Rund sieben Millionen Menschen, die gestern zur Wahl gingen, werden nicht im Bundestag repräsentiert. Hat es das schon einmal gegeben in der deutschen Geschichte?
Das allein ist schon schlimm genug. Ich glaube jedoch, wir sprechen hier über noch schlimmere Konsequenzen. Für mich ist das Ergebnis der Bundestagswahl ein Sieg der alten Menschen. Und für sie, so ist weiter zu befürchten, wird künftig Politik gemacht.
Es wurde reichlich gegrummelt, als ich dies heute beim Digitalen Quartett einwarf. Es war eine spannende Runde zur Wahl-Nachbetrachtung, zu der uns die Bayerische Landesvertretung in Berlin eingeladen hatte. Leider war ich nicht in der Hauptstadt und konnte deshalb nur gelegentlich etwas einwerfen – aus akustischen Gründen lässt sich ein Hangout nicht ständig in einem Raum auf den Lautsprecher schalten.
Doch tatsächlich ist die Wahl in Deutschland faktisch eine Wahl der Älteren bis Alten: Über 50 Prozent der Wahlberechtigten sind über 50 Jahre alt. Und für mich ist dies einer der Hauptgründe für das Ergebnis. Denn ab diesem Alter sinkt die Risikofreude, die Alterssicherung ist wichtig, erst recht, wenn neben einem rechts und links die Einschläge näher kommen (oder einen selbst treffen): Freunde sterben oder werden krank, Burnout wird zum Massenbrand, Arbeitslosigkeit bedeutet Beschäftigungslosigkeit bis zur Rente (die entsprechend karg wird). Und wenn man sie schon erhält, die Rente, möchte niemand etwas davon abgeben – was hätte er oder sie davon?
Da ist es verständlich, dass kurzfristige Politik wichtiger ist als langfristige. Kurzfristige Politik bedeutet: Die Euro-Krise muss irgendwie sicher überstanden werden, die Spareinlagen dürfen nicht angekratzt werden, Steuern nicht steigen. Für all das stehen Angela Merkel und die CDU. Beim Digitalen Quartett hieß es von Seiten der CSU-MdB Doro Bär dann auch schnell, dass sich natürlich auch ältere Menschen für digitale Themen interessieren. Das stimmt. Aber das Feld besitzt eine deutlich geringere Priorität als die Sicherung des Lebensstandards.
Ich glaube sogar, dass die Bedeutung der Überwachungsaffaire für die deutsche Bevölkerung unterschätzt wird. Vor einigen Wochen gab es eine Umfrage, und leider habe ich sie mir nicht gebookmarked (hat jemand den Link?), in der es hieß 47% der Deutschen hätten sich in den zwei Wochen zuvor über das Thema Überwachung unterhalten. Das ist eine verdammte Menge, erst recht wenn gleichzeitig 70% angeben, über das Wetter gesprochen zu haben. Doch wer hat in diesem Sommer nicht ständig irgendwann mal über das Wetter mit anderen geredet – und sei es als Smalltalk?
Die Überwachung ist ein wichtiges Thema – aber kein wahlwichtiges. Denn wahlwichtig sind nur Themen, bei denen ich als Konsequenz meiner Wahl unterschiedliche Szenarien erwarte. Das einzige Szenario, dass die SPD bot war: „Wir sagen dem Obama aber mal richtig die Meinung.“ Kein Wähler glaubt, dass so etwas Wirkung zeigt. Es gelang den Sozialdemokraten nicht, eine andere, mögliche Wirklichkeit aufzuzeige, also war die Überwachung unwichtig für die Wahlentscheidung.
Wer jünger ist, setzt andere Schwerpunkte – erst recht als Zögling des digitalen Wandels. Während Gerda Hasselfeldt, CSU-Landesgruppenvorsitzende, am Sonntag von Infrastruktur sprach und allein Straßen meinte, fragen sich jüngere Wähler: „Wozu der ganze Bohai mit den Autobahnen?“ Für sie sind Autos kein Statussymbol mehr, ihnen ist es wichtiger, gute Datenleitung und surffähige Handys zu haben.
Wer hat diese jungen Wähler denn versucht anzusprechen mit den Gesellschaftsfeldern, die sie interessieren? Ich sehe keine Partei außer den Piraten – und die haben sich mit ihrem wirren Auftreten selbst einen Kopfschuss versetzt.
Das wichtigste Lebensumfeld im Alltag junger Menschen wurde nicht abgebildet. Wundert es da, dass 1,1 Millionen Erstwähler nicht wählten? Mit 18 interessiert die Euro-Krise deutlich weniger als mit 60. Ausbildungsplätze sind interessant – doch gab es signifikante Unterschiede zwischen den großen Parteien in diesem Bereich? Studium interessiert – doch spielte es eine große Rolle im Wahlkampf? Und wer schon seine ersten Schritte im Berufsleben macht, der fand vielleicht auch gar keine Themen, die ihn ansprachen – erst recht, wenn die Parteien das wichtige Kommunikationsmittel dieser Generation, das Internet, so lustlos und geringfügig nutzen wie im Wahlkampf 2013.
Dieses Sache mit den jungen Wählern wird umso unwohler, je weiter man ins Detail schaut. Denn welche Parteien haben laut der Forschungsgruppe Wahlen mehr Prozentpunkte in der Altersgruppe 18 – 29 als in der Sektion über 60 Jahren?
Die Grünen. OK.
Die FDP. Ups.
Die AFD. Ups.
Nicht erfasst wurden die Piraten – wir dürfen aber davon ausgehen, dass es dort ebenfalls so aussieht. Sprich: Überdurchschnittlich viele junge Wähler, die ihre Stimme abgaben, sehen diese nicht im Bundestag repräsentiert. Gab es das so schon einmal in der Geschichte der Bundesrepublik?
Es besteht wenig Hoffnung, dass in den kommenden vier Jahren – wobei ich keine Wette eingehen würde, ob wir nicht früher Neuwahlen bekommen – die Themen der jungen Generation eine wichtige Rolle spielen. Dazu fehlt einfach der nötige Leidensdruck. Ich sehe die ernsthafte Gefahr, dass sich jüngere Menschen noch weiter von der Politik entfernen – und diese sich von ihr. Was im schlimmsten Fall dabei herauskommt, zeigten in den vergangenen zwei Jahren die Straßenkämpfe in England, Südeuropa und Schweden.
Heute gab es eine Reihe von Menschen in meinen digitalen Kanälen, die aufgrund der hohen Menge von Nichtrepräsentierten die Senkung der 5-Prozent-Hürde forderten. Ein bedenkenswerter Vorschlag. I
ch hätte aber noch einen: Wie wäre es, das Wahlalter zu senken? Schließlich machen heute mit 17 viele schon Abitur und beginnen zu studieren. Spätestens den Erstsemestern sollte man doch zutrauen, politische Entscheidungen zu treffen, oder?
Kommentare
K.B. 23. September 2013 um 20:43
Wieder so ein „Nachwahl“-Artikel, der mich in der Analyse doch enttäuscht. Noch oben werden Themen an- und aufgezeigt, für die sich junge Leute (vermeintlich, also nach Vermutung des Autors) interessieren – das passt dann aber weiter unten irgendwie nicht mehr zu den „überproportionalen“ Parteien – ich hätte die genannten Themen jetzt bei den drei Parteien nicht überwiegend verortet.
In einer Analyse wie dieser wäre auch ein Vergleich interessant, wie hoch den der Nichtwähleranteil bei den Jungen Wählern vor dem Internetzeitalter war – ich darf seit 1996 wählen, und seit dem ist die Frage der Jungwähler unter den „Nichtwähler“ immer wieder diskutiert – das also auf die „Netzpolitik“ zu schieben, halte ich für arg durchschaubar und plakativ.
Und Last but not least – Aus der Situation, dass wir dieses Jahr zwei Parteien hatten, die ganz knapp an der 5% Hürde scheiterten, gleich eine Diskussion über die 5% Hürde anzustellen, und dann noch das Gespenst von Unruhen an die Wand zu malen – geht’s noch?
Was sind denn die Probleme in England, Südeuropa oder Schweden? Hatten die Unruhen nicht häufig was mit mangelnden Zukunftschancen, Massenarbeitslosigkeit und co. zutun? Ich dachte, es hätte daran gelegen, und nicht an einer 5% Hürde oder mangelnden Vertretung im Parlament.
Und last but not least: Die Forderung nach dem Wahlalter ist zwar recht und billig, aber auch hier: Es fällt vom Himmel, ohne weiteren Bezug
axiomer 23. September 2013 um 20:48
Eine Aufschlüsselung des Wahlergebnisses nach Alter (oder Geschlecht bzw. Bildungsgruppe) gibt es auch unter: http://www.sueddeutsche.de/thema/Bundestagswahl
Vom Leben im Schließfach 23. September 2013 um 20:52
[…] Der Wahlsieg der alten Menschen – Thomas Knüwer […]
Klingebeil 23. September 2013 um 21:00
Ich sehe es genauso.
(Für meinen Teil war ich ebenfalls Erstwähler, der seine Stimme leider bei den Piraten verbrennen sehen musste.)
Ich glaube es ist unheimlich wichtig das Wahlalter zu senken. Tatsächlich habe ich auch bis auf „die sind nicht politisch gebildet genug“ kein Gegenargument gehört.
Und was politische Bildung angeht: Bullshit! Jeder, der mit einem 16jährigen über Politik spricht bemerkt sehr schnell, dass da eine sehr durchdachte und informierte politische Meinung existiert. Und Idioten gibt es sowieso in jeder Altersgruppe 😉
hikhvar 23. September 2013 um 21:29
Klingebeil, ich denke nicht, dass es eine gute Idee ist, das Wahlalter zu senken. Sicherlich, dann gibt es mehr Wahlberechtigte unter 50, aber ich habe schon bedenken bei den meisten meiner Altersgenossen (mitte 20) was die Kompetenz in der Politik angeht. Zu deinem Argument, dass 16 Jährige sich alle super auskenne: Meine letzte Unterhaltung mit einer 16 Jährigen unter Politik war: „Was würdest du den Wählen?“ „Ja die Merkel!“ „Und warum?“ „Die ist ne Frau.“ Abgesehen davon, dass man Merkel nicht direkt wählen kann, kam keinerlei Wissen wofür die Merkel überhaupt steht. Soviel zu „eine sehr durchdachte und informierte politische Meinung existiert“. Das mag in gewissen Kreisen so sein. Du bist vielleicht mit solchen bekannten gesegnet. Ich kenne genug die sich 0,0% für Politik interessieren und keine Ahnung haben.
Klingebeil 23. September 2013 um 21:43
hikhvar, sicher. Ich kenne auch genug im selben Alter die es null interessiert, was politisch passiert. Aber die gibt es in jedem Alter. Also wirklich in jedem. Und ja ich kenne auch genügend 16-jährige die wirklich kein Interesse an Politik haben.
Tarek B 23. September 2013 um 22:10
Ich würde Ihnen gerne uneingeschränkt zustimmen, kann es aber leider nicht. Sie haben vollkommen Recht mit der Annahme, dass Politik immer mehr eine der Alten ist. Was die Interessen der Jugendlichen betrifft, machen sie einen entscheidenden Fehler. Sie verlagern Ihre Filterblase (und auch meine und die der meisten Besucher Ihrer Seite) einfach in die Jugend. Natürlich gibt es dort genau die Jugendlichen, die Sie beschreiben. Hochgradig netzaffin und politisch interessiert. Doch de Realität ist eine andere. Die meisten sind bei weitem nicht so engagiert. Sie interessieren sich weniger für die Hintergründe, analysieren keine Vorgänge und differenzieren auch nicht die unterschiedlichen Probleme.
Natürlich nutzen sie das Internet. Mehr als jede Generation vor ihnen, aber sie tun es viel unreflektierter, als sie annehmen. Die meisten Jugendlichen haben ganz ähnliche Probleme, wie ihre Eltern und Großeltern: Jobsuche, Liebe, Geld. Deswegen sind die Internet-Themen so wenig relevant. Das Internet wird genutzt, es ist einfach da und wird für selbstverständlich angesehen. So lange die Veränderungen nicht viel einscheidender sind, wird es keine Riesenempörung unter den Jugendlichen geben und sich das Wahlverhalten ändern.
Tarek B 23. September 2013 um 22:39
Ich würde Ihnen gerne uneingeschränkt zustimmen, weil Sie besonders mit der Politik der Alten Recht haben. Allerdings verjüngen Sie bei der Analyse der Jugendlichen einfach Ihre Filterblase (und meine und die der meisten Besucher). Die Realität sieht aber anders aus. Natürlich gibt es die netzaffinen und politisch interessierten Jugendlichen. Aber die meisten sind bei weitem nicht so interessiert an den Hintergründen, an den politischen Vorgängen und analysieren viel weniger als die meisten annehmen. Natürlich nutzen sie das Internet. Sehr viel mehr, als jede Generation vor ihnen, doch sie tun es unreflektiert. Sie kommunizieren, lesen, usw. Natürlich gibt es da noch Bildungsunterschiede, aber die gibt es ja in fast jedem Politikfeld.
hikhvar Geschichte lässt sich immer wieder beobachten. Jugendliche nutzen das Netz ja, aber ihre Probleme sind genau die gleichen, wie die ihrer Eltern und Großeltern: Job, Geld und Liebe. Platt gesagt. Und solange es keine tiefgreifenden Veränderungen für die Nutzung gibt, werden die Jugendlichen die anderen Probleme relevanter sein.
soul_warrior 23. September 2013 um 23:54
Bei mir läuten direkt IMMER die Alarmglocken, wenn jemand mit dieser provokanten Aussage anfängt: „Es sind so und so viele Leute nicht im Bundestag repräsentiert“
Das kann man nur kommentieren mit: Ja, das ist so und das ist auch gut so. Die Alternative sind Zustände wie in der Weimarer Republik vor vielen Jahren oder wie in Italien seit Ewigkeiten. Diese Alternativen funktionieren nicht, also muss man das einfach so akzeptieren.
Wenn man zumindest konstruktiv darüber diskutiert und fragt, ob man die Hürde nicht auf 3 oder 4 Prozent senken sollte, verstehe ich das noch, aber wenn das immer so offen im Raum stehen gelassen wird, ist das einfach Blödsinn.
Kleines P.S. hierzu: Später wird dann mal noch kurz in den Raum geworfen, dass man über die Senkung der Hürde nachdenken könnte bzw. das ein „bedenkenswerter Vorschlag“ ist. Konstruktiv ist dann aber doch anders…
Ich finde es auch nicht so verkehrt, Politik zu verurteilen, die primär für alte / ältere Menschen gemacht wird, weil ich nur in Ausnahmefällen Leute unter 25 Jahren kenne, die irgendeine Ahnung davon haben, was die Parteien machen. Warum soll man es einer Bevölkerungsschicht „Recht machen“, die sich für das Thema sowieso nicht interessiert? Und diesen wilden Behauptungen, dass ja das Interesse bei den jungen Menschen ach-so-hoch wäre, kann ich aus meinen eigenen Erfahrungen (30 Jahre, viele meiner Freunde sind zwischen 20 und 30) wirklich überhaupt nicht unterschreiben.
Es freut mich aber immerhin wirklich sehr, dass der Artikel im Folgenden ein sehr großes Problem dieser Wahl aufzeigt:
-> Das einzige Szenario, dass die SPD bot war: “Wir sagen dem Obama aber mal richtig die Meinung.” Kein Wähler glaubt, dass so etwas Wirkung zeigt. Es gelang den Sozialdemokraten nicht, eine andere, mögliche Wirklichkeit aufzuzeige, also war die Überwachung unwichtig für die Wahlentscheidung. <-
Richtig! Darin bestand das Problem, nicht im Thema selbst. Es gab schlichtweg keine Lösungen. Wären die Piraten nicht zu bekloppt, um ihre ganzen "Fans" mal zu Wählern zu wandeln, hätten sie locker 5 % holen können mit allen unter 25jährigen, die sie einfach NUR wählen, weil sie sich für ihre Rechte im Netz einsetzen. Vielleicht wären sie Koalitionspartner der Union geworden und dann hätten sie die einfachste Aufgabe aller Zeiten gehabt: Sie hätten 1 Thema (1!) umsetzen müssen in den nächsten 4 Jahren, die "Netzsicherheit" erhöhen, und schon könnten sie bei der Folgewahl direkt einen Gewinn verbuchen. Mein Gott, vielleicht hätten die Piraten dann sogar an der Zweistelligkeit kratzen können, wenn sie mal Ordnung in ihren konfusen und führungslosen Haufen bekommen.
Ich habe nicht einmal in den Medien _ODER IM NETZ_ eine Kampagne gesehen, in der die Piraten den Slogan: "Meine Daten sollen geschützt sein – deshalb wähle ich die Piraten" in die Runde geworfen und das sinnvoll verbreitet haben. Das hätte genauso geteilt werden können wie "Change is coming" in Amerika, absolut mühelos, zumindest bei den Unter 30jährigen. Und das hätte ihnen wie gesagt locker die 5 % gebracht…
Glücklicherweise checkt das auch der Autor dann doch noch und so kriegt er dann auf's Ende hin die Kurve, aber irgendwie sehe ich auch nicht so ganz wie der Anfang des Artikels zum Ende passt.
Es ist einfach falsch, die "großen Parteien" zu kritisieren bzw. sogar auseinander zu nehmen, wenn die "kleinen Parteien" nicht in der Lage sind, ihre Wählergruppen, die definitiv vorhanden sind, zu mobilisieren. Es ist nicht der Fehler der CDU / CSU oder der SPD, dass die Piraten, die FDP und viele andere Parteien zu bekloppt sind, sich einerseits _klar_ abzuheben und andererseits auch mal ihre Wähler zu mobilisieren.
Du gewinnst die Wahl nicht, indem du auf der CDU herumschlägst, wenn du gleichzeitig dein eigenes Profil nicht schärfst. Wenn du Leuten sagst: "Ey, die Merkel-Partei ist unfähig" und dem nicht direkt folgen lässt: "So würden wir das machen und hier ist die Begründung, warum das auch funktioniert!", dann denkt sich der Leser: Alles klar, da hat die CDU echt Mist gebaut. Aber Lösungen haben die anderen auch nicht. Und so schlecht hat das "die Merkel" nicht gemacht (Betonung auf "die Merkel" – es wird ja häufig nicht mehr die CDU gewählt, es wird ja Merkel gewählt). Also wähle ich doch wieder die Merkel.
praxsozi 24. September 2013 um 9:25
Die alten von heute waren die Jungen von gestern. Und was sie Erfahrung nennen ist das zu vermeiden, was die jungen no risk no fun nennen. Der Artikel strotzt nur so von solchen Banalismen und Altersdiskriminierung. Mit dem Wohlstands Paradox umgehen, dass aufgrund der Risikogesellschaft und der Individualisierung dazu führt, dass seit 1975 niemand mehr alt ist und es daher auch keine wirklich jungen Menschen mehr gibt, erfordert schon etwas mehr, als sich zum Anwalt der Jugend zu machen und dazu ein wenig Statistik einzubauen. Altersdiskriminierung ist auch, wenn junge Menschen nur Praktika angeboten werden, aber Altersdiskriminierung ist auch, wenn in Werbung und Unternehmensberatung nach der Überschreitung der 35 die Erfahrung zu teuer und zu gefährlich für die jugendbewegten Inhaber wird. Übrigens: Auch die Erstwähler haben sich in der Mehrheit für das Wohlgefühl entschieden und keine Inhalte gewählt und sich auf keine Experimente eingelassen. Da werden die 16-jährigen von heute mit first world problems alleine sicher auch keine Ausreißer sein, fürchte ich.
Strabo 24. September 2013 um 13:55
Bezüglich „15 % der Stimmen werden nicht gezählt“. Knesset in Israel, Schwelle 2 % (früher nur 1 %, aber das war dann untragbar instabil). 12 Parteien im Parlament. Trotzdem wurden bei der letzten Wahl 8 % der Stimmen aufgrund der 2 %-Hürde nicht gezählt. Weil eine niedrigere Hürde meist auch mehr Kleinparteien heißt, die sich eine Chance ausrechnen -> die Stimmen teilen sich noch mehr auf und viele der Kleinparteien kommen trotzdem nicht rein. Entsprechend hoch ist dann der Anteil an „verlorenen“ Stimmen.
Markus 24. September 2013 um 14:18
Merkwürdig nur das bei der U18-Bundestagswahl CDU und CSU auch stärkste Kraft war? Und auch bei der „richtigen“ Wahl bekam das schwarze Lager bei den 18-29 jährigen 35%, da hätte es sogar für schwarz-gelb reichen können. Ältere sind manchmal etwas „stur“ aber das ist Partei unabhängig, kenne genug die zum Beispiel die SPD wählen, da kann kommen was will. Das jüngere auch manchmal etwas „komisches“ Wählen, ist denke ich eben auch ab und zu genau dieser Jugend geschuldet. Viele hören da nur etwas „tolles“ von irgendeiner Partei, so richtig informieren mögen sie sich aber nicht. Ich denke da kann mein keine wirklichen Schlüsse auf die Zukunft ziehen.
Thomas Knüwer 24. September 2013 um 14:23
Stärkste Kraft ja – aber eben deutlich weniger stark als im Bundesdurchschnitt. Es geht doch nicht um eine Null oder Eins Betrachtung…
Ute 24. September 2013 um 14:57
Hi Thomas,
sehe ich alles etwas anders. Ich finde, du gehst das Thema sehr polemisch an. Umfragen zeigen deutlich, dass eine Mehrheit der U18-Jährigen konservativ wählen würde: http://www.spiegel.de/schulspiegel/u18-wahl-so-wuerden-deutschlands-jugendliche-waehlen-a-921645.html
Sicherlich sind jugendliche Themen in den großen Volksparteien unterrepräsentiert, aber das wird sich in Zukunft ändern. Ich bin auch mal auf den Parteinachwuchs gespannt, ich denke auch hier wird sich einiges tun bzw. verändern. Das werden nicht mehr so linientreue Ergebene sein, sondern recht selbstbewusste und kritische Geister, da bin ich mir ziemlich sicher.
Sehe das alles nicht so pessimistisch wie du, wenn gleich ich knapp sieben Mio. „verschenkte“ Stimmen auch nicht gut finde.
Michael 24. September 2013 um 15:09
An der Diagnose ist was dran, nur die Interpretation läßt Wünsche offen. Dass die Alten bei der Wahl gesiegt haben, ist wohl nichts weniger als die politische Abbildung der einsetzenden Alterung der Gesellschaft infolge Geburtenrückgang. Insofern könnte man auch die heute schon ins politische Hintertreffen geratenen Jungen mal fragen, wieviel Kinder sie denn auf die Welt gesetzt haben. Denn die Jungen von heute sind die Alten von Morgen und die Jugend von morgen sieht dann womöglich noch älter aus.
ClaudiaBerlin 24. September 2013 um 15:41
Man sollte nicht nur das passive Wahlalter auf 16 senken, sondern JEDEM Bürger eine Stimme geben! Wobei die Stimmen der Kinder bis zum 16.Lebensjahr von den Eltern abgegeben werden (nur wenn die sich nicht einigen können, verfällt sie).
Dann hätten wir ganz schnell mehr Berücksichtigunge von Kinder-, Familien und Jugendpolitischen Themen!
J. S. 24. September 2013 um 15:43
Es ist gut, dass FDP und AfD nicht im Bundestag vertreten sind. Die FDP, weil sie einen Denkzettel verdient hat für ihre einseitige Politik und dem seltsamen Wahlkampf; die AfD, weil sie die Eurokrise nicht verstanden hat und auch kein Interesse an der Demokratie hat (Wahlrecht nur noch für die Elite).
Dass die Piraten es nicht geschafft haben, war abzusehen. Denn sie haben in den letzten Jahren nicht nur ein schlechtes Bild abgegeben sondern bei wichtigen netzpolitischen Themen einfach nicht reagiert. Und leider sehe immer noch keine weiteren Themen außer der Netzpolitik bei den Piraten. Das ist einfach zu wenig.
Lennart H. 25. September 2013 um 8:09
Eine Frage an den Autor zu folgendem Satz: „(…) fragen sich jüngere Wähler: “Wozu der ganze Bohai mit den Autobahnen?” Für sie sind Autos kein Statussymbol mehr, ihnen ist es wichtiger, gute Datenleitung und surffähige Handys zu haben.“: Auf schnellen Datenleitungen komme ich aber nicht zur Arbeit. Auch jüngere Menschen kommen irgendwann hoffentlich sicher einmal in die Verdrückung, einem Job nachgehen zu müssen/dürfen. Nicht alle habe die Chance, das mit ÖPNV oder dem Radel zu erreichen. Eine gute Infrastruktur ist überlebenswichtig für unser Land, ebenso wie eine gute Dateninfrastruktur. Ich bin 37 J., habe zwei Kinder, einen Job, brauche eine gute Datenleitung UND eine gute Autobahn. Im übrigen sollte sich jeder auch mal fragen, wie sein Smartphone zu ihm kommt. Über die Datenleitung oder die Autobahn?
Cool bleiben nach der Bundestagswahl: Die Fünf-Prozent-Hürde muss bleiben | Carta 25. September 2013 um 12:03
[…] Thomas Knüwer streift das Thema am Rand, trotzdem lesenswert: Der Wahlsieg der alten Menschen […]
Christian 25. September 2013 um 12:20
Altersdiskriminierung
Man könnte ja den Menschen in den statistisch letzten 18 Lebensjahren das Wahlrecht entziehen. Die meisten Menschen dieses Alters wählen aus Gewohnheit immer die gleichen, Argumente zählen da nicht mehr. Man hats ja gesehen wie das ausgegangen ist.
ck
FKTVTwipsy 25. September 2013 um 19:47
Das Wahlalter zu senken bringt wenig, man muss die Leute dafür interessieren, wählen zu gehen. Natürlich sind da auch die Parteien gefragt.
Wieso alte Leute mehr wählen gehen als jüngere? Ich denke mal, weil sie noch wissen wie es ist, wenn man nicht wählen darf. Meine Oma gehört dazu. Bei ihr kam öfter die GeStaPo vorbei. Sehen wir zu, dass es nicht wieder so wird, dass – wegen einem falschen Posting – die Polizei kommt. Oh, Moment.
Links am Sonntag – 29.09.13 | .- 29. September 2013 um 13:24
[…] Der Wahlsieg der alten Menschen – “Überdurchschnittlich viele junge Wähler, die ihre Stimme abgaben, sehen diese nicht im Bundestag repräsentiert.” […]
Marketing in der BMW Welt und im Museum | sportinsider 1. Oktober 2013 um 17:08
[…] dieser Stelle noch eine These von Thomas Knüwer auf seinem Blog Indiskretion Ehrensache im Beitrag Der Wahlsieg der alten Menschen zum besten […]
Wahlen | 2. November 2013 um 11:56
[…] Das Neuland wird nicht von den Digital Natives beherrscht, sondern, wie Thomas Knüwer es bereits in seinem Blog pointiert auf den Punkt gebracht hat, von jenen Alten, die noch überwiegend ohne Internet […]
Wahlen 2013: Neuland ist abgebrannt | G! gutjahrs blog 21. Dezember 2014 um 21:38
[…] Neuland wird nicht von den Digital Natives beherrscht, sondern, wie Thomas Knüwer es bereits in seinem Blog pointiert auf den Punkt gebracht hat, von jenen Alten, die noch überwiegend ohne Internet […]
Reblog: Marketing in der BMW Welt und im Museum – sportinsider 29. März 2015 um 11:15
[…] dieser Stelle noch eine These von Thomas Knüwer auf seinem Blog Indiskretion Ehrensache im Beitrag Der Wahlsieg der alten Menschen zum Besten […]
Reblog: Marketing in der BMW Welt und im Museum – sportinsider 11. März 2016 um 22:24
[…] Stelle noch eine These von Thomas Knüwer auf seinem Blog Indiskretion Ehrensache im Beitrag Der Wahlsieg der alten Menschen zum Besten […]