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In der Serie “Netzwert Reloaded” verfolge ich jede Woche, was das Team von Handelsblatt Netzwert vor exakt 10 Jahren über das digitale Geschäft schrieb. Alle Netzwert-Reloaded Folgen finden Sie hier.

Daniel Aegerter. Schon wieder so ein Name aus der bunten Dotcom-Zeit, den ich lang nicht mehr gehört habe. Um die Jahrtausendwende war der Schweizer einer der Vorzeigegründer der New Economy. Nach der Banklehre war er in die USA gegangen und startete 1995 eine B2B-Handelsplattform. Von der wollen Investoren nichts wissen – dafür aber gibt es Interesse an ihrer Software. 1999 verkauft er bereits Programmlizenzen für 16 Million Dollar, sein Unternehmen Tradex wächst auf 250 Mitarbeiter.

Es folgt – logisch zu jener Zeit – ein Übernahmeangebot. Aegerter fusioniert mit Ariaba, einem der Stars der Nasdaq. Noch bevor dessen Kurs abschmiert verkauft der Schweizer, rund 300 Mill. Dollar sollen ihm geblieben sein, 120 Millionen davon steckt er in sein neues Investment-Vehikel Armada Venture Group. Sein Vorbild: Warren Buffet, wie er Netzwert sagte –

„Buffet sagt, dass er nur in Geschäftsmodelle investiert die er versteht, das mach ich auch so. Und ich investiere in Software-Firmen. Buffet hat einen guten Sinn für Menschen, denen man vertrauen kann. Und daher hat er gute Leute, die die Firmen leiten, in die er investiert. Von Buffet kann man auch lernen, dass die Zahlen stimmen müssen. Auch wir kalkulieren konservativ…. Investieren heißt: Geld vermehren.“

Zehn Jahre später existiert Armada noch immer, auch wird Aegerter jedes Jahr von „Bilanz“ unter die reichsten Schweizer einsortiert. Geschätztes Vermögen: 400 bis 500 Mill. Franken. Gleichzeitig engagiert er sich über die Beratungsfirma Social Investors im philanthropischen Bereich. Einer, der es geschafft hat in den Dotcom-Jahren.

Ganz anders erging es Ich-zieh-um.de.

Das Startup aus Hamburg hatte eigentlich eine gute Idee: Wer umzog konnte seine Adressänderung unkompliziert an Banken, Versicherungen, Zeitungsverlage oder Versorger weitergeben. Mit einem großen Wums landete der Dienst in den Medien. Das Gründerteam hatte mit Bier und Würstchen einen Sprengmeister bestochen um ein riesiges Plakat auf einem einzustürzenden Wohnhaus anzubringen. Aufschrift: „Tschüß! ich-zieh-um.de“

Schöne Idee. Und dann – stürzte das Haus nicht ein. Lokale wie nationale Medien berichteten, das „Hamburger Abendblatt“ titelte gar: „Ich-fall-nicht-um.de“. Ergebnis: Innerhalb der ersten vier Monate zählte der Dienst schon über 13.000 Nutzer.  Über 300 Kooperationspartner gab es – und die  zahlten pro Adressänderung 1 Euro. Warum? Weil diese automatisierte Meldung unkomplizierter zu handhaben war als der Anruf oder der Brief eines Kunden. Noch lukrativer waren die Neuanmeldungen nach dem Umzug: Denn Ich-zieh-um.de kassierte auch Provisionen, bestellte der Verzogene eine neue Tageszeitung oder suchte sich einen neuen Stromanbieter. Gleichzeitig entstand ein zweites Standbein: Versorger wie die Hamburger HEW kauften die dahinter liegende Software um sie auf ihrer Homepage zu verwenden.

RWE übernahm dann 75 Prozent der Unternehmensanteile. Und wie bei so vielen Großkonzernen: Irgendwann verabschiedete sich auch der Versorger von all den angesammelten Startup-Beteiligungen. Wann der Dienst eingestellt wurde, konnte ich nicht ausmachen.


Kommentare


mk 2. April 2012 um 16:33

Da kann ich aushelfen: Ich-zieh-um.de wurde zum 1.1.2003 von der Deutschen Post übernommen – und zum 31.12.2003 mangels Profitabilität dicht gemacht: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Deutsche-Post-stellt-Online-Ummeldeservice-ein-87209.html

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