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Die folgende Geschichte ist eine Petitesse. Erst recht, weil es um die Berichterstattung über den Fall Uli Hoeneß geht, über den in diesen Tages so erdrückend viel berichterstattet wird. Doch zeigt diese kleine Geschichte sehr schön, wie sich der Alltag dessen, was mancher Journalismus nennen würde, verändert hat.

Früher gehörte es zur frustrierenden Normalität der Journalisten-Arbeit, dass Informationen, die einem zugespielt wurden, nicht „hart zu bekommen“ waren. Denn es gehörte zum Berufsethos, eine Geschichte nur zu veröffentlichen, wenn sie durch mindestens zwei unabhängige Quellen bestätigt wurde. Genauso war es Regel, dass ein hartes Dementi eines Befragten entweder erforderte, jene Information durch schriftlichen Beweis zu verfestigen – oder die Story nicht zu bringen.

Heute ist vieles anders, zum Beispiel beim „Focus“.

Der meldet, jener Fall Uli Hoeneß nehme immer „dramatischere“ Formen an. Denn:

„Nach FOCUS-Informationen tauchte der Name des Präsidenten des FC Bayern München auf einer so genannten Steuer-CD auf, die das Land Nordrhein-Westfalen im August erworben hatte.“

Schnappschuss (2013-04-29 16.37.22)

Die Staatsanwaltschaft Bochum habe das an die Berufsstandskollegen in München weitergegeben – doch die hätten nichts unternommen. Erst nach der Selbstanzeige von Hoeneß seien die Ermittlungen ins Rollen gekommen. Hat die Staatsanwaltschaft „den Promi vom Tegernsee gedeckt?“, schiebt der „Focus“ nach.

Nun fällt in dieser Story schon eines auf: Die Autoren beschreiben die Herkunft jener „Information“ nicht näher. Dies gehört eigentlich zum journalistischen Standard. Besser: gehörte. Denn früher lehrten die Volontärsbetreuer noch, dass Quelleninformationen wie „aus Kreisen“ inakzeptabel sind. Zumindest die Biosphäre des Tip-Gebers gehört beschrieben, also etwa „aus dem Umfeld des Unternehmens“ oder „wie es in der Branche heißt“. Dies kompromittiert den Informanten mutmaßlich nicht und ermöglicht dem Leser doch eine gewisse Einordnung.

Beim „Focus“ heißt es schlicht „Information“. Diese „Informationen“ aber werden hart dementiert, sowohl von der Staatsanwaltschaft München wie von der aus Bochum. Früher hätte dies dazu geführt, weiterzurecherchieren oder die Geschichte zu beerdigen. Heute: Veröffentlicht der „Focus“ die „Informationen“. Hauptsache, man landet eine Exklusivstory – ob sie stimmt ist sekundär.


Kommentare


Thomas Knodt 29. April 2013 um 17:27

Das mit der „information“ haben die bei Fox gelernt, die jeden Dreck behaupten, indem sie einfach losplappern „some people say, that…“. Diese „some people“ greift man sich Fox aus der Luft, nicht um exklusiv zu sein, sondern um Stimmung zu machen.

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Udo Stiehl 29. April 2013 um 18:01

Das ist sicherlich einer der Gründe, warum viele Kollegen inzwischen angeblich exklusive Sensationen in Vorabmeldungen des Focus schlicht ignorieren.

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lab 29. April 2013 um 21:40

Als nächste kommt dann: „wie man so hört“ …

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lab 29. April 2013 um 21:41

… Als nächstes …

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manuel 29. April 2013 um 23:47

Hab ich mich verlesen, oder beschwerst Du Dich ernsthaft darüber, dass ausgerechnet der Focus keine seriöse Berichterstattung für nötig hält? Der Focus? Hallo? Das ist doch der Focus! Wo kämen wir denn da hin!

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