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In der Serie “Netzwert Reloaded” verfolge ich jeden Montag, was das Team von Handelsblatt Netzwert vor exakt 10 Jahren über das digitale Geschäft schrieb. Alle Netzwert-Reloaded Folgen finden Sie hier.

Redmond bröckelte. Zum ersten Mal. Und nur hinter vorgehaltener Hand. Aber trotzdem: Ende des Jahres 2001 verabschiedete sich Microsoft zum ersten Mal von seinen üblichen Preisen. Großkunden konnten mit einem mal über den Einkauf von Software-Lizenzen feilschen – und das sogar in Größenordnungen bis zu 30 Prozent.

Offiziell bestätigen mochte der Software-Konzern dies nicht. Doch die IT-Einkäufer mehrerer Großkonzerne bestätigten Netzwert, was ein lautes Tuscheln in der Branche war: Microsoft hatte sich mit einem neuen Preismodell bei Software-Lizenzen mächtig verkalkuliert. Dieses sah deutliche Rabatte für Unternehmen vor, die Windows 2000 oder XP verwendeten und alle Updates nutzten. Wer das nicht tat, zahlte deutlich mehr. Dies sollte verhindern, dass Großkunden über Jahre hinweg mit veralteter Software arbeiteten und sich erst dann wieder auf den neuesten Stand brachten, wenn es nicht mehr anders ging. So arbeiteten nach Informationen des Marktforschers Giga im Jahr 2001 noch 60% aller Unternehmen mit Office 95 oder 97. Im Gegenzug hatten erst 7% der Microsoft-Kunden jenes neue Lizenzabkommen unterschrieben, 42% drohten dies definitiv gar nicht zu tun.

Um an der Börse nicht abzufallen gab es nun ordentliche Rabatte oder Verträge über Zusatzleistungen. „Man kann mit Microsoft im Moment so ziemlich über alles reden“, verriet der Software-Einkäufer eines Dax-Konzerns. Es war vielleicht der Vorbote des langsamen Falls eines Fast-Monopolisten.

Die Studien sind Legion, die Deutschland Nachholbedarf in Sachen Internet und IT bescheinigen. Während in dieser Woche der Netzökonom die gesamtwirtschaftliche Sicht auf dieses Problem erörterte, zitierte Netzwert am 10.12.01 aus einer Studie der Online-Agentur Die Argonauten.

Über 1000 Deutsche hatte diese nach scheinbar allgemein gebräuchlichen Online-Begriffen befragt: 40% von ihnen wusste nicht, was ein Cookie sein sooll, den Begriff FAQ verstanden 26% nicht, die Aufforderung „Skip Intro“ war 39% unbekannt. Sähe das heute besser aus?

Wie sehr mancher das Internet im Jahr 2001 schon für unverzichtbar hielt, zeigte die Geschichte auf der letzten Seite jener Netzwert-Ausgabe. Das Düsseldorfer Obdachlosenheim Haus Weißenburg richtete nämlich ein Internet-Café für Wohnungslose ein – es war das erste seiner Art in Deutschland. Sechs Online-Plätze wurden im Keller des Gebäudes geschaffen, hier suchten die einen schlichte Information, andere eine Wohnung oder einen Job. Und erste Erfolgsbeispiele machten Mut: So berichtete Netzwert über einen 40-Jährigen, der zwei Jahre auf der Straße gelebt hatte. Die ersten Computererfahrungen im im Haus Weißenburg ermutigten ihn zu einer Fortbildung des Arbeitsamtes, dann folgte ein Praktikum – und ein Job beim Computerhändler Atelco. Die Idee des Internet-Cafés war zumindest weiterhin so erfolgreich, dass es auch noch 10 Jahre später Bestandteil von Haus Weißenburg ist.


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