In der Serie “Netzwert Reloaded” verfolge ich jede Woche, was das Team von Handelsblatt Netzwert vor exakt 10 Jahren über das digitale Geschäft schrieb. Alle Netzwert-Reloaded Folgen finden Sie hier.
Irgendwann so um 2007 war ich zu Gast bei der Düsseldorfer Online-Agentur Clicktivities. Dort hing noch immer, schön gerahmt, die Titelseite der Netzwert-Ausgabe vom 11. Februar 2002. „Lob der Freiheit“ lautete die Überschrift, auffällig war sie mit der freigestellten St. Pauli-Fahne.
Clicktivities tauchte auch in der Geschichte auf. Sie drehte sich um kleinere Online-Agenturen, die das große Sterben überdauert hatten. Kabel, Frogdesign, Pixelpark – sie alle waren entweder schwer angeschlagen, geschluckt oder verschwunden. Doch das Internet war ja nicht abgeschaltet worden. Zu jener Zeit ging es noch jenen gut, die sich auf Nischen konzentriert und dort enge Kundenbeziehungen aufgebaut hatten. Seitenbau aus Konstanz, zum Beispiel, hatte sich auf Verwaltungen fokussiert – die Firma existiert noch immer. Survernet dagegen bediente Musiker und Musik-Sponsoren, Antwerpes die Medizinbranche.
Das hatte zumindest bis dahin gereicht – eine Überlebensgarantie aber war es nicht. Auch nicht für Clicktivities, die damals vor allem Aufträge von Autokonzernen vorweisen konnten: 2009 meldete das Unternehmen Insolvenz an.
Geht es um das Thema „Sicherheit im Internet“, so wird im Deutschland des Jahres 2012 leider oft recht hysterisch diskutiert. Vor zehn Jahren erschien in Netzwert ein Interview mit John Thompson, dem Chef des Sicherheitsspezialisten Symantec. Die ruhige und klare Art, wie er das Thema anging, gereicht zum Vorbild.
Hier einige Ausschnitte:
„Zuerst sollten wir uns über eines klar werden: Es gibt in dieser Welt keine hundertprozentige Sicherheit. Das gilt für Transaktionen im Internet genauso wie für die Offline-Welt. Von dieser Einschränkung abgesehen, halte ich E-Business für eine sichere Art, Geschäfte abzuwickeln…
Jedes Unternehmen, das E-Business betreibt oder seinen Kunden Produkte über das Netz anbietet, muss seine Systeme und Prozesse absichern. Dazu gehört der Einsatz von Verschlüsselungstechnologie um den Übertragungsweg zu schützen. Desweiteren müssen die Anbieter ihre Netze vor unerlaubten Zugriffen durch Dritte schützen. Und natürlich muss sichergestellt werden, dass die IT-Systeme verfügbar sind und nicht etwa durch einen Computervirus funktionsunfähig gemacht werden.
Aber auch die Anwender sollten sich der steigenden Risiken zum Beispiel durch die Nutzung breitbandiger Web-Zugänge bewusst sein. Rein technisch gesehen wird das Risiko nicht größer. Es ist vielmehr eine Frage der Quantität. Die Praxis zeigt, dass Nutzer breitbandiger Internet-Zugänge mit derselben IP-Adresse oft mehrere Stunden im Netz hängen. Dadurch steigt das Risiko, Opfer eines Hackerangriffes oder einer Virenattacke zu werden.“
Auf der letzten Seite jeder Netzwert-Ausgabe gab es wöchentlich den großartigen Doonesbury-Comic. Dabei pickten wir uns aber nur jene Handlungsstränge heraus, die sich um Mike Doonesbury drehten, der mit seiner Freundin und Programmiererin und seiner hochbegabten Tochter ein Internet-Startup gründete. Die Folge vor zehn Jahren zeigt, dass gewisse Praktiken nicht erst durch Facebook oder Google Einzug hielten. Da erzählt Doonesbury jr. ihrem Vater, dass Microsoft nun einen rekompilierenden Accelerator gratis auf den Markt bringe. Seine Antwort: „Nett. Aber was zum Teufel ist ein rekompilierender Acc…“:
Und dann noch Segways. Was war das für ein irrwitziger Medienrummel gewesen im Jahr 2001.
Dean Kamen, der Erfinder des Elektrorollers, hatte allerlei Prominenz aufgefahren: Bill Gates war einer derjenigen, der von einer weltbewegenden Innovation orakelte, ohne zu verraten, worum es genau gehe. Als der Segway dann enthüllt wurde, wollte jeder eine Probefahrt – und im Februar 2002 bekam Netzwert-Korrespondentin Sigrun Schubert auch endlich eine. Ihr Fazit kann noch heute so stehen:
„Doch ich bleibe skeptisch: Zwar macht das Rollerfahren Spaß, und es hilft, von A nach B zu kommen. Doch zu solch einem hohen Preis?“
So richtig durchgesetzt hat sich der Segway denn auch bis heute nicht. Immerhin aber sieht man ihn heute häufiger im öffentlichen Einsatz, die Polizei in Lissabon nutzt das Gerät zum Beispiel. Auch gibt es viele Stadttouren für Touristen. Bei dieser Gelegenheit fuhr ich den Segway 2007 in Paris zum ersten Mal – und war begeistert. Man sieht zwar total deppert auf dem Teil aus, aber gäbe es ihn zu einem vernünftigen Preis – ich würde ihn nehmen.
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