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In der Serie “Netzwert Reloaded” verfolge ich jeden Montag, was das Team von Handelsblatt Netzwert vor exakt 10 Jahren über das digitale Geschäft schrieb. Alle Netzwert-Reloaded Folgen finden Sie hier.

Vielleicht war es das letzte Mal, dass die IT-Branche einen Finanzminister in den höchsten Tönen lobte. Hans Eichel habe „einer ganzen Branche ein Geschenk“ gemacht zitierte Netzwert am 19.11.2001 Jörg Michael Pläsker, damals im Vorstand der Easy Software AG.

Grund der Freude war keine Steuersenkung, sondern der Schubs des Steuerwesens ins digitale Zeitalter. Eichel hatte angeordnet, dass sich Finanzbeamte bei der Steuerprüfung ab Januar 2002 in den EDV-Systemen von Unternehmen umsehen dürfen. Außerdem mussten steuerrelevante Daten zehn Jahre lang vorgehalten werden – noch dazu revisionssicher, also unveränderbar. Das sorgte für ordentliche Umsätze bei Dokumenten-Management-System-Herstellern. Und auch Systemadministratoren bekamen zu tun: Denn sie mussten nun verhindern, dass Steuerprüfer zufällig auf Daten stießen, die ihnen zu sehr weiterhelfen könnten. Claus Herfort, Partner bei den Wirtschaftsprüfern von PWC ahnte damals: „Die Betriebsprüfer können künftig in wesentlich kürzerer Zeit wesentlich mehr Daten auswerten.“ Und: „Die alte Taktik, die Prüfer mit Akten zuzuschütten, funktioniert nicht mehr. Schmu fällt in Zukunft viel leichter auf.“

Durch solche alten Artikel zu blättern ist eine großartige Gedächtnisstütze. Denn viele damals allgegenwärtige Begriffe sind schon seit Jahren nicht mehr gefallen. WLL, zum Beispiel, was für Wireless Local Loop steht. Diese Technologie versuchte ein Gegenentwurf zum Datenanschluss via Kabel zu werden. Per Richtfunk wurde eine Datenleitung geschaffen, die jedoch einen Haken hatte: Im Gegensatz zu WLan, das blasenförmig in alle Richtungen strahlte, benötigten WLL-Antennen den Kontakt zueinander. Stand ein Hindernis im Weg, riss die Verbindung ab. Trotzdem hielten viele die Technik für den Hoffnungsträger draußen auf dem platten Land. Es gibt wohl weiterhin einige kleine Anbieter – doch durchgesetzt hat sich WLL nie.

Immer mal wieder aufgeflammt ist dagegen die Idee, digitale Technik für Spiele in der analogen Welt einzusetzen. Im Jahr 2001 begeisterten sich rund 1000 Briten für solch ein Spiel namens „Surrender Control“. Die Teilnehmer erhielten zu einem unbekannten Zeitpunkt eine SMS mit einer Handlungsaufforderung. Zum Beispiel: „Singen sie“. Was dann doch eine gewisse Überwindung erfordert, steht der Empfänger gerade an der Supermarktkasse.

Die Motivation von Macher Matt Locke, damals künstlerischer Leiter des Media Centers in Huddersfield, war wissenschaftlich: Er wollte erforschen, wie Menschen mit solchen Momenten umgehen und wie sie reagieren. Mehr dazu auch auf Lockes Homepage.


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