruehe Social Networks, frueher individueller weltweiter Nachrichtenaustausch.
Was ich damit sagen will: Ich gehoere zur ersten Generation, die digitale Nachrichtenuebermittlung als selbstverstaendlich ansieht. Das ist der Umbruch, der in etwa 1982 begann.
Andre 1. Februar 2020 um 1:31
Hier wird über die Zahlen einer Studie diskutiert, während die Aussagekraft der Erhebung nicht kritisiert wird.
Die erste Umfrage der ersten Grafik befragte Personen die eine Zeitung abonniert haben, die zweite der zweiten Grafik befragte Personen die in den letzten 2 Wochen keine E-Paper gelesen haben.
Natürlich komme in, wenn ich in der Metzgerei eine Umfrage mache, wie viele Leute Veganer sind, dass es ein beinahe nichtexistenter Anteil ist.
Wer eine Zeitung abonniert, der hat sich wohl bewusst dafür entschieden, die analoge statt der digitalen Variante zu lesen, ansonsten hätte er schon längst das E-Paper abonniert.
Wer in zwei Wochen keine E-Paper gelsen hat, ließt entweder gar keine Zeitung – kann sich also auch nicht vorstelle sie als digitale Variante zu lesen, weshalb man von Haus aus schon erwarten würde, dass ein relevanter Anteil mit "Nein" abstimmt – oder bevorzugt vermutlich die analoge Version, ob das jetzt Gewohnheit mit Bereitschaft auch mal eine E-Paper zu lesen ist, oder bewusste Entscheidung ist, sei mal dahingestellt.
Würden die Studien also nicht zu solch einem Ergebnis – dass die Leute eher negativ der E-Paper gegenüber eingestellt sind, wäre es sehr überraschend.
Möchtegern Mitreden 1. Februar 2020 um 15:42
Kann mir nicht vorstellen, daß bei E_Paper kein Gewinn erwirtschaftet wird, bei der Flut von Werbung und Analytica, die mich da bombardieren. Also mal schön die Daten offenlegen und die Kirche im Dorf lassen. Daß Springer & Co. verarmt, ist nur eine Wunschvorstellung
Henning 1. Februar 2020 um 16:44
Ich habe vor zwölf Monaten mein langjähriges Paper-Abo der Lokalzeitung gekündigt und die e-Paper-Ausgabe (was für ein Quatschwort) abonniert. Das hatte drei Gründe. Der wichtigste: Um die Seiten vollzukriegen, werden die Leser immer mehr mit Kommentaren zugemüllt. Es interessiert mich nicht die Bohne, was ein Möchtegern-Augstein in das Verhältnis von AKK und Merz hineininterpretiert oder ein verkappter Morgenstern-Literat sinnschwer über den Niedergang von Anstand im politischen Miteinander schreibt. Ich möchte Fakten lesen und mir mein Urteil selbst bilden. Punkt zwei: Was verlegen Verleger? Sie verlegen halbseitige Werbung, garniert mit etwas Information aus Gemeinderat und Zuchtverein. Wenn diese Chefs dann die Journalistenflagge hochalten, ist das für mich ein Signal, dass Ihnen der Hintern auf Grundeis geht. Dritter Punkt: Die elektronische Ausgabe kostet mich ein Viertel der Printausgabe und erspart meinem Haushalt viel Papiermüll – ganz besonders auch wegen der zig zusätzlichen Werbebeilagen, die in Größe und Zahl identisch mit der gelieferten Zeitung sind. Da ich auch keinen Fernseher mehr besitze, höre ich wieder Radio und bevorzugt die Sender, die mich nicht alle drei Minuten mit einer Werbeeinblendung nerven.
P. Hofmann 1. Februar 2020 um 17:18
Vieles hat sich Anfang der 80er geändert! Ich nehme da beispielsweise mal dieses 70er "Samstagsnachmittags-Feeling", als die Straßen sauber und die Menschen abends gebadet vor dem Fernseher saßen. Sie vertrauten ihren Politikern, waren zwar manchmal anderer Auffassung, aber grundsätzlich von einer gewissen Naivität und Formalismus geprägt! Allerdings wurde die Ausgleichsgesellschaft nicht in Frage gestellt!
In den 80ern begann sich das Misstrauen in der Gesellschaft einzuschleichen, die Unzufriedenheit nahm zu und Formalismen begannen aufzuweichen. Wo vorher eine biedere kleinbürgerliche, bis zur Spießigkeit, Geselligkeit herrschte, begann sich eine destruktive Ablehnungshaltung durchzusetzen!
Es ging nicht mehr darum, etwas gemeinsam zu gestalten, sondern es ging um das persönliche Wohlbefinden und persönliche Befindlichkeiten. Das hat sich bis heute durchgesetzt und wir haben mittlerweile schon wieder Grabenkämpfe zwischen Gut und Böse!
Die Tageszeitungen standen immer auf der Seite der Guten oder der Bösen und sahen sich in der Berichterstattung dem Werbungsbezahler und der Tradition gegenüber verpflichtet. Frei nach dem Motto, der Zweck heiligt die Mittel!
Die Zeitungsleser haben immer und sogar manchmal gerne für einen freien guten Journalismus bezahlt! Heute werden Zeitungsartikel schon von Textrobotern erstellt. Wo liegt der Sinn, für solch einen schlechten Journalismus, der im Zweifel sogar völlig andere Auffassungen postuliert, wie ich sie habe und meinen Wahrnehmungsfehler in keinster Weise bedienen möchte?
Wenn der Kunde den Eindruck hat, dass er und seine Bedürfnisse lediglich eine Binärzahl im großen Netzwerk sind und es lediglich darum gehen soll, dass der Verlag das große Geld erwirtschaftet, wird sich der Kunde angewidert abwenden! JM2C
Herbert 1. Februar 2020 um 17:22
Einige Probleme der Zeitungsverlage sind hausgemacht. Unsere beiden örtlichen Tageszeitungen veröffentlichen auf ihren jeweiligen Internetseiten einzelne Artikel, die man z. T. kostenlos lesen kann, aber ein paar Atikel sind erst mit einem Benutzerkonto und einem Tagespass für 1,-€ bzw. 1,90€ lesbar. In diesen Artikeln sind meist Rechtschreibfehler, Grammatikfehler und fachliche Fehler und es wird oft Wichtigtuer-Englisch verwendet. Ein weiteres Ärgerniss sind die ungenauen Angaben in Artikeln. Beispiel: In einer bestimmten Straße in der Stadt wurde eine Tankstelle überfallen und es werden Zeugen gesucht. Es wird jedoch nicht geschrieben, um welche Tankstelle es sich handelt. Da es in dieser Straße zwei Tankstellen gibt, ist diese Info wichtig. Da kann man auch schreiben, dass irgendwo irgendwas passiert ist. Bei einigen Artikeln habe ich den Eindruck, dass dieser von einem Praktikanten geschrieben wurde. Außerdem sind die Internetseiten mit Werbung vollgemüllt, nicht nur von örtlichen Firmen, sondern auch von Onlinekasinos (die in DE verboten sind) und der Programmierer lebt anscheinend seinen Spieltrieb mit Werbe-Überlagerungen auf der Seite aus. Wenn eine Zeitung einen Artikel nur gegen Bezahlung anbietet, bekommt man den meist bei einer anderen Zeitung oder auf anderen Internetseiten gratis. Bei den meisten Lesern geht dann die Bereitschaft, dafür zu bezahlen gegen Null, zumal die Werbung beim Smartphone Datenvolumen kostet (zu Hause hat man meist DSL).
Ich denke, hauptsächlich die älteren Leser wollen früh due Zeitung auf dem Tisch haben und sind auch bereit, für ein Jahresabo einer örtliche Tageszeitung ca. 480,-€ zu bezahlen, aber das Internet bietet immer mehr Lesern die Möglichkeit, viele Infos gratis zu bekommen. Bei jeder Erhöhung der Abopreise werden von einigen Lesern Abos gekündigt. Deshalb wird der Auflagenrückgang weiter zunehmen. Da ich beruflich in den Nachbarlandkreisen unterwegs bin, müsste ich mehrere Abos abschließen, auch wenn ich nur mal für 1-2 Artikel in die jeweilige Zeitungsausgabe schaue. Das ist völlig unwirtschftlich.
Bernhard 1. Februar 2020 um 17:26
Ich melde mich hier mal als Nicht-Leser – bestimmt die interessantere Gruppe. Die anderen haben ja ein Abo. Das Format der Papier-Zeitung wird was ich sehen kann einfach digitalisiert. Dabei entsteht einfach nur eine digitale Zeitung. Das ist völlig unkreativ und total befreit von einer Transformation. Ich bräuchte ein Digital-Abo bei dem es für den günstigen Basispreis (monatlich 14,99 €) für jede Nachrichten-Art (National, Lokal, International, Sport, Wirtschaft, Wissenschaft usw.) die großen Headlines inklusive gibt. Ich kann diese aber in meinen Abo-Einstellungen trotzdem abwählen! Darüber hinaus kann ich für kleinen Aufpreis (0,99 bis 2,99 pro Monat) für jeden Bereich die ausführlichen Nachrichten freischalten. Das ganze kommt dann einfach als Kurzübersicht täglich in mein E-Mail-Postfach. Wenn ich einen Artikel anklicke werde ich über einen dreimal nutzbaren Link ohne Passworteingabe hinter die Paywall geschickt in der mein Artikel dann als Internetseite aus einer Datenbank erzeugt wird und nicht als Hochglanz-PDF. Das ganze ist dabei natürlich zu 100% werbefrei! Kapiert? Werbefrei! Ich mein das ernst. Ist schon bezahlt – also werbefrei! Dieses Produkt müsste nur genauso aufwendig beworben werden wie es heute schon für manche Zeitungen passiert und fertig wäre der Absatzmarkt für guten Journalismus. Über die Massen wird das auch finanziert. Mhm, was machen denn nur die ganzen Werbekunden der Zeitung plötzlich? Blöd sowas. Und die ganzen Druckmaschinen stehen still? Und wir bräuchten eine große IT-Abteilung und eine Serverfarm die was kann? Mhm, versuchen wir lieber weiter E-Paper zu verkaufen.
Hannes H. 1. Februar 2020 um 17:30
Das Geschäftsmodell war auch damals nicht Zeitungen zu verkaufen, sondern Werbung. Das Beinahe-Monopol hierfür konnte aber nur halten, wer Zeitungen vertreibt. Die Einahmen am Kiosk waren willkommen, aber nicht entscheident. Entscheident war, dass die Leute weiter diese Zeitung lasen. Heute würde wohl man sagen, dass ‚der User die Ware‘ war.
In dieser Situation kam zur "Trennung von Kirche und Staat", von Redaktion und Kommerz, ohne die beides nicht funktioniert hätte.
Casni 3. Februar 2020 um 8:58
Das Stimmt nicht ganz, auch wen man diesen Eindruck bekommen kann – tatsächlich müsste aus Produktionskosten/Personalkosten usw. Rechnung die Zeitung ohne Werbung ca. das dreifache zum heutigen Preis kosten.
Reinhold Podlesny 1. Februar 2020 um 18:52
viel wichtiger wäre es das es keine Papierwerbung mehr gäbe. Es gibt viel zu viel kostenlose Anzeigenzeitungen mit leider viel zu viel Werbung.
Warum wird diesePapierwerbung bnicht endlich abgeschaft. Auch die Entsorung der Papierwerbung kostet schließlich viel Geld.
Casni 3. Februar 2020 um 9:03
Anzeigenblätter sind keine Zeitungen – was allerdings die Verantwortlichen in den Agenturen nicht in betracht ziehen – sie wollen Ihren Kunden nur sagen wir haben es in Millionen Haushalte gebracht (was ja schon die erste Lüge ist – die meisten Haushalte haben "keine Werbung" auf ihren Briefkästen und bei 80% der anderen Vermute ich das dieses Papier direkt in die Tonne Landet) Gute Digitale Werbung kostet vermutlich genau so viel wie die alte Print Werbung – leider versteht kaum ein Kunde aus dem Zeitalter das Pixel das "neue Papier" ist.
Harry aus Westfalen 1. Februar 2020 um 19:00
Ich habe nicht mehr eingesehen, für meine gedruckte Lokalzeitung (es gibt hier nur eine einzige) 35 € im Monat zu bezahlen bzw. 25 € als ePaper. Mich interessiert der Manteilteil nicht, das habe ich alles anderswo schon gelesen.
Aber die Lokalseite, die ist mir wichtig. Für 5€ im Monat würde ich meine Stadt digital abonnieren, 5€ für die Nachbarstadt. Also nen Zehner im Monat gerne. Nicht aber 25 € für etwas, wovon ich 28 von 30 Seiten gar nicht lesen will. Und ich will auch kein 2 Jahres-Abo und kein Ipad mit 120 € Zuzahlung.
Für 5 bis 10 € kenne ich viele, die die Zeitung wieder abbonieren würden.
Kornelije Casni 3. Februar 2020 um 8:55
Ich habe meinem (damaligen) Arbeitgeber (Zeitungsverlag) schon vor 5 Jahren den Vorschlag gemacht das Journalistische Angebot im Abobereich so zu ändern das:
1. Das Format Zeitung als ganzes Aufgegeben wird (Digital)
2. Man ein Abo über Interessen bezahlt – z.B. Sport oder Regional oder Politik etc. für natürlich auch einen Bruchteil des Ganzen
3. Die Artikel mit fertigstellung (also Brandaktuell) sofort offline gehen.
Nun muss man dazu sagen das ich bei eine BDZV Tagungen an der ich einen andern Digitalen Votschlag vorstellen sollte, gemerkt habe das Verleger
1. nicht wissen was Digital bedeutet und
2. zu sehr an Ihrem Papier hängen
Calvero 4. Februar 2020 um 22:24
Hier im Speckgürtel kann ich (wenn ich wollte) früh noch nicht mal mehr eine Tageszeitung auf dem direkten Weg zur S-Bahn kaufen. Der fliegende Händler auf dem Bahnsteig ist schon lange weg, im letzten Jahr schloss auch der Bahnhofsimbiss, der noch einen Zeitungsständer der Gnade wegen hatte. Viel verkauft hat er wohl nicht mehr zum Schluss.
Oft wird vergessen zu erwähnen, wie teuer (auch regionale) Tageszeitungen mittlerweile geworden sind. Und das auch klar im Vergleich zu anderen Medienangeboten. Ich zahle aber nicht vielleicht bald fast 2 Euro täglich – auch mit für den Abdruck von Börsenkursen, TV-Programm, Berichte über Fußballclubs aus anderen Bundesländern,…. Alles ok, solange das ein preiswertes "Wegwerfprodukt" ist – ich würde täglich nicht mehr als 1 Euro für diese Art Zeitung ausgeben wollen. Die Idee, dass man sich eine individuelle Zeitung "zusammenbasteln" kann, wurde vom Smartphone schlussendlich ausgelöscht. Und was wurde eigentlich aus dem digitalen Papier?
Das Geschäftsmodell Massenmediumstageszeitung funktioniert zu diesen Preisen einfach nicht mehr, und richtig, das hat dann noch nichts mit dem Internet zu tun. Und das Abo-Modell ist seit dem Mindestlohn auch final hinfällig, denn einen bald unvermeidlichen weiteren Aufpreis fürs Liefern zahlen wohl dann fast nur noch Rentner mit viel Zeit am Frühstückstisch.
Schaut man sich die meisten Onlineauftritte der Zeitungen an, sieht man reingekippte Polizeimeldungen en masse, dämliche Symbolfotos, ein CMS, das auf Seitenaufrufe statt auf Lesbarkeit getrimmt ist. Ok, wenn das umsonst ist, kann man meckern aber eben auch nicht mehr verlangen. Wenn dann aber eine Paywall dafür hochgezogen wird…
Markus 4. Februar 2021 um 14:38
Was ist E-Paper und vor allem was verstehen die Befragten darunter? Die IVW versteht eine 1:1 Reproduktion der gedruckten Zeitung darunter. Aber verstehen das auch alle Befragten darunter? Oder ist es dann nicht doch der Digital Zugang zur Zeitung per Webseite oder Mobil/App?
Thomas Knüwer 4. Februar 2021 um 15:39
Nach meiner Meinung ist die Defintion der IVW logisch und korrekt. Ich kenne auch nur wenige Medienmenschen, die das anders definieren würden.