Ich war ein klein wenig aufgeregt gestern Nacht. Denn auch ich gehöre zu jenen Menschen, die durch „Star Wars“ so geprägt wurden, wie durch kein anderes Gut der Popkultur. Dabei konnte ich die Episode IV bei ihrer Premiere nicht mal im Kino sehen: Denn im Februar 1978 war ich acht Jahre alt und durfte noch nicht in den Film. Doch jeder in meinem Freundeskreis besaß das Klebealbum und die Hörspielkassette und ein paar der Plastikfiguren, vielleicht gar einen Modellbausatz: Wir konnten alle Dialoge auswendig aufsagen, noch bevor wir den Film jemals sehen konnten.
Diese Kindheitsprägung ist einer der Gründe, warum so viele meiner Generation in der Nähe des ersten (gut, manchmal auch zweiten) Herzkaspar waren, als zum ersten Mal in einem der Trailer der Millennium Falcon durchs Bild rauschte. Doch gibt es eben so viel, was „Star Wars“ absetzt von anderen Filmen jener Zeit, die uns genauso hätten prägen können: Buck Rogers, die „Star Trek“-Filme oder „Flash Gordon“, zum Beispiel. Denn zu jener Zeit begann das, was wir Digitalisierung nennen in Gestalt von Atari VCS, Sinclair ZX oder C64 und diese heute lächerlich wirkenden ersten Schritte zum persönlichen Computer elektrisierten uns im Wortsinn.
Einige dieser Gründe, warum „Star Wars“ eine Relevanz entwickelte, die bis heute hält, habe ich in meinen Snaps aufgeführt, die ich gestern anlässlich der Mitternachtspremiere im UCI Düsseldorf machte. Wie der Film so war, können Sie dann auch erfahren, Webvideopreis-Macher Markus Hündgen, Multimedia-Reporter Daniel Fiene und sein ehemaliger Science Fiction-Podcast-Mitstreiter Philipp Wartenberg sind auch mit dabei. Und – wichtiger Hinweis – das ganze ist frei von Spoilern:
Dieses Wort „Spoiler“ hat das Potential zum Medienwort des Monats, vielleicht gar des Halbjahres. Nein, es ist kein neudeutscher Begriff, sondern ein englischer. Übersetzte man die Vokabel, so käme „Spaßverderber“ oder „Verräter“ am nächsten, woran sie schon sehen, dass es manchmal sinnvoller ist, beim angelsächsischen Begriff zu bleiben (sollte es Alternativvorschläge zur Übersetzung geben – bitte her damit in die Kommentare).
Denn nicht nur in meinem Video, nein, generell gab es verdammt wenige solcher Spoiler in den Medien. Und das verleitet mich zur These: „The Force Awakens“ könnte den Journalismus ein klein wenig besser machen.
Denn die deutsche Filmkritik neigt – im Gegensatz zur englischen und amerikanischen – dazu, in zu langen Passagen besprochene Filme nachzuerzählen. Das gilt vor allem für nicht-feuilletonistische Filme, so das, was gern als Blockbuster bezeichnet wird. Dabei geht es auch anders. Stellvertretend für eine (aus meiner Sicht) zuschauerfreundlichere Herangehensweise empfehle ich zwei Kritiken des „Guardian“ zum neuen „Star Wars“: Einerseits die eigentliche Besprechung für die Filmsparte, andererseits eine Analyse, warum es gut ist, dass George Lucas die Hoheit über seine Schöpfung abgegeben hat.
Doch mit mit dem neuen „Krieg der Sterne“ ist auch in deutschen Medien vieles anders. Die Spoiler sind kaum wahrnehmbar, stattdessen gibt es gut geschriebene (und überweigend positive) Kritiken, die ganz ohne längliche Story-Nacherzählungen auskommen.
Hat die Disney-PR da den Daumen drauf? Ich glaube nicht. Vielmehr glaube ich, dass viele Journalisten einen Respekt vor dem Gesamtwerk „Star Wars“ haben und es entsprechend behandeln. Und vielleicht haben sie sich deshalb auch ein wenig mehr Mühe beim Schreiben gemacht.
Deshalb könnte das Erwachen der Macht vielleicht auch den Journalismus ein klein wenig besser machen. Denn wie wäre es, behandelten Journalisten kulturelle Werke mit vielleicht nicht dem gleichen, aber einfach einem höheren Grundrespekt als bisher? Dieser Respekt könnte sich auch auf den Leser beziehen: Muss er exakt wissen, was in einem Film oder Buch passiert? Vielleicht könnte führt das kleine Wunder des ungespoilerten „Star Wars“-Film einfach mal über die Feiertage zu einer Grübelei, wie solche Medienkritiken, egal ob Film, Fernsehen, Buch oder Musik, künftig aussehen könnten um journalistischen Anspruch und Leserinteresse stärker in Einklang zu bringen.
Nachtrag: Wer mir auf Snapchat folgen möchte, kann dies über Scannen meines Profilcodes hier tun.
Kommentare
Tom 18. Dezember 2015 um 10:13
In der Wikipedia gab es übrigens bereits gestern Vormittag die komplette Handlung – falls doch jemand gespoilert haben möchte 😉
Die wichtigere Frage, die sich aber stellt ist die, ob man sich den gigantischen Cliffhanger antun möchte oder lieber auf Teil 8 wartet und dann beide guckt. Beim Hobbit hat sich das damals sehr bewährt.
Winnie 18. Dezember 2015 um 12:42
Leider hat das meine Tageszeitung, der Bonner General Anzeiger nicht geschafft. Die Kritik war zwar keine Nacherzählung sondern wirkte Spoiler-frei. Nur im letzten Drittel sah sich der Autor aus irgendwelchen Gründen genötigt, einen Spoiler der Größenordnung „Darth Vader ist Luke Skywalkers Vater“ fallenzulassen“ 🙁 . Habe ich geflucht…
@Tom: Irgendwie zweifle ich daran, daß VIII ohne Cliffhanger enden wird, daher müsste man dann wohl eher auf IX warten.
Alexander Merz 18. Dezember 2015 um 15:47
Aus der Einladungsmail der PR-Agentur für die Pressevorführungen:
„5. Wir möchten Sie im Namen des Kinopublikums herzlich bitten, in Ihren Filmbesprechungen Spoiler zu vermeiden, d.h. keine wesentlichen Handlungsstränge oder das Ende des Films zu verraten.“
Marc 21. Dezember 2015 um 11:48
Dass die Macher ein Geheimnis, um die Handlung machen schien mir erstmal normal. Jetzt weiß ich aber auch warum: Weil sie sonst zugeben hätten müssen, dass Star Wars VII ein Remake ist.
Wenn die Rezensenten da aber mitspielen und jetzt nicht spoilern, spricht das meiner Meinung nach nicht für die Rezensenten.
Egal wie ich es wende. Entweder machen sie sich mit Disney gemein. Oder sie kennen die Filmvorlage für das Remake nicht, was in dem Fall ein grober Schnitzer wäre. Oder sie haben es nicht gemerkt, was nicht für die Expertise der Rezensenten spricht. Oder es war ihnen egal, was ich als Leser aber nicht gut finde.
Lesenswerte Links – Kalenderwoche 53 in 2015 > Vermischtes > Lesenswerte Links 2015 1. Januar 2016 um 8:01
[…] Den neuen Star Wars Film habe ich noch nicht im Kino gesehen – und werde ihn auch erst auf Blu-ray schauen. Thomas hat sich die Premiere vor Weihnachten nicht entgehen lassen und weiß Wie “Star Wars: Das Erwachen der Macht” den Journalismus ein klein wenig besser macht. […]