Das ZDF zwingt mich zum Äußersten. Ich muss die Samwer-Brüder in Schutz nehmen.
Denen stehe ich höchst kritisch gegenüber. Sie kopieren hemmungslos Ideen anderer Unternehmer, sie benehmen sie gegenüber Mitarbeitern elendig schlecht, sie ziehen Investoren mit wenig Ahnung von digitalen Geschäften über den Tisch. Und meine Prognose für Zalando ist, dass zwei bis drei Jahre nach dem Börsengang Götterdämmerung angesagt ist.
Doch spulte Frontal21 in dieser Woche eine Dokumentation ab, die nicht nur unjournalistisch – weil vollständig voreingenommen – war, sondern an der sich auch sehr gut zeigen lässt, wie Fernsehmagazine im öffentlich-rechtlichen Programm Zuschauer manipulieren, wie sie die Wirtschaft dämonisieren und das nicht einmal auf eine handwerklich saubere Art und Weise.
Schauen wir uns also einmal jenen Frontal21-Beitrag en detail an. Und ich muss schon jetzt warnen: Das wird lang.
Also…
Der erste Satz lautet:
„Er ist einer der reichsten Deutschen – doch kaum bekannt.“
Man könnte auch sagen können, dass der Herr (Oliver Samwer) so viele Firmen gründet, wie kaum ein anderer. Doch Reichtum ist in vielen Teilen des deutschen Journalismus inzwischen zum Synonym für Anrüchigkeit geworden. Und natürlich muss hier Spannung erzeugt werden, deshalb wird behauptet, er sei kaum bekannt.
Nur, woran bemisst sich das kaum bekannte? Wer sich für Wirtschaft generell interessiert, der dürfte über die Samwers seit 15 Jahren immer wieder gestolpert sein. Da waren die Alando-Geschichten zur Jahrtausendwende, die Hintergrundstorys über Jamba und nun über Zalando. Da waren „Handelsblatt“-Titelgeschichten und welche im „Manager Magazin“. Und da waren Berichte über die Arbeitsbedingungen bei Zalando auf RTL. „Kaum bekannt“ bemisst sich also an jemand, der kein Interesse an Wirtschaftsberichterstattung hat. Er ist anscheinend die Zielgruppe des Beitrags. Das hat auch einen Vorteil: Er wird das Folgende nicht hinterfragen.
„Seine Geschäfte jedoch kennen Millionen.“
Auch hier ist Wortwahl wichtig. „Seine Unternehmen kennen Millionen“ ist neutral bis positiv. „Geschäft“ aber, das steht im TV-Journalismus für „nicht koscher“.
Und damit klar wird, dass diese Geschäfte nicht sauber sein können, müssen welteroberische Ziele ausgegeben werden – selbst wenn sie nie ausgesprochen wurden und es keinen Beleg dafür gibt. Frontal21 beamt sich in das Hirn der Samwers:
„Die drei Samwer-Brüder haben eine Vision: die ganze Welt soll bei ihnen online shoppen.“
Wir sehen dann Menschen, von denen nicht erklärt wird, wer sie sind. Sie begegnen uns erst später wieder. Doch ob wir uns dann noch erinnern, wer was gesagt hat? Unwahrscheinlich. In diesen Satzfetzen wird der Grundton des Beitrags gelegt, durch das Weglassen der erklärenden Bauchbinden ist der Zuschauer gezwungen, sich unter die geistige Knute des Redakteurs zu begeben: Wir müssen dem Filmautor vertrauen, dass die Menschen, die da Böses sagen, die Kompetenz haben, dies zu tun.
„Die sind böse“, sagt afrikanischer Herr. Und ein Amerikaner wird übersetzt mit: „Ich hasse die Samwers, ich hoffe, dass sie kaputt gehen.“
Tatsächlich sagt er sogar, er hoffe „sie sterben“. Das aber darf man so nicht übersetzen. Den Todeswünsche würden den Zitierten unsympathisch und die Samwers sympathisch erscheinen lassen.
Nun muss das Produktionsteam aufgebaut werden. Zählte früher im Fernsehen Bescheidenheit, müssen sich Redakteure heute in die Heldenrolle werfen. Und das geht so:
„Als erstes Fernsehteam überhaupt, dürfen wir die Arbeit hier mit der Kamera begleiten. Die Samwers wollen die Einkaufswelt revolutionieren. Doch wie machen sie das? Und wie konnten sie so groß werden?“
Wir sehen Bilder einer Mitarbeiterversammlung, wir wissen nicht aus welchem Anlass. Durchs Bild streifendes Grünzeug vermittelt den Eindruck einer versteckten Kamera. Das Abfilmen floristischer Ornamente gehört, wie Stefan Niggemeier schon schön auflistete, zu den bevorzugten Stilmitteln bei Frontal21.
Ein Laser schreibt uns nun den Titel der Sendung:
„Die große Samwer-Show – die Milliardengeschäfte der Zalando-Boys“
Hier ist Show natürlich wichtig, Shows sind immer mehr Schein als Sein. Dass es schwierig ist, eine Show zu veranstalten, wenn man kaum bekannt ist – mit solchen logischen Korinthenausscheidereien dürfen sie Frontal21 nicht kommen. Geschäfte müssen natürlich Milliardenumfang haben, in einer Welt der Superlative dringt sonst nichts mehr durch. Derweil soll der Begriff Boys vielleicht Wild-West-Charakter vermitteln.
Wir sehen Oliver Samwer bei der World Retail Conference in Paris. Der Name der Konferenz wird nicht erwähnt. Denn im deutschen TV werden englische Begriffe eher gewählt, um mangelnde Seriosität anzudeuten. Hier aber darf nur einer nicht ernstzunehmend erscheinen: Samwer.
Nun muss klargemacht werden, wie mächtig er ist. Die wichtigsten Handelskonzerne der Welt seien anwesend und: „Sie fürchten um ihre Zukunft.“ Samwer sei „ein Mann, der ihnen Angst macht“. Und er ist ein „vermeintlicher Prophet der neuen Welt“. Wie jetzt, vermeintlich? Er ist kein Prophet der neuen Welt? Weil diese neue Welt nicht exisitiert – und die klassischen Händler somit keine Angst haben müssen? Oder weil er gar nicht eine neue Welt prophezeit?
„Kennt er womöglich die Lösung für einbrechende Umsätze in der alten Welt des Einzelhandels?“
Wenn Samwer diese kennt, warum macht er dann Onlinehandel? Ach, schon wenige Minuten nach Beginn des Beitrags liegt die Logik weinend unter dem Sofakissen.
Doch weil Paris nicht genug ist, muss Samwer natürlich zum Bond-Bösewicht gemacht werden. Es folgt ein Satz, wie aus einer Satire:
„Mit seiner digitalen Revolution Made in Germany will er den ganzen Planeten bekehren.“
Ich nehme mal etwas vorweg: Man wird den Samwers im Folgenden vorwerfen, keine eigenen Ideen zu haben. Ist das dann eine Revolution aus Deutschland? Und ohnehin kann man den meisten Unternehmen der Samwers wenig Innovation vorwerfen. Zalando eine Revolution? Wohl eher nicht.
Offen ist auch die Frage: Wozu bekehren? Zum Onlinehandel doch wohl kaum, der lief auch ohne die Samwers glänzend, fragen Sie mal Jeff Bezos. Der nächste wirre Satz:
„Keiner verkauft die Mission besser als er und seine Brüder.“
Wenn jemand eine Mission hat, wer könnte die Mission besser verkaufen als er selbst? Die Logik hat gerade begonnen, sich die Fernbedienung auf den Schädel zu schlagen.
„Oliver Samwer ist der Frontmann des Trios. Sie dominieren das Internet-Geschäft in Deutschland seit Jahren.“
Frontal21 will eines nicht: Den Menschen Details nahe bringen. TV-Redakteure behaupten dann gern, das verwirre die Zuschauer nur. Das „Internet-Geschäft“ ist ungefähr so konkret wie „was mit Medien“. Es umfasst Zugangsanbieter wie die Telekom, Suchmaschinen, Social Networks, Onlinehandel, Nachrichtenseiten. Würde man das aber erzählen, würden die flüchtigen Zuschauer der Redaktion die Welteroberungsvision nicht mehr abnehmen.
Blicken wir in die Vergangenheit der Samwers. „Ihre Eltern sind wohlhabend“, das darf erwähnt werden. Doch ist recherchiert worden, ob die per Strichzeichnung dargestellte Villa mit Pool der Realität entsprach?
Was nicht stimmt, sondern schlicht falsch ist:
„Nach 1er Abitur und Studium, bevorzugt an einer privaten Elite-Uni…“
Zwar hat Oliver Samwer an der privaten WHU studiert. Sein Bruder Marc jedoch studierte Jura an der Uni Köln, Alexander VWL und Politik in Oxford und Harvard.
Zeit für die nächste Visionsbehauptung:
„Sie wollen erfolgreiche Unternehmer werden – vielleicht sogar die reichsten Männer in Europa.“
Das Schöne am TV-Journalismus: Man kann das alles so behaupten und hinterher rechtfertigen, es müsse ja einfach und verständlich sein. Wenn ich also behaupte, die Frontal21-Redaktion hatte die Vision, den Samwers mal so richtig einen vor den Wagen zu kotzen, notfalls unter Vernachlässigung journalistischen Handwerks, dann mache ich nichts anderes, als Frontal21 selbst. Praktisch.
Was keineswegs fehlen darf, sind die schlimmsten Wortklischees. Auch sie werden verwendet, weil Zuschauer sie angeblich so einfach versteht. Wie also gründet Rocket Internet Firmen? Klar: „wie am Fließband“.
Bei der Verwirrung des Zuschauers im Ansinnen, ihm die These des Beitrags ins Hirn zu jagen, sind Vergleiche immer sehr schön. Nötig ist dabei ein zu Vergleichender, der bekannt ist. Ob dieser Vergleich völlig unsinnig ist – egal.
„Weltweit arbeiten 20.000 Beschäftigte für Rocket Internet – mehr als bei Karstadt.“
Karstadt beschäftigte im Juli 16.545 Mitarbeiter, ist also gar nicht sooo weit weg. Noch dazu ist Karstadt ein stationärer und allein in Deutschland tätiger Händler. Zum Vergleich: Die Metro Group beschäftigt 288.000 Menschen. Und der Vergleich zwischen ihr und einer Internet-Holding ist genauso wenig sinnvoll.
Natürlich hängen all die Mitarbeiter von Rocket Internet mit im Boot.
„Und wer bei Rocket arbeitet fühlt sich als etwas ganz besonderes.“
Richtig belegt werden muss das nicht. Der Rocket-Pressesprecher erläutert, dass junge Menschen heute nicht nur arbeiten wollen, sondern auch mit der Arbeit einen Sinn im Leben suchen, ja, die Welt ein wenig besser machen wollen. Das ist nicht neu und wird durch Studien durchaus belegt.
Selbstverständlich ist diese Haltung schwer nachvollziehbar für Frontal21. Wer Berichte wie diesen macht, kann nicht daran glauben, dass die Welt besser zu machen wäre:
„Reich und berühmt und dann auch noch Gutmensch sein wollen.“
Ja, wo kämen wir da hin, wenn es solche Leute gäbe. Wenn zum Beispiel Unternehmen für ihre Arbeiter Wohnungen errichteten, die besser und bezahlbarer sind als das, was der Markt hergibt. Ups.
Zur Heroisierung des eigenen Schaffens haben sich Fernsehredakteure auch die Eigenart zugelegt, einen Pseudo-Blick hinter die Kulissen zu geben.
„Monate lang haben wir auf ein Fernsehinterview gedrängt. Schließlich stimmte Oliver Samwer zu – es ist das erste überhaupt.“
Nun ja, für das klassische Fernsehen, möchte man hinzufügen. Aber Details sind hier, wie oben beschrieben, nicht gefragt.
Hat man als TV-Journalist die Rolle des Bösen besetzt, darf eines nicht passieren: Er darf nicht ansatzweise sympathisch erscheinen. Keinesfalls darf er bodenständig oder bescheiden sein, denn er gibt sich nur so.
„Oliver Samwer gibt sich bodenständig und bescheiden“
Zack, schon wieder ein paar Minuten um. Zeit für die nächste Vision ohne Quellenangabe:
„Sein Ziel: 150.000 Menschen sollen für ihn arbeiten – weltweit.“
Nun geht es in die Etappe der Beteiligungen. Natürlich muss es ein Comic-Panzer sein, der angreift. Zitat:
„In Deutschland wollen sie mit dem Internet-Möbelhändler Home24 sogar Ikea angreifen – drunter machen sie es nicht.“
Nun wäre es gar nicht so vermessen zu sagen: Wir suchen uns ein großes Ziel.Nur vergisst das ZDF zu erwähnen, woher der Ikea-Angriff (so weit ich das recherchiert habe) stammt. Bei Home24 soll irgendwo ein Plakat hängen mit der Aufschrift „Kill Billy“. Billy. Regal. Sie verstehen.
Gegenüber der Huffington Post Deutschland sagte Home24-Chef Domenico Cipolla: „Ikea ist nicht unser Feind. Wir wollen niemanden killen. Viel wichtiger ist: Wir möchten uns weiter emanzipieren. Wir wollen die Marke Home24 noch bekannter machen.“
Das klingt schrecklich unspektakulär, wenn man Frontal21-Redakteur ist. Dann doch lieber die nächste Visions-Fata-Morgana:
„Wo immer sich im Internet Geld verdienen lässt, tauchen die Samwers auf. Ihr Ziel: Sie wollen so groß werden wie Facebook oder Google.“
Wir hören nun geheimnisvolle Musik. Sie ist das Gegengift zu Bildern und Szenen, die den Zuschauer vielleicht für den Bösen gewinnen könnten. In diesem Fall unterlegen sie Bilder der Samwer-Beteiligung Spaceways. Selbstverständlich ist dieses Unternehmen nicht innovativ oder kreativ, es tut nur so.
„Für unsere Kamera gibt man sich innovativ und kreativ.“
Wir sehen ein Brainstorming, das so bezeichnet aber nicht erklärt wird. Was interessant ist, da der Begriff Brainstorming anscheinend somit Allgemeingut ist, sogar für die Zuschauer des ZDF. Der Begriff Blogger wird es später nicht sein.
Ach ja, wie schnell zieht Rocket Internet wohl Firmen hoch? Klar: „In Rekordgeschwindigkeit“. Es gibt zwar niemand, der diese Rekorde misst oder auflistet, aber egal. Andere Medien beschreiben dies aus meiner Sicht besser. Zum Beispiel Bloomberg:
„Germany’s Rocket Internet is notorious for cloning hot American tech companies before they get a chance to expand overseas. The incubator, run by the Samwer brothers, has wound the model so tight that it just took a business idea from inception to a 15-person company with a product on the market in eight weeks.“
Die Geschäftsidee von Spaceways ist kopiert, sogar der optische Auftritt ist vergleichbar mit einem US-Konkurrenten. Das anzugreifen und zu kritisieren ist vollkommen richtig. Doch selbstverständlich darf selbst hier die Wahrheit nicht zu viel Raum bekommen:
„In den USA sind mobile Lagerboxen längst erfolgreich am Markt.“
Dazu der britische Tech-Dienst Red Ferret vor drei Monaten:
„Right now it’s obviously very early days for all these new services, and most of them are confined to one or two cities only (even though we’re starting to see international clones start up like LoveSpace in the UK), so there’s lots of consolidation and sweat to come before any of this happens, but the writing is on the wall.“
Early days – längst erfolgreich: Ich erkenne da eine gewisse Interpretationsdifferenz.
Nun treffen wir einen jener nicht genannten Menschen vom Anfang wieder. Es ist Joel Kaczmarek, der Herausgeber von Gründerszene. Der Name jedoch fällt nie, allein in der Bauchbinde taucht die Seite auf. Dass Kaczmarek ein Buch über die Samwers geschrieben hat, wird gar nicht erwähnt.
Kaczmarek sagt die klügsten Dinge in diesem ganzen Beitrag. Er charakterisiert Oliver Samwer auf eine klare, detaillierte Art, wie es Frontal21 sonst überhaupt nicht hinbekommt, er ist einer der Lichtblicke.
Leider muss auf Licht sofort Schatten folgen. Frontal21 erinnert an Alando, den ersten Coup der Samwers. Das Auktionshaus wurde 1999 an Ebay verkauft.
„Damit sind die Samwers auf einen Schlag um 43 Millionen reicher.“
Erstens waren es 43 Millionen Dollar, zweites handelte es sich um sechs Gründer, die möglicherweise alle Anteile hielten. Und schließlich waren auch Kapitalgeber an Bord. Marc Samwer sagte mir 2003 in einem Interview für das „Handelsblatt“: „Bei Alando haben wir mit Venture-Kapitalisten gearbeitet. Bei Jamba hielten wir es für klüger, an strategische Investoren heranzugehen.“
Sicherlich waren es Millionen, mit denen die drei Brüder aus dem Geschäft gingen. Doch die 43 Millionen sind eben falsch.
Wenn man aber so einmal mit dem Fabulieren angefangen hat, kann man gleich weitermachen:
„Das perfide: So ein Ideenklau ist auch noch völlig legal.“
Mensch. Ideen übernehmen, die nicht copyright-tauglich sind, darf man einfach so kopieren. Was daran perfide ist, darüber darf man nicht nachdenken.
„Oliver Samwer kann so sein Risiko minimieren: Er übernimmt einfach die Geschäftsmodelle, die sich schon bewährt haben.“
Auch hier ein kleiner Vorgriff: Wir werden bald hören, dass die Beteiligungen von Rocket Internet hohe Verlust schreiben. Funktioniert die Risikominimierung also nicht? Und wenn das Originalgeschäft und das kopierte auf dem gleichen Markt agieren, warum setzt sich die Kopie durch?
Solche Fragen stellt Frontal21 besser nicht. Die Logik sucht gerade nach dem Schlüssel zum Schrank mit der Jagdflinte.
Nun geht es ins Silicon Valley. Als vielleicht einziges öffentlich-rechtliches TV-Magazin glorifiziert Frontal21 die Gegend:
„In Kalifornien sitzen die wahren Internetgiganten.“
Beachten sie das „wahre“.
„Sie beschäftigen heute weltweit hunderttausende Mitarbeiter. Ihre Erfindungen veränderten die Welt. Apple mit dem iPhone oder Google mit der Suchmaschine. Im Silicon Valley zählen Ideen, Kreativität und Innovationen. Gründer werden gefeiert wie Helden.“
Wir lernen eine weitere Disziplin im TV-Berichtmachen kennen: Das Ignorieren der Historie von Zeugen der Anklage. Denn neben einer Techcrunch-Redakteurin serviert Frontal21 ausgerechnet Jason Calacanis als Ankläger der Kopierarbeit der Samwers. Jener Calacanis, der über Jahre hinweg Gast bei Leo Laports unabhängigem Webshow-Sender Twit (This Week in Tech) war und dann eine eigene Serie von „This Week in“-Shows startete, weshalb Laporte gegen den Kopierer giftete:
Ein Kopierer als Ankläger der Kopierer. Unterhaltsam.
Nun kommt der Herr, der zu Beginn der Sendung den Samwers den Tod wünschte. Ein „erfolgreiche Firmengründer aus New York“, genauer Neil Blumenthal, Gründer des Online-Brillenhändlers Warby Parker. Ohne Frage ein recht gefeierter Mann in den USA. Allein Warby Parker schreibt keine schwarzen Zahlen, dies jedoch wird den Samwers später angekreidet.
Ganz doof dran ist der TV-Redakteur, wenn er versucht Menschen zu finden, die den Bösen hautnah erlebt haben – doch die ihn gar nicht so böse finden. Dann muss er sich auf die Behauptung beschränken, die Leute hätten Angst:
„In Deutschland trauen sich nur wenige, offen über die Samwers zu reden.“
Ich persönlich kenne schon einige, die sehr offen reden. Sie würden das aber nicht vor einer Kamera tun. Dann gäbe es noch die Option, sie zu verfremden. Warum Frontal21 nicht eine Person getroffen hat, die hinter Milchglas und mit verfremdeter Stimme loslegen will ist mir rätselhaft.
Gut, einen haben sie ja: Ehssan Dariani, der „die erfolgreiche Plattform StudiVZ“ gründete.
Doch. Echt jetzt. Erfolgreich. StudiVZ.
All das, was bei den Samwers böse ist, scheint bei Dariani hinnehmbar. Das Kopieren einer Geschäftsidee (der von Facebook), die Übernahme von Templates, das Verlustmachen.
Ganz verschweigt Frontal21 Dennis Bemman und Michael Brehm. Denn die haben StudiVZ ebenfalls mit gegründet. Unerwähnt bleibt auch, dass Dariani eine Freundin berauscht auf einem Klo filmte und das Video auf Youtube stellte, zu einer Party Einladungen im Nazi-Stil verschickte oder zu Anschlägen auf den türkischen Premier Erdogan aufforderte.
Nun folgt der nächste Punkt, der von Seiten Frontal21 richtig dargestellt wird, und zurecht angeprangert wird. Die Härte von Oliver Samwer, mit jener Blitzkrieg-E-Mail im Fokus, die durch die Medien ihre Runde machte.
Und nun erreicht der Beitrag seine besten Momente. Es geht um das Geschäftsgebaren der Rocket-Beteiligungen, um die fragwürdigen Methoden von Wimdu, türkischer Beteiligungen und vor allem dem Missbrauch von Hilfsorganisationen durch die afrikanische Beteiligung Jumia. Hier ist der Beitrag richtig guter Journalismus.
Wird das so bleiben? Kommt jetzt die radikale Kehrtwende zum Journalistenpreis?
Diese Hoffnung erledigt sich, sobal Ehssan Dariani durchs Bild läuft. Er darf sein seit Jahren vorgetragenes Lamento singen vom armen Gründer, der von den Samwers und Stefan von Holtzbrinck über den Tisch gezogen wurde. Die andere Seite schilderte 2009 das Magazin „Neon“ so:
„Wenn man im Umfeld von Holtzbrinck fragt, was denn dieser Ehssan Dariani für einer sei, dann heißt es: schwieriges Thema. Ein Borderliner. Zu Meetings sei er regelmäßig zu spät gekommen, Mitarbeiter habe er herablassend behandelt. Als StudiVZ mal wegen Serverproblemen offline war, soll Dariani geschrien haben, er müsse aber einem Mädchen dringend eine Nachricht schicken. Dariani komme sich vor wie der deutsche Mark Zuckerberg, heißt es. Zuckerberg hatte mit nicht einmal zwanzig Jahren Facebook entwickelt, dessen Wert heute bis auf 15 Milliarden Dollar geschätzt wird. Zuckerberg ist noch immer Chef seines Unternehmens.“
Der Frontal21-Zuschauer erfährt nichts von Videos, Nazi-Einladungen oder den Datenschutzproblemen von StudiVZ. Er bekommt zu hören:
„Damals war Dariani ein Star der Szene. Sogar Facebook-Gründer Mark Zuckerberg wird auf ihn aufmerksam.“
Ja, so kann man das bezeichnen. Holger Schmidt beschrieb dies in seinem Blog für die „FAZ“ marginal anders:
„Es ist Dezember 2006. StudiVZ steht zum Verkauf. Die Samwer-Brüder sind in ihrem Element: Sie verhandeln mit potentiellen Käufern – parallel, wie sie es gerne tun. Holtzbrinck, Springer und Facebook sind die Interessenten. Holtzbrinck und Springer bieten Geld, Facebook-Chef Mark Zuckerberg dagegen einen 5-Prozent-Anteil an seinem Unternehmen. Damals ist gerade die Yahoo-Offerte für Facebook über eine Milliarde Dollar bekannt geworden, was den 5-Prozent-Anteil mit 50 Millionen Dollar bewertet hätte. Auch weil StudiVZ-Gründer Ehssan Dariani darauf besteht, das gleiche Gehalt wie Zuckerberg zu beziehen, platzt der Deal.“
Wir sehen, Frontal21 erholt sich schnell von Ausflügen in den ernstzunehmenden Journalismus. Vielmehr beherrscht die Redaktion die volle Klaviatur der Medienmanipulation:
„Der deutsche Mark Zuckerberg – so lässt sich Oliver Samwer feiern.“
Ach? Tut er? Ist es nicht eher so, dass diese Begriff vom deutschen Zuckerberg die Titelschlagzeile einer „Handelsblatt“-Ausgabe ist? Wenn dem so ist, wäre es nicht perfide, jemanden zuzuschreiben, er lasse sich so feiern, nur weil er nicht versucht hat, gegen diese Schlagzeile vorzugehen? Und wie sollte er das auch, schließlich hätte er keine Handhabe.
Wenn ich nun über die Blog-Artikel schriebe, „Frontal21 – die Frontschweine des Fernsehjournalismus“, könnten wir direkt schreiben, „Frontal21 lässt sich feiern als die Frontschweine des TV-Journalismus“. Seriös wäre das nicht.
Doch seien wir nicht so düster, hauen wir lieber wieder ein Klischee raus:
„Sein Aufstieg scheint unaufhaltsam.“
Gern würde ich mal hören oder lesen: Sein Aufstieg scheint aufhaltbar. Wissen Sie wie viele Treffer Google für diese Begrifflichkeit auswirft? Null.
Was sie hier übrigens gerade lesen ist ein Blog.
„Das ist eine Bloggerin. Blogger schreiben und veröffentlichen Videos im Internet. Sie sind die neue Macht im Netz.“
Man kann diskutieren, ob man im Jahr 2014 den Begriff Blogger noch erklären muss. Die BBC, beispielsweise, tut dies nicht mehr. Was ich aber nicht glaube ist, dass Blogger im Internet (wo übrigens sonst) Videos schreiben.
Das mit der Macht hat mich dann aber verwirrt. Ich dachte die Samwers seien die neue Macht im Internet. Haben die jetzt die Blogger abgelöst? Oder umgekehrt? Oder haben die Frontaler im Gewirr der Superlative einfach die Übersicht verloren? Ach, komm, rhetorische Frage.
„Blogger sorgen dafür, dass Zalando-Produkte bei Google ganz weit oben stehen.“
Puh. Also. So einfach ist das nicht. Tiefer erklären dauert länger. Andererseits: Versteht ein Zuschauer das jetzt? Nein. Also hätte hier mehr Erklärung folgen müssen.
Interessant finde ich, dass Frontal21 eine Liste von „tausenden Webseitenbetreibern“ anführt, die von Zalando mit Gutscheinen angefüttert worden sein sollen. Denn ich vermute – aber es ist nur eine Vermutung –, dass es sich hier um Webseiten handelt, aber nicht um die Zahl der Betreiber. Was merkwürdig ist: Es handelt sich hier um eine Tabelle. Warum erfahren wir keine genaue Zahl?
Was der Zuschauer nicht erfährt: Diese Bestechungsart ist nicht auf Zalando beschränkt. Tatsächlich gibt es leider, leider viele Unternehmen, die diese Unart pflegen.
Und es gibt viele Onlinehändler, Amazon, zum Beispiel, oder Otto. Der Onlinehandel verändert auch die Landschaft der stationären Händler. Doch diese breite Sicht ist nichts für Frontal21. Stattdessen versteigt sich das Magazin zu seiner wildesten These: Zalando ruiniert kleine Einzelhändler.
Wir treffen auf Maren von Holst, deren kleines Geschäft im Grindel-Viertel Pleite geht. Ihre These: „Die Kunden bestellen wahrscheinlich online“.
Klingt logisch. Nur wage ich das in ihrem speziellen Fall zu bezweifeln. Denn ihr Geschäft hieß „Lüttes & Liebes“. Es handelte sich um eine typische Boutique, große Markennamen kann ich nicht entdecken. Der „Prinz“ schrieb:
„Beide Inhaberinnen gestalten ihre Kleidung selbst: Maren Jecksties veredelt und benäht ihre Kollektion, Nina Neseni schneidert. Ob für den Eigengebrauch oder zum Verschenken: Freigeister finden hier immer Lüttes und Liebes.“
Der unterschiedliche Nachname dürfte auf einer zwischenzeitlichen Heirat beruhen. Auf jeden Fall klingt das nicht nach Produkten, die so leicht im Web zu bekommen wären. Der Foursquare-Ort des Geschäftes zählt nur fünf Checkins, erstaunlich wenig für einen so positionierten Laden in einer Medienstadt. War vielleicht der Online-Handel nicht das alleinige Problem von „Lüttes & Liebes“?
Nach den Tränen bei der Geschäftsaufgabe brauchen wir einen Helden. Einen Kämpfer. Damit die Zuschauer nicht selbst tränenüberströmt zu Bett gehen.
„Jimmy Blum organisiert den Widerstand gegen die Samwer-Offensive aus dem Netz.“
Ah! Widerstand! Bundesweit? Demos? Tausende auf der Straße? Nein. Nur im Grindelviertel, das sich verändert. Wie dieser Widerstand so richtig aussieht, erfahren wir nicht. Wir hören nur von Aufklebern mit der Aufschrit „Support your local dealer“ (Englisch ist übrigens die language der locals in Hamburg), die Blum auf Zalando-Pakete klebt, die er für Nachbarn entgegennimmt. Das klingt nach überschaubarer Wehrhaftigkeit.
Zurück zu den Samwers.
„Den Aufstieg von Zalando hat der Steuerzahler mitfinanziert. Kaum eine Subventionsmöglichkeit bleibt ungenutzt. Der Staat gibt reichlich.“
Hier sind wir nun beim Traurigsten des Beitrags: der generellen Haltung der Redaktion gegenüber der Wirtschaft. Sie stellen den Staat (genauer die Bundesländer) als Volltrottel da, die sich abziehen lassen. So viel Arroganz muss man auch mal aufbringen.
Das trifft genauso auf den Bremer Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel zu. Er darf sagen, erst werde eine große Halle gebaut, „dann kommt sofort der Staat und sagt ihr kriegt Fördermittel. Das ist eine skrupellose Abstauberei von Subventionen.“
Und das merkt keiner? Nein, so doof sind die Behörden auch nicht.
Wofür also gibt es Subventionen? Für die Schaffung von Arbeitsplätzen. Denn in der Halle ist keine heiße Luft wie in gewissen TV-Beiträgen, sondern ein Logistikzentrum. In dem arbeiten Menschen. Dass diese Menschen bei Zalando oft nicht gut behandelt werden, kommt gar nicht zur Sprache. Vermutlich, weil dies vom bösen Privatsender RTL recherchiert worden war.
Nun lässt sich darüber diskutieren, ob und wie stark Regionen die Ansiedlung von Unternehmen subventionieren sollten. Ob vielleicht einzelne Gegenden von Investoren gegeneinander ausgespielt werden. Ein Unternehmen derart zu diffamieren, weil es legale Subventionen annimmt, zeugt jedoch von einer massiv antikapitalistischen Grundhaltung.
Das trifft genauso auf die Ansiedlungspolitik der Samwers zu. Die versuchen über Grenzen hinweg Steuern zu vermeiden. Ist das moralisch? Eher nicht, erst recht, wenn man wie Oliver Samwer derart auf deutsche Tugenden pocht.
Allein, es ist schon der von Frontal21 bestellte Steuerexperte Lorenz Jarass der aus der Samwer-Tirade die Luft rauslässt. Er erklärt, dass „alle größeren, deutschen Firmen“ eine Niederlassung im US-Staat Delaware hätten. Was bedeutet: In diesem Punkt sind die Samwers so böse wie Daimler oder Siemens. Diese Detailtiefe mochte die Redaktion jedoch nicht erreichen.
Interessanter ist die Situation in Luxemburg. Oliver Samwer erklärt die starke Präsenz der Rocket-Ableger damit, dass luxemburgisches Recht die Beteiligung von US-Investoren erleichtere. Jarass sagt, Verkäufe von Beteiligungen seien in Luxemburg steuerfrei. Nur fließt dieses Geld ja an die Rocket-Muttergesellschaft. Ob es dort versteuert werden muss, wäre recherchewürdig, wird aber leider nicht geklärt.
Stattdessen sehen wir das Soho House in Berlin. Was ist der Club in der Klischeekiste des deutschen Fernsehens? Klar: „eine noble Adresse in der Hauptstadt“.
Dort treffen sich Investoren und Analysten. Wie ist so ein Treffen? Logisch: „exklusiv“.
Nun ist das ja so eine Sache mit den Finanzmarktgesetzen, weshalb Informationen häufig auch rechtlich nicht in die Öffentlichkeit dürfen. Deshalb wäre es eine unterdurchschnittlich gute Idee, Journalisten zuzulassen. Diese Erklärung aber würde es verhindern zu sagen:
„Wir sind nicht eingeladen.“
Hier also plant Oliver Samer, na, was? „Sein Meisterstück.“
Gemeint ist der Börsengang von Rocket. Dieser Punkt befremdet mich bei der Frontal21-Recherche. Sie fokussiert sich auf den IPO von Rocket, nicht den von Zalando. Tatsächlich aber dürfte letzterer weitaus wichtiger sein für die Samwers. Ein Investment-Vehikel findet nur selten Begeisterung bei Investoren, weshalb bei Rocket die Rede ist von einem Gang an den „Open Market“, den man im deutschen TV vielleicht auch mit seinem alten Namen „Freiverkehr“ erwähnen könnte. Doch das klingt natürlich zu seriös.
Genauso wie zu viele Minuten ohne eine neue Vision:
Der Börsengang „soll noch mehr Millionen in die Kasse spülen. Das Imperium soll wachsen.“
Und nun folgen Momente, die unsere Freundin Logik nutzt, um bei Zalando Hanfseil zu ordern. Die Situation ist die: Der Börsengang soll Geld bringen. Doch die Beteiligungen schreiben, wie Frontal21 überrascht feststellt, rote Zahlen. Trotzdem:
„Angeblich ist Rocket Internet zwischen drei und fünf Milliarden Euro wert.“
Das stimmt natürlich nicht. Zu diesem Bewertungskurs haben sich jüngst neue Investoren beteiligt. Das Merkwürdige: Käme der Börsengang hätten mit einer Bewertung von 5 Milliarden Euro, wie sie Deutsche Startups sieht, hätten diese neuen Investoren recht wenig davon. Weshalb ich eher vermute: Zalando wird an die Börse gehen, Rocket derzeit nicht.
Immerhin hat Frontal21 erkannt, dass Rocket Internet mit der Veröffentlichung von Bilanzen im Bundesanzeiger zurückhängt. Allerdings sollte man erwähnen, dass dies keine Ausnahme ist in der deutschen Unternehmenslandschaft.
Dieser Zusatz ist aber dem Stolz vor der eigenen Rechercheleistung in Sachen Westwing gewichen.
„Im Geschäftsbericht des schwedischen Investors entdecken wir ganz aktuelle Zahlen.“
Sensationell. Schade nur, dass Exciting Commerce diese „ganz aktuellen Zahlen“ schon vor drei Monaten hatte. So schwer zu finden waren sie auch nicht, angesichts einer Pressemitteilung aus dem Hause Westwing, die Anfang Mai herauskam.
Final holt Frontal21 noch jene hohe Vorabausschüttung an den European Founders Fund hervor, das andere Investmentvehikel der Samwers. 286 Millionen Euro., die Samwer rechtfertigt mit Anteilsumschichtungen. Leider versiegt auch hier der Recherchewille von Frontal21.
Enden wir lieber mit einem düsteren Fazit, nicht dass der Zuschauer noch glaubt, dies sei ein ausgewogener Beitrag:
„Seine digitale Revolution Made in Germany produziert weltweit Verlierer. Seine Brüder und er aber gewinnen immer.“
Und nur, um es noch einmal zu schreiben: Die Samwers sind nicht die guten. Doch trieft aus diesem Stück Fernsehen eine Voreingenommenheit und Wirtschaftsfeindlichkeit, die stellvertretend ist für vieles, was ich bei ARD und ZDF sehe. Selbst dubioseste Personen werden dazu Helden aufgebaut, nur weil es in die These passt. Diese generelle Herangehensweise kennt man sonst nur aus den übelsten Momenten des Privatfernsehens.
Hinzu kommt natürlich das, was Stefan Dörner drüben beim Wall Street Journal Deutschland schreibt:
All das fehlt in der Reportage, bei der sich schnell das Gefühl einstellt, dass die Macher von vorne herein auf Skandalisierung aus waren, statt auf eine faire und ausgewogene Berichterstattung.“ Und dies spielt sich nicht bei RTL II ab, sondern beim ZDF. Wenn die Mainzer dies als gute Qualität ansehen, darf man mit Fug und Recht sagen: Solch einen Sender brauchen wir nicht. Dafür haben wir die Privaten.
Nachtrag vom Rocket Internet-Sprecher:
.@tknuewer ich kann nur sagen: wir haben die #frontal21 Recherchen über Monate hinweg unvoreingenommen und uneingeschränkt unterstützt 1/2
— Andreas Winiarski (@winiarski) 29. August 2014
.@tknuewer urteilen sollten dritte wie sie. ich finde nur schade, dass von den vielen stunden interviews mit uns fast nichts auftauchte 2/2
— Andreas Winiarski (@winiarski) 29. August 2014
Kommentare
Christoph Wagner 29. August 2014 um 0:01
Habe ich was verpasst? Frontal21 ist doch keine Sendung mit journalistischen Ansprüchen. Es ist eine Sendung für Leute denen es peinlich ist RTL explosiv zu schauen die sich aber ansonsten auf dem gleichen Niveau bewegen. Jede (okay, 3 oder 4 nur) „Reportage“ die ich bisher gesehen habe strotzt nur so von Unfug bzw. Umdeutung von Fakten. Eben das was ich vom deutschen Fernsehn erwarte.
Dr.Klusenbreuker 29. August 2014 um 6:59
Dass das ZDF seit Jahren RTL hinterherrennt, ist doch wirklich nix neues. Frontal21 ist auch schon mehrfach vor die Pressekammern diverser Landgerichte zitiert worden. Nicht aufregen, einfach abschalten.
Ralph 29. August 2014 um 7:52
Zu viel Partei ergriffen für die Samwer Brüder.
Wer soviele Leute abgezockt hat und davon nicht wenige in ernste finanzielle Schwierigkeiten wenn nicht gar in den Ruin gebracht hat, verdient es, dass auch mal ein Kübel Dreck über ihn ausgeschüttet wird.
Thomas Knüwer 29. August 2014 um 8:20
@Ralph: Sehen Sie, da denke ich anders. Journalisten sollten keine Dreckkübel ausschütten. Sie dürfen auf Basis von Fakten kritisieren und sollten den Leser aufklären. Wer mit falschen Behauptungen und Einordnungen hantiert ist in dem Fall keinen Deut besser.
Gachmuret 29. August 2014 um 8:44
Es ist in der Tat problematisch,dass mit Dokumentationen dieser Art ja Bärendienste geleistet werden. Denn es gäbe ja bei Samwers wie auch bei Bezos oder diversen anderen durchaus Anlass, mal nachzufragen, ob das Geschäftsmodelle sind, von denen unsere Gesellschaft wollen kann, dass sie erfolgreich sind. Wenn dann aber, um hier mal einen Vorredner zu zitieren, einfach nur Dreckkübel ausgeschüttet werden, so dass die möglicherweise zu Recht zu kritisierenden Akteure als zu verteidigende Opfer dastehen, kehrt sich die Absicht ins Gegenteil.
Da es den Öffentlich-Rechtlichen Sendeanstalten offenbar aber nicht möglich ist, sich vom Quotendiktat unabhängig zu machen, führt das natürlich dazu, dass man zu ähnlichen Methoden greift. Das stellt das Modell in der Tat grundlegend in Frage.
Eine Nachfrage habe ich aber noch: Sind Oxford und Harvard denn aber nicht Institutionen, die man durchaus als private Elite-Uni bezeichnen könnte? Damit schiene mir die Aussage »bevorzugt an einer privaten Elite-Uni« zutreffend und daher zumindest diese Passage durchaus zu Unrecht kritisiert (was ja wenig am Gesamteindruck ändert, aber wenn wir hier schon kleinteilig arbeiten…)
Thomas Knüwer 29. August 2014 um 9:30
@Gachmuret: Tatsächlich ist das so eine Frage, wie man Oxford und Harvard definiert. Durch das deutsche Hochschulsystem werden private Hochschulen aber gemeinhin als solche bezeichnet, die neu gegründet wurden, oft betrieben von einer Gewinn orientierten Unternehmung. Die Zulassung der ausländischen Privat-Unis ist jedoch vergleichbar mit denen der öffentlichen Hochschulen, wohingegen private Hochschulen in Deutschland häufig ihre eigenen Zulassungsbedingungen entwickeln.
MartinTraeuble 29. August 2014 um 8:46
So ein Quatsch! Die Branche strotzt nur von Anglizismen aber es soll FREIVERKEHR heißen; verschleppte Bilanzen sollen quasi üblich sein und warum zu Beginn 286Mio€ abgezogen werden ist ja irgendwie auch @tknuewer egal!
Thomas Knüwer 29. August 2014 um 9:24
@Martin Traeuble: Es geht nicht um die Branche, sondern um die Berichterstattung. Gemeinhin wird von TV-Redakteuren gerne behauptet, diese englischen Begriffe würden vom Zuschauer nicht verstanden. Warum also wird Blogger hanebüchen erklärt, Open Market aber nicht?
Die Vorabausschüttung ist mir nicht egal. Nur kann ich die Gründe nicht ausreichend nachvollziehen. Denn eine solche ist nicht ungewöhnlich und KANN gute Gründe haben. Ob das in diesem Fall so ist, erklärt mir Frontal21 aber nicht.
Generell aber ist es ja so: Wenn Rocket tatsächlich in den Freiverkehr geht, ist die Aktie nur etwas für institutionelle Anleger und Zocker. Nur wenige Kleinanleger ohne Wissen agieren in diesem Markt. Und das bedeutet dann auch, dass es sich hier nicht um Investoren handelt, die genau solche Details nicht erkennen und einschätzen können.
Twipsy 29. August 2014 um 8:54
Das ist mal richtig gut zerlegt! Daraus könnte man ein Video machen.
Wieso sollten die ARD/ZDF-Leute auch ein Gespür dafür haben, was es bedeutet, aus einer Idee ein funktionierendes (Gewinn abwerfendes) Geschäft zu machen? Ohne Zwangsgebühren gäbe es die doch gar nicht mehr.
Gregor Keuschnig 29. August 2014 um 9:02
Ein excellenter, decouvrierender Beitrag. Wobei man „Frontal21“ fast als Folie für all die anderen sogenannten „investigativen“ Journalisten nehmen kann. Das anhand eines Beispiels durchgeführte Auseinandernehmen dieses pubertären Gesinnungsjournalismus, der mit der Ahnungslosigkeit der Rezipienten fahrlässig agiert, ist beste Aufklärung. Chapeau.
DJ Doena 29. August 2014 um 11:17
Das war doch damals bei der Amazon Reportage genauso, die ich hier mal ähnlich auseinander genommen hatte:
http://doena-journal.net/1784/ard-vs-amazon
blognetnews » Frontal21, AMSgate, Kriegsreporter 29. August 2014 um 11:26
[…] 1. „Die Frontal21-Show: Das Munkel-Geschäft der Lerchenberg-Lords“ Thomas Knüwer kritisiert die „Frontal21″-Dokumentation „Die große Samwer-Show: Die Milliardengeschäfte der Zalando-Boys“ (zdf.de, Video, 43:30 Minuten) in aller Ausführlichkeit. „Und […]
Dirk Hansen 29. August 2014 um 12:17
Das hat gesessen. Auch wenn dieser Text Verallgemeinerungen („wie Fernsehmagazine im öffentlich-rechtlichen Programm Zuschauer manipulieren“) und Behauptungen (Geschäft stehe im TV-Journalismus für „nicht koscher“) enthält, die ich so nicht teilen kann – Knüwer ist einer entscheidende Schwäche im professionellen Journalismus auf der Spur: Manche verwechseln kritische Haltung mit einer puren Pose. Recherchieren, diferenzieren ist natürlich mühsamer als suggerieren.
Warum das so ist? Sicher hat das auch strukturelle Ursachen: Konkurrenzdenken, Zeitdruck, Kriterienmängel. Sehr gespannt bin ich auf die Reaktion der Redaktion. Dieser Ball sollte unbedingt aufgenommen werden!
Kleine Presseschau vom 29. August 2014 | Die Börsenblogger 29. August 2014 um 12:31
[…] Indiskretion Ehrensache: Die Frontal21-Show: Das Munkel-Geschäft der Lerchenberg-Lords […]
DanielD 29. August 2014 um 12:33
Ich habe die Reportage auch gesehen und war ebenso nur mittelmäßig begeistert. Diese etwas längeren investigativen Formate wie dieses oder auch ZDF Zoom und andere schwanken jedoch meiner Meinung stark in der Qualität. Es ist definitiv nicht alles schlecht in meinen Augen und ich habe schon einige gute Zoom Reportagen gesehen. Das ist nur schon einige Zeit her.
Ich halte zum Beispiel das Frontal21 Magazin noch für eines der guten Formate in diesem Bereich mit wenig Mutmaßungen, meist keinen Dramatisierungen und möglichst wenig oder keinen eindringlich geschilderten Einzelschicksalen, die für scheinbar allgemeingültige Zusammenhänge stehen sollen. Ich schaue es regelmäßig und gern, auch wenn ich den letzten Moderatorenwechsel bedaure. Was leider überall immer häufiger vorkommt und mich außerordentlich stört, sind ständig im Bild herumtanzende Autoren. Autor recherchiert intensiv am PC, Autor malt irgendetwas auf ein Flipchart, Autor geht durch die Tür von Unternehmen XY, Autor wird für Interview verkabelt, Autor sitzt bedächtig auf einer Bank und so weiter. Das war hier zwar nicht so, nervt mich aber zum Beispiel in vielen neueren Zoom Episoden oder anderen Beiträgen. Was interessiert mich der Autor, wenn es um die Sache geht.
Die Samwer Reportage war leider wieder ein schlechtes Beispiel. Es blieb tatsächlich vieles im Dunkeln und ganz klar stand die negative Botschaft des Films von Anfang an fest, ähnlich wie bei der furchtbaren Amazon Reportage der ARD damals. Ausgewogene Berichterstattung spielt dann keine Rolle. Trotzdem behaupte ich, dass es dennoch auch sehr gute Beiträge dieser Art in ARD und ZDF gibt. Leider werden sie scheinbar weniger, während sich diese ganzen schrecklichen Check-Formate oder X gegen Y vermehren und zugleich auch viele Reportagen immer tendenziöse werden. Ich habe eine Zeitlang, schlechtes Beispiel, auch gern WISO gesehen. Doch jetzt ist es schon länger nicht mehr auszuhalten.
Dieser Beitrag sollte dennoch nicht als Beispiel dafür hergenommen werden, dass die ÖR nur schlechte Reportagen produzieren. Es gibt Lichtblicke bei den Privaten und Schatten bei den ÖR, im Schnitt für mich jedoch noch immer mehr Licht als Schatten bei den Öffentlichen. Sehr gut fand ich zum Beispiel auch einige Arte Sendungen in letzter Zeit.
DirkH 29. August 2014 um 14:23
Jemand weiter oben hat gesagt, Frontal 21 sei doch nur ein Imitat von Explosiv von RTL, also nicht so schlimm.
Dann muss man aber fragen: Warum will ein zangsfinanzierter Sender, dessen Unterhalt nicht von Einschaltquoten abhaengt, Sensationalismus imitieren?
Ich denke, es handelt sich hier um eine Mimikry: Der Staatspropagandasender – dem bei seinen fuenf „Hitlers Schaeferhund“-Dokumentationen pro Woche die Quote ja voellig wurst ist – benutzt die verbleibende Sendezeit, um SO ZU TUN ALS WAERE ER EIN VOLKSSENDER – man imitiert also die Privaten, um hin und wieder die staatlich gewuenschte Propaganda dazwischen einzuschmuggeln.
Statt der Samwers haette man auch auf Aldi oder Lidl einhauen koennen, ganz egal. Oder noch ne Kochshow zeigen. Qualitaet egal – es muss nur AUSSEHEN WIE EIN FERNSEHPROGRAMM. Dann kann man nach der Sendung schnell NATO-Kriegsreklame einstreuen (in einer „Nachrichtensendung“.)
mario 29. August 2014 um 14:42
Vielleicht ist die Doku einfach so schlecht, weil man mit gigantischem Aufwand recherchiert hat – man zähle mal allein die genannten und bereisten Orte – und meinte, für diesen Preis auch ein knalliges Produkt liefern zu müssen. Ein paar kleine Ergänzungen:
1) Die Samwers zählen nur zu den „reichsten Deutschen“, wenn man die Definition sehr weit fasst. Oliver Samwer ist wahrscheinlich über 100 Mio schwer, aber das würde in der alljährlichen Liste des Manager Magazins wohl nicht einmal für die Top 200 reichen. Es fällt ja auch auf, dass Samwer an der einen Stelle zum Milliardär gemacht wird, an anderer Stelle dann zum Multimillionär (schon klar, dass ein Milliardär auch gleichzeitig ein Multimillionär ist hehe, aber der Punkt dürfte klar sein)
2) Ich finde den Titel der Sendung eigentlich gelungen – Unternehmen mit echter Substanz haben die Samwers bisher nicht aufgebaut. Es ist doch auffällig und hat meiner Meinung nach in der Doku auch gefehlt, dass die Samwers regelmäßig ein enorm gutes timing beim Exit gefunden haben und die Schrottunternehmen dann den Abnehmern auf die Füsse gefallen sind (StudiVZ ist ein gutes Beispiel)
3) Studium an einer privaten Elite Uni – die drei Brüder haben zusammen an drei privaten Elite-Unis studiert, für jeden also eine 🙂
4) An bestimmten Stellen ist der Zynismus doch berechtigt, gerade bei Home24, einer Klitsche mit < 100 Mio Umsatz, die Ikea angreifen will. Lustig. Das gilt ja auch für die angestrebten 150.000 Beschäftigten. Mal ganz im Ernst, welcher ordentliche Unternehmer würde derart dümmliche Unternehmensziele raushauen?
5) Die 43 Mio von Ebay. Man hat die Geschichte jetzt sicher schon 1000 x gehört. Ich frage mich dennoch, woher diese Zahl eigentlich kommt. Selbst wenn die Summe wirklich richtig wäre (siehe unten), würde erstens immer noch durch mindestens 6 geteilt und dann müsste man immer noch den VC berücksichtigen (Wellington Partners war im Boot und hat den Verkauf per Pressemitteilung gefeiert). Wenn man sich jetzt die Quartalsberichte von Ebay Inc. aus 1999 ansieht, findet man die folgenden Zeilen zum Thema Alando.de: "On June 15, 1999, Ebay acquired alando.de AG. ("alando"). alando ist Germany´s leading person-to-person trading community. The aggregate consideration exchanged for the merger was 316,000 shares of eBay common stock. The merger has been accounted for as a pooling of interests". Weiter unten: "To date, the acquisitions of alando and Billpoint have not made siginificant contributions to net revenues, and no significant revenue generation is expected in the near future". (Zahlen zum Verkauf hier S. 13 http://files.shareholder.com/downloads/ebay/3432406888x0xS1012870-99-4228/1065088/filing.pdf) Macht etwas über 316.000 Aktien geteilt durch X. Zum Zeitpunkt des Verkaufs stand die Aktie von eBay bei $18,93, das Allzeithoch lag bei gut $55. Ich verstehe "aggregate consideration" als gesamten Kaufpreis. Danach wären selbst auf dem Peak nicht einmal $20m bezahlt worden. What am I missing?
6) Unaufhaltsamer Aufstieg – doch, das Gegenteil gibt es, formuliert von einem gewissen Bertolt B. aus A.
http://de.wikipedia.org/wiki/Der_aufhaltsame_Aufstieg_des_Arturo_Ui
7) Die Zahlen zu Westwing und Home24 – da muss ich die Doku mal verteidigen. Die oben verlinkten Jubelmeldungen über steigende Umsätze sind etwas völlig anderes als die Darstellung in der Doku, die auch die Verluste ausweist.
8) Stichwort Steuern: Ich weiss nicht, wie es anderen ging, aber ich musste laut lachen, als der "Steuerexperte" zuerst gezeigt wurde. Aber geschenkt. Es ist schon auffällig, wie obszön niedrig die Steuern von Einkommen und Ertrag sind, die die alte Rocket Internet GmbH von 2009 bis 2012 gezahlt hat. Das wäre vielleicht mal eine interessante Fragestellung für eine ernsthafte Doku gewesen, die uns das ZDF leider verweigert hat. Rocket Internet GmbH hat zwischen 2009 und 2012 gut 465 Mio Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit ausgewiesen und darauf insgesamt – wait for it ! – 4,6 Mio Euro Steuern (!!!) bezahlt. Effektiver Steuersatz also ziemlich genau 1 %. Wait … what? Eine Erklärung ist vielleicht, dass die "Gewinne" zu einem sehr großen Teil aus erhöhten Unternehmensbewertungen resultieren (Erträge aus Beteiligungen 2009-2012: gut 305 Mio.). Aus diesen Papiergewinnen sind dann auch die riesigen Ausschüttungen finanziert worden – allein 2012 schon 470 Mio.
Figelinsch 29. August 2014 um 14:43
Im Director`s Cut des Berichts kommt übrigens noch ein Tierschützer zu Wort, der vom Freund des Bäcker eines Bekannten, dessen Onkel früher in der Nachbarstadt des Samwer-Clans lebte, erfahren hat, dass die Samwers ausschließlich Socken aus Robbenfell tragen. Selbst erlegt natürlich.
Und das ZDF wird zukünftig keine Zalando-Spots ausstrahlen, weil sich das nicht mit seinen Grundwerten vereinbaren lässt.
Meine Rundfunkgebühren zahle ich gern, wenn es weiterhin dabei hilft, selbstverliebten Dampfplauderern ein Zuhaus zu geben.
Michael 29. August 2014 um 14:49
Viele von „uns“ sind doch groß geworden mit Frontal 21 und der Berichterstattung über sogenannte „Killerspiele“. Das einzige was mich erstaunt, ist dass dieses Magazin immer noch existiert.
Trotzdem ist das hier natürlich wieder mal eine schöne Analyse der offensichtlichen Manipulationen mit denen da gearbeitet wird.
mario 29. August 2014 um 14:54
Als Ergänzung zum Kauf von alando.de durch eBay Inc.
Im Quarterly Report 03/1999 schreibt eBay wie gesagt von 316.000 Aktien. Im Annual Report 2000 sind daraus dann schon 632.000 Aktien geworden:
alando.de.ag
On June 15, 1999, eBay acquired all of the outstanding stock of alando.de.ag („alando“). alando began operations on February 19, 1999 and is Germany’s leading online personal trading community. The aggregate consideration exchanged for the acquisition was 632,000 shares of eBay common stock. The acquisition has been accounted for as a pooling of interests.“ und weiter: „In 1999, eBay incurred direct merger related transaction costs of $4.4 million which were primarily related to the acquisitions of Billpoint, Butterfields, Kruse and alando.de.ag.“ Die Zahlen von oben müssen also verdoppelt werden und stimmen dann auf dem Peak der eBay-Aktie annähernd (leicht unter $40 Mio.)
Falk D. 29. August 2014 um 14:56
Ich sehe seit dem 24.4.2005 http://www.golem.de/0504/37807.html „Frontal21“ als Format, das mit einer CDU/SPD-Agenda beauftragt ist. Entweder tatsächlich oder seitens der Redaktion „gefühlt“ um nicht irgendwann abgesägt zu werden.
Zeddi 29. August 2014 um 15:06
Ich kann noch immer nicht die Kritik in den anderen RTl-Beitrag nachvollziehen – das sind mehr oder weniger Arbeitsbedinungen wie sie in jedem größeren Lager schon teilw. seit Jahrzehnten üblich sind mit teilw. üblicher Bezahlung. Sicherlich gibt es ausnahmen, aber die sind nicht die Regel.
Frontal21 29. August 2014 um 15:31
Lieber Herr Knüwer,
wir freuen uns ja immer, wenn über unsere Beiträge diskutiert wird. Allerdings bitten wir darum, dabei so vorzugehen, wie Sie es in Ihrem Blogeintrag vom 28. August selbst einfordern – nämlich „auf eine handwerklich saubere Art und Weise“. Hier einige zentrale Korrekturen Ihres Textes:
„Die 43 Millionen sind eben falsch.“
Sie behaupten, wir hätten in der Dokumentation zum Alando-Verkauf Folgendes gesagt: „Damit sind die Samwers auf einen Schlag um 43 Millionen reicher“. Dies trifft nicht zu. Stattdessen heißt es im Text zu Alando: „Und deren Gründer sind auf einen Schlag 43 Millionen Dollar reicher.“ Das ist – im Gegensatz zu Ihrer Kritik – völlig korrekt. Denn wir weisen im Text darauf hin, dass die Samwers Alando mit Freunden gründeten. Sie zitieren uns schlicht falsch.
„Blogger sorgen dafür, dass Zalando-Produkte bei Google ganz weit oben stehen.“
Auch hier zitieren Sie leider falsch. Richtig heißt es im Film: „Die Links von Blogger-Seiten sorgen dafür, dass Zalando-Produkte bei Google ganz weit oben stehen.“ Das ist – anders als Sie schreiben – völlig korrekt. Und tatsächlich stehen auf der uns vorliegenden Liste von Zalando-Gutschein-Empfängern über tausende Webseitenbetreiber – nicht Webseiten, wie Sie vermuten. Noch nicht einmal Zalando selber versucht, unsere Recherchen zu widerlegen. Es bleibt also bei Ihrer unbewiesenen Vermutung.
„Was nicht stimmt, sondern schlicht falsch ist: Nach 1er Abitur und Studium, bevorzugt an einer privaten Elite-Uni…“
Völlig korrekt schreiben Sie, dass Oliver Samwer an der privaten WHU studierte, sein Bruder Marc Jura an der Universität Köln und Alexander VWL und Politik in Oxford und Harvard. Leider falsch ist Ihre Interpretation, die Brüder hätten damit nicht „bevorzugt an einer privaten Elite-Uni“ studiert. Denn sowohl die WHU als auch Harvard sind private Universitäten. Wegen der strengen Auswahlkriterien gelten sowohl WHU als auch Harvard und Oxford University als Elite-Universitäten. Ihre Behauptung, wir würden falsch berichten, trifft also nicht zu.
„Doch selbstverständlich darf hier die Wahrheit nicht zu viel Raum bekommen: In den USA sind mobile Lagerboxen längst erfolgreich am Markt.“
Sie zweifeln an unserer Aussage, dass in den USA mobile Lagerboxen längst erfolgreich am Markt seien. Schon eine einfache Google-Recherche hätte ergeben, dass es in den USA gleich mehrere Konkurrenten von Spaceways, einem Anbieter mobiler Lagerboxen, gibt, und das seit Jahren.
Dies ist nur eine Auswahl von Aussagen aus Ihrem Blog-Eintrag, die nicht zutreffen. Wir bitten darum, die Diskussion „auf eine handwerklich saubere Art und Weise“ zu führen. Über Stil lässt sich streiten – über Fakten nicht.
Thomas Knüwer 29. August 2014 um 15:54
Lieber Herr Frontal21,
zu 1) Die 43 Millionen bleiben falsch, allein durch die Beteiligung von Wellington. Siehe dazu auch den exzellenten Kommmentar oben.
zu 2) Bleibt auch falsch. Bitte beschäftigen Sie sich mit SEO, gerade mit den Folgen durch Hummingbird. Was glauben Sie, warum die SEO-Branche derzeit im Panikmodus ist?
zu 3) Siehe auch hier meinen Kommentar weiter oben. Und Elite-Unis sind nach meiner Meinung nicht deckungsgleich mit Privatunis.
Klaus 29. August 2014 um 16:21
So viel Text um eine Sendung wie Frontal21 zu analysieren? Eigentlich reicht es zu wissen, dass es einfach ein Boulevardmagazin ist. Und die Methode bei solchen Magazinen ist klar: Man hat ein Thema und eine passende Meinung dazu. Nun ist es die Aufgabe eine Sendung zu machen, welche die Meinung mit viel Emotionen an das Publikum verkauft.
Fakten spielen da keine sonderliche Rolle. Sie werden solange gebogen, bis sie zur feststehenden Meinung passen.
Ich habe noch nie eine Frontal21-Sendung gesehen, bei der das anders funktionierte. Ob nun über Killer-/Onlinespiele oder das Dschungelcamp. Für jemanden, der sich auch nur ein wenig damit auskennt, sind die Fakten, die da präsentiert werden lächerlicher Quatsch. Aber vielleicht lässt sich das Ü60-Publikum des ZDF davon überzeugen.
mario 29. August 2014 um 16:28
@Frontal: So, so, es gibt also „in den USA mehrere Konkurrenten von Spaceways (…) und das seit Jahren.“ Das mag so sein oder auch nicht. Wahrscheinlich eher nicht, wenn man sich ansieht, dass der größte Konkurrent MakeSpace, von dem die Rocket Internet Jünger wie aus der Doku ersichtlich zugegeben sehr dreist geklaut haben, erst seit Juli 2013 existiert.
http://web.archive.org/web/20131020002007/https://www.makespace.com/
http://www.crunchbase.com/organization/makespace/funding-rounds
hans 29. August 2014 um 20:14
Aus Zorn über einen tatsächlich diskussionswürdige Fernsehbeitrag schiessen Sie leider übers Ziel hinaus. Ihr Einleitung macht ja schon deutlich, dass Ihnen das selber etwas unangenehm ist.
Ich kenne von mindestens 10 unterschiedlichen, vertrauenswürdigen Personen krasseste Geschichten über die Samwers. Nicht, dass die Samwers illegale Sachen täten, aber man bekommt den Eindruck, dass bei ihnen eine recht ausgeprägte, nennen wir es – soziale Deformation – vorliegt. Keine dieser Personen würde auch nur im Traum irgendetwas davon einem Journalisten offiziell ins Mikrophon erzählen oder auch nur wollen, dass das z.B. verfremdet gesendet wird. Niemals. Mit den Paten will es sich in Deutschland niemand aus der Branche verscherzen (ok – ausser Joel, aber das ist ein Spezialfall und der „verscherzt“ es sich ja auch nicht).
Wahrscheinlich hatten die Journalisten von Frontal 21 das Problem, viele Stories gehört zu haben, die sie dann aber alle nicht verwenden konnten. Und das Bild, das sich für sie ergeben hat, wollten sie dann irgendwie in den Beitrag transportieren. Journalistisch tatsächlich nicht ok. Menschlich verständlich.
Bernd Lauert 29. August 2014 um 22:14
@Frontal21: Die dreiPunkte sucht ihr euch für einen Kommentar raus? Zum Rest habt ihr nichts zu sagen?
Es ist schlimm, dass wir vom Staat gezwungen werden, solchen Dreck zu finanzieren.
Carsten Mabank 29. August 2014 um 23:48
Alleine schon der Name „Frontal 21“ erinnert doch stark an „Der Stürmer“, was dem Inhalt doch auch gerecht wird.
Leider Gottes habe ich mich – insbesondere bei den GEZwangsfinazierten Sendern – bereits daran gewöhnt, bei geradezu jeder Sendung mit tendenziösen, kapitalismusfeindlichen Sendungen konfrontiert zu werden. Ich schaue diesen Mist daher schon lange nicht mehr, ausser, wenn ich irgendwie dazu genötigt werde.
Unternehmergeist, Eigenverantwortung, Risikobereitschaft, etc. sind die neuen vom System deklarierten Untugenden. Keineswegs muss man alles gutheissen, was im Kapitalismus so abläuft, aber die „Berichterstattung“ ist doch sowas von tendenziös, …
Ein anderer Kandidat ist „Markt im 3ten“ auf N3. Hier erhängt sich die Logik regelmäßig am (Sat-)Kabel.
Ich erinnere mich daran, wie eine Aktion der Apotheken kritisiert wurde, eine Beratung zur Hausapotheke vornehmen zu lassen. Kritisiert wurde zuerst eine Apotheke, weil die Mitarbeiterin sagte, es hänge doch vollständig vom Kunden ab, was der denn benötigt (oha: Eigenverantwortung. Ganz schlimm!). Dann hat sie noch nach bekannten Allergien und Krankheiten gefragt und hat letzendlich lediglich Schmerztabletten für 2 Euro empfohlen. Skandalös! Eine andere Apotheke wurde kritisiert, weil sie Pharmazeutika im Wert von über 70€ empfohlen hat. Mit reichlich Informationen dazu. (Oh nein. Wie können die nur. Wenn die das empfehlen, dann muss ich das doch alles kaufen, ohne darüber nachzudenken!). Wenn unser Mediensystem noch richtig funktionieren würde, dann gäbe es auf anderen Sendern auch mal Sendungen, die die Konkurrenz-Sender und ihren Unfug mal unter die Lupe nehmen würden. Aber die privaten hängen ja inzwischen auch am Tropf der GEZ.
G.E.Z. = Gleichschaltungs- und Einheitsbrei-Zentrale.
Moki 30. August 2014 um 7:50
Liebes Frontal21-Team: Ein toller Beitrag, den sie hier in den Kommentaren verfasst haben. Sie haben in dem langen, langen, langen Text von Herrn Knüwer, der die strukturelle Unzulänglichkeit Ihrer Arbeit anprangert, ein paar Details gefunden, über die sich streiten lässt. Das zeugt davon, dass Sie den schweren Vorwurf, der gegen Sie erhoben wird, nicht verstanden haben. Denn damit sollten Sie sich auseinandersetzen, nicht mit der Frage, ob eine Zahl stimmt oder nicht.
Phil Schömann 30. August 2014 um 14:20
Danke für die Analyse – auch ich hatte mir einen ausgewogenen Beitrag erhofft, der Licht und Schatten zeigt und beide Seiten fair zu Wort kommen lässt. Was hier von einer an sich reputablen Sendeanstalt abgeliefert wurde ist leider nah dran an Hexenjagd. Selbige hat im Mittelalter funktioniert, zum Glück erwarten viele Zuschauer heutzutage differenziertere Beiträge.
Dragan 31. August 2014 um 4:31
@Carsten Mabank
„Alleine schon der Name “Frontal 21″ erinnert doch stark an Der Stürmer”, was dem Inhalt doch auch gerecht wird.“
Was für ein Arschloch …
Frontal21 hat übertrieben, aber im Kern, also mit der eigentlichen Aussage haben sie durchaus recht.
Friedhelm 1. September 2014 um 3:38
Ich wohne in der Nähe von Zalando in Brandenburg und die Firma hat hier wirklich einen üblen Ruf als Arbeitgeber. Von einem Angestellten habe ich es mal persönlich gehört, dass er dort sehr unzufrieden wäre und schnellstmöglich wieder weg wollte, es allgemein eine hohe Fluktuation gäbe und keiner der Kollegen dort gerne arbeiten würde.
Frontal 21 ist aber auch das Letzte. Seit ich dort mal eine furchtbar unseriöse, unwissenschaftliche Hetze gegen das Schmerzmittel Tilidin (das in Wahrheit auch nicht schlechter als andere Opioide ist) gesehen habe, ist die Sendung für mich gestorben.
Thomas 1. September 2014 um 10:02
(Mein folgender Kommentar wurde durch einen technischen Fehler beim ersten Versuch wohl nicht übermittelt, daher hiermit erneut)
Bravo! Sehr gute Kritik des linken Gesinnungsjournalismus von „Frontal21“. Wobei man es auch ein wenig verstehen muss: die Journalisten von Frontal21 haben den üblichen Linksdrall der Branche, Journalist werden die meisten „um die Welt zu verbessern“. Und da dann im akademischen Betrieb und auch im Alltag der permanente dümmliche Antikapitalismus herrscht sowie ökonomisches Analphabetentum, ist der Ablauf, der zu einem solchen indiskutablen Propaganda-Video des ZDF führt in etwa so … „Wir sind doch Journlaisten geworden, um die Welt zu verbessern. Da sind doch Leute im Begriff reich zu werden und reich sein ist grundsätzlich schlecht, weil es unserem Ideal einer gleichen sozialistischen Gesellschaft zuwider läuft. Also lass uns ein Denunziationsvideo erstellen, das diese Leute negativ darstellt und uns damit einen Beitrag zu einer besseren Welt schaffen“.
Dass die Journalisten von Frontal21 aber selbst ein höchst unmoralisches Leben führen, da sie nämlich von den mit Gewalt eingetriebenen ZWANGSABGABEN ihrer produktiven Mitmenschen leben, und infolgedessen die Richtigen wären, um an den öffentlichen Pranger gestellt zu werden, setzt dem ganzen noch die Krone auf! Leider ist die Hetze gegen Marktwirtschaft, Vermögende und Unternehmer inzwischen Standard im staatlichen Zwangs-Pay-TV; man fühlt sich oft an die bekannte Propaganda sozialistischer Staaten erinnert.
Wahnsinnsritt | Gründerraum 1. September 2014 um 10:54
[…] über die Geschäfte der „drei glorreichen Halunken“ vor und das ZDF widmete ihnen eine große und umstrittene Dokumentation. Doch anders als die ZDF-Sendung „Frontal 21“ hält Kaczmarek sich nicht damit auf, den Samwers […]
Sigur Ros 1. September 2014 um 11:04
Am Besten finde ich den Satz „Die drei Samwer-Brüder haben eine Vision: die ganze Welt soll bei ihnen online shoppen.“ Schön, dass der öffentlich-rechtliche Qualitätsjournalismuns schon in der ersten Minute Godwin bewahrheitet – denn „Deutsche, die mit einer Vision die ganze Welt verändern wollen“ weckt nunmal eindeutige Assoziationen und Ängste, von denen ich nicht glauben will ,dass sie nicht beabsichtigt sind.
Der Print-Journalismus ist allerdings auch nicht besser – wie dort solch reißerische Reportagen mit vorgefertigtem (Feind-)Bild trotz mangelnder Beweise aussehen, kann man hier sehen: http://wortvogel.de/2012/06/spiegel-vs-aldi-eine-billige-polemik-1/
Subliminal_Kid 1. September 2014 um 11:24
Wieso eigentlich Lerchenberg-Lords? Die F21-Redaktion sitzt in Berlin…
Thomas Knüwer 1. September 2014 um 15:33
@Subliminal Kid: Billiges Wortspiel, angelehnt an den Titel der Sendung.
Mark 2. September 2014 um 8:10
@Mario
Die Verdopplung der Aktienzahl im Jahresbericht 2000 dürfte darauf zurückzuführen sein, dass zwischen den beiden Berichten ein 2 für 1 Aktiensplit stattgefunden hat, der die Aktienanzahl des Kaufes verdoppelt hat. Der Preis der Aktie hat sich natürlich zum Zeitpunkt des Splits halbiert. In der Summe also keine Änderung.
Gruß
“
Als Ergänzung zum Kauf von alando.de durch eBay Inc.
Im Quarterly Report 03/1999 schreibt eBay wie gesagt von 316.000 Aktien. Im Annual Report 2000 sind daraus dann schon 632.000 Aktien geworden:
alando.de.ag
On June 15, 1999, eBay acquired all of the outstanding stock of alando.de.ag (“alando”). alando began operations on February 19, 1999 and is Germany’s leading online personal trading community. The aggregate consideration exchanged for the acquisition was 632,000 shares of eBay common stock. The acquisition has been accounted for as a pooling of interests.” und weiter: “In 1999, eBay incurred direct merger related transaction costs of $4.4 million which were primarily related to the acquisitions of Billpoint, Butterfields, Kruse and alando.de.ag.” Die Zahlen von oben müssen also verdoppelt werden und stimmen dann auf dem Peak der eBay-Aktie annähernd (leicht unter $40 Mio.)“
Harald Weygand macht etwas Neues – Seite 11 2. September 2014 um 17:41
[…] […]
Eine Ladung Links (28) | repp.cc 3. September 2014 um 12:14
[…] Man kann so einiges über die Samwer-Brüder sagen, deren Geschäftsmodell im Kopieren erfolgreicher Webdienste besteht, aber voreingenommene Berichterstattung im ZDF ist dann doch etwas peinlich. […]
sportinsider 3. September 2014 um 17:26
Sehr schön aufgedröselt. Ja, die Frontal21 Geschichte ist tendenziös. Da die ÖR immer arg unter dem Quotendiktat agieren, ist das schon sehr verwunderlich. Solche durchschaubar hingeschmissenen „Storys“ bewirken eher eine Abwendung des geneigten Zuschauers.
Die durch Zwangsgebühren gemästeten Pay-TV Sender könnten doch wirklich ganz ohne Quotendruck seriöse Berichterstattung liefern.
@Frontal21: Mehr fällt Ihnen dazu nicht ein? Auch wenn Kritik, auch sachliche wie von Thomas Knüwer, nicht schmecken mag. Ihre Zeilen … Nun, ja….Ein Armutszeugnis.
Die große Samwer-Show | @timobroek 3. September 2014 um 20:46
[…] Thomas Knüwer, indiskretionehrensache.de […]
Lesenswerte Links – Kalenderwoche 36 in 2014 > Vermischtes > Lesenswerte Links 2014 5. September 2014 um 7:04
[…] Thomas ist genervt vom ZDF: Die Frontal21-Show: Das Munkel-Geschäft der Lerchenberg-Lords […]
mario 5. September 2014 um 12:04
@Mark: Ja, so wird es wohl gewesen sein. Auf dem Peak hat die eBay-Aktie $55 gekostet, der – laut eBay – gesamte Kaufpreis („aggregate consideration“) läge damit knapp unter $35m. Zum tatsächlichen Zeitpunkt der Übernahme lag die Aktie bei gut einem Drittel des Peaks, Alando.de wäre also für Aktien im damaligen Gegenwert von < $12m übernommen worden. Woher kommen die $43m, die in praktisch jeder Publikation über die Samwers genannt werden?