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Der gestrige Abend könnte ein besonderer gewesen sein für das Thema Social Media in Deutschland – dank „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“.

Die erfolgreichste Staffel der RTL-Show ever, ever, ever bisher endete mit einem Sieg von Bachelor-Kandidaten Melanie Müller vor dem ehemaligen Next Top Model Österreichs, Larissa Marolt, und Moderator Jochen Bendel.

melanie müller

Und wer hat das am Tag vorher schon gewusst? Twitter.

Am Nachmittag vorher verschickte der Social Media Monitoring-Dienst Fanpage Karma die Ergebnisse seiner Twitter-Analyse über die gesamte Dschungelcamp-Staffel hinweg. Und die Sentiment-Analyse (also die Auswertung der Stimmung in den Tweets über einzelne Kandidaten) in Sachen Finale entsprach exakt dem späteren Ausgang:

ibes stimmung finale

Dies entkräftet ein Argument, dass gern in Deutschland gegen Twitter vorgebracht wird: Dass der 140-Zeichen-Dienst keine Bedeutung habe, weil er nur von einer digitalen Avantgarde – gerne als „Nerds“, „Netzgemeinde“ oder „Selbstdarsteller“ beleidigt – genutzt werden, weshalb es nicht interessant sei, was dort geschrieben werde.

„Ich bin ein Star“ demonstriert, dass dem nicht so ist. Dies ist die meistgesehene Sendung im deutschen Fernsehen. Natürlich schaut sie nicht jeder – doch in der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen eben verdammt viele. 4,92 Millionen waren es, insgesamt erreichte das Camp-Finale 8,6 Millionen Zuschauer. Im Lauf der Staffel schlug die Show quotenmäßig sowohl die Fußball-Bundesliga wie „Wetten, dass…?“

Wenn der Ausgang der beliebtesten Fernsehsendung der Republik richtig vorhergesagt werden kann, dann entspricht jene „Netzgemeinde“ entweder exakt der Normalbevölkerung – oder Twitter wird von Nutzern geprägt, die jener Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen sehr nahe kommt.

Logisch ist natürlich Variante zwei. Das bedeutet nicht, dass alles via Twitter vorhergesagt werden kann, mutmaßlich dürfte die Nutzerschaft noch immer jünger sein als der Durchschnitt der Bundesbevölkerung. Doch eignet sich der Dienst auch in Deutschland als Indikator für die Stimmungslage jener Bevölkerungsgruppe, die für die werbetreibende Wirtschaft interessant ist.

In den der angelsächsischen Welt ist man in dieser Erkenntnis schon weiter. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Twitter sich zur Prognose des Aktienmarkts oder zur Verbreitung der Schweinegrippe. Immerhin hat die TU München aber erforscht, dass die Sentiment-Analyse auf Twitter dem Ausgang der Bundestagswahl 2009 entsprach.

So mancher der sehr Netzaktiven wird diese Prognosefähigkeit bestreiten – und möglicherweise gerade das Dschungelcamp als Indiz nehmen. Tatsächlich hätte auch meine Timeline eher für einen Sieg von Larissa Marolt votiert. Doch neigt gerade Twitter zu einer gewissen Informationsblasen-Bildung: Der Dienst wird eben auch in Deutschland von vielen genutzt, die ansonsten im Netz nicht auftauchen. Denen aber folgen Digital-Irre wie ich eben nicht. Und so rücken sie nur in die persönliche Wahrnehmung, wenn man nach bestimmten Begriffen, wie dem „Ich bin ein Star“-Hashtag #ibes, sucht.

Für Digitalverantwortliche in Branchen, die auf Massenwirkung aus sind (zum Beispiel Konsumgüter, Lebensmittel oder Autos) könnte die Analyse von Fanpage Karma eine Erleichterung bedeuten: Denn sie rechtfertigt das Investment in Monitoring-Instrumente.

Und Twitter dürfte sich vielleicht ärgern, dass derzeit erst die Suche nach einem Vertriebs-Geschäftsführer für Deutschland läuft. Die Dschungel-Prognose wäre ein wunderbares Einfallstor für den Werbeverkauf.


Kommentare


Dirk 4. Februar 2014 um 17:53

Ich denke es liegt ein kleiner Fehler vor: Es sollten nicht die Zuschauer(mengen), ob werberelevant oder nicht mit den Twitterusern verglichen werden. Vielmehr müssten die Anrufer mit den Twitterusern verglichen werden, denn nur diese entscheiden über das Ergebnis, nicht die passiven Zuschauer.

(Ohne empirische Belege zu haben, vermute ich mal, dass jene die twittern auch eher anrufen, weshalb die Übereinstimmung erklärbar wird.)

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Christian Buggisch 6. Februar 2014 um 13:06

Interessant! Die für Twitter gemeldeten (oder vermuteten) Nutzerzahlen schwanken ja extrem stark, ich hatte mir das für Deutschland mal genauer angeschaut (http://buggisch.wordpress.com/2014/02/04/wie-viele-twitter-nutzer-gibt-es-in-deutschland/). Aber auch wenn 1 Million (aktive) Nutzer wohl näher an der Realität ist als 10 Millionen, ist das doch eine mehr als repräsentative Menge, um solche Vorhersagen zu ermöglichen …

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Lesenswerte Links – Kalenderwoche 6 in 2014 > Vermischtes > Lesenswerte Links 2014 7. Februar 2014 um 8:01

[…] Das Dschungelcamp 2014 ist Geschichte und Melanie trägt wieder ihre bekannte Frisur – obwohl sie nach meinem Geschmack im Busch Australiens viel natürlicher und hübscher ausgesehen hat. Und wer wusste schon vor Samstag Nacht, wer die Königin des Dschungels wird? Das Dschungelcamp – ein kleiner Sieg für Twitter […]

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