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Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass Sie schon einmal vom Michael Mogard gehört haben. Auch die Namen Cameron Currie und Tanner Shuck dürften denn allermeisten von Ihnen, liebe Leser unbekannt sein. Desgleichen Samantha Briggs, Caroline Fryklund oder Katrin Tanja Davidsdottir. In deutschen Medien finden diese Damen und Herren nie Erwähnung – obwohl sie zu den besten Athleten ihrer bevorzugten Sportdisziplin zählen.

Nun gibt es sehr, sehr viele Disziplinen, die trotz des Sporthungers der medialen Öffentlichkeit nicht auf deren Radar auftauchen. Doch jenes Sixpack (Wortspiel, das sich später erschließen wird) steht für eine Sportart, die nicht einfach nur Randdisziplin ist. Sie demonstriert, wie ein Sportartikelhersteller sich via Content Marketing und der Verbindung mit einer Community neu erfindet.

Sein Name: Reebok.

Und die Sportart? Crossfit.

reebok crossfit

Crosswas?

Angeblich schon 1980 erfand Greg Glassman diese Fitness-Variante. Tatsächlich aber machte er erst im Jahr 2000 daraus ein Geschäft. Beim Crossfit gilt es vorgegebene Übungen in immer neuen Kombinationen zu absolvieren und das so oft wie möglich innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens. Zum Beispiel: 5 Klimmzüge, 10 Liegestützen, 15 Kniebeugen und dann von vorn – 20 Minuten lang.

Nein, mein Ding wär das jetzt auch nicht. Doch Crossfit verbreitete sich rasend schnell, über 6.000 lizenzierte Fitnessstudios gibt es inzwischen. Mit diesen Lizenzen und der Trainerausbildung macht Glassmans Crossfit Inc. auch ihr Geld. Im „Crossfit Journal“ hieß es dazu 2009:

„The company publishes a subscription-only online fitness journal, certifies hundreds of CrossFit trainers a week at an average of $1,000 US per person, and provides the expertise and inspiration for trainers to open their own gyms—what they call “boxes”—bearing the CrossFit imprimatur for a fee that ranges from $500 to $2,000 per year.“

Warum das so schnell ging? Weil Crossfit eine Art Social Network des Fitness-Bereichs ist. Einerseits nutzt Crossfit das, was wir heute Gamification nennen: Es ist sehr leicht, Ergebnisse zu erreichen und diese persönlichen Werte zu steigern. Erst mittel- bis langfristig fallen die Steigerungen langsamer aus – doch im Hinterkopf steckt immer: „Wenn ich regelmäßig trainiere, kann ich meine Leistung verbessern.“

Zum anderen ist Crossfit auf das Miteinander ausgelegt ohne den Wettkampfgedanken außen vor zu lassen. Die Trainingsfläche, die „Box“, ist eine schlichte Fläche, unverbaut durch Gerätschaften. So kann jeder sehen, was andere tun. Es ist normal, Anfängern zu helfen und sich gegenseitig anzufeuern. Denn selbst wenn der andere besser wird, bedeutet das keinen Nachteil für einen selbst. Und man selbst weiß, wie sehr Fortschritte einen antreiben.

In einem Artikel für „Men’s Health“ beschreibt das Grand Stoddard so:

„You’re not really competing with your fellow CrossFitters as much as competing against yourself, and everyone in the room wants you to win.“

Schon 2009 beschrieb Seht Godin Crossfit in seinem lesenswerten Buch „Tribes“. Dort führt er als Erfolgsfaktor auch an, dass die martialisch wirkende Grundkonstellation viele abhält, mit Crossfit anzufangen. Somit entsteht das Gefühl zu einem besonderen Stamm zu gehören.

Was hat das mit Reebok zu tun?

Seit 2007 gibt es die Crossfit Games – die Weltspiele des Crossfit. Und hier ist die britische Tochter von Adidas der wichtigste Partner. Die Crossfit Games sind die „Reebok Crossfit Games“. Teilnehmen kann jeder, er muss aber durch lokale und regionale Qualifikationsrunden gehen – und das quer über die Welt. Vielleicht so, als ob jeder Tennisspieler theoretisch in Wimbledon auflaufen könnte – er sich eben nur erst in seinem Kreis qualifizieren, dann im Bundesland, anschließend national, dann in einer Europa-Runde.

Diese Wettbewerbe setzen Crossfift ab von anderen Disziplinen in Fitnessstudios – denn sie schaffen berichtenswerte Inhalte, emotional aufgeladen durch Athleten, die den Aktiven an den Graswurzeln des Sports näher sind als beim Fußball oder Motorsport.

Reebok finanziert mit seinem Engagement Berichterstattung. So gibt es zum Beispiel auf der Homepage der Games eine wöchentliche Show, die typisch amerikanisch die Wettbewerbe aufbereitet. Gut gemacht ist dabei die Verlinkung der im Video auftauchenden Athleten und Teams unterhalb des Videoplayers.

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Diese Show muss nicht einmal „Reebok Show“ heißen. Auch pocht Reebok nicht darauf, dass der Name „Crossfit Games“ nur im Zusammenhang mit dem Markennamen erwähnt werden darf. Somit wirkt der Auftritt weniger aufdringlich als in vielen anderen Sportarten. Reebok ordnet sich der Gemeinde, dem Stamm, unter – wohl wissend, dass die Marke ohnehin ständig im Bild ist. Man müsste sich schon mit Steroiden die letzten Hirnreste aus dem Kopf gepumpt haben, wenn einem entgeht, wie präsent der Sportartikelhersteller ist.

Solch eine Unterstützung der Content-Produktion ist nicht neu. Es gibt eine Reihe von Marken, die im Sponsoring kleiner Sportarten ein effizientes Marketing-Instrument erkennen. Zwar verfügen diese Disziplinen nicht über die Massenwirksamkeit von Fußball oder Baseball. Dafür sind aber die Fans häufig viel intensiver interessiert – und sie finden nicht an jeder Ecke Informationen über Wettbewerbe und Athleten.

Red Bull ist dabei das extremste Beispiel: Die Limonade erfindet sich einfach Sportarten. Ob diese aber tatsächlich Fans anziehen oder einfach nur Spektakel-Gucker dürfte eine offene Frage sein.

Nachvollziehbarer und interessanter finde ich das Engagement von The North Face beim Ultra-Trail du Mont-Blanc. 168 Kilometer geht es um den Mont-Blanc herum – ohne Pause. Das dauert.

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Und so übertrug The North Face vergangenes Jahr den Lauf mit einfachsten Mitteln, nämlich drei Kameras und gelegentlich auftauchenden Moderatoren. Das war oft holprig (ein Kameramann stellte für eine Rauchpause sein Gerät bei laufender Übertragung ins Gebüsch) – doch eben das einzige, was Interessierte bekamen. Auch hier gilt: Zielgruppe ist eine eingeschworene Community, würde ständig der Markenname genannt, wirkte dies aufdringlich – die optische Präsenz reicht.

Reebok aber unterstützt nicht nur eine boomende Fitnessdisziplin. Crossfit determiniert künftig den gesamten Markenauftritt, das Logo der Crossfit-Kollektion, ein dunkelrotes Dreieck, wird zum neuen Hauptlogo von Reebok.

Reebok logo

Das ist keine marginale Änderung. Denn über die Jahrzehnte war Reebok immer eine eher weiblich geprägte Marke, eine für Aerobic und Jogging. Kraftsport ist weit davon entfernt.

Doch tatsächlich könnte hier jahrelanges Content Marketing (ohne, dass dieser Begriff bei Reebok eine Rolle gespielt haben muss) seine Früchte tragen. Zumindest nach der Definition, die wir bei kpunktnull für Content Marketing verwenden:

“Content Marketing ist die Erzeugung, Kuratierung und Distribution relevanter Inhalte einer klar definierten Zielgruppe um sie als Kunden zu binden oder zu gewinnen. Der direkte Vertriebsaspekt tritt dabei oft in den Hintergrund.”

Reebok pflegte eine klar definierte, bestehende und wachsende Community indem ihre erfolgreichsten Mitglieder als Stars inszeniert wurden. Gleichzeitig aber versucht sich die Marke nicht überaufdringlich über das zu legen, was von sich aus heraus entsteht. Und dann werden die Früchte geerntet.

„Das neue Logo erlaubt ihnen, ihrer gesamten Fitness-Kategorie einen Schub zu geben“, sagt Gauthier Boche von der Londoner Markenberatung Lothar Bohm Associates gegenüber Bloomberg: „Es ist der richtige Zeitpunkt denn sie surfen auf der Erfolgswelle von Crossfit.“ 

Katja Erbe, Brand Director für Reebok Deutschland, ergänzte, die Crossfitter würden kaufen „wie verrückt“. Sie hätten gerne die neueste Ausstattung und Reebok sei die einzige Marke, die spezialisierte Crossfit-Produkte anbiete.

Alles toll, also? Natürlich nicht. Denn nun werden wir eine spannende Transformation erleben. Reebok will sich zwar künftig über Crossfit maßgeblich definieren. Doch reicht diese Sparte nicht, um das Unternehmen wirtschaftlich zu tragen. Die Verantwortlichen werden einen Spagat wagen müssen. Wie schwer der wird macht ein Blick ins Web klar: Auf Facebook werden Fitness-Freunde Richtung Crossfit bewegt – auf der Homepage ist derzeit kaum etwas vom neuen Fokus zu entdecken. Derweil will das Unternehmen die Untermarke „One“ für Crossfit etablieren. Die hat einen eigenen Facebook-Auftritt mit enttäuschender Aktivität und Fanzahl, noch dazu hat sich Reebok bisher nicht den Deeplink geschützt.

Ob das alles reicht, das Traditionsunternehmen zu positionieren? Da wage ich keine Prognose. Gelingt es aber, so würde Reebok sich über das Content Marketing tatsächlich neu erfinden.

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Kommentare


Reebok und Content Marketing | sportinsider 27. Juni 2013 um 9:44

[…] auch diese Woche wieder angefasst. Er dröselt die ganze Sache am Beispiel Reebok unter dem Titel Reebook – via Content Marketing zur Neugeburt einer Marke auf. Dabei kommt eine Sportart in den Blickpunkt, die ich bis dato noch gar nicht kannte … […]

Antworten

Social Media für Sportler: das Musterbeispiel Sabrina Mockenhaupt 15. August 2013 um 12:01

[…] Andere Sportarten mögen weniger Anhänger haben – die suchen dafür umso intensiver nach Informationen. Meine These ist: Sowohl Medien können davon profitieren, wenn sie diese kleinere aber engagiertere Zielgruppe bedienen – als auch Sponsoren. Beispiele dafür sind die neue Marken-Strategie von Reebok und die Unterstützung von Ultra-Trail-Läufen durch The North Face. […]

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Ein neues Symbol für Reebok | Design Tagebuch 1. März 2014 um 16:36

[…] der CrossFit-Sparte. Diese läuft, laut Katja Erbe, Brand Director für Reebok Deutschland, wie verrückt, sodass man diese Entwicklung zum Anlass genommen hat, die Marke Reebok insgesamt neu zu […]

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Reblog: Reebok und Content Marketing – sportinsider 29. Februar 2016 um 19:24

[…] auch diese Woche wieder angefasst. Er dröselt die ganze Sache am Beispiel Reebok unter dem Titel Reebok – via Content Marketing zur Neugeburt einer Marke auf. Dabei kommt eine Sportart in den Blickpunkt, die ich bis dato noch gar nicht kannte … […]

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