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In der Serie “Netzwert Reloaded” verfolge ich jede Woche, was das Team von Handelsblatt Netzwert vor exakt 10 Jahren über das digitale Geschäft schrieb. Alle Netzwert-Reloaded Folgen finden Sie hier.

Wann das Team von Netzwert erfuhr, dass es die montägliche Beilage nicht mehr geben würde, weiß ich heute nicht mehr. Doch, dass da etwas im Busch warm, überraschte niemand. Ein Signal dafür war zum Beispiel die Ausgabe vom 3. Juni 2002.

Es passierte, was eigentlich nicht passieren sollte: Netzwert wurde vermischt mit einer der üblichen Technik-Beilagen des Handelsblatts, nämlich „Telekom-Markt Europa 2002“. Früher boten alle Zeitungen einen ganzen Kranz solcher Themen-Beilagen in der Hoffnung, dass Anzeigenkunden sich so besonderen Buchungen in einem thematischen Umfeld überreden ließen. Je nach Menge der Buchungen variierte dann die Beilage. Jene verantwortlichen Redakteure, die etwas auf sich hielten versuchten dann die Anzeigenkunden in der Beilage nicht zu erwähnen. Doch bei manchen Blättern war und ist es Usus, genau das zu tun. Was praktisch bedeutet: Man kann sich Berichterstattung kaufen.

Dies war beim „Handelsblatt“ nicht der Fall. Trotzdem waren gerade die Technikbeilagen aber anders als Netzwert – eben technischer. Für den „Telekom-Markt 2002“ waren zwei Viertelseiten zusammengekommen. Das hätte dann für vier Seiten Beilage gereicht. Doch man hielt es für sinnvoller, diese Beilage als Netzwert-Schwerpunkt laufen zu lassen.

Ist es aufgefallen? Ich glaube nicht. Denn die Netzwerter wollten mal zeigen, wie Beilagen eben auch gehen. So analysierte Katharina Slodczyk, die Telekom-Fachfrau des Handelsblatts (und heutige London-Korrespondentin) die vier Probleme der Telekom-Branche, die diese an den Abgrund geführt hatten:

1. Die Aktienmärkte
Dass Kurse schwanken war ja nicht neu. Doch hatten die Mobilfunker 2000 Milliarden für die UMTS-Lizenzen ausgegeben. Nun müssten sie ihre Netze ausbauen denn ohne gute Netze würden die Kunden niemals massenhaft anfangen ihre Handys für etwas anders als das telefonieren zu nutzen. Doch die Finanzmärkte glaubten nicht mehr an die Telcos – und so war es für diese schwer, den Netzausbau auf Kredit zu finanzieren.
2. Die Technik
Dort, wo der Netzausbau begonnen hatte verwandelt er sich schnell in den Netzausfall. Nicht vor 2004 rechnete Telekom-Chef Ron Sommer damals mit einem flächendeckenden UMTS-Netz.
3. Die Kunden
Mehr zahlen für UMTS? Dafür waren nur die wenigsten bereit. Den Telekom-Konzernen gelang es nicht, den Sinn des neuen Systems klarzumachen.
4. Die Anwendungen
Tja, und warum sollten die Kunden auch wechseln. Das mobile Surfen stand noch am Anfang und die Multimedia-SMS MMS funktionierte trotz unverschämten Preisen nur rudimentär.

Immerhin gab es ein System, das zeigte wie mobiles Internet einmal aussehen könnte: I-Mode. Nein, das hatte nichts mit Apple zu tun, die waren damals noch nicht so i-ig. I-Mode war ein buntes und spielerisches Mobil-Web, das in Japan durch NTT Docomo ein gigantischer Erfolg geworden war. In Deutschland führte E-Plus I-Mode ein, 27.400 Nutzer zählten die Düsseldorfer im Juni 2002.

Und das System funktionierte gut: Der Falk Routenplaner setzte den Maßstab, es gab eine Fahrplanauskunft der Bahn und Restaurantkritiken bei „Marcellino“, auch der „Spiegel“ (noch ohne Online) bot ein Partnerangebot. Und das meiste war – Überraschung – Paid Content. Ein bis zwei Euro monatlich verlangten die Anbieter.

Trotzdem scheiterte I-Mode. Zum einen war es nur eine Übergangstechnologie, zum anderen waren die Handys, auf denen es lief nicht gerade die besten. Und schließlich war da noch das E-Plus-Problem. Denn schon damals war das Netz mit dem grünen Vogel nicht sonderlich gut auf dem Lande vertreten. Als ich meine Mutter im heimischen Senden besuchte reichte das Schließen der Rollade um I-Mode auszusperren.

Tja, und dann lief zu jener Zeit die Fußball-WM in Japan und Südkorea. Und vielleicht zum ersten Mal begaben sich die Sportler informationell auf Augenhöhe zu den angereisten Journalisten, wie „Handelsblatt“-Sportler (und heutiger Bitkom-Pressesprecher) Marc Thylmann in der Kolumne „E-Mail aus Miyazaki“ schrieb:

„…als Jungnationalspieler Sebastian Kehl aus Dortmund in kleiner Runde mal etwas klarstellen wollte:  Zwei der anwesenden Reporter machte er deutlich, dass er mit einigen Stellen in ihren letzten Artikeln über seine Person nicht besonders glücklich war. Dank der Suchmaschine Paperboy, meinte der Spieler, sei es ja kein Problem mehr zu schauen, was die Medienleute in jüngster Zeit verzapft hätten…

Da werden die Journalisten die Geister nicht mehr los, die sie riefen:  Erst haben sie sich über Fußballprofis lustig gemacht, die mit neuen Medien wenig am Hut haben… Jetzt bekommen sie von der nächsten Ball-Generation die Rechnung präsentiert: Es wird zurückgesurft.“


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