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Jens Weinreich gehört zu den wenigen Journalisten weltweit, die sich tief in die Korruptionsskandale rund um Fifa und ICO reingedübelt haben – allein schon deshalb lohnt sich die Lektüre seines Blogs. Derzeit ist er, logisch, in London unterwegs und wird von den Olympischen Spielen berichten.

Bemerkenswert finde ich dabei heute die Schilderung seiner Arbeitsweise. Denn – Hand hoch – wieviele Journalisten in Deutschland nutzen digitale Technologie so entspannt und natürlich, wie Weinreich?

„Was sich im Vergleich zu den Peking-Spielen 2008 absolut verändert hat (selbst in Vancouver war das 2010 noch anders): Ich habe hier noch nicht ein Mal in Agenturdienste geschaut. Einen Zugang zu Nachrichtenagenturen habe ich noch über ein Medium, aber ich habe den noch nicht genutzt. Denn es ist in London wie sonst auch: Ich habe mir meinen persönlichen Stream zusammen gestellt und fühle mich darüber ziemlich gut informiert: Twitter vor allem, Facebook in Maßen, viele Links, Notizen und Empfehlungen von Kollegen und Freunden via Email, SMS, Whatsapp, und natürlich RSS, gebündelt über Newsrack. Niemand kann alles wahrnehmen, jedem entgeht etwas, es ist allerdings interessant, sich selbst beim Medien- und Info-Konsum zu beobachten.

Werde dennoch ab heute auch wieder Zeitungen kaufen, täglich Times, Guardian, Telepraph und Daily Mail, weil etliche kleine Rubriken und Notizen online entweder nicht auftauchen oder schwer zu finden sind und ich nicht suchen möchte, schon aus Zeitgründen. Und weil der Transport in den überfüllten Nahverkehrszügen doch genug Zeit liefert, die Zeitungen durchzublättern. Ausgeschnitten wird übrigens nicht mehr, schon lange nicht mehr. Was mache ich stattdessen? Ich scanne mit einem Handscanner, der immer im Gepäck ist. Einmal am Tag wird das auf Evernote hochgeladen und mit einer Rubrik/einem Ordner versehen, that’s it. Oder ich fotografiere es mit dem iPhone/iPad, geht noch schneller und ist absolut ausreichend in der Qualität. Notizen mache ich kaum noch auf Papier, meist sofort in die Geräte mit dem Apfelzeichen und auch DIREKT in die Cloud, damit alles gleich auf allen Geräten weiterbearbeitet werden kann, je nach Lage. Sollte ich doch mal Blätter beschreiben, dann solche, die ich gut einscannen kann. Ich schmeiße nämlich (anders als in den ersten zwanzig + Jahren meines journalistischen Daseins) fast alles sofort weg: Ich scanne es ein, zu Hause habe ich schon ganze Notizbücher (kürzlich etwa von den Spielen 1996 in Atlanta) eingescannt, die mir in die Hände fielen – und dann sauber entsorgt.“


Kommentare


Karsten Samaschke: Los jetzt! » Ach, echt, so kann Journalismus aussehen? 24. Juli 2012 um 13:15

[…] https://www.indiskretionehrensache.de/2012/07/weinreich/ […]

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Johannes 24. Juli 2012 um 14:10

Und dann kommt der Cloudanbieter, sagt, es sei zuviel Haut auf den Fotos, und weg ist der ganze Spaß. Ich hoffe, Herr Weinreich macht seine Backups.

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E-Reader im 21.Jahrhundert 24. Juli 2012 um 17:32

Konversion zu Text (Handschrift-Erkennung) wäre sinnvoll. Ebenso Thesaurus-Suchfunktionen die ich bisher nirgendwo gesehen habe.
Wenn man Notizen sammelt habe ich das Problem, das zu viele Bezeichnungen für viele Dinge gibt so das die Suche oft fehlschlägt und man es erst später wiederfindet.
Unified Language oder andere Semantik-Techniken wären nett als nächste Stufe. Dank Trivialpatenten muss man darauf warten bis Amerikaner selber darauf kommen während die EU Semantik-Projekte für Millionen Euros finanziert aber seltsamerweise kein neues (kostenloses) Google daraus entsteht.

Wegen Agenturen: Vieles wird ja doch von denen (auch) berichtet so das sie (wie man auch an news-Google sieht) oft doch eine vergessene nicht genannte Quelle sind.
Allerdings gibt es natürlich Dinge die von vielen gleichzeitig gesehen und berichtet werden können um eine crowd/twitter-basierte virtuelle „Agentur“ daraus zu etablieren. Nett wären spezialisierte Twitter-Clients wo man fertige Buttons für „Tor“ „11Meter“ die Namen aller Spieler usw. hat und dann realtime von allen Dorf-Liga-Spielen berichtet. Dasselbe geht für Olympia natürlich auch.
Wie im Ikea-Planer würde man die Spieler, Rennpferde, Läufer u.ä. auf dem Ipad an die richtigen Positionen schieben und realtime berichten und die Crowd korrigiert bzw ignoriert die „falschesten“ Angaben z.b. vom Marathon-Lauf.
Ob Wiki-Data die Daten sammelt oder sowas irrelevant ist. Hmm….

Er zeigt auch das Potential mobiler Menschen (Künstler, Freiberufler, …) an die täglich woanders schlafen und ihren Content (Zeitschriften ! und nicht in PDF!!) vernünftig am Ipad lesen (also immer noch kein PDF sondern was linear lesbares) und Artikel archivieren wollen.
Wenn die Verlage nicht liefern, sucht man sich halt andere Quellen statt im Regen oder bei 80% Luftfeuchtigkeit oder praller Sonne Meilenweit zum Kiosk zu laufen/fahren. Mallorca-Rentner wollen auch was lesen.

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Mit dem iPad Zeitung lesen – RSS Tipps für Social Media Experten » Steadynews 25. Juli 2012 um 10:26

[…] Ein Social Media Experte, der nicht täglich auf dem Laufenden bleibt, ist kein Social Media Experte. Und ein Journalist, der sich Twitter, Facebook und RSS verweigert, ist von vorgestern – es geht nicht! Hier ein toller Beitrag eines Sportjournalisten der beschreibt, wie er täglich bei der Olympiade auf dem Laufenden bleibt – Nachrichtenagenturen sind da out… Aus diskretionehrensache: Aus dem Alltag eines Sportjournalisten im 21. Jahrhundert […]

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Jordanus 27. Juli 2012 um 12:20

Wirklich schade um die Notizbücher!

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