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„Das ist einer der verrücktesten Tage meines Lebens“, sagte Daniel Fiene, als ich ihn Freitag Nachmittag anrief.

Den ganzen Tag über hatte er die Presseanfragen für die Goldenen Blogger abgearbeitet, von DPA bis sogar zu ZDF heute plus. „Fehlt nur noch, dass die Tagesthemen anrufen“, dachte er – als die Tagesthemen anriefen. Und dass im Umfeld unserer Blogpreis-Verleihung mal der Satz „Das Team von Promiflash will noch ein Interview machen“, fallen würde, hätten wir auch eher nicht gedacht.

Zum elften Mal verliehen Daniel, Franziska Bluhm und ich die Goldenen Blogger, zum dritten Mal war Christiane Link mit an Bord. Nie war die Vorbereitung derart intensiv, denn in den Tagen vor unserer Gala sickerten zwei Gedanken bei uns ein:

  1. Wir sind das geworden, worüber wir uns mit den Goldenen Bloggern eigentlich mal lustig machen wollten: eine Preisverleihung mit Ernstnehm-Charakter.
  2. Die Wahrnehmung von Blogs hat sich innerhalb der 11 Jahre komplett gedreht.
Goldene Blogger 2017: Christiane Link, Thomas Knüwer, Daniel Fiene, Franziska Bluhm

Foto: Henrik Andree / Basecamp

Denn eigentlich waren die Goldenen Blogger ja eine Reaktion auf zwei Dinge: Einerseits die steigende Zahl völlig egaliger Preise Mitte der Nuller Jahre, die munter im TV übertragen wurden. Stinklangweilige Shows wie der Bambi wurden in den Himmel gehoben, obwohl die vornehmliche Eigenschaft für den Gewinn eines solchen Preises die Anwesenheit im Saal darstellte. Und andererseits waren da die Anfeindungen gegenüber Blog, von DJV-Chef Michael Konken („Kein Journalismus“) über die „Süddeutsche Zeitung“ („Keine Relevanz“) bis zu Jean-Remy von Matt („Klowände des Internet“).

Und dann standen wir am Montag, eine Stunde vor Beginn der Verleihung, in der Lounge der Hauptstadtrepräsentanz unseres Sponsors Telefónica und begrüßten nicht nur die Nominierten zu einem Vorab-Empfang, sondern auch fünf Kamerateams. Keiner der Berichterstatter wollte sich über Blogger lustig machen, keiner wollte sie runtermachen. Nur Ingo Zamperoni ließ bei seiner Anmoderation in den Tagesthemen jene überkommenen Vorurteile durchblitzen:

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Mehr noch: Dass wir als absurde Hobbyveranstaltung in Franzis Wohnzimmer begannen, verlieh uns Street Credibility, ARD und ZDF baten uns beide um alte Fotos und Videos. Völlig überrascht reagierten die allermeisten Medienvertreter, dass die Preisträger zu drei Vierteln nicht vorher feststanden, sondern tatsächlich live via Onlinevoting und Saalapplaus entschieden werden.

Raul Krauthausen bei den Goldenen Bloggern im Interview mit dem rbb.

Foto: Henrik Andree / Basecamp

Da ist etwas passiert. In relativ kurzer Zeit (sprich zwei oder drei Jahren) sind Blogs in der Wahrnehmung von Medien mutiert, von Schmuddelkindern zu… ja, was… Hoffnungsträgern? Stimmen der Gesellschaft? Es fällt mir schwer, den richtigen Begriff zu finden.

Auf jeden Fall aber liefern Blogger Gesprächsanlässe und Geschichten, die Menschen unterhalten, informieren und bewegen. Zwei Momente gab es bei den Goldenen Bloggern 2017, bei denen wir vier Moderatoren uns über die kleine Bühne hinweg anschauten und wer uns kennt, der hat vielleicht in unseren Augen gelesen, dass keiner von uns als nächster sprechen wollte – weil wir selbst gerade einen Kloß im Hals hatten.

Da war einmal Norman, auf Twitter bekannt als @DeinTherapeut. Er hatte via Twitter versucht seinen Vater zu finden, den er ein Dutzend Jahre zuvor das letzte mal gesehen hatte und der mutmaßlich obdachlos in Hamburg lebte. Und es gelang:

Zum anderen unsere Bloggerin des Jahres. Natürlich spekulieren wir im Team vorher, wer wohl gewinnt. Wir waren ziemlich sicher, dass Raul Krauthausen Blogger des Jahres werden würde und Fräulein Read On für „Eine Banane“ beim Blogartikel des Jahres abräumen würde. Und dann – gewann Frau Notaufnahmeschwester die Artikelkategorie. Das war schon eine dicke Überraschung. Dass aber Marie Sophie „Fräulein Readon“ Hingst Bloggerin des Jahres wurde, das war für unser Team eine handfeste Sensation.

„Sie ist so unglaublich stilsicher“, meinte eine andere nominierte Person zur Marie Sophie. Diese Stilsicherheit demonstrierte sie auch auf der Bühne, als sie einen bewegenden Text für den in der Türkei festgehaltenen Journalisten Denis Yüzel verlas, dem sie mit anderen Frauen täglich eine Postkarten schreibt:  „Am Ende gewinnen immer die Wörter, so einen das Warten auch bange macht. Die Worte kommen noch durch das kleinste Schlüsselloch, und so kommt auch die Freiheit, Deniz“.

Wer kann oder will nach solch einem Satz noch weitermoderieren? Wir brauchten einen Moment, um uns zu fangen.

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Und dann sagte sie im Interview mit Manuel Koch auch noch diesen wunderschönen Satz: „Es ist egal, wie groß ein Blog ist, oder ein Account, wie viele Follower oder Liker er hat –e s ist wichtig, dass wir uns unsere Geschichten erzählen.“ Und dafür sind Blogs geschaffen worden.

Es war ein perfekter Abschluss einer nicht perfekten Verleihung. Denn wir sind keine allzeit bereiten Moderationsroboter, die mit eisernem Lächeln alles wegmoderieren, was es wegzumoderieren gibt. Auch weiter wollen wir bei den Goldenen Bloggern absurde Momente erzeugen, auch auf die Gefahr, dass es schief geht. Auch konnten wir nichts daran ändern, dass unser großartiger Showact Beranger nicht im Livestream zu hören war: Im vergangenen Jahr hat uns Facebook automatisiert abgeschaltet, als Musik lief – das wollten wir nicht noch einmal haben.

Goldene Blogger 2017: Thomas Knüwer, Daniel Fiene, Sophie Passmann

Foto: Henrik Andree / Basecamp

Leider ist mir selbst ein peinlicher Fehler unterlaufen. In einem Moment der Ermüdung habe ich mir eine falsche Applausometer-Zahl gemerkt und deshalb in der Kategorie Wirtschaftsblog die Online Marketing Rockstars zum Sieger erklärt – doch gewonnen hatte eigentlich die Karrierebibel. Jochen Mai, der Gründer der Karrierebibel, hat meine Entschuldigung am Frühstückstisch akzeptiert und wir haben uns entschlossen, beiden Blogs den Sieg zuzusprechen.

Goldene Blogger 2017: Norman DeinTherapeut

Foto: Henrik Andree / Basecamp

Am meisten gefreut hat uns aber die Freude der Menschen, die mit uns den Abend gefeiert haben. So wie Tim Stelzer, der für sein Blog „Tim schraubt Bass“ nominiert war und mit seiner Familie nach Berlin gereist war. Oder der Kinderdok, der sich riesig über seinen Sieg freute, genauso wie das Team der Staatsoper Berlin.

Noch stärker als im vergangenen Jahr wurde unsere Verleihung zu einem Kennenlernen von Menschen, die Texte und Bilder ins Internet stellen. Unsere Hoffnung ist, dass hier Kontakte und Netzwerke entstehen, so wie dies seit Jahren auf der re:pbulica passiert. Wir haben das Gefühl, dass dem auch so ist. Denn als wir wir ziemlich fertig gegen Mitternacht im NH Collection Hotel eintrafen, saßen da noch etliche Nominierte und Preisträger und feierten. Manche auch sehr lang:

Auch weiterhin sollen die Goldenen Blogger kein großartiges Geschäftsmodell werden. Doch dass einmal im Jahr derartig unterschiedliche Menschen mit Blogs aufeinandertreffen, angereist aus Irland, London, Freiburg, Münster oder München, das funktioniert nur, weil wir Sponsoren haben, die einen Reisekostenzuschuss ermöglichen und ein Hotel, das einen guten Preis gemacht hat. Deshalb die Bitte an Sie, liebe Leserinnen und Leser: Sollten Sie ein Unternehmen kennen, das in diesen Kreis passen würde, lassen Sie es uns wissen.

In diesem Jahr bedanken wir uns auf jeden Fall bei diesen Unternehmen:

Nun aber ist nach den Goldenen Bloggern – also vor den Goldenen Bloggern. Die Nachbesprechungen stehen an und somit schon die Planungen für die Goldenen Blogger 2018. Wer uns dabei zuschauen möchte, kann uns auf Facebook und Twitter folgen, noch besser aber unter diesem Link unseren Newsletter abonnieren. Ganz neu ist unser Youtube-Kanal, auf dem wir in den kommenden Tagen Interview mit allen Siegern veröffentlichen werden, die Manuel Koch für uns geführt hat.

Die Sieger der Goldenen Blogger 2017:

Blogger des Jahres

Newcomer des Jahres

Blogtext des Jahres

Blogger ohne Blog

Blocker des Jahres

Food- & Wein-Blog des Jahres

Tagebuch-Blogger des Jahres

Podcast des Jahres

Snapchat- & Instagram-Stories des Jahres

Instagram-Account des Jahres

Twitter-Account des Jahres

DIY-Blogger des Jahres

Nischen-Blogger des Jahres

Wirtschafts-Blogger des Jahres

Markenbotschafter des Jahres

Social-Media-Auftritt eines Profisportlers

Blogger mit Engagement

Blogger aus dem Ausland über Deutschland

Sonderpreis:


Kommentare


Andi 6. Februar 2018 um 11:10

Ich kann diese Top-Auswahl von Blogs nicht so recht verstehen, da sind teils recht langweilige Blogs drunter. Dagegen fehlen richtig gute Top Blogs. Blogs wie akku-und-roboter-staubsauger.de reißen sich den Arsch auf und testen wochenlang ein Gerät für einen Blogartikel und andere schreiben täglich irgendwas belangloses. Andere wie stadt-bremerhaven.de bringen richtig gute News und andere hinken monatelang hinterher.
Die Auswahl scheint mir da ziemlich willkürlich, wobei ich natürlich nicht sagen möchte das die genannten Blogs alle schlecht sind.

Antworten

Thomas Knüwer 6. Februar 2018 um 19:36

@Andi: Was man langweilig findet und was nicht, ist ja immer subjektiv. Tech-Blogs haben wir in diesem Jahr nicht ausgezeichnet. Wir können nicht jede Rubrik in jedem Jahr abbilden, weil es sonst zu viele wären. Und so können und wollen wir auch Caschy nicht in jedem Jahr wieder einen Preis verleihen.

Insgesamt aber liegt es auch an Ihnen, die Auswahl zu ändern. Wir rufen über Monate hinweg dazu auf, Blogs zu nominieren – diesmal bekamen wir fast 1000 Vorschläge. Techblogs waren kaum dabei, was unseren Eindruck widerspiegelt, dass dieser Bereich von Klein-Bloggersdorf stagniert.

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