Noch könnte sich ja alles zum Guten wenden für Samsung. Die Wahrscheinlichkeit aber ist nicht gerade hoch nach dem vernichtenden Urteil gegen die Südkoreaner im Patentstreit mit Apple. Wie weit es Samsung teilweise trieb zeigt auch ein Video des „Sydney Morning Herald“, der einen neuen Samsung-Laden begutachtete – in dem es bemerkenswert appelig aussieht:
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Die Folgen für die Branche sehen alle ähnlich, egal ob Blogger oder Zeitungsgemeinde. Natürlich ist das US-Patentwesen völlig überzogen, das Urteil aber vollkommen richtig. Nun müssten sich die Apple-Konkurrenten mehr Mühe geben, dadurch entstehe Innovation.
Ja, aber.
So einfach ist das eben nicht. Denn an diesem Fall tut sich das ganze Problem des Copyright auf. Es ist keineswegs so, dass solch ein Recht automatisch Fortschritt bedeutet. Vielmehr erreicht eine Innovation bei ihrer Einführung den Punkt, an dem es für Fortschritt und Gesellschaft besser wäre, wenn solch ein Schutzrecht nicht existierte.
Zunächst einmal ist es natürlich richtig: Egal ob Samsung oder HTC oder Nokia – sie alle müssen sich deutlicher von Apple distanzieren, beim Hardware- und Software-Design und ebenso bei der Anwendung der beiden. Das sorgt für mehr Alternativen und mehr Alternativen bedeutet: Es werden mehr Wege des Fortschritts zum Test angeboten.
Gleichzeitig gibt es eine andere Seite der Medaille. Denn setzt sich eine Anwendungsweise, zum Beispiel das Großziehen von Fotos mit zwei Fingern, durch, dann kann sich eine Technik schneller verbreiten. Begreift ein Neuanwender nämlich die grundlegende Funktionsweise eines Gerätes, kann er sich schneller mit den für dieses Gerät besonderen Anwendungen beschäftigten. Er fühlt sich schneller heimisch mit diesem Gerät und dessen Verwendung wird alltäglicher – womit es sich eben auch schneller verbreitet. Dies führt dazu, dass die Wechselhürde von Gerät zu Gerät und von Hersteller zu Hersteller sinkt. Dies treibt ebenfalls den Fortschritt.
Damit wären wir dann beim Zwiespalt des Copyright: Es fördert die Vielzahl von Technologien – aber es behindert deren Einführung.
Kommentare
lab 27. August 2012 um 16:37
Es gibt noch ein Problem. Stellen wir uns einmal eine Sekunde lang vor, dass in der Automobilindustrie typische Bedien- oder Designmuster geschützt wären. Z.B. die Position der Bremse…
„Zwangsinnovationen“, die durch banal-patentierte Bedienfunktionen entstehen, sind grundsätzlich schlecht für den Nutzer. Er kann eben nicht von einem Produkt auf ein anderes wechseln und seine erlernte Nutzungskompetenz mitnehmen. Ich ärgere mich jedesmal, wenn ich wieder einmal auf meinem Mac mit „STRG+Q“ den Browser schließe, weil unter Windows an dieser Stelle der Tastatur „ALT+Q -> @“ sitzt.
Baranek 27. August 2012 um 17:08
Historisch gilt aber das Gegenteil: Patente haben den Forstschritt befördert. So lässt sich der Innovationsvorsprung Englands, so die einhellige Einschätzung von Wirtschaftshistorikern, unter anderem mit der Einführung des Patentrechts begründen. Nicht umsonst zog Deutschland, als es denn eins gab, sofort nach, 1877 nämlich. Von daher halte ich die Grundthese diese Artikels für nicht richtig. Nur wer sich sicher ist, dass seine Erfindung geschützt ist, wird sich anstrengen, eine zu entwickeln. Zudem: Samsung muss sich jetzt anstrengen, was neues zu erfinden. So gesehen werden deren Ingenieure nun Gelegenheit haben, zu zeigen was sie können. Hat Nokia mit Windows ja auch hingekriegt. Zuletzt: soll Samsung halt zahlen, wenn sie’s unbedingt so machen wollen. Und zack, schon ist der Preisvorteil dahin. So funktioniert der geregelte Markt eben. Oder bis du jetzt Neoliberaler geworden? 😉
Ralph Pfister 27. August 2012 um 17:21
Dieser Zwiespalt lässt sich aber eigentlich durch vernünftige Regelungen nach Konzepten wie standard-essenziellen Patenten oder FRAND-Lizenzen lösen, oder? Wenn etwas tatsächlich als Standard anzusehen ist, lassen sich ja auch andere Regelungen anlegen.
Peter 27. August 2012 um 19:13
ich finde Pinch & Zoom nicht besonders gut, insbesondere auf einem kleinen Smartphone: man braucht nämlich zwei Hände dazu, eine Hand zum Halten und eine zum Pinchen und Zoomen. Selbst Apple nutzt in Safari auch den einfachen Tipp als Zoom. Ich nutze deshalb Pinch & Zoom so gut wie nie. Es wäre sehr sinnvoll gewesen, hätte sich Google hier etwas Neues einfallen lassen.
Martin 27. August 2012 um 23:36
Nun ja, z.T. Copyright und England und Fortschritt, es gab in Deutschland lange kein Copyright und die Folge: Ein riesiger Buchmarkt viele Autoren und viele neue Werke (warum? Die Verleger mussten sich abgrenzen, denn mit neuen Werken ließ sich mehr Profit machen als mit Kopien)
mrreinhardt 28. August 2012 um 6:24
ist halt immer die Frage, was sich schützen lässt. Das klassische Patenrecht, so wie es v.a. hier in Dtld. entstanden ist schützt Verfahren, nicht Ergebnisse. Krupp konnte sein Stahlkochverfahren schützen, nicht aber Stahl. Diese Vorstellung hat die Industrialisierung in Dtld. unglaublich vorangetrieben. In diesem Sinn wäre Apples „Pinch“ als Geste schützbar, sehr wohl aber die genaue Umsetzung. Gleiches beim One Click Buying von Amazon.
RCB 28. August 2012 um 8:47
Seufz, Copyright in der Überschrift und Patente im Text, so kommen wir nie weiter.
HMU 28. August 2012 um 13:36
Sinn des Copyrights ist nicht die Behinderung der Einführung neuer Technologien, sondern die wirtschaftliche Beteiligung des Erfinders im Zuge der erfolgreichen Verbreitung durch die Nicht-Erfinder.
Thomas Knüwer 28. August 2012 um 16:25
Es geht mir nicht darum, was mit dem Copyright intendiert ist – sondern das, was real passiert.
Philip Engstrand 28. August 2012 um 14:58
Und dann wird wieder beklagt, das die ‚Presse‘ zu pessimistisch über die Wirtschaft (die Internetwirtschaft) berichtet…
Ein Patent ist eine zweiteilige Sache:
1) Du bekommst, wenn erteilt (und das ich gar nicht mal so einfach, ein paar meiner Patente waren mehr als 3 Jahre unterwegs, bis zum 1. Eispruch) einen Rechtsanspruch, solange du das Patent hältst.
2) Deine Idee wird zwangsläufig veröffentlicht (übrigens meisstens vor Erteilung) und eröffnet damit anderen deinen Stand der Technik.
In der guten, alten Zeit hat das zu einer ganz guten gegenseitigen Information geführt und einen Markt für Lizensierung eröffnet, der (zumindest in meiner Industrie) für alle Langzeit-Mitspieler zum Nullsummenspiel wird.
Kurz danach, hat die rechtsdurchsetzende Industrie in US erkannt, dass man ja prima grosse, teure Prozesse um ganz kleine Patente erzeugen kann, dieses Geschäftmodel ein paar Patenthaltern eingeflüstert und damit war die gute, alte Zeit vorbei.
Jeder, der selber Patente schreibt, oder anderer Leute Patente versucht auseinanderzunehmen, weiss, das die Situation in US speziell ist, da dort zB. nicht das Anmeldedatum gilt, sonder auch Einträge im Laborbuch mit Firmenstempel…
Philip Engstrand 28. August 2012 um 16:51
Das, was real passiert?
Es passiert, was immer passiert, wenn amerikanische Unternehmen einen Markt eh‘ schon teilweise beherrschen: Sie wollen ihn komplett haben. Und das, was passiert, wenn asiatische Unternehmen einen Markt bespielen: Für uns sollen bitte andere Regeln gelten, und überhaupt.
Apple könnte sich entspannt zurücklehen und sagen: Unsere Produkte sind sooo gut, es ist uns egal wer hier noch Mittbewerber sind.
Samsum könnte sich entspannt zurücklehen und sagen: Unsere Produkte sind soo gut, unsere Kunden würden sogar Aufpreis zahlen um die zu kaufen.
Aber nein, eine drei-bis-vierstellige Anzahl von Berufsanwälten läuft ein mit: Gewinnen wir bestimmt, Claims sind ja nicht anwendbar etc.
Bei uns in der Gegend sagt man: Der gönnt dem anderen die Butter auf dem Brot nicht.
Nicht, das es ein anwendbares Copyright/Patentwesen gibt ist die Krux, sondern das was vormals denkende Menschen daraus machen.
liqui.do 30. August 2012 um 13:11
Hm, was will mir der Autor sagen… dass der gesellschaftliche Fortschritt ernsthaft von der Zweifingersteuerung abhinge? Macht die iOS-Steuerung die Welt zu einer besseren, oder eher die Diversifizierung solcher und ähnlicher Eingabemethoden? Ist es ernsthaft wichtig, dass sich die eine Methode schneller verbreitet, als andere? Warum? Wenig Substanz und viel heiße Luft in diesem Artikel… der deswegen zurecht ohne klaren Standpunkt endet. Die finale Behauptung bleibt der Einfachheit halber gleich unbelegt.
Da passt es ins Bild, dass Patentrecht und Copyright in einem Topf zu einer Soße verrührt werden.
Schade um die Zeit des Lesens dieses Mal.
Henning Krieg 31. August 2012 um 12:18
Das geht hier etwas durcheinander – Patentrecht /= Copyright (und Copyright übrigens auch nicht = Urheberrecht im strengen Sinne). Bei beiden handelt es sich um „Intellectual Property Right“, das heißt aber nicht, dass die Bezeichnungen frei austauschbar wären.